Integration im Fokus

Mittelstandsgerechte Enterprise-Portale im Überblick

03.06.2008 von Diego Wyllie
Enterprise-Portale sind bei mittelständischen Unternehmen stark im Kommen. Von der Integration verschiedener Anwendungen, Prozessen und Diensten auf einer zentralen Online-Plattform kann nicht nur das eigene Unternehmen selbst, sondern auch dessen Kunden und Partner profitieren.

Portale bilden in der Informationswelt des Internets oder Intranets einen zentralen Einstiegspunkt. Im Gegensatz zu Web-Portalen, die frei zugänglich sind, besteht das Konzept eines Enterprise-Portals darin, Unternehmensinformationen aus verschiedenen Systemen an einer zentralen Stelle konzentrieren und visualisieren zu können. Firmen können so Daten aus dem ERP-System beispielsweise für weiterführende Anwendungen ins Portal integrieren, ihre Vertriebsabläufe standortübergreifend automatisieren oder ihre Lieferanten über einen externen Portalzugang anschließen. Durch die modulare Gestaltung und die Möglichkeiten der Individualisierung für jeden einzelnen User, stellen moderne Unternehmensportale ein umfangreiches Werkzeug dar, um Prozesse zu optimieren und die Informationsflut im Unternehmen zu bändigen. Entsprechend einem vordefinierten Rollen- und Rechtekonzept kann jeder Mitarbeiter genau auf die Informationen zugreifen, die er für seine tägliche Arbeit benötigt.

Enterprise-Portale haben ihren Ursprung in firmeneigenen Intranets. Heute unterscheiden sie sich davon aber deutlich. Das ursprüngliche Intranet in Unternehmen war durch die Präsentation von Inhalten geprägt. Heute werden Informationen dank moderner Applikations-Server personalisiert und kategorisiert zur Verfügung gestellt. Das vorhandene Wissen wird dabei gesammelt und zielgerichtet nicht nur an die eigenen Mitarbeiter verteilt, sondern auch an externe Partner und Lieferanten. Das Portal vereinheitlicht dazu die verschiedenen Internet-, Extranet- und Intranet-Aktivitäten und integriert unterschiedliche Anwendungen. Ein Enterprise-Portal verfügt heute über Schnittstellen zu allen geschäftsrelevanten Informationen und Applikationen und bietet dem Nutzer Zugriffsmöglichkeit zu jeder Zeit und an jedem Ort. Als Ein- und Ausgabemedien werden dabei neben dem klassischen PC zunehmend auch mobile Endgeräte eingesetzt, wie PDAs, Notebooks oder WAP-Handys.

Der Mittelstand entdeckt Firmenportale

Während Großunternehmen für Dokumentenmanagement, Kollaboration und Prozessoptimierung bereits seit einigen Jahren auf Enterprise-Portale setzen, ist das Thema bei Mittelständlern erst vor weniger Zeit interessant geworden. "Wir erleben, dass sich derzeit besonders die klassischen Mittelständler für Enterprise-Portale interessieren. Sei es, um ihr altes Intranet abzulösen oder auch um Prozessmanagement zu betreiben", beschreibt Armin Linser, Leiter Vertrieb und Consulting beim Anbieter von Portalsoftware United Planet, die Entwicklung in diesem Marktsegment. Die zentralen Plattformen würden nach Angaben des Portalentwicklers in erster Linie an Interesse gewinnen, weil sie alle Daten und Anwendungen eines Unternehmens unter einer Oberfläche vereinen. Mit Hilfe eines Mitarbeiterportals wollen Mittelständler vor allem die internen Organisationskosten reduzieren, produktiver werden sowie ihre Kunden und Lieferanten einbinden.

Schematische Darstellung der Schnittstellen-funktion eines Enterprise-Portals

Der Mittelstand ist bei der Auswahl der geeigneten IT-Strategie besonders darauf bedacht, Kosten und Projektlaufzeit im Rahmen zu halten. Während Konzerne meistens die Möglichkeit haben, neuartige Technologien auszuprobieren, herrscht im Mittelstand oft ein starker Kostendruck, so dass sich getätigte Investitionen schnell rentieren müssen. Dies könnte ein wesentlicher Grund sein, weshalb IT-Projekte zur Optimierung interner Abläufe bei Mittelständlern derzeit eine hohe Priorität geniessen. Ferner lassen sich Unternehmensportale heutzutage dank Standardsoftware und Komplettlösungen aus einer Hand in wenigen Monaten erstellen. Das macht sie vom Kosten-Nutzen-Effekt zunehmend mittelstandstauglich.

Neben den bekannten Portallösungen von SAP (NetWeaver Portal), IBM (WebSphere Portal Server), Oracle (Oracle Portal) oder Microsoft (Office SharePoint Server) gibt es eine Reihe leistungsfähiger Enterprise-Portale, die in Sachen Funktionalität und Integrationsmöglichkeiten den Vergleich mit den Lösungen der Softwareriesen nicht scheuen. Für den Einsatz im Mittelstand eignen sich die in den folgenden Abschnitten vorgestellten Lösungen vor allem deswegen, weil sie kostengünstiger und vergleichsweise einfacher zu implementieren sind als die Lösungen der Großanbieter.

Unternehmensportale mit Intrexx Xtreme entwickeln

Mit der Java-basierenden Standardsoftware "Intrexx Xtreme" des Anbieters von Portal-Lösungen United Planet aus Freiburg lässt sich ein vorgefertigtes Unternehmensportal mit über 70 Anwendungen direkt importieren, welches dann an die individuellen Bedürfnisse des Unternehmensanwenders angepasst werden kann. Dank der Drag & Drop-Technologie sind dabei keine Programmierkenntnisse notwendig. Wie der Anbieter behauptet, seien die einfache Bedienung und Flexibilität der Portallösung für viele Unternehmen ausschlaggebend, da sie sich ungern von externen Dienstleistern vollständig abhängig machen. Denn viele Mittelständler würden IT-Projekte und damit verbundene sensible Unternehmensdaten am liebsten selbst betreuen.

United Planet stellt mit dem "Intrexx Xtreme Portal Manager" ein kostenloses Tool zur Verfügung, mit dem bereits beliebige Web-Applikationen und Portale entwickelt werden können, ohne dass Lizenzkosten anfallen. Der Download enthält auch den vollständigen Intrexx Xtreme Portal Server zu Testzwecken. Damit können alle Funktionen der Portalsoftware ohne Einschränkungen getestet werden. Ohne gültige User-Lizenz befindet sich der Portalserver jedoch im Demomodus und blendet entsprechende Hinweise im Browser ein. Um dies zu vermeiden, muss ein Lizenzpaket erworben werden. Intrexx verwendet ein "Named User"-Modell. Zu lizenzieren ist also die Anzahl der in der Benutzerverwaltung des Systems erfassten Anwender. Die einmaligen Lizenzkosten fangen bei 525 Euro für fünf User an. Das Mid-Market-Lizenzpaket für mittelständische Unternehmen mit maximal 100 Anwendern kostet 10500 Euro netto.

Siteforum bietet Business-Portale zur Miete

Die Siteforum Europe GmbH aus Suhl bietet Kunden eine umfangreiche Online-Plattform, mit der die eigene Unternehmenswebsite zum Geschäftszentrum umfunktioniert werden kann. Die On-Demand-Lösung bietet zahlreiche Funktionalitäten: Von Website- und Content-Management über Verkauf und Support, Marketing und CRM bis hin zu Intranet und Groupware. Siteforum bildet die Geschäftsprozesse des Unternehmens ab und verfügt über Schnittstellen zu gängigen ERP-Lösungen, so dass die Einbindung in bestehende Abläufe möglich ist.

Mit dem "Siteforum Portal Server" enthält die Komplettlösung für E-Business einen auf Java basierenden Application-Server, auf dem sowohl vorgefertigte Anwendungen mit schlüsselfertiger Funktionalität als auch eigenentwickelte Applikationen installiert werden können. Die Entwicklung eigener Software, sowie die Anpassung und Erweiterung der mitgelieferten Anwendungen ist mit dem "Siteforum Studio" möglich. Mit dem "PortalBuilder" wird Unternehmensanwendern zudem die dynamische und automatisierte Erstellung von Siteforum-Portalen ermöglicht, die in sich unabhängig sind und jeweils eine eigene Datenbankinstanz verwenden. Während Applikationen jeweils in einem Portal eingebettet sind, kann ein Server mehrere Portale mittels PortalBuilder erstellen und verwalten. Auf der Website des Anbieters können Interessierte ihr eigenes Business-Portal erstellen und 30 Tage lang kostenlos testen.

Fasihi Enterprise Portal

Mit dem "Fasihi Enterprise Portal" bietet die Fasihi GmbH aus Ludwigshafen eine einfache Portallösung für mittelständische und Großunternehmen, die einen leichten Einstieg in die Welt der Enterprise-Portale suchen. Ein mehrbenutzerfähiges Profi-Content- und Dokumenten-Management-System ist im Portal integriert. Wie der Hersteller wirbt, sollen mit den Browser-basierenden Werkzeugen auch den unerfahrenen Benutzern HTML-Seiten, News-, Event-, Download- Channels, sowie größere Webstruktur und Layout-Änderungen gelingen.

Um die Benutzerverwaltung zu vereinfachen, kann der Portal-LDAP ("Lightweight Directory Access Protocol") mit dem Unternehmens-LDAP abgeglichen werden. Single-Sign-On, flexible Rechteverwaltung, die Anbindung an Unternehmens-Applikationen wie Documentum, sowie die Anpassbarkeit an Kundenwünsche sind zusätzliche Funktionen des Fasihi-Portals. Die Personalisierung der Portal-Inhalte mittels einer einfachen Rechteverwaltung ist für User oder Gruppen ebenfalls möglich. Nach Angaben des Herstellers beträgt der durchschnittliche Schulungsaufwand für Editoren vier Stunden.

Unternehmensportale mit Open-Source-Software

Ein Unternehmensportal basiert immer auf einer heterogenen IT-Landschaft. Mit Open-Source-Software lassen sich Portal-Projekte effektiv realisieren, weil sie eine große Integrationsfähigkeit garantieren. Die Lightwerk GmbH aus Stuttgart beispielsweise realisiert und betreut Unternehmensportale auf Basis des quelloffenen Content-Management-Systems (CMS) Typo3 und zusätzlicher Open-Source-Software. Das Unternehmen hat selbst ein Verfahren namens "Poreca" ("Portal Requirements and Calculation") entwickelt, das die schnelle Analyse und Beschreibung der Anforderungen in einem Portal-Projekt ermöglichen soll. Die Poreca-Software wurde dieses Jahr mit dem Innovationspreis der Initiative Mittelstand in der Kategorie "Beratung und Consulting" ausgezeichnet. Die Ergebnisse, die das Tool liefert, können dann für die interne Dokumentation oder als Anforderungskatalog für eine Ausschreibung verwendet werden. Für diesen Service berechnet Lightwerk nach eigenen Angaben pauschal 1900 netto.

Liferay Portal

Mit dem "Liferay Portal" hat sich eine quelloffene Portal-Lösung zu einer ernstzunehmenden Alternative zu proprietären Portalen etabliert. Eine stark wachsende Anzahl großer und mittelständischer Unternehmen, Organisationen und Institutionen greift bereits auf dieses Portal-Framework zurück. Das Liferay-Projekt wurde vor knapp zehn Jahren gestartet. Heute wird es von der Liferay Inc. vertrieben, die ihr Geld mit Training, Beratung und Support rund um die Lösung verdient. Auch namhafte Unternehmen sind an der Entwicklung des Systems beteiligt. Sun Microsystems hat beispielsweise in März dieses Jahres angekündigt, die Liferay-Entwickler-Community beigetreten zu haben. Sun will laut eigenem Bekunden in erster Linie die Funktionalitäten der Lösung im Bereich "Enterprise Web 2.0" erweitern.

Als Gründe für den Erfolg von Liferay werden meistens die niedrigen Anschaffungskosten, der große Funktionsumfang, die ausführliche Dokumentation sowie die große Entwicklergemeinde genannt. In puncto Funktionalität, Performance und Entwicklungsfähigkeit konkurriert die Lösung mit kommerziellen Portalen, im Bereich Standards - etwa JSR 168 Konformität - ist Liferay teilweise sogar weiter. In finanzieller Hinsicht lässt es jedoch die Konkurrenz hinter sich: Da bei Liferay keine teuren Lizenzkosten anfallen, bleibt mehr Budget für die Realisierung individueller Portalfunktionalität.

Verglichen mit anderen Open-Source-Portalen weist Liferay die größte Bandbreite an unterstützten Servern und Datenbanken auf. Es sind nur kleine Änderungen nötig, um Liferay mit allen gängigen Applikationsservern und Datenbanken nutzen zu können. Einen guten Eindruck macht Liferay daneben auch durch seine gute Bedienbarkeit und ansprechend gestaltete Benutzeroberfläche. Der User hat dadurch das Gefühl, mit einem Web-Desktop zu arbeiten. Hierzulande unterstützt beispielsweise die Ancud IT-Beratung GmbH aus Nürnberg Unternehmen bei der Implementierung eines an den eigenen Bedürfnissen angepassten Liferay-Portals.