100 Jahre Konrad Zuse

Museen erinnern an deutschen Computer-Erfinder

20.04.2010
Der Computer ist eine Erfindung aus Deutschland: Mit diesem Merksatz startet das Berliner Technikmuseum in ein Erinnerungsjahr, das dem Computerpionier Konrad Zuse (1910- 1995) gewidmet ist.

Zum 100. Geburtstag des Ingenieurs Konrad Zuse wollen bundesweit sechs Museen seine Leistungen ins Gedächtnis rufen. Denn Zuse ist ziemlich in Vergessenheit geraten. "Der Computer stammt nicht aus Amerika, und Bill Gates hat ihn auch nicht erfunden", sagt Berlins Museumsdirektor Dirk Böndel all jenen, die seinen Merksatz erst einmal nicht glauben wollen. Ganz genau genommen sei der erste Computer der Welt ein Berliner.

Bill Gates: Hat viel bewegt, aber nicht den Computer erfunden.
Foto: Microsoft

Nach den Recherchen des Technikmuseums baute Konrad Zuse 1936 in seinem Berliner Wohnzimmer den ersten programmgesteuerten digitalen Computer. Die Maschine mit dem Namen Z1, die heute als Nachbau im Museum steht, war so groß wie ein Doppelbett. Bauingenieur Zuse erdachte in den 1940er Jahren auch die erste universelle, algorithmische Programmiersprache der Welt. Seine Erfindungen, die viele Mathematiker und Informatiker heute noch genial nennen, begründete Zuse stets humorvoll: Er sei zu faul zum Rechnen.

Zuse war seiner Zeit mit seinem Z1-Computer nach Einschätzung heutiger Informatiker um rund ein Jahrzehnt voraus. Genutzt hat ihm das nicht viel. Zuses große Erfindungen fielen in die Zeit des Nazi- Regimes in Deutschland, dessen Nähe Zuse nach Angaben seines Sohnes Horst bewusst nicht suchte. Nach dem Zweiten Weltkrieg erkannte in Westdeutschland kaum jemand das Potenzial von Computern. Mit seiner eigenen Firma Zuse KG im hessischen Neukirchen konnte der Erfinder ab 1949 keine großen Erfolge verbuchen. Aufträge brachten nicht genug Geld herein, um die immensen Entwicklungskosten zu finanzieren. Subventionen gab es noch nicht.

IT-Pioniere
IT-Pioniere
Sie prägten die Informationsgesellschaft: Menschen, die IT-Geschichte schrieben. Wir machen uns auf die Spurensuche.
Eric Danke (*1940)
Unter der Leitung des deutschen Informatikers wurde ab 1975 BTX entwickelt, der erste Online-Dienst mit einem Massenpublikum (Killerapplikation: Online Banking). Daraus ging später T-Online hervor. Danke hatte auch den Spitznamen BTX-Papst. (Andreas Dripke, euro. marcom)
Bill Gates (*1955)
Gates ist heute der bekannteste IT-Pionier überhaupt. Er gründete gemeinsam mit Paul Allen im Jahr 1975 die Microsoft Corporation, die die Betriebssysteme MS-DOS und Windows auf den Markt brachte. Seit 2008 kümmert sich Gates gemeinsam mit Ehefrau Melinda ausschließlich um seine eigene Stiftung und ist nebenbei mit rund 73 Milliarden Dollar Privatvermögen der aktuell reichste Mann der Welt. (Foto: Flickr.com)
James Gosling (*1955)
Gosling entwickelte in den frühen Neunzigern die objektorientierte Programmiersprache Java. Die ursprünglich "Oak" genannte Sprache ist plattformunabhängig und heute die wohl häufigst genutzte Programmiersprache der Welt. Gosling arbeitete fast 30 Jahre bei Sun Microsystems und kümmert sich heute bei Liquid Robotics um Wasserforschungs-Software. (Foto: CW-Archiv)
Paul Mockapetris (*1948)
1983 entwarf Mockapetris das Domain Name System (DNS), das sprechende Domains nach IP-Adressen auflöste und auf dem später das gesamte World Wide Web aufgebaut wurde. Heute ist Mockapetris Chairman bei Nominum, das DNS-Lösungen für TK-Unternehmen entwickelt. Nominum implementierte übrigens auch die DNS-Umleitungs-Technologie für das im Jahr 2011 vom Deutschen Bundestag verabschiedete "Zugangserschwerungsgesetz" zur Sperrung von Webseiten, das kurze Zeit später wieder außer Kraft gesetzt wurde. (Foto: Nominum)
Heinz Nixdorf (*1925, †1986)
Der deutsche Unternehmer entwickelte in den Sechzigern eine Rechenmaschine auf Röhrenbasis und war später maßgeblich am Siegeszug der Kleincomputer beteiligt. Die 1968 gegründete Nixdorf Computer AG wurde in den Siebzigern zum Marktführer und machte Nixdorf zu DEM deutschen Computerpionier. Sein Tod war so spektakulär wie sein Leben: Er starb auf der CeBIT 1986 an einem Herzinfarkt. (Foto: Jan Braun/HNF)
Ray Noorda (*1924, †2006)
Der amerikanische Geschäftsmann führte das Konzept der Netzbetriebssysteme ein und gründete 1982 Novell, Microsofts Gegenspieler in den Neunzigern. (Foto: CW-Archiv)
Larry Page (*1973)
Er war gemeinsam mit Sergey Brin Gründer von Google und gab dem PageRank-Suchalgorithmus seinen Namen, einem Werkzeug, an dem sich heute Wettbewerber, Webmaster und Medienhäuser in der ganzen Welt immer wieder die Zähne ausbeißen.
Claude Shannon (*1916, †2001)
Der amerikanische Mathematiker ist Mitautor des Shannon-Theorem, der grundlegenden Arbeit der Informationstheorie. Auf deren Basis arbeiten beispielsweise alle heutigen DSL-Modems. (Foto: MT Museum/HNF)
Travis Kalanick (*1976)
Der amerikanische Unternehmer gründete gemeinsam mit Garrett Camp im Jahr 2009 das Transportvermittlungs-Start-Up Uber, das seitdem den Taximarkt umkrempelte. Kalanick steht Uber bis heute als CEO vor.
Jack Kilby (*1923, †2005)
Der US-Ingenieur gilt als Miterfinder der integrierten Schaltung - zsusammen mit Robert Noyce. Kilby erhielt den Nobelpreis für Physik und gilt als "Vater des Mikrochips".
Jack Ma (*1964)
Der chinesische Unternehmer und Philantrop ist Gründer und CEO der Internet-Unternehmensgruppe Alibaba Group. Zunächst war er als Lehrer und Dozent für Englisch tätig, bevor er ins Web-Business einstieg und zu einem der einflussreichsten IT-Macher und vermögendsten Menschen der Welt aufstieg.
Marissa Mayer (*1975)
Die Vorstandsvorsitzende von Yahoo (seit 2012) studierte Informatik in Stanford und kam nach Forschungsjobs in der Schweiz Anfang 1999 als 20. Mitarbeiterin zu Google. Pionierarbeit leistete sie beim Desgin der schlichten Google-Suche und zeichnete danach für sämtliche Produktinnovationen von Google verantwortlich. Mitte 2012 schließlich wechselte sie zu Yahoo in die Geschäftsführung.

In den USA war unterdessen IBM zur Konkurrenz geworden, in Deutschland starteten Siemens und Telefunken durch. 1967 musste Zuse seine verschuldete Firma notgedrungen an Siemens verkaufen. Reich geworden sei er dabei nicht, sagt sein Sohn. Die Grundgedanken der Zuse-Erfindung aber steckten bis heute in jedem Prozessor.

In Berlin erinnert an diesem Dienstag und Mittwoch ein wissenschaftliches Symposium an Zuses Leistungen. Ausstellungen gibt es in diesem Jahr außer in Berlin auch in Dresden, Paderborn, Hünfeld, Hoyerswerda und Kiel. (dpa/ajf)