Open-Source-Datenbank

MySQL ist günstig, sicher und stabil

28.10.2009 von Diego Wyllie
Die quelloffene Datenbank-Software "MySQL" zeigt Performance- und Funktionalitätsdefizite, punktet aber mit Stabilität und Sicherheit.
Open Source hat sich in den kleinen und mittleren Unternehmen etabliert. Fast 70 Prozent der KMUs in Deutschland haben quelloffene Lösungen installiert. Quelle: TNS Gallup

In kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) mit bis zu 500 Mitarbeitern gewinnen Open-Source-Systeme derzeit viele Anhänger. Eine aktuelle Erhebung des Marktforschungsunternehmens TNS Gallup zeigt, dass europaweit bereits 54 Prozent der rund 630 befragten KMU quelloffene Software nutzen. Besonders hohen Zuspruch genießen die quelloffenen Alternativen in Frankreich, dort haben 72 Prozent der Befragten solche Lösungen im Einsatz. Auch der deutsche Mittelstand steht dem Open-Source-Gedanken überdurchschnittlich aufgeschlossen gegenüber. Hier nutzen 69 Prozent der Unternehmen Open-Source-Software (OSS). Die TNS-Analysten erwarten, dass in zwei Jahren rund 70 Prozent der europäischen Mittelständler Open-Source-Lösungen einsetzen.

Ein Paradebeispiel für die steigende Akzeptanz quelloffener Software ist die Datenbank "MySQL". Von namhaften Firmen wie Google, Wikipedia oder der Nasa genutzt, gilt sie im Open-Source-Bereich seit Jahren als der populärste und am häufigsten eingesetzte Datenbank-Server. Laut Sun Microsystems, Anbieter von MySQL, wurde die Software bereits über zwölf Millionen Mal installiert. Jeden Tag gibt es rund 70.000 Downloads. Damit wäre MySQL die am weitesten verbreitete Datenbank.

MySQL ist beliebt - und wird immer beliebter

Viele der Anwender, die bereits Open Source nutzen, wollen demnächst noch mehr quelloffene Software installieren. Quelle: TNS Gallup

Die Marktforscher bestätigen den wachsenden Zuspruch. Demnach planen in den nächsten zwölf Monaten im Durchschnitt 42 Prozent der interviewten Mittelständler, die bereits MySQL einsetzen, im Rahmen neuer Projekte vermehrt auf die quelloffene Lösung zurückzugreifen. Das größte Wachstum wird dabei in Italien erwartet, wo der Nutzungsgrad auf 64 Prozent ansteigen soll. In Deutschland wollen 43 Prozent der Befragten MySQL häufiger verwenden.

Als Grund für das Interesse nannten die Mittelständler Kosteneinsparungen, Wahlmöglichkeiten bei Betriebssystem und Programmiersprache, Leistung und Skalierbarkeit sowie Benutzerfreundlichkeit.

Lizenzkosten: Kein entscheidendes Auswahlkriterium

Dass die Einsparungen ganz oben auf der Liste der Beweggründe erscheinen, überrascht nicht. Immerhin locken die Open-Source-Anbieter oft und gerne mit den im Vergleich zu proprietären Lösungen geringeren oder fehlenden Lizenzkosten. Der Datenbankmarkt bildet hier keine Ausnahme. So wirbt Sun damit, dass Anwender mit MySQL ihre Lizenzkosten um über 90 Prozent senken können. Doch insbesondere bei Datenbanken sind Unternehmen gut beraten, nicht nur die Lizenzgebühren zu betrachten, sondern vielmehr sämtliche Kosten, die auf Dauer mit einer Datenbank verbunden sind, ausführlich und langfristig zu analysieren.

"Die Lizenzgebühren sind bei der Implementierung eines Datenbank-Servers vergleichsweise gering. Die gesamten Aufwendungen für eine Datenbank umfassen neben Kosten etwa für Personal, Ausbildung und Hardware vor allem laufende Ausgaben für Administration, Wartung und Programmierung der Systeme. Diese Aufwendungen schlagen am höchsten zu Buche", warnt Rüdiger Spies, Independent Vice President Enterprise Applications bei IDC.

Die besten Open-Source-Business-Software 2009
Best of Open Source Enterprise Software
Bossie-Awards: Die Gewinner des Jahres 2009 in der Kategorie quelloffene Enterprise Software.
Compiere
Neben ERP-Funktionen bietet Compiere auch Features für die Kunden- und Personalverwaltung sowie das Business Performance Management (BPM).
Dimdim
Das Collaboration-Tool Dimdim funktioniert Web-basiert und kommt fast ohne Softwareinstallation aus. Bis zu 20 Teilnehmer können sich kostenlos zu Online-Konferenzen treffen.
Drupal
Rund um Drupal hat sich inzwischen ein Kosmos von rund 1800 Add-on-Modulen entwickelt, die die Funktionspalette des Content-Management-Systems (CMS) deutlich erweitern.
Intalio BPM
Die freie BPM-Suite Intalio überzeugt durch eine breite Funktionspalette, ihre BPEL-Engine, einen Workflow-Server sowie ein Modellierungs-Tool auf Eclipse-Basis.
JasperSoft BI Suite
Nach Einschätzung der Jury kann Jaspersoft mit seinen Reporting-Funktionen durchaus mit den kommerziellen Business-Intelligence-Lösungen der etablierten Anbieter mithalten.
Magento
Das E-Commerce-Tool Magento unterstützt mehrere Sprachen und Währungen. Zudem lassen sich die eigenen Online-Geschäfte mit verschiedenen Reports analysieren.
Openbravo ERP
Anders als viele andere Open-Source-Suiten bietet Openbravo in seinen Community- und Enterprise-Editionen fast den gleichen Funktionsumfang.
Pentaho BI Suite
Die Stärken der freien Business-Intelligence-Lösung Pentaho liegen in erster Linie in den OLAP-Features sowie den Workflow- und ETL-Funkltionen.
Piwik
Piwik macht Google Analytics Konkurrenz. Nutzer können ihre Konsole individuell per drag-and-drop konfigurieren.
SugarCRM
Der Open-Source-Pionier in Sachen Business Software SugarCRM bietet seinen Nutzern eine reichhaltige Funktionspalette, die sich zudem über einfach zu handhabende Entwicklungs-Tools unkompliziert erweitern lässt.
WordPress
Die Jury lobte die Möglichkeiten, Wordpress individuell anpassen zu können. Außerdem bietet das Tools zahlreiche Themen für die Gestaltung von Blogs sowie Plug-ins für die Werkzeugpalette.

Langfristige Kostenbetrachtung erforderlich

Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, vor einer Investitionsentscheidung neben den Lizenzkosten und den rein technischen Merkmalen auch die Total Cost of Ownership (TCO) zu betrachten. Diese Gesamtkostenbetrachtung wird in der Datenbankwelt durch vier Faktoren bestimmt:

"MySQL wird bereits von vielen kleinen und mittleren Firmen wie auch von namhaften Großunternehmen erfolgreich eingesetzt. Ob sich das lohnt, hängt letztendlich vom konkreten Anwendungsszenario ab", erläutert Spies. Dem IDC-Analysten zufolge sollten Mittelständler bei der Datenbankentscheidung intensiv mit dem Applikationshersteller zusammenarbeiten und wichtige Fragen gemeinsam klären: Wie kritisch ist die Datenbankanwendung für das Geschäft? Welche Performance-Anforderungen werden an sie gestellt? Muss neues Personal eingestellt werden? Ist eine Weiterbildung erforderlich? Wird ein Wartungs- beziehungsweise Supportvertrag benötigt? Wie umfangreich sollten diese Dienste sein?

MySQL: Nicht überall geeignet

Die Analysten warnen davor, MySQL in geschäftskritischen Anwendungen einzusetzen. Doch laut Umfrage ist der Open-Source-Einsatz in kritischen Projekten durchaus etabliert. Quelle: TNS Gallup

Viele geschäftskritische Anwendungen stellen hohe Anforderungen an die Funktionalität und Leistungsfähigkeit der Datenbank. In solchen Fällen gelten die teureren Produkte von Oracle, IBM und Microsoft als unersetzlich. Wenn etwa große Data-Warehouse- und Business-Intelligence-Anwendungen betrieben werden, ist MySQL laut IDC-Manager Spies nicht zu empfehlen, weil sehr große Datenmengen parallel bearbeitet werden müssen. Hier sind die marktführenden proprietären Produkte wesentlich weiter.

Gartner-Analyst Donald Feinberg geht sogar einen Schritt weiter und rät von quelloffenen Datenbanken für unternehmenskritische Anwendungen ab. Wohl wissend, dass Stabilität und Leistung von Lösungen wie MySQL oder "PostgreSQL" ständig verbessert werden, sieht Feinberg ihr bevorzugtes Einsatzgebiet in weniger kritischen Web- und Portal-Anwendungen.

Proprietäre Datenbanken: Nicht überall erforderlich

Wichtig ist, dass sich Anwender über die Anforderungen im Klaren sind. Nicht jede Anwendung ist für das Unternehmen geschäftskritisch oder muss überdurchschnittlich hohe Performance-Anforderungen erfüllen. Soll eine neue datenbankgestützte Applikation implementiert werden, lohnt es sich beispielsweise, zunächst einmal zu analysieren, ob die angebotene Funktionsvielfalt notwendig ist. Die meisten Anwendungen nutzen laut Sun nur 20 bis 25 Prozent der Funktionen proprietärer Datenbanken. In den meisten Fällen reiche es vollkommen aus, MySQL zu installieren, behauptet der Anbieter. Die Open-Source-Lösung biete rund 80 Prozent der Funktionen einer Oracle-Datenbank, koste insgesamt aber nur ein Fünftel.

Stabilität, Sicherheit und Verfügbarkeit: Keine Probleme mit MySQL

Es gibt nur wenige Unternehmen, die voll und ganz auf Open Source vertrauen. Doch die Durchdringung ist erheblich. Quelle: TNS Gallup

Während der Funktions- und Leistungsvergleich zugunsten von Oracle-Datenbanken, IBMs DB2 sowie Microsofts SQL Server ausfällt, muss die Open-Source-Datenbank den Wettstreit in puncto Stabilität, Sicherheit und Verfügbarkeit nicht scheuen. Einen Beweis für die Zuverlässigkeit liefern weltweit populäre Internet-Services, die dem täglichen Ansturm von mehreren Millionen Nutzern standhalten müssen. Zu den prominenten My-SQL-Nutzern zählen Flickr, Facebook, Wikipedia und YouTube. Auch Websites-Betreiber wie Google, Yahoo und Ebay haben in wesentlichen Teilen die Open-Source-Datenbank laufen.

Auch im Finanzsektor hat sich die Open-Source-Datenbank einen Platz erkämpft. Dem Unternehmen Barclays Capital dient MySQL als Basis für die Zugriffsverwaltung und Aufzeichnung von Sicherheitsereignissen wie etwa Anmeldungen oder Türöffnungen. Pro Tag zeichnet die Lösung durchschnittlich 80 Millionen Ereignisse auf, in Stoßzeiten kann der Wert auf bis zu 180 Millionen tägliche Vorfälle hochschnellen. Eine Musteranalyse ermittelt, ob Zugriffe berechtigt oder unberechtigt sind. Die MySQL-Datenbank speichert Unternehmensangaben zufolge mittlerweile mehrere Terabyte Daten und ist für Barclays Capital eine geschäftskritische Ressource.

MySQL Enterprise: Zusätzliche Features und Support

Viele Unternehmen zeigen sich bei der Entscheidung zurückhaltend, vollständig auf Open-Source-Software umzusteigen. Sie fürchten Abstriche in der Betreuung und Wartung ihrer Software. An solche Firmen richtet sich "MySQL Enterprise". In diesem Abonnement-Service kombiniert Sun Microsystems Datenbank- und Überwachungssoftware mit Support für kleine und mittlere Unternehmen.

Grundlage dieses Angebots sind die Eigentumsrechte, die der Anbieter an der Software hält. Die Enterprise-Edition in ihren verschiedenen Varianten (Basic, Silver, Gold und Platinum) wird pro Server oder auf Unternehmensbasis lizenziert und nicht nach der Anzahl an CPUs, Chips oder Cores. Die jährlichen Kosten belaufen sich laut Hersteller je nach Abonnement-Version zwischen rund 500 Euro und etwa 4000 Euro.

Middleware und Plattformen
Jitterbit
Der klassische Fall von „weniger ist mehr“ ist Jitterbit zur Daten- und Applikationsintegration. Selbst Business-Anwender sollen mit der Point-and-Click-Connectivity des Systems ihre Programme verbinden können.
Mule ESB
Unter den quelloffenen ESBs ist der Enterprise Service Bus Mule führend. In großen Projekten ist er jedoch aufgrund einiger fehlender Highend-Features eher die Ausnahme.
Nginx
Leichter, schneller und weniger Ressourcen-intensiv als seine Apache Pendants, das ist der Web-Server und Reverse-Proxy Nginx. Allerdings kommt er dafür auch mit deutlich weniger Funktionen.
OpenVZ
Eine leistungsfähige und skalierbare Server-Virtualisierung mit dynamischer Ressourcenverwaltung und einfacher Administration verspricht OpenVZ. Ein Nachteil ist seine Begrenzung auf das Linux-Umfeld.
Talend Open Studio
Datenintegration und -bewirtschaftung etwa für Data Warhouses bietet das Talend Open Studio. Eine Lösung für große und kleine Projekte mit niedrigen Einstiegshürden.
Turnkey Linux
Wer eine schnell lauffähige Software-Appliance etwa für Tomcat oder MySQL benötigt, sollte sich im Projekt von Turnkey Linux umschauen. Dort erwarten ihn 16 vorkonfigurierte Pakete.
VirtualBox
Manchem Entwickler, der auf seiner Workstation Client-Server-Systeme entwerfen und testen, dafür aber kein Geld ausgeben will, dürfte die Open-Source-Edition der Sun-Software VirtualBox reichen.
WSO2 Carbon
Quelloffene Systeme bieten sich besonders an, wenn man im Bereich von Trendthemen wie Service-orientierten Architekturen möglichst ohne finanzielles Risiko experimentieren will. WSO2 Carbon bietet hier eine Möglichkeit.
Xen
Ein Pionier im Bereich Server-Virtualisierung ist Xen. Seine Industrieunterstützung ist groß, ebenso seine Verbreitung in den Virtualisierungslösungen einiger Hersteller.

Professionelles Monitoring

Der schnelle und kostenlose Einstieg in die MySQL-Welt bietet sich mit dem Community-Server an. Ihn verwenden viele Unternehmen, wenn sie neue Projekte für weniger kritische Anwendungen betreiben. Die Software lässt sich einfach herunterladen und schnell installieren. Allerdings stößt die Lösung an ihre Grenzen, wenn Anwendungen kritische Geschäftsfunktionen ausführen sollen. Dann sind höhere Anforderungen an die Einsatzbereitschaft notwendig. Dazu stellt Sun den Unternehmenskunden mit dem "MySQL Enterprise Monitor" ein professionelles Administrations-Tool zur Verfügung, das die Server kontinuierlich überwacht und den Administrator benachrichtigt, wenn sich Probleme ankündigen. Das Tool "Query Analyzer" nennt Gold- und Platinum-Anwendern zudem Lösungsmöglichkeiten, wenn Schwierigkeiten auftreten. Es gibt den Administratoren ferner Anhaltspunkte dafür, worauf sie bei der Optimierung ihrer Datenbanksysteme achten sollten. Beide Web-Anwendungen können innerhalb der sicheren Umgebung von Unternehmens-Firewalls installiert werden.

Support nach Bedarf

Abgerundet wird das Enterprise-Angebot von MySQL mit verschiedenen Supportleistungen, die je nach ausgewählter Edition stark variieren. Während Abonnenten der Basic-Edition beispielsweise keinen telefonischen Support erhalten, können Platinum-User auf eine umfassende Unterstützung zur Problemlösung sowie Beratung zurückgreifen, die unter anderem die Fehlerbehebung per Fernwartung sowie die Prüfung von Datenbankschemata und Abfragen vorsehen. (jha)