MSN-Probleme trüben Microsoft-Bilanz

25.07.2006
Während das Traditionsgeschäft mit Windows und Office weiter glänzend läuft, bereitet die Online-Sparte MSN dem Softwarekonzern Probleme.
Da die Bedrohung durch Web-basierende Anwendungsservices konkreter wird, muss Microsoft endlich sein MSN-Geschäft ins Rollen bringen.

Wir haben ein starkes Finish hingelegt", betonte Microsofts Finanzchef Chris Lidell zum Abschluss des Fiskaljahres (30. Juni) und verwies auf die Sonnenseiten der Bilanz. Eine kräftige Nachfrage nach Produkten wie der Xbox 360, SQL Server 2005, Visual Studio 2005 sowie Dynamics CRM 3.0 hätten die Einnahmen zum Ende des Geschäftsjahres 2005/06 noch einmal in die Höhe getrieben.

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Gewinn bricht ein

Ganz so rosig, wie der Chief Financial Officer (CFO) behauptet, schimmert der Himmel über Microsoft indes nicht. Zwar legten die Umsätze des Konzerns im abschließenden vierten Fiskalquartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 16 Prozent auf 11,8 Milliarden Dollar zu. Stand im Abschlussquartal des Geschäftsjahres 2004/05 ein Profit von 3,7 Milliarden Dollar zu Buche, waren es aber ein Jahr später noch 2,83 Milliarden Dollar.

Einmal mehr waren es die klassischen Sparten, die dafür sorgten, dass Microsoft mit einem blauen Auge davonkam. Die Bereiche "Server and Tools", "Client" und "Information Worker"steigerten Umsätze und operative Profite zum Teil deutlich. Auch die zwei Sorgenkinder "Business Solutions" und "Mobile and Embedded Devices" zeigten steigende Tendenz.

Probleme bereiten dagegen weiterhin die Sparten Home Entertainment sowie der Online-Dienst MSN. Demnach schossen zwar die Umsätze des Unterhaltungsbereichs von 587 Millionen auf knapp 1,14 Milliarden Dollar in die Höhe. Aber auch die Kosten sind explodiert. Die Tatsache, dass Microsoft nach wie vor seine Spielekonsolen subventionieren muss, ließ den Verlust des Bereichs von 201 Millionen Dollar im Vorjahresquartal auf aktuell 414 Millionen Dollar anschwellen. MSN beklagte im Jahresvergleich einen Rückgang der Einnahmen von 598 auf 580 Millionen Dollar. Nach einem Profit von 101 Millionen Dollar rutschte die Sparte mit einem Defizit von 190 Millionen Dollar tief in die roten Zahlen.

Gerade die Verluste der Online-Sparte sind für Microsoft schmerzhaft. Der Konzern will mit seiner im Herbst vergangenen Jahres angekündigten "Live"-Strategie auf die Herausforderung von Google reagieren. Der Suchmaschinenspezialist offeriert seinen Nutzern Anwendungsservices, die mit Microsofts Office-Applikationen konkurrieren. Diesen Vorstoß wollen Gates & Co. ab kommendem Jahr mit eigenen Online-Services für Windows- und Office-Produkte kontern. Allein in die Entwicklung von Online-Services will Microsoft im laufenden Fiskaljahr 2006/07 rund 500 Millionen Dollar stecken.

Neben dem hohen Investitionsbedarf belasten auch steigende Ausgaben die Bilanz. So explodierten im Abschlussquartal die Produktkosten im Jahresvergleich um 53 Prozent von 1,4 auf 2,1 Milliarden Dollar. Dazu kommen Prozesskosten, Strafzahlungen und Aufwendungen für Vergleiche mit dem Wettbewerb. Dieser Posten machte allein im vierten Quartal 351 Millionen Dollar aus. Im Gesamtjahr mussten die Microsoft-Verantwortlichen dafür rund 1,1 Milliarden Dollar verbuchen.

Um das Vertrauen in den Konzern zu stützen, kündigten die Microsoft-Verantwortlichen umfangreiche Aktien-Rückkäufe an. Bis Mitte August 2006 sollen eigene Papiere im Wert von 20 Milliarden Dollar erworben werden. In den kommenden fünf Jahren will der Hersteller weitere 20 Milliarden Dollar investieren. (ba)