Mit Syntegration zu höherem Wachstum

12.09.2006 von Jürgen Mauerer
Die Münchner Beck et al. Projects GmbH hat nach einer Syntegration ihr Profil nach außen geschärft, das Leistungsangebot gestrafft und höheres Wachstum erzielt.

Als Volker Maiborn, Gründer und Geschäftsführer der Beck et al. Projects GmbH in München, vor knapp zwei Jahren einen Vortrag des Malik Management Zentrums St. Gallen zum Thema Syntegration hörte, dachte er sich: "Das ist eine interessante Methode, die sich auch bei uns oder unseren Kunden einsetzen lässt."

Syntegration

Anfang der 90er Jahre entwickelte Professor Stafford Beer diese Management-Methode. Syntegration ist ein nach kybernetischen Grundsätzen strukturierter Prozess zur Entscheidungs- und Konsensfindung, der den Austausch von Informationen und die Integration unterschiedlicher Sichtweisen wirksam macht. Bis zu 42 Teilnehmer lassen sich "synergetisch integrieren". Syntegration ist vor allem bei komplexen Aufgaben sinnvoll, beispielsweise strategische Planung, Start großer Projekte, Change-Management oder Integration nach einer Fusion.

Die Syntegrations-Veranstaltungen dauern zwei bis drei Tage. Die Teilnehmer sind Schlüsselpersonen, die für die Lösung des Problems und deren Umsetzung wichtig sind. Um das Wissen aller Beteiligten zu vernetzen und unterschiedliche Sichtweisen in eine Lösung zu integrieren, wird eine dreidimensionale Kommunikationsstruktur angewandt. Die Teilnehmer gliedern eine Eröffnungsfrage in bis zu zwölf Themen, die dann in Kleingruppen in drei Durchläufen (Istzustand, Idealzustand, Maßnahmen) diskutiert werden. Jeder Teilnehmer ist in bis zu acht Themen als Mitglied, Kritiker und Beobachter direkt involviert.

Das Münchner Beratungshaus Beck et al. lud interne Mitarbeiter und Externe ein, um in einem zweitägigen Syntegrations-Workshop über die Zukunft des Unternehmens zu diskutieren.

Die Beck et al. Projects GmbH mit ihren gut 40 Mitarbeitern ist Teil der Beck et al.-Gruppe, zu der noch die Beck et al. Services GmbH gehört. Das Unternehmen entwickelt und betreut maßgeschneiderte Softwaresysteme für Kunden aus Industrie, Dienstleistung und Handel. Neben der Softwareentwicklung sind die Mitarbeiter auch als IT-Berater sowie in der Planung von IT-Projekten tätig und übernehmen für ihre Kunden Application-Management-Aufgaben. Laut Maiborn weist sein Unternehmen seit vielen Jahren ein stabiles Wachstum auf, allerdings ohne große Ausreißer nach oben und unten.

Das wollte man ändern: Schnelleres Wachstum war das Ziel. Die Münchner stellten ihre Strategie auf den Prüfstand. Dies sollte aber nicht im stillen Kämmerlein geschehen, sondern in einem größeren Kreis, um andere Perspektiven zu berücksichtigen. Eine Syntegration bot sich also an. "Die Syntegration ist als methodischer Ansatz gut geeignet, wenn man mit vielen Leuten in einer heterogenen Gruppe in kurzer Zeit einen Konsens erreichen will", begründet der Firmenchef die Entscheidung.

Interne und Externe gemischt

Das Unternehmen wählte die kleine, zweitägige Variante und lud im Sommer 2005 insgesamt 22 Teilnehmer an den Starnberger See ein. Die eine Hälfte davon waren interne Mitarbeiter, die andere Hälfte Externe. Aus dem eigenen Haus waren neben den Geschäftsführern Mitarbeiter aus verschiedenen Hierarchiestufen (Entwickler, Projektleiter, Bereichsleiter) vertreten. Zu den Externen gehörten die Experten aus dem Beirat des Unternehmens, die auch IT-Berater sind, Vertriebs- und Marketing-Profis aus anderen Branchen (Biotech, Kultur) oder etwa der Chefredakteur einer Computerzeitschrift. "Wir haben uns bewusst für diese Mischung aus Branchenexperten und Leuten entschieden, die mit dem IT-Markt nicht viel zu tun haben, um ganz andere Sichtweisen einzubeziehen", erklärte Maiborn.

Gesucht: Die CIO-Agenda 2007

Wie müssen sich CIOs gegenüber dem Business aufstellen, um sich und ihre Teams als Wachstumstreiber zu positionieren? Diese und andere Fragen diskutieren 40 CIOs auf dem Syntegrations-Workshop "The CIO beyond. Profiling a successful CIO", den die COMPUTERWOCHE vom 13. bis 15. September in Zürich veranstaltet. Zusammen mit Professor Fredmund Malik und IT-Chefs von Unternehmen wie Infineon, Audi, Münchener Rück, Deutsche Lufthansa, O2, Deutsche Postbank oder Heidelberger Druck können die teilnehmenden CIOs ihre Agenda für das kommende Jahr entwickeln.

Mehr Informationen zur Veranstaltung finden Sie unter www.idg-veranstaltungen/cio-beyond.de.

Umgesetzt hat die Syntegration das Malik Management Zentrum St. Gallen mit vier Leuten, die für die komplette Organisation, Logistik, Aufteilung der Gruppen, Dokumentation und für die Moderation der Themengruppen zuständig waren. Zwei Moderatoren stellte Beck et al. Die Eingangsfrage lautete: "Was müssen wir tun, um innerhalb der nächsten drei Jahre in die Top 50 der deutschen Systemintegratoren zu kommen?" Zu den Top 50 gehören Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehr als zehn Millionen Euro.

Die Teilnehmer notierten zu Beginn in einem Brainstorming alle für sie wichtigen Aspekte der Eingangsfrage auf Metaplankarten. Diese wurden auf dem "Marktplatz" auf Flipcharts gesammelt und geordnet, das heißt, Karten mit ähnlichen Aspekten wurden zusammengeführt. Jedes dieser Themen musste verkauft und die Relevanz mit sechs Unterschriften der Teilnehmenden bestätigt werden. Am Ende "kristallisierten sich in einem demokratischen Diskussionsprozess sechs Themen für die Kleingruppen heraus", so der Beck-Chef. Themen waren unter anderen: Leistungsangebot (Welche Leistungen sind wichtig, um das Ziel zu erreichen?), Partnering (Mit wem soll das Unternehmen künftig zusammenarbeiten?) und Marketing-Aktivitäten für die Zukunft.

Diskutant-Kritiker-Prinzip

In drei Durchläufen diskutierten die Teilnehmer an den beiden Tagen jedes Thema unter den Aspekten Istzustand, Idealzustand und Maßnahmen. Jeder Beteiligte verfolgte dabei zwei Themen als Diskutant und eines als Kritiker. Kritiker und Diskutanten mussten ausgewogen besetzt sein und sich vermischen, jeweils zwei Themen wurden pro Stunde parallel diskutiert. Nach jeder Diskussionsrunde gab es ein Protokoll, damit sich jeder Teilnehmer auch über die anderen drei Gruppen informieren konnte, an denen er nicht direkt beteiligt war.

Besonders angetan war Maiborn vom Diskutant-Kritiker-Prinzip. Als Kritiker konnten die Teilnehmer nach festgelegten Regeln (nach 15 Minuten Diskussion und noch einmal nach 45 Minuten) in einem einmaligen Statement ihre Meinung zum Inhalt und Verlauf der Diskussion abgeben. "Das zwingt die Kritiker, zuzuhören, und sie können und müssen in Ruhe nachdenken, bevor sie mit Feedback an der Reihe sind. Gut ist auch, dass die Diskutanten darauf nicht direkt antworten dürfen und sich auch nicht rechtfertigen müssen. So bleibt die Disziplin gewahrt, und es geht produktiv weiter", lobt Maiborn. Beck et al. setzt dieses Prinzip mittlerweile auch selbst in seinen Workshops ein.

Die knapp 30 000 Euro Kosten für die Syntegration haben sich laut Maiborn "unbedingt gelohnt", da neue Impulse von außen kamen und viele Aspekte klarer definiert wurden. Er will die Syntegration in etwa drei Jahren wiederholen und die Methode bis dahin auch seinen Kunden im Rahmen von IT-Beratungsprojekten anbieten. "Dann würde ich aber eine Dauer von drei Tagen empfehlen, da wir zum Schluss stark unter Zeitdruck gerieten", so der Beck-Geschäftsführer.

Die Ergebnisse der Syntegration flossen in eine neue Gesamtstrategie ein. "Wir haben festgestellt, dass wir innerhalb von drei Jahren über organisches Wachstum nicht unter die Top 50 der Systemintegratoren gelangen können, sondern nur über Zukäufe oder Fusionen." Das sei aber nicht der bevorzugte Weg. "Wir haben den Zeitrahmen für dieses Ziel daher von drei auf fünf Jahre erweitert", erklärt Maiborn. Das Unternehmen sieht sich gut aufgestellt, da es in letzter Zeit deutlich schneller gewachsen sei als vorher - auch als Ergebnis der in der Syntegration besprochenen Maßnahmen. Dazu gehörten ein gestrafftes Leistungsangebot mit einem schärferen Profil nach außen (Fokus auf Handel und Touristik, Plattformen Oracle und IBM) sowie ein präziseres und zielorientierteres Marketing (vorher als generalistisches Softwarehaus) mit intensiverer inhaltsbezogener Pressearbeit und mehr Kundeninformationsveranstaltungen. (hk)