Microsoft pokert mit Windows-Fahrplan um Assurance-Kunden

25.07.2007
Um Unternehmen zur Verlängerung ihrer Software-Abonnements zu bewegen, taktiert Microsoft mit den Freigabeterminen für Windows. Die angeblich versehentlich nach außen gelangten Informationen zu "Windows 7" verstärken die Konfusion.

Kurz nachdem Forrester Research in einer Umfrage herausgefunden hatte, dass viele Unternehmen die Software Assurance als unwirtschaftlich erachten und ihren Vertrag mit Microsoft auslaufen lassen wollen, gelangten "versehentlich" Informationen" über Windows 7 an die Öffentlichkeit. Nachdem bei Microsoft in der Vergangenheit schon öfter zur rechten Zeit angeblich vertrauliche Informationen nach außen drangen, um die Position des Unternehmens ins Gespräch zu bringen, glaubte auch dieses Mal kaum ein Branchenbeobachter an ein Versehen. Um Unternehmen zum Abschluss einer Software Assurance zu bewegen, spielt das Datum für Windows 7 nämlich eine wesentliche Rolle.

Die an die Besucher der "Global-Exchange"-Konferenz herausgegebenen Folien sagen praktisch nichts über die geplanten neuen Features des nächsten Desktop-Windows. Andererseits fehlte in den verteilten Unterlagen ein Termin für die Freigabe des Service Pack 1 (SP1) für Windows Vista. Während also für das nächste Update noch kein Datum feststeht, nennt Microsoft bereits ein solches für das übernächste Release. Das verwundert nicht, weil laut Forrester in diesem Jahr mehr als die Hälfte der Software-Abos ablaufen. Eine Verlängerung der Software Assurance rechnet sich aber nur dann, wenn das nächste größere Windows-Release innerhalb von dreieinhalb Jahren erscheint – sonst ist es günstiger, später eine Neulizenz zu erwerben. Mit Windows 7 im Jahr 2010 würde die Rechnung für die Anwender aufgehen.

Kein Verlass auf angekündigte Liefertermine

Allerdings bleibt es den Assurance-Kunden nun überlassen, die Verlässlichkeit des von Microsoft genannten Liefertermins abzuwägen. Die Historie der weit verfehlten Fertigstellungstermine bei fast allen Windows-Updates spricht dagegen, dass Microsoft mit Windows 7 pünktlich sein wird. Für zusätzliche Zweifel sorgen die wechselnden Ankündigungen der letzten Zeit. Der ursprünglich auf den Codenamen "Blackcomb" hörende und dann in "Vienna" umgetaufte Vista-Nachfolger sollte bereits 2009 auf den Markt kommen. Dieser Fahrplan hätte mit der Ankündigung von Zweijahres-Intervallen übereingestimmt, bei denen sich kleine und große Releases abwechseln sollten. Demnach hätte es sich bei Vienna um eine "R2"-Ausführung, also um geringeres Update, gehandelt. Das nun auf Windows 7 umgetaufte Nachfolgesystem passt mit einem Drei-Jahres-Zyklus nicht in dieses bis vor kurzem gültige Schema.

Foto: Microsoft

Bei der Planung von Microsoft-Abos müssen Unternehmen mit zusätzlichen unbekannten Faktoren rechnen. Für den Abschluss eines Vertrags könnten zukünftig nämlich nicht nur die Kosten ausschlaggebend sein. Microsoft vertreibt bestimmte Produkte exklusiv über die Software Assurance. Dazu zählt etwa "Windows Business Enterprise", das als einzige Vista-Profivariante das "Multilingual User Interface Pack" enthält. Wenn Firmen für die Verteilung des Betriebssystems mehrsprachige Images benötigen, kommen sie an einem Abo nicht vorbei. Für Windows XP konnte es noch über den Handel bezogen werden. Ähnlich sieht es mit Management- und Deployment-Tools aus, die unter XP noch mit dem System ausgeliefert wurden und unter Vista als "Microsoft Desktop Optimization Pack" ausschließlich über eine separate Software Assurance bezogen werden können.

Das Nicht-Verlängern eines Abos birgt also die Gefahr, dass Microsoft die versprochenen Liefertermine einhält und dadurch Kostenvorteile verloren gehen. Außerdem riskieren Unternehmen, dass sie vom Bezug benötigter Software ausgeschlossen werden. Umgekehrt schützt ein Abo nicht vor unkalkulierbaren Kosten, weil Microsoft das Erscheinen von Updates während des Vertragszeitraums nicht garantiert. Außerdem kann es die Bedingungen laufend verändern, wie die neuen Client-Access-Lizenzen für Exchange 2007 und Sharepoint 2007 zeigen.

Versteckspiel mit Service Packs

Während Microsoft bereits einen Termin für Windows 7 nennt, das aus der IT-Perspektive der meisten Unternehmen noch keine Bedeutung hat, schweigt sich der Hersteller über die Fertigstellung des bereits angekündigten SP1 für Vista aus. Eine Vielzahl von Anwendern verschiebt einen flächendeckenden Einsatz des neuen Betriebssystems auf einen Zeitpunkt nach der Verfügbarkeit einer solchen größeren Fehlerkorrektur. Hinzu kommt, dass neue Programme häufig ein bestimmtes Windows plus SPx erwarten. Wenn Unternehmen heute Vista auf allen PCs einrichten, dann erfordert deshalb die später nötige Installation des Service-Packs einen zusätzlichen Aufwand.

Aus Microsofts Perspektive wäre die Annahme berechtigt, dass es einen baldmöglichsten Termin für SP1 nennt, um Migrationsprojekte auf Vista nicht unnötig zu verzögern. Da jene Firmen, deren Abos heuer auslaufen, ihre Rechte auf Vista bereits erworben haben, steht Microsoft hier aber nicht unter Druck – die Kunden haben das neue Betriebssystem bereits bezahlt. Es ist nur die Frage wann und nicht ob sie es installieren. Nach aktuellem Stand wird gegen Ende des Jahres eine Beta des SP1 erscheinen, die produktiv einsetzbare Version kommt voraussichtlich Anfang 2008.

Ähnlich sieht es mit dem SP3 für Windows XP aus, über das ständig neue Gerüchte kursieren. In einer Pressemittelung ist von "später in diesem Jahr" die Rede. Microsoft sprach in diesem Zusammenhang aber von einem Tippfehler und legt sich bis dato auf keinen Termin fest. Im Fall von XP läge der Verdacht nahe, dass Microsoft kein Interesse an der weiteren Pflege eines alten Systems hat. Nach Angaben der Herstellers dürfte XP aber noch länger Umsätze generieren: Für das Geschäftsjahr 2008 erwartet Microsoft, dass 22 Prozent der neu verkauften Windows-Lizenzen auf die dann sieben Jahre alte Software entfallen. (ws)