MWC

Mobilfunk-Branche ahmt Herausforderer Apple nach

16.02.2009
Als Apple-Chef Steve Jobs vor zwei Jahren ankündigte, sein Unternehmen habe mit dem iPhone das Mobiltelefon neu erfunden, klang das nach einer vollmundigen Werbe-Floskel.

Die Mobilfunk-Messe Mobile World Congress in Barcelona, bei der Apple nicht dabei ist, offenbart aber Erstaunliches: Eine ganze Branche versucht jetzt, das Modell des Herausforderers zu kopieren. Jüngstes Zeichen: Der Handy-Weltmarktführer Nokia kündigte am Montag eine neue Plattform für Multimedia-Inhalte und Programme mit dem Namen "Ovi Store" an, die selbst optisch sehr an den "App Store" in Apples iTunes-Software erinnert. Auch der kleinere Konkurrent Sony Ericsson stellte ein ähnliches Angebot in Barcelona vor.

Der Weg der Mobilfunk-Branche in die Zukunft scheint damit klar: Statt eines getrennten Angebots von Geräten und Diensten wird es in Zukunft mehrere miteinander konkurrierende Plattformen geben, auf denen der Kunde ein Komplettangebot bekommt.

Für Apple bedeutet der späte Einstieg von Nokia in die Welt der Handy-Software-Marktplätze nicht nur ein Bestätigung, dass man den richtigen Weg eingeschlagen hat, sondern auch einen neuen mächtigen Wettbewerber. Rund eine Milliarde Menschen nutzen derzeit weltweit Nokia-Handys, wie Konzernchef Olli-Pekka Kallasvuo nicht vergaß zu betonen. Beim Start des Ovi Store sollen auf einen Schlag 50 Millionen Kunden darauf zugreifen können.

Die Basis von Apple ist - zumindest noch - deutlich kleiner. Im vergangenen Jahr wurden rund 13,67 Millionen iPhones abgesetzt. Der Anteil am gesamten Handymarkt liegt damit lediglich bei 1,12 Prozent - und 8,5 Prozent bei den Smartphones. Die Anwender eines iPhone nutzen jedoch das mobile Internet bislang deutlich intensiver als die Besitzer anderer Smartphones.

Mit dem Duell zwischen Apple und Nokia hat sich der Kampf um die Zukunft Mobilfunkbranche deutlich zugespitzt. Wer diese beherrschen wird, ist absolut offen. Die Smartphones - wie die Mischung aus Handy und Mini-Computer genannt wird - machen gerade einmal ein Zehntel der Handys im Umlauf aus. Das bedeutet, es gibt noch einen riesigen Markt, den es zu erneuern gibt. Und dass Nokia heute 37 Prozent des gesamten Handy-Marktes kontrolliert, bedeutet da nicht soviel. Denn viele Kunden wechseln spätestens alle zwei Jahre ihr Gerät aus.

Außerdem kämpft ein neuer, außerordentlich starker Rivale um seinen Platz auf den Markt: Die vom Internet-Riesen Google ins Leben gerufene Allianz um das Betriebssystem Android. Bisher ist nur ein Handy auf dem Markt, das "G1", das vor allem auf Google-Dienste zugeschnitten ist. Es wirkt etwas klobig und die ersten Programme lösen noch keine Begeisterung aus. Doch Hersteller wie HTC und Sony Ericsson arbeiten bereits an weiteren Geräten. Und auch neue Programme sind in Entwicklung. Das wichtigste aber ist: Hinter Android stehen insgesamt rund 50 Handy-Hersteller, Mobilfunk-Anbieter und Zulieferer sowie die Internet-Großmacht Google. Nokia ist nicht dabei.

Wackelkandidat Windows Mobile?

Die Marktforscher von Gartner rechnen für die nächsten Jahre mit einem scharfen Verdrängungswettbewerb. Bis 2015 werden nach ihrer Einschätzung nur noch drei Handy-Betriebssysteme den Markt beherrschen. Als Wackelkandidaten haben sie dabei derzeit Windows Mobile von Microsoft ausgemacht. Doch es ist davon auszugehen, dass der weltgrößte Software-Konzern nicht kampflos aufgeben wird.

Konzernchef Steve Ballmer kündigte dann auch auf dem MWC nicht nur das neue Handy-Betriebssystem Windows Mobile 6.5 offiziell an. Er präsentierte auch den "Windows Marketplace" mit Anwendungen für Windows-Handys sowie das Webportal "MyPhone", mit dem sich Adressdaten sichern, bearbeiten und auf andere Geräte übertragen lassen. Alle drei Neuheiten waren allerdings bereits im Vorfeld der Messe durchgesickert. Ein eigenes Microsoft-Handy, wie teils spekuliert, fehlte dagegen.

Microsoft wolle eine einheitliche Plattform schaffen für den Computer, das Handy und das Web, sagte Ballmer. "Diese Plattform ist Windows." Windows Mobile 6.5, das im Laufe des Jahres auf den Markt kommt, solle sich ähnlich wie der vom PC bekannte große Bruder bedienen und auf den jeweiligen Nutzer zuschneiden lassen, versprach Ballmer. "Ein Windows-Telefon durchbricht die Barrieren zwischen den Geräten."

Die großen Player der Mobilfunk-Branche

Die Mobilfunk-Branche kann man grob in Hersteller von Handys, Netzwerk-Ausrüster und Dienste-Betreiber aufteilen. Das größte Geschäft machen die Mobilfunk-Betreiber: Auf sie entfielen im vergangenen Jahr 875 Milliarden Dollar der gesamten Branchenerlöse von 1,11 Billionen. Die Handy-Hersteller sind die zweitgrößte Gruppe mit Umsätzen von knapp 190 Milliarden Dollar. Das Geschäft der Ausrüster stagniert bei rund 50 Milliarden Dollar.

(dpa/tc)