Wolke statt DVDs

Microsoft richtet sich neu aus

13.07.2010
Microsoft klassisches Geschäftsmodell gerät unter Druck: Immer mehr Kunden wollen keine Software auf DVDs kaufen, sondern setzen auf preisgünstige Programme, die übers Internet laufen.

Nun schwenkt das Urgestein der Computerbranche selbst auf das Cloud Computing um. Microsoft steht für Windows, Word und Excel. Mit Betriebssystem und Büroprogrammen, die Nutzer früher von Disketten und heute von DVDs auf ihrem Rechner installieren, verdient das Computer-Urgestein nach wie vor Milliarden von Dollar. Die Frage ist: Wie lange noch?

Die Branche steht vor einem grundlegenden Wandel. Software und Dienstleistungen laufen immer öfter über das Netz - Fachleute sprechen auch vom "Rechnen in der Wolke". Langfristig gefährdet das sogenannte "Cloud Computing" das alte Geschäftsmodell. Nun schwenkt Microsoft auf diesen Trend um.

Die Konkurrenz macht es vor: Google ärgert Microsoft mit seinen Büroanwendungen und arbeitet an einem eigenen Betriebssystem namens Chrome OS. Der Internetkonzern hat dabei von Anfang an auf das "Cloud Computing" gesetzt. Die Daten liegen zentral auf Großrechnern, die klassische Installation auf dem eigenen PC wird überflüssig. Schnelle Browser und gigantische Bandbreiten im Internet machen es möglich.

Microsoft muss darauf reagieren. Eine Umfrage der Marktforscher von IDC hat ergeben, dass Mittelständler verstärkt auf die Online- Programme zurückgreifen. Im vergangenen Jahr gaben die deutschen Unternehmen demnach insgesamt immerhin schon 381 Millionen Euro für Cloud Computing aus. Bis 2014 werden es nach der Prognose von IDC schon fast 2,1 Milliarden Euro sein. Der Anteil am gesamten Softwaremarkt steigt damit von drei auf immerhin 13 Prozent.

"Wir halten "Cloud Computing" für ein Thema, das den Markt auf den Kopf stellen wir", sagte IDC-Analysten Lynn Thorenz. Ob Microsoft zu den Gewinnern oder Verlierern der Entwicklung zählen wird, ist aber vollkommen unklar.

Appell an die Partner

"Microsoft erledigt seinen Job", versprach nun Konzernchef Steve Ballmer den 14.000 Vertretern seiner Partnerfirmen zu Wochenbeginn in Washington. Die Software-Spezialisten treffen sich einmal im Jahr, um das Neueste aus der Microsoft-Welt zu erfahren. Schließlich müssen sie die Produkte ihren eigenen Kunden schmackhaft machen.

Der Wandel wirft aber eine Reihe von Problemen auf: "Am einzelnen Kunden verdienen wir erstmal weniger", sagte der für das Geschäft mit kleinen und mittelständischen Kunden zustände Microsoft-Manager Vahé Torossian am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Denn statt zum Beispiel die teure Office-Software auf jedem einzelnen Firmenrechner zu installieren, greifen in der "Cloud" nur diejenigen Nutzer auf die Büroanwendungen zurück, die sie auch wirklich benötigen.

Doch Torossian ist nicht bange: "Wir werden viel mehr Kunden für viel mehr Produkte gewinnen." Er ist überzeugt, dass gerade kleine und mittelständische Unternehmen eher ein sonst gemiedenes Programm nutzen, wenn sie über das Netz einfachen Zugriff darauf haben. "Am Ende des Tages ist es ein Nullsummenspiel."

Outlook 2010
Microsoft Office, Office 2010, Excel, Word, Outlook, Powerpoint
Word 2010
In Word 2010 steht eine Vorschau „Navigation Pane“ zur Verfügung. Sie ähnelt der Slide-Vorschau von Powerpoint in der linken Spalte. Word kann künftig Text direkt in PDF-Dateien speichern.
Word 2010 - Print Dialog
Ein neuer Dialog erscheint, wenn man in Word 2010 auf das File-Menü klickt. Auf einen Blick hat der Nutzer die Druckoptionen nebst Vorschau im Blick.
PowerPoint 2010 - Videos
Powerpoint 2010 verfügt über Basisfunktionen zum Schneiden von Videos, die in Präsentationen zum Besten gegeben werden sollen. Zudem können Anwender ihre Vorträge vertonen und so selbstlaufende Präsentationen im Windows-Media-Format erzeugen.
PowerPoint 2010 - Screenshot Tool
Ein neues Screenshot-Werkzeug in Powerpoint 2010 gestattet es, Bilder von gerade laufenden Anwendungen zu schießen.
Publisher 2010
Auch der Publisher 2010 erscheint nun in der Benutzeroberfläche.
OneNote 2010
Onenote 2010 unterstützt den Anwender dabei, Videos und Audio aufzuzeichnen sowie in die eigenen Notizen aufzunehmen. Die Audio-Aufnahme steht auch auf mobilen Endgeräten zur Verfügung. Eine Audio-Suche soll es gestatten, Abschnitte zu finden, in denen ein bestimmtes Wort vorkommt.
SharePoint Workplace 2010
Über den kostenlosen Internet-Dienst „Workplace“ können kleine Gruppen Teamräume bilden. Via Office 2010 lassen sich die Features nutzen, um Dokumente gleichzeitig zu editieren.

Momentan ist der Umsatz, den Microsoft mit der "Cloud" macht, noch überschaubar - die genaue Zahl ist Geschäftsgeheimnis. "Der Wandel braucht seine Zeit, das geht nicht über Nacht", sagte Torossian. Geld macht Microsoft derweil mit dem Klassiker Windows: Das Betriebssystem hat in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 9,9 Milliarden Dollar operativen Gewinn abgeworfen.

Drahtseilakt

"Es ist keine Frage, dass wir noch mehr tun müssen, um die Möglichkeiten der Cloud auszunutzen", räumte Konzernchef Steve Ballmer vor seinen Partnern in Washington ein. Mit Hewlett-Packard, Dell und Fujitsu hat Microsoft immerhin starke Fürsprecher für die Entwicklungsplattform Azure gefunden, die eine Art Betriebssystem für die Wolke ist.

Ballmer setzt fast seine gesamte Entwicklungsmannschaft auf die Online-Dienstleistungen an. Doch das ist ein Drahtseilakt: Der Konzernchef kann es sich nicht leisten, die Fans seiner klassischen Software zu vergraulen - die Programme sollen deshalb parallel weiterentwickelt werden. Auch können Firmen eigene "Mini-Wolken" in ihren Rechenzentren schaffen. Damit behalten sie die Kontrolle über all ihre Daten, müssen die Software aber nicht mehr auf jeden Arbeitsplatz-PC einzeln installieren.

Für Steve Ballmer sind die nächsten zwölf Monate entscheidend im Rennen um die Vorherrschaft in der neuen Software-Welt. Ein Zurück, das wurde in Washington deutlich, gibt es für ihn nicht: "Der weltweite Wandel zur Cloud ist eindeutig". (dpa/tc)