Nettops

Netbook ersetzt den Desktop-PC

14.04.2009 von Michael Schmelzle und Alexander Kuch
Ein Rechner für 300 Euro, der zuverlässig ist und Strom spart: Diesen Wunsch erfüllen Nettops besser als Standard-PCs. Ein Vergleichstest zeigt Vorzüge und Grenzen dieser Geräteklasse.

Intel hat mit den Atom-Prozessoren einen Chip entwickelt, der sich besonders gut für kleine Rechner eignet. Die Intel-Halbleiter haben auch die Basis für die starke Nachfrage nach Netbooks gelegt. Die kleinen Portablen, die schon seit Monaten Erfolge als Notebook-Alternative feiern, arbeiten im Inneren zumeist mit einem Intel-Chip, weil die Halbleiter-Konkurrenten bislang keine entsprechenden Lösungen präsentieren können.

Nun versuchen die ersten Hardwarehersteller den Erfolg der Netbooks im Mobility-Markt im Desktop-Geschäft zu reproduzieren. Erneut wagt sich Asus als einer der ersten Anbieter in dieses neue Marktsegment vor. Bereits auf der CeBIT 2009 konnte Asus das erste Gerät präsentieren. Die PC-Welt, Schwesterpublikation der COMPUTERWOCHE, hat sich nun die gängigen und verfügbaren Nettops genau angesehen und einige Geräte getestet.

Konfiguration und Ausstattung

Onboard-Grafik: Standard bei allen Nettops

Ein Nettop von Asus, den Sie bereits kaufen können, ist die Eee Box B202. Der 1-Liter-Rechner hat insbesondere beim Stromverbrauch und der Geräuschemission neue Maßstäbe gesetzt. Viele Hersteller orientieren sich bei der Hard- und Softwareausstattung immer noch an diesem Nettop: Intel Atom-CPU mit einem Rechenkern, 1 GB Arbeitsspeicher, Onboard-Grafikchip Intel GMA950, eine Festplatte mit 160 GB Fassungsvermögen und Windows XP Home sind den Vertretern der Nettop-Klasse üblich. MSI hat bei seinem Wind PC Nettop erstmals einen DVD-Brenner integriert und ist damit den Wünschen vieler Anwender nachgekommen, die das Fehlen eines optischen Laufwerks bei der Asus Eee Box B202 bemängelt hatten. Die Nettops von Medion, Averatec, Shuttle und Wortmann haben ebenfalls einen DVD-Brenner an Bord.

Als einziger Nettop im Test verfügt der Asus Eee Top ET1602 über einen Touchscreen.

Das herausragende Merkmal des Asus Eee Top ET1602 und des Averatec All-in-One A1 ist das integrierte Display. Beide Geräte betätigen sich damit als Preisbrecher im Bereich der All-In-One-PCs: Mussten Sie für Apples iMac, für die Geräte aus HPs Touchsmart-Serie sowie für den Dell XPS One bisher Preise ab 1000 Euro bezahlen, kosten die beiden Nettops unter 550 Euro. Zu diesem sensationellen Preis bringen die beiden Pioniere nicht nur das Display, sondern auch Webkamera, Lautsprecher, Mikrofon und WLAN-Schnittstelle mit - der übliche Kabelsalat auf dem Schreibtisch wird damit deutlich reduziert. Asus spendiert dem Eee Top ET1602 obendrein ein Touchscreen-Display, das Sie mit Hilfe der Easy-Mode-Oberfläche und einem Zeigestift komfortabel bedienen können.

Besondere Ausstattungsmerkmale bieten auch andere Nettops: Der Medion Akoya E2005 D Nettop integriert eine WLAN-Schnittstelle, der Shuttle XPC X2700B hat eine Festplatte mit 320 GB und setzt auf Intels Doppelkern- Prozessor Atom 330. Bei den Anschlüssen lohnt ebenfalls ein genauer Blick: Medion und MSI spendieren als einziger Hersteller ihren Nettops Lautsprecheranschlüsse für ein Surround-Lautsprecherset. Das Gerät von Wortmann bringt als alleiniger Testteilnehmer eine parallele LPT-Schnittstelle mit und ist überdurchschnittlich solide verarbeitet.

Die Rechenleistung ist dürftig

Unterirdische Benchmarkwerte bei allen Nettops

Die Benchmark-Werte sind bei allen Nettops unterirdisch: Zwischen 70 und 136 Punkten schwankt das Ergebnis im Benchmark 3D Mark 06 - damit sind Nettops selbst für ältere DirectX-9-Spiele gänzlich ungeeignet. Gute Multi-Media- und Spiele-PCs erreichen im Vergleich dazu durchschnittlich zehnmal höhere Werte.

Im System-Benchmark PC-Mark 05 bewegen sich die Ergebnisse der Nettops zwischen 1500 und 2000 Punkten - Multimedia-PCs liegen hier in der Regel bei über 5000 Punkten. Damit ist zwar die Wiedergabe von Audio- und nicht hoch aufgelösten Video-Dateien ruckelfrei möglich, doch für Bildbearbeitung-Programme reicht die Rechenleistung in der Regel schon nicht mehr aus.

Praktisch bedeutet das: Mit einem Nettop erledigen Sie problemlos alle Aufgaben im Büro wie Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und E-Mail. Im Internet können Sie mühelos Flash-Videos abspielen und über Video-Telefonie kommunizieren - die beiden All-in-One-PCs von Asus und Averatec bringen hierfür bereits die komplette Hardwareausstattung mit. Im Wohnzimmer können Nettops eingeschränkt als Medienwiedergabegerät dienen - Videos in HD-Qualität sind mit der integrierten Grafiklösung mangels Decoderchip nicht möglich.

Das gilt auch für die Bild- und Videobearbeitung. Zwar können Sie mit Nettops grundsätzlich Video- und Audio-Dateien in andere Formate und Kompressionsstufen überführen. Machen Sie sich aber dann auf elend lange Wartezeiten gefasst. Wollen Sie rechenhungrige Anwendungen einsetzen und trotzdem nicht viel mehr als 300 Euro ausgeben, sind Sie mit einem klassischen Desktop-PC der Einsteigerklasse wie beispielsweise dem Firstway Indinapolis X2 7750 - HD4650 besser beraten.

Beste Werte beim Stromverbrauch

Bei den Ergonomiewerten spielen die Nettops ihre größten Stärken gegenüber Standard-PCs aus: Ein Stromverbrauch von 15 bis 35 Watt im Desktop-Betrieb ist bereits sensationell niedrig. Umso erstaunlicher ist, dass die beiden Testteilnehmer von Asus und Averatec inklusive Bildschirm immer noch weniger Strom aus der Steckdose ziehen als ein Standard-PC ohne Monitor.

Auch unter Last verbrauchen alle Nettops im Test unter 50 Watt - im Vergleich dazu benötigt ein durchschnittlicher Multimedia-PC 100-150 Watt unter Volllast, bei kompromisslosen Spiele-PCs wie dem HE-Computer High End Cube Ultra kann der Verbrauch sogar auf über 370 Watt steigt. Die Nettops setzen hier also - zusammen mit Netbooks - neue Maßstäbe für energiesparende PCs.

Uneinheitlich zeigt sich das Nettop-Testfeld bei der Lautstärkeentwicklung: Während die Geräte von Averatec und Asus im Desktop-Betrieb mit einem Wert von unter 20 dB(A) praktisch unhörbar säuseln, arbeiten die übrigen Testkandidaten teils deutlich lauter: Schuld daran ist häufig das optische Laufwerk. Aber auch handwerkliche Fehler wie billige Lüfter und ungedämmte aufgehängte Festplatten erhöhen den Geräuschpegel unnötigerweise.

Negativer Spitzenreiter ist hierbei der Wortmann Terra PC-Home 3000 i230 XPH, der aufgrund seines rauschenden Lüfters und eines ständig summenden Netzteils mit 28,2 dB(A) lauter werkelt als so mancher Spiele-PC. Selbst unter Last arbeiten die beiden Asus-Pioniere noch unter 20 dB(A) und legen damit die Messlatte für zukünftige Marktteilnehmer sehr hoch. Allerdings verzichten beide Nettops auf ein optisches Laufwerk.

Wegen der geringen Rechenleistung dominiert auf Nettops Windows XP als Betriebssystem.

Fazit: Perfekte Büro-PCs zum Schnäppchenpreis mit unschlagbar niedrigem Stromverbrauch - auf der Basis dieses Konzepts haben die Nettops gute Chancen, den Desktop-Markt genauso umzukrempeln wie dies ihre Netbook-Geschwister im Notebook-Bereich getan haben. Beim geräuscharmen Betrieb haben Asus und Averatec einen hohen Standard vorgelegt, mit dem noch nicht alle Nettops mithalten können. In punkto Ausstattung gibt es mittlerweile erfreuliche Vielfalt, lediglich bei der Rechenleistung können Nettops nicht mit Standard-PCs mithalten. Mit Hilfe von Intels neuen Doppelkern-Atoms und leistungsfähigeren Grafikchips wird sich dieser Abstand in den kommenden Monaten vorrausichtlich aber verringern. Für die Preise dürfte das dann aber auch gelten.

Die besten Nettops: Platz 1 bis 3

Asus Eee Box B202

Platz 1: Asus Eee Box B202
Klein, einfach zu bedienen, ausgesprochen sparsam und flüsterleise - so kommt der erste Desktop-Rechner aus der Asus Eee-Familie in die Läden. Besonders für Schüler und Studenten bietet er sich aufgrund seines Preis-Leistungs-Verhältnisses als handliche und transportable Alternative zu großen Desktop-Rechnern an.

Ausführlicher Testbericht: Asus Eee Box B202
Aktuelle Preise: Asus Eee Box B202

Platz 2: Asus Eee Top ET1602
Asus hat den Spagat geschafft, alle wichtigen PC-Funktionen in einem attraktiven Designer-Gehäuse zu vereinigen. Insbesondere die sensationell guten Ergonomie-Werte legen für zukünftige Konkurrenten aus der All-in-One-Liga die Messlatte sehr hoch. Hinzu kommt die intuitive Touchscreen-Bedienung via "Easy Mode", die in vielen Fällen das Navigieren per Maus und Tastatur überflüssig macht.

Ausführlicher Testbericht: Asus Eee Top ET1602
Aktuelle Preise: Asus Eee Top ET1602

Averatec All-in-One A1

Platz 3: Averatec All-in-One A1
Averatec reduziert zu einem großen Teil das übliche Kabelgewirr, das durch Bildschirm, Webcam, Lautsprecher, Mikrofon und WLAN-Antenne verursacht wird: Alle diese Geräte vereint der Averatec A1 mit einem schlüssigen Gesamtkonzept. Die Werte beim Energieverbrauch inklusive Display sind sensationell niedrig.

Ausführlicher Testbericht: Averatec All-in-One A1

Die besten Nettops: Platz 4 bis 7

Shuttle XPC X2700B

Platz 4: Shuttle XPC X2700B
Obwohl Shuttle sich bemüht, mit Intels CPU Atom 330, einer größeren Festplatte, DVD-Brenner und Windows Vista mehr zu bieten als die Nettop-Konkurrenz, bleibt dieser Versuch auf halber Strecke stecken. Die fehlenden Elemente von Windows Vista Basic wurden nicht durch sinnvolle Softwarebeigaben ergänzt und Intels Doppelkerner Atom 330 bringt nur wenig mehr an Rechenleistung.

Ausführlicher Testbericht: Shuttle XPC X2700B

Medion Akoya E2005 D Nettop

Platz 5: Medion Akoya E2005 D Nettop
Mit WLAN, DVD-Brenner, Gigabit-LAN und der guten Software-Ausstattung hebt sich der Medion Akoya E2005 D Nettop positiv von anderen Vertretern der Nettop-Klasse ab. Beim Stromverbrauch erreicht er akzeptable, aber nicht revolutionäre Werte. Störend ist das ständig hörbare Betriebsgeräusch.

Ausführlicher Testbericht: Medion Akoya E2005 D Nettop

MSI Wind PC Nettop
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Platz 6: MSI Wind PC Nettop
Zum Preis von 260 Euro bietet MSI einen soliden, aber dennoch Platz sparenden Desktop-PC an, mit dem sich alle Büro-Aufgaben und Internet-Anwendungen problemlos ausführen lassen. Dank des eingebauten DVD-Brenners und der Anschlussmöglichkeit für eine Heimkino-Anlage eignet sich der Rechner im Gegensatz zu anderen Nettops auch für die DVD-Wiedergabe.

Ausführlicher Testbericht: MSI Wind PC Nettop
Aktuelle Preise: MSI Wind PC Nettop

Wortmann Terra PC-Home 3000 i230 XPH

Platz 7: Wortmann Terra PC-Home 3000 i230 XPH
Im Test kann der Wortmann Terra PC-Home 3000 i230 XPH mit seiner tadellosen Verarbeitung, dem Alleinstellungsmerkmal einer LPT-Schnittstelle sowie der hervorragenden Dokumentation Punkte sammeln. In der Benchmark-Wertung bewegt er sich allerdings im Mittelfeld und beim Stromverbrauch gibt es sparsamere Konkurrenten.

Ausführlicher Testbericht: Wortmann Terra PC-Home 3000 i230 XPH

Michael Schmelzle und Alexander Kuch sind Redakteure der PC-Welt.