Apple macht´s vor

Mit intelligentem Laden gegen den Klimawandel

13.04.2023 von Carsten Mickeleit  
Allein das intelligente Laden von Smartphones könnte in Deutschland bis zu 300.000 Tonnen CO2 sparen. Das iPhone verfügt bereits über diese Funktion, allerdings nur in den USA.
Dem Smartphone ist egal, wann es geladen wird, der Umwelt weniger.
Foto: RYO Alexandre - shutterstock.com

Einer aktuellen Bitkom-Studie zufolge ließen sich allein 41 Prozent der für das Erreichen der deutschen Klimaziele notwendigen CO2-Einsparungen durch Digitalisierung erzielen. Apple Clean Charging ist ein sehr gutes Beispiel für das Ergebnis. Es lohnt sich also, zu betrachten, wie man dieses Potential ausschöpfen könnte.

Eine der Herausforderungen beim Umstieg auf erneuerbare Energien stellen die schwankenden Produktionsmengen von Wind- und Sonnenenergie dar. Hier kann man auf der Produktionsseite mit Speichern reagieren, wie etwa Pumpkraftwerke, oder man verschiebt den Verbrauch geschickt so, dass die Energie direkt während der Zeiten verbraucht wird, in denen genügend Wind- und Sonnenenergie zur Verfügung steht.

Natürlich möchte niemand im Dunkeln sitzen, wenn weder Sonne noch Wind vorhanden sind. Im Gegensatz zur Beleuchtung ist es aber bei vielen Stromverbrauchern egal, wann sie Strom beziehen. Dazu zählen neben Elektroautos, Wärmepumpen oder Kühlschränken auch Smartphones und Tablets.

Wenn man diese Verbraucher intelligent steuert, dann merkt der Nutzer von dieser Form der Optimierung nichts. Ein Kühlschrank ist weiterhin kühl, auch wenn er mal eine halbe Stunde vom Netz genommen wird, und Smartphones und Elektroautos hängen häufig die ganze Nacht am Ladestecker. Ob sie dort von 22:00 Uhr bis 01:00 Uhr oder von 03:00 Uhr bis 06:00 Uhr geladen werden, ist den Nutzern (und den Geräten) egal.

Der Strommix macht's

Für die Umwelt kann das allerdings einen großen Unterschied machen, denn die Zusammensetzung des Strommix kann sich von Stunde zu Stunde deutlich unterscheiden. Und wer sicher sein möchte, zu 100 Prozent Strom aus Sonne und Wind zu nutzen, der sollte seinen Verbrauch in die Zeiten legen, in denen diese den Strommix dominieren.

Das ist auch der Grund dafür, dass die Bundesregierung es Anfang 2023 Stromanbietern im Zusammenhang mit der beschleunigten Einführung von Smart Metern zur Pflicht gemacht hat (PDF), spätestens ab 2025 mindestens einen dynamischen Stromtarif anzubieten.

Für den Anwender hat dies auch monetär einen Vorteil. Da Strom aus Sonne und Wind zu den günstigsten Energiequellen zählt, ist der Preis zu solchen Zeiten auch besonders niedrig, und über den dynamischen Stromtarif können Konsumenten davon direkt profitieren.

Wer wissen möchte, wann der Strommix besonders umweltfreundlich ist, kann Apps wie zum Beispiel Grünstrom nutzen, um sogar eine ganze Woche in voraus seinen Stromverbrauch planen zu können.

Die Grünstrom-App zeigt den Strommix der nächsten Woche.
Foto: Carsten Mickeleit

Apple Clean Energy Charging

In den USA bietet Apple nun das neue Clean Energy Charging Feature an. Sobald diese Funktion aktiviert wird - was standardmäßig der Fall ist - erhält das iPhone eine Vorhersage der CO2-Emissionen im lokalen Stromnetz. Basierend auf dieser Vorhersage lädt das Telefon dann während Zeiten mit geringeren Emissionen auf.

Durch die Kombination mit dem iOS-Feature Optimiertes Laden lernt das Telefon auch die Ladevorlieben des Benutzers kennen und arbeitet nur an Orten, an denen er am häufigsten lange Zeit sein Telefon auflädt, wie zu Hause oder am Arbeitsplatz. Das Beste daran ist, dass Anwender sich keinerlei Gedanken machen oder sogar Installationen durchführen müssen und dabei automatisch mit dynamischen Stromtarifen sparen können.

Apple iPhone Einstellungen zum Laden sauberer Energie (nur in USA)
Foto: Carsten Mickeleit

Rechnet sich smartes Smartphone-Laden?

Was erstmal gut klingt, führt schnell zur Ernüchterung, wenn man die tatsächlichen Kosten des Smartphone-Stromverbrauchs nachrechnet. Denn ein durchschnittliches Smartphone verbraucht im Jahr gerade einmal 6 kWh. Geht man von einem Strompreis von 40 Cent aus, sind dies lediglich 2,40 Euro im Jahr.

So ist selbst bei optimaler Verschiebung der Ladung kaum mit einer Ersparnis von mehr als einem Euro pro Jahr zu rechnen. Damit kann man dann nicht einmal eine smarte Steckdose finanzieren. Bei 62 Millionen Smartphones in Deutschland sieht der Effekt in der Summe allerdings ganz anders aus. Es muss nur eine Lösung gefunden werden, die den Einzelnen nichts kostet.

6 kWh pro Jahr auf 62 Millionen Smartphones gerechnet, ergeben eine Summe von 372 Gigawattstunden. Das entspricht in etwa der jährlichen Leistung von 25 Windrädern, beziehungsweise einem Drittel der Jahresleistung eines Kohlekraftwerkes. Geht man jetzt von einer – zugegeben recht theoretischen – optimalen Verschiebung – der Ladezeiten in Zeiten mit 100 Prozent regenerativer Energie aus, dann würde dies bis zu 300.000 Tonnen CO2 sparen.

Auch in Deutschland intelligent laden - so geht's

Natürlich kann man sich auch recht einfach eine Installation bauen, mit der auch ohne Änderung an der Betriebssystemsoftware ein intelligentes Laden möglich wäre. Neben einem dynamischen Stromtarif, von dem man letztendlich auch monetär profitiert, benötigt man eine Schnittstelle, die die Steuerung intelligenter Geräte ermöglicht.

Der aus Norwegen stammende Stromanbieter Tibber bietet eine solche App an, in die sich typische Smart-Home-Produkte einbinden lassen. So kann man einfach eine smarte Steckerleiste mit der App verbinden und schon ist sichergestellt, dass die an dieser Steckerleiste angeschlossenen Ladegeräte nur zu Zeiten laden, in denen der Strommix eine geringe oder bestenfalls gar keine CO2-Belastung verursacht.

Anbieter eines dynamischen Stromtarifs und einfacher Integration smarter Geräte, wie etwa Tibber, ermöglichen es, Stromkosten zu sparen und den Co2-Ausstoß zu reduzieren.
Foto: Carsten Mickeleit

New Work und Laptops könnten noch mehr erreichen

Es ist schon erstaunlich, was eine kleine Softwareerweiterung in den mobilen Betriebssystemen für Auswirkungen auf die CO2-Bilanz hat. Die Smard-Plattform der Bundesnetzagentur liefert dafür bereits die notwendigen Daten. Die neue Form der Arbeit, Hybrid beziehungsweise New Work, haben dazu geführt, dass deutlich mehr Arbeitnehmer mit Laptops ausgestattet sind als je zuvor.

Diese werden sogar meist tagsüber geladen, was für eine höhere Ausnutzung von Solarenergie spricht. Der Verbrauch von Laptops liegt bei etwa dem Zehnfachen des Verbrauchs von Smartphones. Hier gibt es ein Riesenpotential. Jetzt sind Microsoft, Apple und Google gefragt, dieses Potenzial zu heben. (mb)