In kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) mit bis zu 500 Mitarbeitern gewinnen Open-Source-Systeme derzeit viele Anhänger. Eine aktuelle Erhebung des Marktforschungsunternehmens TNS Gallup zeigt, dass europaweit bereits 54 Prozent der rund 630 befragten KMU quelloffene Software nutzen. Besonders hohen Zuspruch genießen die quelloffenen Alternativen in Frankreich, dort haben 72 Prozent der Befragten solche Lösungen im Einsatz. Auch der deutsche Mittelstand steht dem Open-Source-Gedanken überdurchschnittlich aufgeschlossen gegenüber. Hier nutzen 69 Prozent der Unternehmen Open-Source-Software (OSS). Die TNS-Analysten erwarten, dass in zwei Jahren rund 70 Prozent der europäischen Mittelständler Open-Source-Lösungen einsetzen.
Ein Paradebeispiel für die steigende Akzeptanz quelloffener Software ist die Datenbank "MySQL". Von namhaften Firmen wie Google, Wikipedia oder der Nasa genutzt, gilt sie im Open-Source-Bereich seit Jahren als der populärste und am häufigsten eingesetzte Datenbank-Server. Laut Sun Microsystems, Anbieter von MySQL, wurde die Software bereits über zwölf Millionen Mal installiert. Jeden Tag gibt es rund 70.000 Downloads. Damit wäre MySQL die am weitesten verbreitete Datenbank.
MySQL ist beliebt - und wird immer beliebter
Die Marktforscher bestätigen den wachsenden Zuspruch. Demnach planen in den nächsten zwölf Monaten im Durchschnitt 42 Prozent der interviewten Mittelständler, die bereits MySQL einsetzen, im Rahmen neuer Projekte vermehrt auf die quelloffene Lösung zurückzugreifen. Das größte Wachstum wird dabei in Italien erwartet, wo der Nutzungsgrad auf 64 Prozent ansteigen soll. In Deutschland wollen 43 Prozent der Befragten MySQL häufiger verwenden.
Als Grund für das Interesse nannten die Mittelständler Kosteneinsparungen, Wahlmöglichkeiten bei Betriebssystem und Programmiersprache, Leistung und Skalierbarkeit sowie Benutzerfreundlichkeit.
Lizenzkosten: Kein entscheidendes Auswahlkriterium
Dass die Einsparungen ganz oben auf der Liste der Beweggründe erscheinen, überrascht nicht. Immerhin locken die Open-Source-Anbieter oft und gerne mit den im Vergleich zu proprietären Lösungen geringeren oder fehlenden Lizenzkosten. Der Datenbankmarkt bildet hier keine Ausnahme. So wirbt Sun damit, dass Anwender mit MySQL ihre Lizenzkosten um über 90 Prozent senken können. Doch insbesondere bei Datenbanken sind Unternehmen gut beraten, nicht nur die Lizenzgebühren zu betrachten, sondern vielmehr sämtliche Kosten, die auf Dauer mit einer Datenbank verbunden sind, ausführlich und langfristig zu analysieren.
"Die Lizenzgebühren sind bei der Implementierung eines Datenbank-Servers vergleichsweise gering. Die gesamten Aufwendungen für eine Datenbank umfassen neben Kosten etwa für Personal, Ausbildung und Hardware vor allem laufende Ausgaben für Administration, Wartung und Programmierung der Systeme. Diese Aufwendungen schlagen am höchsten zu Buche", warnt Rüdiger Spies, Independent Vice President Enterprise Applications bei IDC.
Langfristige Kostenbetrachtung erforderlich
Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, vor einer Investitionsentscheidung neben den Lizenzkosten und den rein technischen Merkmalen auch die Total Cost of Ownership (TCO) zu betrachten. Diese Gesamtkostenbetrachtung wird in der Datenbankwelt durch vier Faktoren bestimmt:
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Performance (Durchsatz und Latenz) je nach Konfiguration und genutzter Hardware;
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Funktionen, die den Programmieraufwand beeinflussen;
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Administrations-Features und -Tools;
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sowie das Geld, das der Kunde beim Hersteller zum Beispiel für Wartung, Support oder Updates lässt.
"MySQL wird bereits von vielen kleinen und mittleren Firmen wie auch von namhaften Großunternehmen erfolgreich eingesetzt. Ob sich das lohnt, hängt letztendlich vom konkreten Anwendungsszenario ab", erläutert Spies. Dem IDC-Analysten zufolge sollten Mittelständler bei der Datenbankentscheidung intensiv mit dem Applikationshersteller zusammenarbeiten und wichtige Fragen gemeinsam klären: Wie kritisch ist die Datenbankanwendung für das Geschäft? Welche Performance-Anforderungen werden an sie gestellt? Muss neues Personal eingestellt werden? Ist eine Weiterbildung erforderlich? Wird ein Wartungs- beziehungsweise Supportvertrag benötigt? Wie umfangreich sollten diese Dienste sein?
MySQL: Nicht überall geeignet
Viele geschäftskritische Anwendungen stellen hohe Anforderungen an die Funktionalität und Leistungsfähigkeit der Datenbank. In solchen Fällen gelten die teureren Produkte von Oracle, IBM und Microsoft als unersetzlich. Wenn etwa große Data-Warehouse- und Business-Intelligence-Anwendungen betrieben werden, ist MySQL laut IDC-Manager Spies nicht zu empfehlen, weil sehr große Datenmengen parallel bearbeitet werden müssen. Hier sind die marktführenden proprietären Produkte wesentlich weiter.
Gartner-Analyst Donald Feinberg geht sogar einen Schritt weiter und rät von quelloffenen Datenbanken für unternehmenskritische Anwendungen ab. Wohl wissend, dass Stabilität und Leistung von Lösungen wie MySQL oder "PostgreSQL" ständig verbessert werden, sieht Feinberg ihr bevorzugtes Einsatzgebiet in weniger kritischen Web- und Portal-Anwendungen.
Proprietäre Datenbanken: Nicht überall erforderlich
Wichtig ist, dass sich Anwender über die Anforderungen im Klaren sind. Nicht jede Anwendung ist für das Unternehmen geschäftskritisch oder muss überdurchschnittlich hohe Performance-Anforderungen erfüllen. Soll eine neue datenbankgestützte Applikation implementiert werden, lohnt es sich beispielsweise, zunächst einmal zu analysieren, ob die angebotene Funktionsvielfalt notwendig ist. Die meisten Anwendungen nutzen laut Sun nur 20 bis 25 Prozent der Funktionen proprietärer Datenbanken. In den meisten Fällen reiche es vollkommen aus, MySQL zu installieren, behauptet der Anbieter. Die Open-Source-Lösung biete rund 80 Prozent der Funktionen einer Oracle-Datenbank, koste insgesamt aber nur ein Fünftel.
Stabilität, Sicherheit und Verfügbarkeit: Keine Probleme mit MySQL
Während der Funktions- und Leistungsvergleich zugunsten von Oracle-Datenbanken, IBMs DB2 sowie Microsofts SQL Server ausfällt, muss die Open-Source-Datenbank den Wettstreit in puncto Stabilität, Sicherheit und Verfügbarkeit nicht scheuen. Einen Beweis für die Zuverlässigkeit liefern weltweit populäre Internet-Services, die dem täglichen Ansturm von mehreren Millionen Nutzern standhalten müssen. Zu den prominenten My-SQL-Nutzern zählen Flickr, Facebook, Wikipedia und YouTube. Auch Websites-Betreiber wie Google, Yahoo und Ebay haben in wesentlichen Teilen die Open-Source-Datenbank laufen.
Auch im Finanzsektor hat sich die Open-Source-Datenbank einen Platz erkämpft. Dem Unternehmen Barclays Capital dient MySQL als Basis für die Zugriffsverwaltung und Aufzeichnung von Sicherheitsereignissen wie etwa Anmeldungen oder Türöffnungen. Pro Tag zeichnet die Lösung durchschnittlich 80 Millionen Ereignisse auf, in Stoßzeiten kann der Wert auf bis zu 180 Millionen tägliche Vorfälle hochschnellen. Eine Musteranalyse ermittelt, ob Zugriffe berechtigt oder unberechtigt sind. Die MySQL-Datenbank speichert Unternehmensangaben zufolge mittlerweile mehrere Terabyte Daten und ist für Barclays Capital eine geschäftskritische Ressource.
MySQL Enterprise: Zusätzliche Features und Support
Viele Unternehmen zeigen sich bei der Entscheidung zurückhaltend, vollständig auf Open-Source-Software umzusteigen. Sie fürchten Abstriche in der Betreuung und Wartung ihrer Software. An solche Firmen richtet sich "MySQL Enterprise". In diesem Abonnement-Service kombiniert Sun Microsystems Datenbank- und Überwachungssoftware mit Support für kleine und mittlere Unternehmen.
Grundlage dieses Angebots sind die Eigentumsrechte, die der Anbieter an der Software hält. Die Enterprise-Edition in ihren verschiedenen Varianten (Basic, Silver, Gold und Platinum) wird pro Server oder auf Unternehmensbasis lizenziert und nicht nach der Anzahl an CPUs, Chips oder Cores. Die jährlichen Kosten belaufen sich laut Hersteller je nach Abonnement-Version zwischen rund 500 Euro und etwa 4000 Euro.
Professionelles Monitoring
Der schnelle und kostenlose Einstieg in die MySQL-Welt bietet sich mit dem Community-Server an. Ihn verwenden viele Unternehmen, wenn sie neue Projekte für weniger kritische Anwendungen betreiben. Die Software lässt sich einfach herunterladen und schnell installieren. Allerdings stößt die Lösung an ihre Grenzen, wenn Anwendungen kritische Geschäftsfunktionen ausführen sollen. Dann sind höhere Anforderungen an die Einsatzbereitschaft notwendig. Dazu stellt Sun den Unternehmenskunden mit dem "MySQL Enterprise Monitor" ein professionelles Administrations-Tool zur Verfügung, das die Server kontinuierlich überwacht und den Administrator benachrichtigt, wenn sich Probleme ankündigen. Das Tool "Query Analyzer" nennt Gold- und Platinum-Anwendern zudem Lösungsmöglichkeiten, wenn Schwierigkeiten auftreten. Es gibt den Administratoren ferner Anhaltspunkte dafür, worauf sie bei der Optimierung ihrer Datenbanksysteme achten sollten. Beide Web-Anwendungen können innerhalb der sicheren Umgebung von Unternehmens-Firewalls installiert werden.
Support nach Bedarf
Abgerundet wird das Enterprise-Angebot von MySQL mit verschiedenen Supportleistungen, die je nach ausgewählter Edition stark variieren. Während Abonnenten der Basic-Edition beispielsweise keinen telefonischen Support erhalten, können Platinum-User auf eine umfassende Unterstützung zur Problemlösung sowie Beratung zurückgreifen, die unter anderem die Fehlerbehebung per Fernwartung sowie die Prüfung von Datenbankschemata und Abfragen vorsehen. (jha)