George Samenuk soll das Ruder herumreißen

Network Associates hat einen neuen CEO

12.01.2001
MÜNCHEN (CW) - Network Associates (NAI) hat George Samenuk zum neuen CEO und President bestellt. Er tritt ab sofort die Nachfolge von William Larson an, unter dessen Ägide das Softwareunternehmen jüngst in massive finanzielle Probleme geraten war.

Samenuk kommt als CEO von der Online-Börse Tradeout.com, die mit überschüssigen Industrieerzeugnissen handelt. Ein angekündigter Börsengang der Dotcom-Firma war über Monate verschoben worden, was Samenuk die Entscheidung zum Wechsel erleichtert haben dürfte. Davor war der 45-jährige Manager 22 Jahre bei IBM in leitenden Positionen im internationalen Vertrieb tätig. Er habe das Angebot von NAI angenommen, so Samenuk, da sich derartige Gelegenheiten nur einmal im Leben bieten würden.

Der Routinier muss schnellstens eine Suppe auslöffeln, die das bisherige Management zusammengebraut hat. Für das vierte Quartal des Geschäftsjahres erwartet NAI Verluste zwischen 130 und 140 Millionen Dollar. Die Umsätze bewegen sich in den letzten drei Monaten des Jahres lediglich zwischen 55 und 65 Millionen Dollar und fallen damit um rund ein Viertel niedriger aus, als noch im Oktober angekündigt worden war.

Dies reichte dem Verwaltungsrat von NAI als Grund, CEO Larson, seine rechte Hand Peter Watkins und den Finanzchef Prabhat Goyal zu entlassen. Die Verlustmeldung war Ende Dezember veröffentlicht worden, Samenuk gab jetzt aber zu, dass ihm der neue Posten bereits im November angeboten worden war.

Gleichzeitig hatte NAI auch seine Bilanzierungspraktiken geändert. Softwareeinnahmen werden erst dann als Umsatz gebucht, wenn die Produkte auch von den Händlern verkauft worden sind. Dies sorgte zusätzlich dafür, dass Analysten ihre Kaufempfehlungen für die NAI-Aktie herunterstuften. Daraufhin brach der Kurs an der Börse um rund 60 Prozent ein.

Alle Jahre wieder eine gescheiterte StrategieMit dem schwarzen vierten Quartal setzt sich der langsame Abstieg von NAI fort, der Anfang 1999 mit einer Kette strategischer Fehlentscheidungen begann. In den Jahren zuvor hatte das Unternehmen mehr als 20 Firmen übernommen und versucht, die Produktlinien zu einer Megasuite namens "Net Tools" zusammenzuschweißen, um im Markt für Enterprise-Management-Software Fuß zu fassen. Die Strategie ging jedoch nicht auf, da die Software zu umfangreich und komplex war und die Vertriebszyklen dadurch länger wurden. Hinzu kam die wachsende Bedeutung des E-Business, in dessen Rahmen kleinere und schnellere Lösungen von den Kunden nachgefragt wurden.

Anfang 2000 versuchte NAI, sich neu zu positionieren und in fünf Divisionen mit einzelnen Lösungen aufzuteilen. Hierzu zählen die Antivirenprogramme von McAfee, Sicherheitslösungen von PGP Security, Netzwerk-Management-Tools von Sniffer, Web-Service-Programme von Magic Solutions und Dienstleistungen der Marke Mycio.com. Larsons Traum von der "Billion Dollar Company" ist jetzt in weite Ferne gerückt, für das Geschäftsjahr 2000 sind rund 750 Millionen Dollar Umsatz angepeilt.

Die Versäumnisse des alten NAI-Managements wiegen jedoch umso schwerer, als das Marktvolumen für Sicherheitslösungen stetig steigt. Rund vier Milliarden Dollar wurden laut IDC 1999 in dem Bereich umgesetzt, 2004 sollen es bereits elf Milliarden Dollar weltweit sein - nur bezogen auf die Software. Noch einmal 17,2 Milliarden Dollar kommen dann mit Services, Trainingsangeboten und Beratungsleistungen hinzu. Der neue CEO Samenuk hat angekündigt, von Beginn an das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen zu wollen. Bei rund 130 Millionen Dollar Verlust in einem Quartal können sich die NAI-Angestellten leicht ausrechnen, auf wessen Kosten das geschehen wird.