Vom Pilotnetz zum Regelbetrieb

Mobilfunk-Turbo LTE im Reality-Check

18.10.2013 von Harald Karcher
Allzeit mobil surfen mit 50 oder 100 Megabit? Das klingt gut. Doch kommt der versprochene 4G-Speed denn überhaupt? Und wenn ja, bei welchem Netzbetreiber? Wir haben ein paar praxisnahe Fälle durchgemessen.

Für unseren LTE-Test nahmen wir Anfang Mai drei baugleiche Samsung Galaxy S4 und bestücken diese mit der jeweils schnellsten LTE-SIM-Karte von o2, Telekom und Vodafone. Die drei LTE-Smartphones haben zudem identische Einstellungen, wie etwa: Kein Energiesparmodus, Displayhelligkeit Maximal, Display-Timeout 10 Minuten. Die Funksorten WLAN, Bluetooth, NFC und GPS werden abgeschaltet, um die LTE-HSPA-UMTS-EDGE-Messungen in keiner Weise zu beeinträchtigen.

Bei den Speed-Messungen in der S-Bahn liegen die drei Handys immer streng alphabetisch nach Provider sortiert: Links das weiße Samsung Galaxy S4 mit o2-SIM. Mittig ein ebenfalls weißes S4 mit Telekom-SIM. Rechts ein schwarzes aber ansonsten ebenfalls baugleiches S4 mit Vodafone-SIM.
Foto: Harald Karcher

Damit ausgestattet, fuhren wir Anfang Mai in der Flughafen-S-Bahn S8 vom Airport München durch die Vorstädte Hallbergmoos und Ismaning sowie die Fernsehstadt Unterföhring bis zum Münchner Ostbahnhof. Von dort führt die S8 teils oberirdisch und teils unterirdisch via Hauptbahnhof und Hackerbrücke bis zum ICE-Bahnhof Pasing einmal quer von Ost nach West durch München hindurch. Danach fährt die S8 südwestlich durch immer dünnere Besiedelung bis nach Herrsching an den Ammersee.

Die S8 führt über mehr als 30 Bahnhöfe vom Airport Munich rechts oben über den Münchener Ostbahnhof bis nach Pasing im Münchner Westen. Von dort geht’s teils durch hügeliges Gelände bis nach Herrsching am Ammersee
Foto: Harald Karcher

Auf dieser Strecke stößt ein LTE-Handy auf alle relevanten Mobilfunkarten von GSM, GPRS und EDGE über UMTS, HSPA und HSPA+ bis hin zu LTE-800 und LTE-1800. Hier kann jeder Netzbetreiber zeigen, wie gut er das LTE-Smartphone mit dem mobilen Internet aus der Luft versorgen kann. Natürlich ist die Strecke noch von keinem Netzbetreiber lückenlos mit LTE versorgt. So können die Smartphones und die Netzbetreiber auch gleich zeigen, ob sie schnell und ohne Abriss zwischen ständig wechselnden Mobilfunkarten umschalten können.

LTE von o2: Bester PR-Start anno 2010

o2 hat für seine LTE-Pilotnetze schon 2010 große Beachtung bekommen: Der Grund war eine gelungene PR-Aktion von o2 Germany zusammen mit den beiden Netzausrüstern Huawei und Nokia Siemens Networks sowie dem Router-Hersteller AVM aus Berlin: Schon Mitte Dezember 2010 nämlich wurde der Presse ein LTE-800-Testnetz im oberbayerischen Pfaffing bei Ebersberg live demonstriert. Die geladenen Journalisten durften dort auch selber zwei frühe LTE-Router testen, die „AVM FRITZ!Box 6840 LTE“ für LTE-800 und LTE-2600 sowie den „Huawei B390s-2“ Router für LTE bei 800 MHz. Aus beiden Routern, AVM wie Huawei, kamen schon damals Spitzenwerte von fast 50 Mbit/s im Download (DL) aus der 4G-Luft.

Zurück in München konnte der Autor abends in einem noch schnelleren LTE-2600-Testnetz im o2-Hauptquartier in München auch gleich satte 100 Mbit/s im DL messen, und zwar mit einem LTE-2600-Stick der Sorte „Huawei E398u-18“, an einem schnellen Laptop steckend. Damit war schon mal klar: LTE-800 schafft wirklich 50 Mbit/s - und LTE-2600 schafft 100 Mbit/s. Doch das waren damals zwei fast leere Testnetze mit optimalen Mess-Bedingungen, noch ohne kommerziellen Kundenverkehr. Es folgte eine sechsmonatige „Friendly User Trial“ Phase.

o2 LTE
o2-LTE-800
Im Brauereigasthof zu Pfaffing bei Ebersberg kam das Internet bereits am 16.12.2010 dank LTE-800 mit bis zu 50 Mbit/s aus der Landluft. Links: Urban Bastert, Pressesprecher bei AVM. Daneben Walter Haas, CTO bei Huawei Deutschland. Mittig vorne: Albert Fetsch, Pressesprecher bei O2 Germany. Rechts daneben: Patrick Lucius, Projektleiter LTE-Pilotnetze bei O2 Germany, sowie weitere LTE-Experten.
o2-LTE-2600
LTE-2600 in der Großstadt: Alexander Klett, Radio System Designer Mobile Access bei O2 Germany, konnte uns gleich nach dem O2-LTE-Start-Event seinen brandneuen LTE-USB-Stick „Huawei E398u-18“ für einen Kurztest zur Verfügung stellen. Damit kamen tatsächlich 100 Mbps aus der - leeren - Münchener o2-LTE-2600-Funkzelle.
o2-LTE-2600
Der LTE-Surfstick „USB Rotator Huawei E398u-18“ zieht hier gerade einen Download mit 100,1 Mbit/s über die O2-LTE-2600-Luft auf das Notebook herunter.
o2-LTE-2600
Das tagsüber gut genutzte LTE-2600-Pilotnetz von O2 war am 16.12.2010 abends wieder traumhaft leer. Nun attestierte auch das Statistiktool des Huawei-LTE-Sticks minutenlange Dauer-Downloads mit recht konstanten 100 Mbit/s. Der Upload lag in diesem Test so um die 42 Mbit/s.
o2 Flagship-Store München Marienplatz
Per Mai 2013 hatte das neue Samsung Galaxy S4 das ältere Apple iPhone 5 schon komplett aus dem Schaufenster des O2 Flagship-Store Marienplatz verdrängt. Auch in den Münchner Shops der Telekom dominiert zurzeit das neue Samsung Galaxy S4.
o2 Flagship-Store München Marienplatz
Im rechten Teil des Schaufensters warb o2 per Mai 2013 mit einem mannshohen Plakat für HTC One, Samsung Galaxy S4 und Sony Xperia Z. Alle drei beherrschen unter anderem auch LTE-800 und passen somit gut zum LTE-800-Netz von o2. Das Apple iPhone 5 dagegen kann nur im LTE-1800-Netz der Telekom die neue 4G-Power voll entfalten.
oO2 Flagship-Store München Marienplatz
Im linken Teil des Schaufensters warb o2 per Mai 2013 mit einem mannshohen Plakat exklusiv für das neue Samsung Galaxy S4. „Jetzt vorbestellen. 1 Euro Anzahlung. LTE4G. Hier verfügbar“
LTE-Speedtest mit Samsung Galaxy S4
Bei den ersten acht Speedmessungen brachte das linke Samsung Galaxy S4 mit eingesteckter o2-SIM-Karte am 9. Mai 2013 circa 20 Meter vor dem O2 Flagship-Store Marienplatz München jedes Mal null Datendurchsatz. Mit der Telekom-SIM in der Mitte kamen zur gleichen Zeit gut 62 Mbit/s und mit der Vodafone-SIM rechts im Bild knapp 25 Mbit/s im Download.
LTE-Speedtest mit Samsung Galaxy S4
Bei den 20 Messungen vom 12. Mai 2013 brachte das linke Samsung Galaxy S4, mit eingesteckter o2-SIM-Karte, vor dem o2-Flagship-Store Marienplatz erstmals schöne DL-Raten bis 48 Mbit/s und UL-Raten bis fast 23 Mbit/s. Mittig sieht man die gespeicherten Telekom-Bestwerte aus der S8-Bahnfahrt vom 8. Mai 2013 bis 79 Mbit/s und rechts das Vodafone-bestückte S4 mit Speed-Spitzen bis 46 Mbit/s.

Anfang Juli 2011 hat Telefónica Germany dann zwar die kommerzielle Vermarktung des 4G-Netzes unter dem Namen „O2 LTE für Zuhause“ gestartet. Allerdings nur mit LTE-Geschwindigkeiten bis zu 7,2 Megabit pro Sekunde und auch nur für die „weißen Flecken“, also Gemeinden ohne DSL-Versorgung.

Ende März 2013 wurde das viel schnellere „o2 LTE 4G für unterwegs“ für die „Highspeed-Area München“ angekündigt. Dazu o2-Pressesprecher Markus Göbel: „Telefónica Deutschland setzt damit seinen LTE-Ausbau in den Großstädten konsequent fort. Nach den Highspeed-Areas Nürnberg, Dresden, Frankfurt, Leipzig und Köln werden dann auch o2 Kunden in München in der glücklichen Lage sein, eine deutlich höhere Geschwindigkeit von bis zu 50 Mbit/s beim mobilen Surfen zu nutzen. Die neuen Allround-Tarife o2 Blue All-In L und XL bieten dazu 2GB beziehungsweise 5GB Datenvolumen und unbegrenztes Telefonieren und Simsen“.

o2 in der S8 ohne 4G-LTE

Von diesem neuen Highspeed-Luxus war bei unserem Praxistest Anfang Mai kaum etwas zu spüren: Auf der gesamten S8-Strecke, immerhin über 30 S-Bahnhöfe, fand das mit einer o2-SIM ausgestattete Samsung S4 bei mehreren Rundfahrten von 13 bis 24 Uhr und insgesamt über 120 Messläufen an keiner einzigen Stelle ein 4G-Netz. LTE-Speed-Rekorde von 50 oder gar 100 Mbit/s sind damit gleich mal ausgeschlossen. Immerhin meldete das LTE-HSPA-UMTS-EDGE-Handy fast durchwegs eine HSPA-Funk-Versorgung mit guter oder ausreichender Signalstärke. Auch mit dieser Funkart könnte man im Prinzip weit oberhalb von 10 Mbit/s mobil surfen, sofern auch die Funk-Basisstationen schnell genug an das Kernnetz angeschlossen sind, der Provider den Internet-Hahn gut aufdreht, und nicht zu viele User gleichzeitig in der gleichen Funkzelle surfen.

Die Realität sieht aber anders aus: Über die gesamte S8-Mess-Strecke kam das Galaxy S4 mit der o2-SIM auf einen DL-Durchschnitt von 2,33 Mbit/s, auf einen UL von 0,81 Mbit/s und auf eine durchschnittliche Ping-Zeit von 688 Millisekunden. Damit kann man leben, großen Spaß macht dieser Speed beim Surfen aber nicht. Für die E-Mail-Synchronisation im Hintergrund reicht dieser Speed jedoch bestens, sofern es bei den E-Mails nicht auf jede Sekunde ankommt.

Nach einer langen Messfahrt von 13 bis 24 Uhr sowie zwei weiteren Mess-Terminen vor dem o2-Flagship-Store Marienplatz waren laut einer o2-SMS-Nachricht offenbar schon 80% des monatlichen o2-Surfvolumens von 2 GB verbraten. Also Vorsicht: Für stundenlange, hochauflösende YouTube-Videos sollte man lieber einen kostenlosen WLAN-Hotspot aufsuchen.
Foto: Harald Karcher

Bei drei von über 120 Messungen fand das Handy überhaupt kein Funknetz, und zwar südwestlich von München, zwischen Geisenbrunn und Weßling, also in hügeliger Topografie, kurz vor dem Ammersee. Bei 15 Messungen hat das Galaxy S4 mit der o2-SIM den Ping-DL-UL-Test entweder gar nicht, oder nicht bis zum Ende geschafft. Ein solches „Einfrieren“ empfinden auch ganz normale Endverbraucher als störend, die sich ansonsten nicht bis ins letzte Detail dafür interessieren, ob ihr Handy nun gerade über 2G, 3G oder 4G mit dem mobilen Internet betankt wird. Bei vielen weiteren Messungen tröpfelte zwar brauchbarer Datendurchsatz aus dem o2-Netz, aber nur bei zwei Messungen kamen auf der gesamten S8-Strecke mehr als 10 Mbit/s im DL, und zwar in den Münchener Stadtteilen Laim und Englschalking.

Es schmerzt den Münchner Autor durchaus, dass er dem Münchner Netzbetreiber o2 kein besseres Ergebnis attestieren kann. Bleibt nur zu hoffen, dass o2 just am Tag der Messung (den 8. Mai 2013) ausnahmsweise ein technisches Durchsatz-Problem auf der gesamten Messstrecke hatte. Vielleicht befindet sich das o2-Netz ja gerade stark im Umbau.

Bei den letzten 20 Messungen brachte das linke Samsung Galaxy S4 (o2-SIM)vor dem o2-Flagship-Store Marienplatz erstmals schöne DL-Raten bis 48 Mbit/s und UL-Raten bis fast 23 Mbit/s. Im Vergleich die Bestwerte aus der S8-Bahnfahrt von Telekom (mittig, 79 Mbit/s)und Vodafone (rechts, 46 Mbit/s).
Foto: Harald Karcher

Immerhin: Nach mehrfachen Nachmessungen erreichte der Autor vier Tage später erstmals einen beeindruckenden Nettodurchsatz von 48 Megabit aus dem o2-Kundennetz. Allerdings nicht auf der langen S-Bahn-Strecke, sondern nur punktuell, 20 Meter vor dem noblen O2-Flagship-Store auf dem Marienplatz in München. Von zwei eindrucksvollen LTE-Testnetzinseln bis zu einem bundesweiten LTE-Regelbetrieb ist es offenbar ein langer Weg.

LTE von der Telekom: 100 Städte mit 100 Megabit

Die Telekom vermeldete schon am 24. April 2012 die weitgehende Versorgung der Münchener Innenstadt mit dem 100-Mbit/s-schnellen LTE-1800: „2012 wird das LTE-Jahr und wir machen im Süden mit München den Anfang“, verkündete Bruno Jacobfeuerborn, Technikchef der Telekom Deutschland GmbH, den Journalisten damals ganz zeitgemäß via LTE-Videokonferenz von Bonn nach München.

Die Telekom verkündete die Versorgung der Münchener Innenstadt mit dem 100-Mbit/s-schnellen LTE-1800 am 24. April 2012 ganz modern per LTE-Videokonferenz aus Bonn. Links im Monitor Bruno Jacobfeuerborn, Technikchef der Telekom Deutschland GmbH.
Foto: Harald Karcher

Am 19.12.2012 kam dann aus Bonn eine weitere Vollzugs-Meldung: „Surfen ratzfatz: 100 Städte mit 100 Megabit“: Die Telekom hatte also bis Ende 2012 „…in Deutschlands 100 größten Städten Hochgeschwindigkeits-LTE aufgebaut… Die Hochgeschwindigkeits-Variante von LTE nutzt den Frequenzbereich um 1.800 MHz und wird derzeit ausschließlich von der Deutschen Telekom angeboten. Unter optimalen Bedingungen sind damit Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 100 Megabit pro Sekunde (Mbit/s) möglich“. Zitat Ende.

In diesem Telekom-Schaufenster dominiert im Mai 2013 ganz klar das neue Samsung Galaxy S4. Das iPhone 5 ist zwar nicht ganz verschwunden, aber in den Hintergrund gerückt. Dank ihres rasanten LTE-1800-MHz-Netzes kann derzeit nur die Telekom das Galaxy S4 und das iPhone 5 in Deutschland mit 100-Mbit/s-LTE versorgen.
Foto: Harald Karcher

Dank dieser LTE-1800-Technik konnte die Telekom schon im September 2012 das damals brandneue iPhone 5 mit theoretisch 100 Mbit/s mobil versorgen. Wir haben mit dem iPhone 5 immerhin ein Maximum von 74 Mbit/s gemessen. Und nur die Telekom kann nun seit Mai 2013 auch das neue Samsung Galaxy S4 wiederum mit bis zu 100 Mbit/s bedienen: Damit haben wir knapp 80 Mbit/s in der Praxis gemessen.

Telekom zackig von Airport bis Ammersee

Natürlich gibt es so viel High-Speed nicht immer und nicht überall. Grundsätzlich aber machte das mobile Surfen mit der 100 Mbit/s-LTE-SIM-Karte der Deutschen Telekom auf dem Samsung Galaxy S4 auch bei unserem Test fast durchweg Spaß: Das belegen auch die Messdaten: Der durchschnittliche Download in der fahrenden S-Bahn vom Airport bis hinaus zum Dampfersteg in Herrsching lag am Anfang Mai bei satten 26,32 Mbit/s. Der gemittelte Upload lag über die gesamte Strecke hinweg bei 5,3 Mbps und auch die gemittelte Ping-Zeit fühlt sich, mit nur 90 Millisekunden, sehr zackig an.

An einer einzigen Messstelle, in hügeliger Lage bei Weßling, hatte das Galaxy S4 kurzfristig keinen Kontakt zum Telekom-Funknetz. An dieser und an vier weiteren Messstellen kam entweder gar kein Datendurchsatz zustande, oder er riss mitten in der Messung ab. Allerdings fand das schnelle Samsung-Smartphone nach diesen kurzen Durchhängern immer wieder sehr schnell in das rasante Netz der Telekom zurück.

An vielen Stellen kamen aus dem Telekom-Netz Downloads mit 30, 40 oder 50 oder 60 Mbit/s. Im Stadtbezirk Bogenhausen, rund um die oberirdischen S8-Bahnhöfe Daglfing und Englschalking, kamen vereinzelt sogar Spitzenwerte wie 74,32 und 79,87 Mbit/s auf das Samsung Galaxy S4. Das sind die höchsten Speed-Werte, die der Tester jemals auf einem LTE-Smartphone in einem echten Kundennetz erleben konnte. Des Autors Peak-Wert mit dem iPhone 5 lag übrigens bei 73,55 Mbit/s, ebenfalls im LTE-1800-Netz der Telekom.

LTE von Vodafone: Flächendeckung statt Geschwindigkeitsrekorde

Die größten deutschen Netzbetreiber, Telekom und Vodafone, haben LTE schon stärker ausgerollt als o2. E-Plus dagegen beteiligt sich bislang gar nicht am LTE-Wettrennen. Vodafone (VF) geht es in der ersten Stufe des Rollouts um die größtmögliche und schnellstmögliche Flächendeckung mit LTE-800 bei Durchsatzraten bis zu 50 Mbit/s. Die Düsseldorfer haben schon Ende 2010 die ersten LTE-800-Kunden auf dem Lande an das kommerzielle 4G-Funknetz angeschlossen. Die Telekom rollt zwar ebenfalls LTE-800 auf dem Lande aus, klotzt aber zusätzlich das teure, weil kleinzellige LTE-1800 in die großen Städte. Dafür hat Vodafone, laut Auskunft, einige LTE-2600-Inseln in Betrieb, etwa in Berlin und Düsseldorf. Diese Funkzellen sind noch kleiner und daher pro Quadratmeter noch teurer als LTE-1800. Sie werden in der Praxis aber erst wichtig, sobald in den größeren Zellen die Übertragungskapazität knapp wird. Daher zurück zum großflächigen LTE-800:

Am 28. Januar 2013 meldete VF-Pressesprecher Dirk Ellenbeck: „Den Ausbau des Mobilfunk-Turbos treibt Vodafone in ganz Deutschland voran. Bundesweit können bereits mehr als 40 Millionen Bürger LTE auf dem Land und in der Stadt nutzen, unter anderem sind schon 120 große Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern am Netz. Und 2015 kann ganz Deutschland mit Vodafone LTE surfen“.

Nach einer kurzen Pressekonferenz in eisiger Kälte durfte jeder das LTE-Netz mit einem „Nokia Lumia 920“ im vorgeheizten Reisebus eigenhändig testen. Von Links: Dieter Vogelhuber, Niederlassungsleiter Technik Süd und Thomas Ellerbeck, Geschäftsführer, beide Vodafone. Mittig Bayerns Medienminister Thomas Kreuzer. Ganz rechts Fleur Goetze, Niederlassungsleiterin Privatkunden bei Vodafone Süd.
Foto: Harald Karcher

An jenem 28. Januar war auch München schon „…großflächig mit dem Mobilfunk-Turbo LTE versorgt. Das mobile Breitband-Internet ist jetzt in fast allen Stadtteilen verfügbar und dient Bewohnern und Besuchern gleichermaßen als High-Speed-Internetzugang unterwegs oder zu Hause. Und das sogar weit über die Stadtgrenzen hinaus… Insgesamt erreicht Vodafone in München rund 90 Prozent der Haushalte“, erklärt Ellenbeck.

Aus diesem Quasi-Vollversorgungs-Anlass lud Vodafone die Presse zu einer LTE-Messfahrt durch München. Auch Bayerns Staats- und Medien-Minister Thomas Kreuzer war mit im Reisebus und konnte sich, wie alle Teilnehmer, an einem „Nokia Lumia 920“ selber von der mobilen LTE-Speed im Münchner VF-Netz überzeugen. Dazu Kreuzer: „Ich bin beeindruckt vom raschen Ausbau und der Leistungsfähigkeit der neuen Technologie. LTE ist für München und den ganzen Freistaat der Eintritt in ein neues Kommunikationszeitalter. Die neue Mobilfunkgeneration ist IT-Infrastruktur der Zukunft und schafft so einen spürbaren Mehrwert für den Wirtschaftsstandort Bayern“.

Thomas Ellerbeck, Geschäftsführer bei Vodafone Deutschland, war auch mit auf der Testfahrt und kommentiert: „Privatkunden wie Geschäftskunden wollen schnelle Internetzugänge und die Verfügbarkeit von Informationen und Daten unabhängig vom Ort. Die neue Mobilfunktechnik LTE garantiert Breitbandgeschwindigkeit und Mobilität. Sie hat das Potenzial zur Gigabit-Technologie und schafft so völlig neue Möglichkeiten der Kommunikation in der Landeshauptstadt, in Bayern und bundesweit“.

Vodafone wechselt oft die Mobilfunk-Gänge

Genug der strategischen Worte. Während unseres Reality-Checks musste das Galaxy S4 mit eingelegter Telekom-SIM-Karte bei über 120 Messungen nur neun Mal von 4G auf langsamere Mobilfunkarten herunterschalten. Das baugleiche Modell – jedoch mit eingelegter Vodafone-SIM-Karte – wechselte im Vergleich dazu immerhin 15 Mal den Mobilfunk-Gang. Außerdem „fror“ das Galaxy S4 mit der VF-SIM-Karte 16 Mal mitten in der Messung „ein“ oder die Messung startete gar nicht, davon fünf Mal mangels Funkkontakt. Mit der o2-SIM dagegen hat das S4 auf den S8-Rundfahrten überhaupt nie von 4G herunter geschaltet, weil es mit o2 auf der gesamten Strecke erst gar nie in ein LTE-Netz hoch kam.

Ansonsten war die Surfspeed mit der Vodafone-SIM erheblich besser als mit o2: Nach gut 120 Messungen lag der gemittelte VF-Download bei 7,79 Mbit/s, der Upload bei 3,95 und die Ping-Zeit bei 197 Millisekunden.

Telekom gewinnt den Test mit Abstand

Das rasante Netz der Telekom gewinnt unseren Test auf der S8-Gesamtstrecke somit eindeutig. Das Netz von Vodafone schlägt sich ebenfalls gut. O2 dagegen hat Handlungsbedarf beim mobilen High-Speed-Internet. Erstaunlich ist auch, dass die Telekom nicht nur dank 4G alias LTE, sondern auch in den 3G-Netzabschnitten oft satte Speed-Werte weit oberhalb von 10 Mbit/s liefert. Die Mobilfunk-Generationen sind im Netz der Telekom offenbar gut aufeinander abgestimmt und die Übergänge flutschen sehr geschmeidig. Nur drei Mal schaltete das Samsung S4 mit der Telekom-SIM auf das langsame Edge herunter. Das noch viel lahmere GPRS kam via Telekom überhaupt nie aufs Display des Samsung-Smartphones.

Der beste Einzel-Messwert zwischen Airport und Ammersee kam in der Nähe der S8-Haltestelle München-Daglfing auf das mittlere Samsung Galaxy S4 mit der Telekom-SIM-Karte: DL 79,87 Mbps, UL 11,05 Mbps und Ping 33 Millisekunden. Links das Galaxy S4 mit der o2-SIM, rechts mit der Vodafone-SIM. Die Speedtests auf den drei Handys wurden immer zeitgleich gestartet.
Foto: Harald Karcher

Edge ist zum Beispiel für all jene wichtig, die noch das schöne Uralt-iPhone mit dem massiven Chromrand haben: Im November 2007 kam dieses allererste iPhone auf den deutschen Markt. Der schnellste Surfmodus des Apple-SmartPhones war damals eben Edge mit circa 200 Kbit/s alias 0,2 Mbits. Nur die Telekom hatte damals schon ein sehr gut ausgebautes Edge-Netz. Deshalb hat das iPhone auch schon damals, rein technisch gesehen, am besten zum Telekom-Netz gepasst.

Mit eingelegter o2-SIM hat das Galaxy S4 in sieben Messungen auf Edge geschaltet, mit der Vodafone-SIM gar nie. Dafür hat Vodafone das S4 in zwei Messungen mit GPRS versorgt. Das gibt es also auch noch in der Luft! GPRS ist allemal besser als gar kein Datendurchsatz. Immerhin kann das Galaxy S4 auch GPRS noch ansteuern. Denn für Email-Synchronisation im Hintergrund sind in der Regel auch GPRS und Edge noch ausreichend. Für schwere Internet-Seiten, Netz-Videos oder Cloud-Anwendungen wünscht man sich aber mehr Speed.

Nach Abschluss der Testfahrten in der S8 hatte das linke Samsung Galaxy S4 mit der o2-SIM-Karte nicht halb so viel Datenvolumen verbraucht wie die beiden anderen mit eingelegter Telekom- und Vodafone-SIM. Der Hauptgrund: Die geringeren Geschwindigkeiten mit o2 haben bei gleicher Anzahl der Messungen halt auch weniger Datenvolumen verbraten
Foto: Harald Karcher

Der Testsieg der Telekom hat gute Gründe: Vermutlich hatte die Telekom auf unserer Teststrecke per Mai 2013 schon das meiste Geld in die schnelle LTE-Technik investiert: Der Telekom-Rollout ist aufgrund der kleinen LTE-1800-Zellen pro Quadratmeter viel teurer als der Vodafone-Rollout mit den viel größeren LTE-800-Zellen. O2 dagegen hat auf unserer selbst gewählten Teststrecke offenbar am wenigsten in die schnelle LTE-Technik investiert und muss sich jetzt nicht wundern, dass wir mit dem Samsung S4 per Mai 2013 noch keine besseren Messwerte bescheinigen können. Doch vielleicht sieht bei der nächsten Messfahrt alles schon ganz anders aus. (mb)