SAP auf System "i"

Neue Warenwirtschaft im laufenden Betrieb

30.11.2009 von Rochus Rademacher
Die Retail-Verbundgruppe Electronicpartner hat ihr altgedientes Warenwirtschaftssystem durch SAP Retail auf einem IBM Power Systems-Server ausgetauscht. Die Lieferkette profitiert davon durch einheitliche Prozesse, eine flexiblere Logistik und Mehrsprachigkeit.
„Nach wenigen Betriebsmonaten ist es sicher zu früh, den Gesamtnutzen des Systems abschließend zu bewerten. Fest steht aber: vom ersten Tag an haben wir erfolgreich unsere warenwirtschaftlichen Prozesse durchführen können.“ Klaus Hopp, IT-Bereichsleiter Electronikpartner
Foto: EP, electronicpartner

Eine hohe sechsstellige Zahl von Vertriebsaufträgen fließt monatlich durch das Warenwirtschaftssystem des Verbunds von Electronicpartner, der europaweit über 5000 Unternehmen vereint. Allein an den drei deutschen Logistik-Standorten werden täglich rund 3500 Vereinnahmungseinheiten verarbeitet und 40 000 Liefereinheiten kommissioniert. Bis August 2009 wurde die kritische Last von einer Eigenentwicklung der hauseigenen IT-Abteilung auf der IBM AS/400-Plattform samt DB2-Datenbank gestemmt - dann übernahm die SAP-Lösung auf der IBM-Mittelstands-Plattform "i". Und zwar komplikationsfrei, wie Oliver Haubrich, Geschäftsführer von Electronicpartner, versichert: "Wir haben es geschafft, in sechs europäischen Ländern gleichzeitig im laufenden Betrieb völlig reibungslos eine neue Warenwirtschaft zu implementieren."

Vier Gründe nennt IT-Bereichsleiter Klaus Hopp für die Ausmusterung des über 20 Jahre gewachsenen IT-Systems: "Die Technologie war veraltet, die Benutzeroberfläche - ein zeichenorientierter Green-Screen - ausschließlich deutsch, die Prozessabbildung war nicht anpassungsfähig und die Funktionalität konnte nicht mit den Bedürfnissen des Unternehmens mitwachsen." Ein gravierendes Manko, denn das Handelsunternehmen braucht eine flexible Anpassung an die variablen Marktanforderungen, was nur mit einer leistungsfähigen Lieferkette und optimalen Prozessabläufen funktioniert.

3000 Fragen führten zu passenden ERP-Lösung

Um die passende ERP-Lösung (Enterprise Resource Planning) auszuwählen, haben die IT-Profis einen Katalog mit 3000 Fragen ausgearbeitet. "Bei dem extern begleiteten Auswahlverfahren war SAP Retail das Top-2-Anwendungspaket, das hohe funktionale Abdeckung bot und gleichzeitig den höchsten langfristigen Investitionsschutz", führt Hopp die Entscheidungskriterien an. Die IBM Midrange-Lösung ‚i’ galt beim IT-Bereichsleiter wegen ihrer Unkompliziertheit als Betriebsplattform gesetzt: "Wir haben langjährige Erfahrung mit diesem Maschinentyp, sind mit der Zuverlässigkeit der Plattform hoch zufrieden - zudem ist das Preis-Leistungsverhältnis bei hohem Innovationspotential optimal." Für die Projektdurchführung hat sich das Düsseldorfer Unternehmen mit der Basycs GmbH einen IBM- und SAP-Partner ins Haus geholt.

„Es stehen jetzt deutlich schnellere und bessere Informationen über Abverkauf, Spanne und Bestände zur Verfügung.“ Oliver Haubrich, Geschäftsführer von Electronicpartner
Foto: EP, electronicpartner

Um die Akzeptanz des Systems sicher zu stellen, hat Electronicpartner IT und Fachbereich in einem internen SAP-Competence-Center zusammengebracht und für die Simulationstests in der Prüfungsphase ein internes Testlabor eingerichtet. Analysiert wurden hier mit realer Alltagslast betriebswirtschaftliche Prozesse und Funktionen, die Fähigkeit für individuelle Anpassungen, das Systemmanagement, das Reporting, der Betrieb und die Performance. In dieser Phase griff die IT-Mannschaft auf den SAP Solution Manager zurück - diese Systemmanagement-Plattform unterstützt Evaluierung und Implementierung vom Business-Blueprint über die Konfiguration bis hin zum Produktivbetrieb.

Das Geschäftsinformationslager beschleunigt den Informationsfluss

Die Systeme der Verbundpartner sind über die SAP Exchange Infrastructure (XI) mit EPOS verbunden - über XI wurden auch die Altdaten migriert. "Wir haben die AS/400 durch einen IBM Power Systems 570-Server mit acht Power6-CPUs ersetzt, von denen sieben für SAP-Lösung genutzt werden - als Betriebssystem läuft i5/OS", berichtet IT-Bereichsleiter Hopp. Dem unumgänglichen Backup-System reichen fünf Prozessoren. Die Plattform versorgt auch das ebenfalls eingeführte SAP Business Information Warehouse (BW) mit Rechenkraft.

Ein Unternehmen aus 5400 Firmen

In der europäischen Verbundgruppe Electronicpartner sind knapp 5400 Unternehmen organisiert - über die selbstständigen Fachhändler, Fachmärkte (Medimax) und Systemhäuser (Comteam) deckt das Familienunternehmen mit Stammsitz in Düsseldorf die Bereiche Unterhaltungs- und Haushaltselektronik sowie IT und Telekommunikation ab. Der Zentralumsatz- also Einkaufsvolumen der Mitglieder von Electronicpartner einschließlich des Lager- und Vermittlungsgeschäfts - ist 2008 von 2,18 Milliarden Euro auf 2,20 Milliarden Euro gewachsen. Der zentrale Deutschland-Umsatz steht dabei für 1,48 Milliarden Euro.

Das Geschäftsinformationslager mit Data-Mining-Umgebung kommt in den Fachbereichen gut an. "Es stehen jetzt deutlich schnellere und bessere Informationen über Abverkauf, Spanne und Bestände zur Verfügung", konkretisiert Electronicpartner-Chef Haubrich. Weitere Verbesserungen im Zuge der Modernisierung seien die lückenlose Belegkette, der Wegfall von Doppelerfassungen sowie die Vereinheitlichung und Automatisierung des zentralen Dispositionsprozesses. Auch die Logistik profitiere: Die Kommissionierung ist flexibler geworden - und da im System Gewicht und Volumen der Produkte hinterlegt sind, erhöht sich die Akkuratesse der Planung von Ladevolumen und Liefertour

"Nach wenigen Betriebsmonaten ist es sicher zu früh, den Gesamtnutzen des Systems abschließend zu bewerten", gibt sich IT-Chef Hopp vorsichtig. "Fest steht aber: vom ersten Tag an haben wir erfolgreich unsere warenwirtschaftlichen Prozesse durchführen können - und unsere internationalen Benutzer sind sehr zufrieden, nun in ihrer gewohnten Sprache mit dem System zu arbeiten." Gründe für die unspektakuläre Inbetriebnahme sind nach seiner Ansicht die solide Projektplanung und das Testing sowie die bodenständige SAP-Implementierung: Das IT-Team hat sich nämlich strikt an den Standard gehalten und mit Modifikationen gegeizt.

Kinderkrankheiten ausgetrieben

Wenn dem Warenwirtschaftssystem die üblichen Kinderkrankheiten ausgetrieben sind und der Warenfluss weiter absolut zuverlässig und stabil läuft, wird Electronicpartner die Modernisierung konsequent weiter treiben. "Der nächste Schritt ist die Projektierung der SAP-Module FI und CO für die Finanzbuchhaltung und Controlling", blickt Hopp voraus. "Damit erreichen wir dann die angestrebte vollständige Integration von Warenwirtschaft und Rechnungswesen.