Navision-Anwender OSI hält sich beim ERP-Upgrade zurück

09.11.2006
Auf der Konferenz "Convergence 2006 Emea" stellte Microsoft die neue Version der ERP-Software "Dynamics NAV" vor. Für den Navision-Anwender OSI International Foods reichen die Features und auch die Office-Integration aber nicht aus, um ein Upgrade schon jetzt zu rechtfertigen.
Microsofts neue ERP-Oberfläche für Dynamics NAV 5.0 stützt sich auf Office 2007 und Windows Vista. Der Nutzer erhält je nach seiner Rolle im Unternehmen Daten, Funktionen und Sichten zum Beispiel auf Leistungsindikatoren aus der Produktion oder der Logistik.

Seit einigen Jahren verwendet OSI International Foods aus Günzburg in Bayern die ERP-Software von Microsoft. Unter anderem die Fast-Food-Kette McDonald´s beliefert die Firma mit Fleischprodukten.

Der weltweite tätige amerikanische Unternehmensverbund der OSI-Gruppe verwendet "Navision 3.70" als Standard-ERP-System in seinen Firmen in Kontinentaleuropa und hat zahlreiche eigene Entwicklungen eingefügt. Dazu zählen etwa 300 Berichte außerhalb des Navision-Standards sowie mehrere hundert Tabellen und Formulare, die OSI im Standard modifiziert hat. Allein ein Release-Wechsel auf die aktuelle Version 4.0 wäre daher mit viel Aufwand verbunden. IT-Leiter Robert Ondrus sieht jedoch ohnehin derzeit noch keinen Bedarf dafür. Weder Dynamics Nav 4.0 noch das im nächsten Jahr erscheinende Release 5.0 biete so viel mehr an Funktionen, dass sich ein Umstieg rechnen würde. Zwar verfüge die Version 4.0 über eine Intercompany-Steuerung, die für Firmengeflechte wie OSI konzipiert wurde. Diese Funktion soll beispielsweise Bestellungen zwischen Unternehmenstöchtern erleichtern. Ondrus hatte sich dieses Feature während der Convergence zeigen lassen. Ihm zufolge sind sie jedoch wenig ausgeprägt und machen zudem nur dann richtig Sinn, wenn alle Mandanten in einer Datenbank angelegt wurden. Dies ist bei OSI aber nicht der Fall: "Unsere Mandanten sind auf europäischer Ebene über mehrere Datenbanken verteilt, Bestellungen zwischen Mandanten müssten wir dann per E-Mail versenden oder via Dateitransfer untereinander austauschen."

Grundsätzlich ist der IT-Leiter sehr zufrieden mit dem ERP-Produkt und schätzt auch die schon heute mögliche Office-Integration. Doch auch hier reichen die bestehenden Funktionen noch aus. Office 2007 und Windows Vista als ERP-Frontend seien zwar sehr schick anzuschauen, doch die neuen Mechanismen, die Microsoft gern präsentiert, genügen Ondrus nicht als Grund, die bestehende Desktop-Software "Office XP" abzulösen. "Wir müssten dann unter Umständen in nahezu allen Firmen des Konzerns neue Programme auf den Clients installieren, um die gemeinsame Nutzung von Dokumenten ohne Reibungsverluste zu realisieren. Je nachdem, inwieweit die einzelnen Office-Formate untereinander vollständig kompatibel sind."

Nach den Plänen von Microsoft werden die ERP-Lösungen nicht nur einen gemeinsamen Client haben, sondern auch eine Reihe von Basisfunktionen, die heute noch in jedem Produkt in jeweils eigener Ausprägung vorhanden ist. Alle betriebswirtschaftlichen Applikationen werden beispielsweise ein in Dynamics verankertes Hauptbuch ("General Ledger") sowie Supply-Chain-Funktionen nutzen (siehe auch Dynamics: Microsofts nächste Großbaustelle). Somit gingen in den nächsten Jahren die Eigenschaften der unterschiedlichen Business-Lösungen mehr und mehr in die übergreifende Dynamics-Infrastruktur über. "Irgendwann erhält der Dynamics-Nav-Kunde mit dem nächsten Release das neue Dynamics-System, das dann alle Funktionen des alten Produkts und einiges zusätzlich enthält", erläutert Doug Burgum, Senior Vice President bei Microsoft.

Bei der Integration der verschiedenen Softwareprodukte soll auch der Kunstgriff gelingen, die unterschiedlichen Programmierumgebungen - etwa "C/Side" (NAV) und "Morphx" (AX) - sowie .NET in eine Entwicklungsumgebung zu überführen, die nach den Prinzipien der Model-driven Architecture arbeitet. "In Zukunft wird es eine Art Plug-in Visual Studio .NET für C/Side geben", sagt Satya Nadella, Leiter der Sparte Microsoft Business Solutions und Nachfolger und Burgum. Fallen lassen wolle der Hersteller C/Side indes nicht. Es gebe gute Gründe, daran festzuhalten. Einer davon sind die Partner, die mit dem System vertraut sind, eigene Lösungen damit gebaut haben und diese pflegen müssen. Andererseits sei C/Side für das Programmieren von Geschäftsapplikationen ausgerichtet und daher viel effizienter als die .NET-Sprache "C#". "Fünf Codezeilen C/Side entsprechen mitunter 50 Zeilen C#", so Burgum.

Obwohl Microsoft ein problemloses Miteinander von alter und neuer Technik verspricht, rechnet IT-Manager Ondrus damit, irgendwann in der Zukunft einen harten Schnitt vollziehen zu müssen. Dann nämlich, wenn der Hersteller alle Systeme in Dynamics zusammengeführt hat und dieses dann an die Kunden ausliefert. (fn)