Großes Smartphone zum kleinen Preis

Microsoft Lumia 640 XL im Kurztest

21.05.2015 von Manfred Bremmer
Bereits für unter 200 Euro erhält man mit dem Lumia 640 XL von Microsoft ein Smartphone mit 5,7-Zoll-Display, Quad-Core-CPU, 13-MP-Objektiv von Carl Zeiss und Upgrade-Garantie auf Windows 10. Wir haben uns das günstige Mittelklassen-Phablet genauer angeschaut.

Die für Smartphone-Flaggschiffe wie Samsung Galaxy S6 Edge oder Apple iPhone 6 aufgerufenen Preise dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass man auch für weniger Geld viel Smartphone erhält. Beispiel dafür ist das jüngst auf den Markt gekommene Lumia 640 XL. Microsoft bietet das Gerät für 219 Euro (UVP) an, in diversen Online-Shops ist es allerdings schon für unter 200 Euro zu haben.

Zugegeben: Mit riesigem 5,7-Zoll-Display und Abmessungen von 57,9 mal 81,5 mal 9 Millimeter ist das Lumia 640 XL von vorneherein nicht jedermann Sache. Wer sich jedoch an die Größe gewöhnt und entsprechend große Hände hat, wird von dem Gerät positiv überrascht. So lässt die Verarbeitung des etwas zu kantigen Polycarbonat-Gehäuses nichts zu wünschen übrig, nichts knarzt und das Smartphone liegt gut und sicher in der Hand.

Microsoft Lumia 640 XL
Microsoft Lumia 640 XL
Microsoft Lumia 640 XL
Microsoft Lumia 640 XL
Microsoft Lumia 640 XL
Microsoft Lumia 640 XL

Auch die Auflösung des durch Gorilla Glass 3 geschützten IPS-Displays ist mit 1280 mal 720 Pixel (258 ppi) noch passabel. Die Darstellung ist zugegebenermaßen etwas grobkörnig, angesichts des niedrigen Preises ist dies aber noch tolerierbar. Positiv hervorzuheben ist außerdem der Verzicht auf einen physischen Home-Button - dem allgemeinen Trend folgend setzt auch Microsoft auf hochschiebbare On-Screen-Tasten.

Highlight Kamera

Auf der Rückseite steht die Kamera etwas hervor, was optisch jedoch kaum stört und auch die Stabilität beim Liegen auf der Rückseite nicht gefährdet. Hinzu kommt, dass es sich dabei um ein Carl-Zeiss-Objektiv mit 13 Megapixel Auflösung handelt - neben dem Preis zumindest für Hobbyfotografen ein klares Kaufargument für das Lumia 640 XL. Die mit LED-Blitz ausgestattete Kamera schießt (für eine Smartphone-Kamera) ordentliche Bilder und nimmt Videos in Full-HD-Qualität (1080p) mit 30 Frames pro Sekunde auf. Selfie-Fans werden sich außerdem an der 5-Megapixel-Frontkamera erfreuen - die normalgroße Version Lumia 640 weist hier nur ein 0,9 MP großes Objektiv auf.

Ein (sicher nicht repräsentatives) Beispielfoto mit dem Lumia 640 XL

Während sich Microsoft bei der Kamera richtig ins Zeug legte, regierte in anderen Bereichen leider der Rotstift. Beim Chipsatz etwa setzte die Company auf Altbewährtes und verbaute einen Qualcomm Snapdragon 400 mit 1.2 Gigahertz Quad-Core-Prozessor und einem GB Arbeitsspeicher - das sind immerhin doppelt so viel RAM wie beim Vorgängermodell Lumia 630. Okay, Highend ist etwas anders, doch als Nutzer kann man mit der schwachen Motorisierung leben: Lange Ladezeiten oder Ruckeln sind eher selten, das Leistungsdefizit nimmt man nur im direkten Vergleich mit anderen Geräten wahr.

Auch der interne Speicher fällt mit acht GB etwas dürftig aus - nach Abzug des Betriebssystems und der vorinstallierten Apps stehen dem Nutzer davon unter dem Strich nämlich nur gut drei GB zur freien Verfügung. Kaufinteressenten sollten daher beim Preisvergleich gleich die Kosten für eine microSD-Karte miteinrechnen - für diese hält Microsoft immerhin einen Steckplatz bereit.

Mit Dual-SIM, aber ohne LTE

In Sachen Konnektivität schlägt das Phablet hierzulande einen besonderen Weg ein: So ist das Lumia 640 XL in Deutschland mit Dual-SIM-Unterstützung ausgestattet, aber nur ohne LTE erhältlich. Die Gründe dafür sind schwer nachvollziehbar. Gut möglich, dass die Microsoft-Strategen befürchteten, dass der Aufpreis für das LTE-Modul den möglichen finanziellen Rahmen der anvisierten Kundengruppe gesprengt hätte. Eine andere, plausiblere Erklärung könnte sein, dass sich die Mobilfunk-Carrier weigerten, eine solche Kombination in ihr Sortiment aufzunehmen.

Wie Teltarif herausfand, kann man das Lumia 640 XL in der LTE-Version jedoch beispielsweise im französischen Amazon-Shop kaufen. Der Preis ist dabei mit - inzwischen - 286 Euro plus Versand aber nicht gerade günstig.

Immerhin: Wenn es das Mobilfunknetz hergibt, kann man auch mit dem hierzulande angebotenen Gerät via HSPA+ mit bis zu 42,2 Mbit/s surfen - dieser Wert ist natürlich rein theoretisch/utopisch. Auch beim WLAN müssen die Nutzer leichte Abstriche machen, das Lumia 640 XL unterstützt zwar 802.11b/g/n, allerdings nicht das 5-Ghz-Band.

Ansonsten stehen auf dem Gerät Bluetooth 4.0, DLNA und NFC als Verbindungsmöglichkeiten zur Verfügung, zur weiteren Ausstattung zählen A-GPS, GLONASS sowie die üblichen Sensoren.

Erfreulich groß ausgefallen ist der Akku des Microsoft-Phablets: Mit 3000 mAh Kapazität kommt man trotz großem Display und Dual-SIM-Funktionalität problemlos über den Tag. Im Praxistest musste das Gerät nicht vor Mittag des nächsten Tages ans Ladekabel.

Umfangreiches Softwareangebot

Überrascht das Lumia 640 XL bereits mit einigen Hardwaredetails positiv, so legte Microsoft bei der Software noch ein paar kostenlose Goodies drauf: Käufer des Smartphones erhalten nämlich ein Jahr gratis Office 365 Personal im (fiktiven) Wert von 69 Euro, 1 Terabyte Speicherplatz auf OneDrive sowie 60 Freiminuten monatlich bei Skype Unlimited World. Auch ein Gutschein für 3 Monate BILDplus Digital liegt der Verpackung bei - die dazugehörige Bild-App wurde zusammen mit anderer Bloatware vorinstalliert.

Als Betriebssystem läuft auf dem Lumia 640 XL Windows Phone 8.1 Update 2, außerdem soll das Device ein Upgrade auf Windows 10 erhalten und ist damit relativ zukunftssicher. Bereits die aktuelle Version ist neu und wurde mit der Lumia-640-Serie vorgestellt. Sie bietet unter anderem mehr Übersicht in den Einstellungen und die Möglichkeit, die Zugriffsrechte von Apps genauer festzulegen. Ansonsten findet der Nutzer auf dem Microsoft-Smartphone Features wie den Sprachassistenten Cortana (Alpha-Version) oder Glance Screen, also die Möglichkeit, sich trotz Sperrbildschirm Informationen wie Uhrzeit, Datum, Kalender, Benachrichtigungen und das Wetter anzeigen zu lassen. Das Aufwecken des Smartphones ist optional durch zweifaches Tippen auf den Screen möglich.

Für Business-Nutzer hält das Smartphone nicht nur die bekannte Office-Suite bereit. Dank Dual-SIM und einem speziellen Unternehmensbereichskonto (Workplace Account) unterstützt Windows Phone 8.x auch die parallele private und berufliche Nutzung des Smartphones. Für eine "Light"-Version von ByoD lassen sich auch mehrere Exchange-Accounts mit jeweils separatem Live Tile auf dem Startbildschirm anlegen - auf diesem wird dann die Anzahl neuer Mails angezeigt. Auch beim Kalender kann der Nutzer auf einem Blick zwischen privaten und beruflichen Terminen unterscheiden. Außerdem ist es möglich, dass mehrere Kalender von Accounts mit ActiveSync-Unterstützung synchronisiert und angezeigt werden.

Fazit: Viel Smartphone für wenig Geld

Auch wenn sich Microsoft nach wie vor schwer tut, im Smartphone-Markt Fuß zu fassen: Mit Geräten wie dem Lumia 640 XL liegt der Softwareriese mit Hardwareambitionen strategisch auf dem richtigen Weg. Bei einem Straßenpreis von nicht einmal 200 Euro bekommt man mit dem Smartphone ziemlich viel für sein Geld - ein Umstand, der neben Privatleuten auch Unternehmen überzeugen könnte. Ob Microsoft damit auf seine Kosten kommt oder seine Mobility-Sparte weiter quersubventionieren muss, ist eine andere Frage. Es ist allerdings nicht zu verleugnen, dass vor allem die Konkurrenz aus dem Android-Lager nicht schläft - in vielen Punkten ist etwa das Aquaris E5 FHD vom spanischen Newcomer BQ (zum Testbericht) mit dem Lumia 640 XL ebenbürtig, wenn nicht sogar ihm überlegen.