Mobile Lösungen, auf die die Welt gewartet hat

16.11.2007
Während das iPhone von Apple dazu beitragen soll, den besserverdienenden Otto Normalverbraucher den Weg ins mobile Web zu weisen, stehen zahlreiche Anwendungen und Lösungen bereits zur Verfügung. Eine Entdeckungsreise.

Das Mobiltelefon bietet Potenziale, die bislang bei weitem nicht gehoben wurden: Als quasi ständiger Begleiter kann es unterwegs nahezu alle Aufgaben übernehmen, für die am Arbeitsplatz der PC verwendet wird. Während es sich bereits als MP3-Player oder – mit Einschränkungen - als Kamera bewährt hat, stößt das Handy bei klassischen PC-Funktionen an seine natürlichen Grenzen. Grund dafür sind unter anderem die schwache Rechenleistung, die kleine Tastatur, eine schmale Verbindung zum Internet und nicht zuletzt das Mini-Display. Gefragt sind daher Speziallösungen, die Schwächen ausgleichen und Vorteile gezielt ausspielen. Hier eine kleine Auswahl:

Mobile Suche

Limitierte Display-Größe und geringe Bandbreite machen die mobile Suche auf dem Handy oder Smartphone zu einem zweifelhaften Vergnügen. Kein Wunder, stehen doch selbst Branchenriesen wie Yahoo, Google und Microsoft vor Schwierigkeiten, ihre Suchtechnik auf das kleine Handy-Display zu portieren. Nichts desto trotz haben die Player die mobile Suche auf dem Handy als vielversprechende Anwendung erkannt und kreuzen auf dem neuen Betätigungsfeld ihre Klingen. Das israelische Unternehmen Velingo, Teilnehmer der ersten Demo Germany (Video), hat eine eigene Lösung entwickelt, um bei der mobilen Suche praktikable Ergebnisse hervorzubringen. Es bedient sich dabei der "Wisdom of the Crowds": Anstelle den Nutzer dazu zu verdonnern, unzählige Ergebnisseiten herunterzuscrollen, spuckt die Social Search Engine als Resultat weitere, im Zusammenhang mit dem Suchbegriff häufig genutzte Begriffe (Tags) aus. Diese helfen, die Suche zu verfeinern und schnell das beste Ergebnis zu erhalten. Bei Eingabe des Begriffs U2 verweist Velingo entsprechend unter anderem auf Verknüpfungen mit dem Sänger Bono, dem Herkunftsland der Band, Irland, sowie auf Songtexte und Discografien der Gruppe. Derzeit ist die Lösung allerdings erst als Beta-Version verfügbar.

Das Handy als Dolmetscher

Insbesondere auf Kurztrips ins Ausland ist es nicht immer einfach, sich der dortigen Landessprache zu bedienen. Als Alternative zum Taschenwörterbuch könnte sich dabei künftig der Handy-Übersetzungs-Service von Cellotrip (Video) aus Israel etablieren: Um den Dolmetscherdienst zu nutzen, muss der Reisende lediglich die zu übersetzende Phrase (plus Sprachcode) via SMS an Cellotrip senden. Kurz darauf erhält er in einer Kurznachricht die Übersetzung sowie eine Version in Lautschrift zurück. Dank einer vom Unternehmen entwickelten Technik ist die Lösung in der Lage, nicht nur die Bedeutung der einzelnen Wörter, sondern auch deren Zusammenhang in einem Satz sowie Mehrdeutigkeiten in verschiedenen Sprachen zu erkennen. Aktuell unterstützt der Dienst nur die Übersetzung vom Englischen ins Hebräische und Spanische. Bald sollen sich Cellotrip-Nutzer aber auch bei Reisen nach Frankreich, Italien, Russland und China keine Blöße mehr geben. Das Unternehmen peilt außerdem an, eine Sound-Datei zur Demonstration der richtigen Aussprache zu versenden. In der Pipeline sind zudem eine simultane Übersetzung via Instant-Messaging sowie eine integrierte Dolmetscher-Engine für Handy-Hersteller.

SMS 2.0?

Die E-Mail- und Handy-Zeichensprache Zlango überwindet selbst Sprachbarrieren im Flug.
Foto: Zlango

Während verschiedene Hersteller derzeit versuchen, den Push-E-Mail-Versand auf das Handy auch Privatkunden schmackhaft zu machen, verhilft Zlango der SMS zu neuen Ehren. Das 2003 gegründete Unternehmen hat eine ebenfalls "Zlango" genannte E-Mail- und Handy-Sprache entwickelt, die aus rund 200 Emoticons - unterteilt in verschiedene Kategorien - besteht. Da jedes der Symbole ein bestimmtes Wort, Konzept oder Gefühl ausdrückt, kann man bereits mit wenig Übung lustige Kurzmitteilungen verfassen und dank der Bildersprache sämtliche Sprachbarrieren überbrücken. Die Java-Software ist kostenlos, allerdings kommen mit Zlango verfasste SMS etwas teurer als gewöhnliche, da sich die Carrier die Mehreinnahmen mit dem Startup teilen. Aktuell unterstützen allerdings erst einige ausländische Mobilfunkanbieter den Dienst. Die Chancen stehen aber nicht schlecht, dass bald auch der hiesige Nachwuchs mit den lustigen Icons kommunizieren kann. So steht die Lösung seit Mitte Oktober bereits den rund vier Millionen Nutzern der Swisscom zur Verfügung. Auch T-Online widmet der Lösung ein Mini-Portal – wenngleich sich die Begeisterung der Besucher bislang in Grenzen hält: 31 Prozent vergaben Schulnote 6, immerhin 21 Prozent war Zlango jedoch eine glatte 1 wert. Eigene Versuche mit der Bildersprache können Neugierige auf der Zlango-Webseite machen.

Handys als Staumelder

Die vermeintlich als altbacken verschriene Deutsche Telekom AG experimentiert aber mit noch anderen israelischen Handy-Diensten: So testet Konzerntochter T-Systems anhand der Lösung "Autoroute-1" von Decell Technologies (Video), wie durch Auswertung von Informationen über die Bewegung von Handys in einer Funkzelle Staus erkannt und die Nutzer entsprechend via Mobiltelefon vorgewarnt werden können. Außerdem errechnet dieser Location Based Service (LBS) aufgrund der aktuellen Verkehrsdaten die aktuell schnellste Route. Die aktualisierten Routen erreichen den Fahrer sowohl über Push- wie auch Pull-Services, mögliche Medien dafür sind SMS, WAP und IVR (Interactive Voice Response). Autoroute 1 ist damit eine interessante Alternative zu herkömmlichen Verkehrsinformationssystemen, die ihre Daten überwiegend von Sensoren, Infrarot-Detektoren und Staumeldungen beziehen. Das Probleme der traditionellen Lösungen: Ungenauigkeit, Zeitverzögerungen, eine begrenzte Abdeckung sowie das Fehlen der Möglichkeit, dem einzelnen Fahrer personalisierte Informationen anzubieten.

Informieren und Kommunizieren

Qiro verwandelt das Handy in einen mobilen Info- und Freundefinder.
Foto: Qiro GmbH

Lokale Dienste aus deutschen Landen verspricht das Berliner Startup Qiro: Das gleichnamige Programm nutzt das Mobilfunknetz, um den aktuellen Standort des Handy-Besitzers zu ermitteln und zeigt auf einer digitalen Karte dazu noch die Standorte von Freunden an. Mit diesen kann man nicht nur mobil chatten, die Lösung zeigt zudem Hotels, Restaurants, WLAN-Hotspots oder Geldautomaten in direkter Umgebung an. Außerdem kann man seine Lieblingsorte in Qiro eintragen und sie der Community zur Verfügung stellen. Größtes Manko: Der Dienst unterstützt derzeit nur rund 40 Smartphone-Typen, vor allem Symbian/UIQ-Geräte von Nokia und Sony Ericsson sowie Smartphones mit Windows Mobile.

Kostenlose Handy-Navigation

Die Vorteile mobiler Navigationslösungen konnten bislang hauptsächlich Besitzer von GPS-Geräten oder entsprechend ausgestatteten teuren Smartphones nutzen. Mit "AmazeGPS" bringt der israelische Anbieter Locationet (Video) diese Funktionen nun auch auf Java-fähige Massen-Handys – und dies sogar kostenlos.

AmazeGPS ist in der Lage, die Route vom Ausgangspunkt bis zu einer beliebigen Adresse zu berechnen – und das nicht nur für große Teile Europas, sondern auch für Nordamerika, Russland und die Türkei sowie Südafrika und Australien. Bei Verwendung eines Mobiltelefons mit internem oder externem (via Bluetooth-Verbindung) GPS-Receiver lotst das Tool den Nutzer anschließend auf dem (möglichst) kürzesten Weg ans Ziel. Der Anwender wird dabei mit sprachlichen und grafischen Anweisungen unterstützt. Bei der Navigation hat er die Wahl zwischen topografischen Karten sowie Satelliten- oder Luftaufnahmen. Optional kann er auch eine Hybridversion – ein Satellitenbild mit integriertem Straßennetz – nutzen oder auf einen einfachen Richtungsanzeiger wechseln. Letzteres entspannt nicht nur das auf ein kleines Handy-Display gerichtete Auge, sondern schont auch den Geldbeutel. Die Daten liegen nämlich nicht auf dem Mobiltelefon parat, sondern werden via GPRS, Edge oder UMTS von einem Server abgerufen.

Optional eignet sich das durch Werbeeinblendungen finanzierte Tool auch für die Verwendung ohne GPS: Der Nutzer definiert einfach Start und Ziel und erhält mit eindeutigen Text- und Grafikanweisungen die beste Route zwischen den zwei Punkten. Außerdem kann er – ähnlich wie auf Google Maps - Informationen von seinem Standort abrufen oder einen Anbieter über eine Suche in den "Gelben Seiten" auswählen.

Mobiles Instant Messaging und mehr

Mit der integrierten Presence-Funktion sieht der Fring-Nutzer auch unterwegs, wer von seinen Bekannten "online" ist.

Gerade Jugendliche sind es gewohnt, via Instant Messaging (IM) überall erreicht werden zu können. Mit verschiedenen Lösungen ist dies inzwischen auch auf dem mobilen Endgerät möglich. So erlaubt es etwa Fring (Video), umsonst via WLAN, oder über eine UMTS- oder Edge-Verbindung mit anderen Fring-Nutzern sowie mit ihren Kontakten aus normalerweise PC-gebundenen VoIP- und Instant-Messaging-Programmen wie Skype, AIM oder Google Talk zu telefonieren oder (auch via GPRS) zu chatten. Eine integrierte Presence-Funktion zeigt an, welche Nutzer erreichbar sind. SIP-Accounts werden ebenfalls unterstützt, genauso der mobile Blogger-Dienst Twitter. Die Lösung unterstützt verschiedene Smartphones mit Symbian und Windows Mobile als Betriebsystem. Alternativen sind unter anderem iSkoot (mit Blackberry-Unterstützung), Barablu oder Raketu (mit TV). (mb)