IT-Recht

Nutzung privater E-Mails im Unternehmen

21.01.2009 von Oliver Häußler
Die private Nutzung von E-Mails und des Internets ist in vielen Unternehmen gängige Praxis. Ohne eine klare Regelung und Kontrolle ist dies aus rechtlicher Sicht jedoch äußerst kritisch.

Die Mehrzahl aller Arbeitnehmer nutzt den Internetzugang im Unternehmen auch für private Zwecke. Nur wenige Unternehmen haben dafür eine Regelung oder kontrollieren die Handhabung.

Diese Situation ist für Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus betrieblicher wie aus rechtlicher Sicht nicht zufriedenstellend.

Haftung der IT-Verantwortlichen

Für den Arbeitgeber kann die private Internet- und E-Mailnutzung durch den Arbeitnehmer Nachteile bedeuten. So beispielsweise Performance- und Produktivitätseinschränkungen durch die Übertragung großer Dateien. Zusätzlich erhöht sich das Sicherheitsrisiko durch Malware. Ist die Nutzung nicht geregelt, haften Verantwortliche wie Geschäftsführer, IT-Leiter, Administratoren bei rechtswidrigem Verhalten der Mitarbeiter im Internet gegebenenfalls persönlich, können auf Schadenersatz verklagt und mit Bußgeldern, Geld- und Freiheitsstrafen belangt werden.

Arbeitnehmer sind aufgrund fehlender Regelungen häufig verunsichert, was erlaubt ist, wofür es eine Abmahnung geben oder welches Verhalten gar zur Kündigung führen könnte. Was geschieht, wenn private E-Mails gelegentlich gelesen und versendet werden? Ist es erlaubt, in der Pause im Internet surfen?

Im Zweifelsfall wird dies vor Gericht entschieden. Damit es nicht so weit kommt, raten Unternehmens- und Rechtsberater, für die private Nutzung von Internet und E-Mails im Unternehmen, eine klare Regelung zu treffen.

Eine klare Regelung treffen

Besteht keine betriebsinterne Vereinbarung, die den Rahmen einer privaten Nutzung eindeutig festlegt, kann der Arbeitnehmer zwar nicht gleich gekündigt werden, einen Freibrief für die Nutzung hat er allerdings auch nicht. Surft er beispielsweise auf pornografischen Seiten, ist dies ein Grund zur fristlosen Kündigung, urteilte das Bundesarbeitsgericht. Dasselbe gilt bei grober Vernachlässigung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten. Doch wo liegen die Grenzen und wie groß ist der Ermessensspielraum?

Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten: Verbieten oder erlauben. Ein Verbot ist schnell ausgesprochen, jedoch nur wirksam, wenn dessen Einhaltung kontinuierlich überprüft wird. Ansonsten gilt die Nutzung in der Rechtsprechung als "betriebliche Übung", die einer Erlaubnis gleichkommt.

Eine Regelung kann Bestandteil des Arbeitsvertrags sein oder in anderer Form schriftlich festgelegt werden. Ist ein Betriebsrat vorhanden, sollte er in jedem Fall hinzugezogen und ihm ein Mitspracherecht eingeräumt werden.

Aus betrieblicher Sicht ist ein Verbot nicht immer gewünscht. Die Grenzen zwischen Privatem und Beruflichem werden in unserer Gesellschaft immer durchlässiger. Vor allem bei motivierten Mitarbeitern, die viel Zeit für das Unternehmen aufbringen, sind derartige Barrieren kontraproduktiv. Es wäre nicht im Sinne des Arbeitgebers, wenn der Mitarbeiter nicht die Möglichkeit erhielte, seine Familie darüber zu informieren, dass er am Abend erst später aus der Arbeit nach Hause kommt.

Spannungsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Zwischen den Rechten und Pflichten der Arbeitnehmer und jenen der Arbeitgeber besteht ein Spannungsverhältnis. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Ressourcen, den Betriebsfrieden und die Arbeitsproduktivität zu schützen. Dazu benötigt er bestimmte Kontrollbefugnisse gegenüber seinen Mitarbeiter. Diese wiederum sind eingeschränkt durch den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vor Eingriffen durch den Arbeitgeber und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Der Arbeitgeber hat das Recht auf Überwachung und Kontrolle der technischen Einrichtungen zur Aufrechterhaltung des Betriebs, muss jedoch die Erhebung personenbezogener Daten möglichst vermeiden und nicht gegen andere Bestimmungen wie Betriebsvereinbarungen verstoßen. Protokolle hat er zu löschen, sobald sie nicht mehr dem Zweck dienen, wofür sie erstellt wurden. Eine Vollkontrolle des Inhalts ist nicht erlaubt.

Der Arbeitgeber wird zum Diensteanbieter

Duldet oder erlaubt der Arbeitgeber die private E-Mail- und Internetnutzung, so ist er im rechtlichen Sinne ein Diensteanbieter und hat die Regelungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) zu beachten. Das verpflichtet ihn dazu, das Fernmeldegeheimnis zu wahren, er muss also angemessene technische Vorkehrungen und Maßnahmen treffen, um beispielsweise Zugang und Zutritt zu schützen. Das TKG verbietet es ihm, Inhalte und Verbindungsdaten der Internet- und E-Mailnutzung zu überwachen. Kurzum: Der Arbeitgeber darf weder auf die berufliche noch auf die private E-Mailkommunikation des Arbeitnehmers zugreifen, es sei denn, diese lässt sich klar voneinander trennen. Nur in bestimmten Fällen ist es erlaubt, Nutzungs- und Verbindungsdaten zu erheben, beispielsweise, um das Entgelt für die private Nutzung zu erheben, zur Störungsbehandlung oder um Leistungserschleichung oder rechtswidrige Inanspruchnahme der Dienste oder Netze zu verfolgen.

Andererseits ist der Arbeitgeber aber nach den Grundsätzen zur Durchführung und Prüfung digitaler Unterlagen (GDPdU) dazu verpflichtet, steuerrechtlich relevante Daten zu archivieren und bei Bedarf den Finanzbehörden zugänglich zu machen. Davon sind auch E-Mails betroffen. Bei einer Finanzprüfung hilft es ihm nichts, sich bei fehlenden Daten auf den Datenschutz zu berufen.

Eine Lösung dieses Problems wäre die klare Trennung von dienstlichen und privaten Mails auf zwei Accounts oder die eindeutige Kennzeichnung privater Mails. Beide Lösungen sind in der Praxis aber nicht besonders attraktiv.

Äußerst problematisch ist bei der privaten E-Mailerlaubnis auch der Umgang mit SPAM. Filtert das System private E-Mails heraus, so ist das ein Verstoß im Sinne des § 206 Strafgesetzbuch (Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses), sofern keine Einverständniserklärung des Mitarbeiters oder ein anderer Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Verbot privater Nutzung

Rechtlich einfacher ist es, die private Nutzung von E-Mail und Internet zu verbieten. In diesem Fall muss der Arbeitgeber nicht die Anforderungen des TKG wie auch des Teledienstegesetzes (TDG) und des Teledienstedatenschutz-Gesetzes (TDDSG) erfüllen. Zu berücksichtigen sind die Grundsätze des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG).

In diesem Fall hat der Arbeitgeber das Recht, stichprobenartig zu prüfen, ob die Internet- oder E-Mail-Nutzung für dienstliche Zwecke erfolgt. Er muss den Arbeitnehmer aber auf mögliche Überwachungsmaßnahmen und Sanktionen hinweisen. Wie bei einem Geschäftsbrief hat der Arbeitgeber in diesem Fall das Recht auf Vorlage von E-Mails.

Um die Einhaltung des Verbotes zu kontrollieren, darf der Arbeitgeber die betreffenden personenbezogenen Daten erfassen und stichprobenartig auswerten.

Verbote demotivieren

Kommt er seiner Kontrollpflicht nicht nach, werden die Mitarbeiter weiterhin privat mailen und surfen. Das heißt, der Arbeitgeber muss Prozesse einrichten, um das Verbot dauerhaft zu überwachen. Bei Verstößen muss eine Bestrafung erfolgen. Ein Strafkatalog ist zu entwickeln.

Solche Maßnahmen verschlechtern in der Regel das Betriebsklima und demotivieren die Mitarbeiter. Außerdem schüren sie Ängste vor Überwachung.

Eine geregelte Erlaubnis dagegen bedeutet für den Arbeitgeber zwar zunächst ein gewisses Risiko. Auf der anderen Seite sollte er jedoch daran interessiert sein, eine Unternehmenskultur mit hoher Selbstverantwortung der Mitarbeiter zu entwickeln, die keine restriktive Überwachung mehr erfordert.