Mehr als nur Praxisluft schnuppern

17.10.2003 von Melanie Stagg
Immer mehr Unternehmen setzen Praktikanten wie normale Mitarbeiter ein und verlangen vom ersten Tag an entsprechendes Engagement von den Studenten. Deshalb sollte sich jeder Bewerber im Vorfeld gut vorbereiten und wissen, in welchem Tätigkeitsgebiet er künftig arbeiten möchte.

Matthias Specht absolvierte im Rahmen seines FH-Studienganges Informatik ein Praktikum bei der Münchner Ixos Software AG. Das Unternehmen entwickelt Dokumenten-Management-Lösungen (DMS), die den Betrieben helfen, jede Art von Dateien und Informationen elektronisch über einen zentralen Server zu verwalten. Während des fünfmonatigen Praktikums betreute der Informatikstudent gemeinsam mit zwei Kollegen ein Projekt und erstellte Programme für die Testautomatisierung. "Bevor wir unsere Dokumenten-Management-Systeme an den Kunden ausliefern, untersuchen wir alle Arbeitsvorgänge, die auch der Anwender dem System abverlangt. Da diese Tests sehr umfangreich sind, entwickeln wir Programme, die der Automatisierung dieser Vorgänge dienen", erzählt Specht.

Matthias Specht schnupperte bei Ixos Praxisluft.

Die Anforderungen, die Ixos an seinen Praktikanten für dieses Projekt stellte, waren sehr hoch. "Innerhalb kurzer Zeit musste ich mich in neue Themen einarbeiten, die ich bis dahin an der FH nicht kennen gelernt hatte", erinnert er sich. Nachdem sich der 22-Jährige mit Hilfe der unternehmenseigenen Literatur über die Ixos-Produkte mit der Struktur des Dokumenten-Management-Systems vertraut gemacht hatte, ging es mit der Programmierarbeit los. "Mein wichtigster Job bestand zunächst darin, Test-Units zu programmieren", so Specht.

Der angehende Informatiker erläutert die Vorgehensweise: "Beispielsweise hat eine der Testsequenzen die Aufgabe, Dokumente zu erstellen. Die auf Java basierenden Test-Units wiederum definieren die Detailaufgaben, die für das Erstellen der Dokumente notwendig sind, darunter beispielsweise Login, Einfügen von Content oder auch Protokollieren aller Arbeitsläufe, die im Rahmen dieser Testsequenz erfolgt sind."

Damit die Mitarbeiter der verschiedenen Abteilungen Gelegenheit bekommen, sich auszutauschen, findet alle zwei Wochen eine Happy Hour statt. "Hier haben wir die Möglichkeit, uns in netter Atmosphäre gemütlich zu unterhalten", erzählt Specht. Der regelmäßige informelle Kontakt fördert auch die kurzen Informationswege, die dem Studenten positiv aufgefallen sind. "Bei Fragen genügt ein kurzer Anruf, und innerhalb weniger Minuten kenne ich schon den richtigen Ansprechpartner für mein Problem."

Neben der Programmierung der Test-Units war Specht auch dafür zuständig, diese zu implementieren und die für die Testsequenzen notwendigen XML-Files zu erstellen. Diese dienen dazu, die Testkonfigurationen zu speichern und den jeweiligen Test-Units über eine Java-Schnittstelle zur Verfügung zu stellen. "Das gesamte Projekt war umfangreich und ging über die Dauer meines Praktikums hinaus", erzählt Specht. Nach Ende des Praxissemesters setzte er deshalb seine Arbeit bei Ixos als Werkstudent fort.

Nichts für Anfänger

"Für mein Studium habe ich mir eine wichtige Eigenschaft angeeignet: Ich kann mich schnell in neue Themen einarbeiten und das Zusammenspiel komplexer Systeme erkennen." Kommilitonen, die sich noch mitten im Studium befinden, empfiehlt er: "Für diesen Job sind Kenntnisse in Java, Windows und Unix sowie ein grundlegendes Verständnis für Algorithmen notwendig. Für Studienanfänger wäre ein solches Praktikum daher noch zu anspruchsvoll."

Während Matthias Specht bei Ixos für die Vorbereitung der Tests zuständig war, ist Andreas Lohmeier bei der Datev eG in Nürnberg direkt für das Testen der Software verantwortlich. Der 27-Jährige, der an der FH Ansbach im sechsten Semester Wirtschaftsinformatik mit Schwerpunkt E-Commerce studiert, arbeitet seit zwei Jahren als studentische Aushilfe für das Softwarehaus, das für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte sowie deren Mandanten verschiedene Applikationen entwickelt.

Andreas Lohmeier packte bei Datev mit an.

Lohmeier verfasst Testberichte für ein Zahlungsverkehr-Programm, um mögliche Fehlerquellen zu entdecken, bevor die Software an die Kunden ausgehändigt wird. "Ich arbeite an einer Maske, die auch der Anwender bei der Eingabe seiner Daten vor sich hat. Die Eingabefelder fülle ich mit fiktiven Daten aus, um zu testen, ob das Programm alle erforderlichen Eingabevariationen akzeptiert. Manchmal kommt es vor, dass die Software zum Beispiel Sonderzeichen nicht richtig erkennt oder dass Daten, die wir aus anderen Programmen importieren, nicht korrekt übermittelt werden", erklärt der angehende Wirtschaftsinformatiker.

 "Falls eine Unregelmäßigkeit auftaucht, während ich verschiedene Test-Szenarien durchspiele, dokumentiert eine Datenbank diesen Fehler automatisch. Nachdem wir die Fehler behoben haben, können wir die Software - nach erneuten Testdurchläufen - den Kunden ausliefern." Lohmeiers Tätigkeiten beschränken sich nicht auf das Testen der Applikationen. Daneben akquiriert und betreut er auch Pilotanwender, die neue Versionen der Anwendung "Zahlungsverkehr" ausprobieren. "Anhand von Kundenlisten spreche ich potenzielle Interessenten an, um herauszufinden, ob sie neue Software probeweise einsetzen möchten", erzählt er.

Zu jedem Pilotanwender hält Lohmeier engen Kontakt und eruiert Verbesserungsvorschläge, fragt nach eventuellen Fehlern und gibt das Feedback der Kunden in den Jour-fix-Veranstaltungen seinen Kollegen sowie Vorgesetzten weiter. Im Herbst hat das Praxissemester begonnen, und nun ist er bei Datev vollzeitbeschäftigt und kann sich in eigenen Projekten engagieren. "Durch diesen Job lerne ich praxisnah, Zeitaufwand realistisch einzuschätzen und Prioritäten zu setzen, wenn mehrere Aufgaben gleichzeitig anstehen", so der Student. "Das kann ich auch gut an der FH umsetzen, wenn ich dort an Projekten arbeite."

Für Praktika sollten sich Studenten bis zu einem halben Jahr vorher bewerben, Aushilfsjobs können teilweise auch kurzfristiger besetzt werden. Die erforderlichen Vorkenntnisse orientieren sich an den jeweiligen Aufgabengebieten. Auf jeden Fall ist aber ein Informatikgrundverständnis notwendig, und betriebswirtschaftliche Kenntnisse sind hilfreich.

Nah am Kunden

Noch einen Schritt näher am Kunden als Lohmeir und Specht ist Petra Gerhardt. Die 28-jährige MBA-Absolventin ist Praktikantin bei der Microsoft Deutschland GmbH in Unterschleißheim. Das Team, in dem sie integriert ist, nennt sich Business Group Information Worker - dabei handelt es sich um Produkt-Manager und andere Fachleute, die für den Start des neuen Office-Systems verantwortlich zeichnen. "Zu Microsoft bin ich über einen Tipp aus der Personalabteilung einer Werbeagentur gekommen, bei der ich mich vorher für eine Beraterposition beworben habe", erinnert sich Gerhardt. "Nachdem ich schon einige Praktika im Bereich IT-Consulting absolviert hatte, dachte ich, dass mir auch Produkt-Management liegen könnte."

Mit dieser Vermutung hatte sie auch Recht, denn bereits nach kurzer Zeit übernahm sie im Team zusammen mit anderen Kollegen die Verantwortung für den reibungslosen Ablauf der internen Kommunikation mit den Mitarbeitern. "Dabei handelt es sich nicht nur um unsere neun Teammitglieder, sondern um alle Microsoft-Mitarbeiter, die in irgendeiner Weise in den Produktstart involviert sind", so Gerhardt. Die Praktikantin und ihre fest angestellten Kollegen arbeiten mit Hochdruck an den Vorbereitungen für die offizielle weltweite Einführung des neuen Office-Systems, das mit einer großen Veranstaltung Ende Oktober verbunden ist.

Petra Gebhardt arbeitete bei Microsoft mit.

"Wir haben im Sommer eine Sonderausgabe der firmeneigenen Zeitschrift "Monatsspiegel" veröffentlicht, in der wir das neue Office-System unseren Partnern und auch Mitarbeitern vorgestellt haben. Um Input für die Artikel zu bekommen oder Kollegen zu finden, die sich bereit erklären, selbst einen Beitrag zu schreiben, war viel Abstimmung notwendig - aber es hat sich gelohnt", erzählt sie stolz. In der Zeitschrift wird Gerhardt neben ihren Kollegen auch als vollwertiges Mitglied des Organisationsteams vorgestellt.

"Das Unternehmen verlangt den Arbeitnehmern viel ab, aber es gibt auch viel zurück", sagt Gerhardt. "Gerade weil wir abends lange arbeiten, nehmen viele Mitarbeiter die verschiedenen Sportmöglichkeiten in Anspruch. Wir haben ein eigenes Fitness-Center im Haus, das besonders im Winter sehr beliebt ist. Die Umgebung eignet sich auch sehr gut zum Joggen, und viele Kollegen nutzen dafür die Mittagspause."

Neben Kantine und Café-Bar bietet das Unternehmen sogar einen Reinigungsservice. "Voraussetzung für meine Arbeit ist, Spaß am Umgang mit Menschen zu haben. Ich bin Bindeglied zwischen meinen Kollegen und den Mitarbeitern der Agenturen, die wir für die Organisation unserer Veranstaltungen beauftragen. Außerdem habe ich Kontakt zu den Microsoft-Partnern, die mit eigenen Ständen auf unseren Events präsent sein werden", sagt die MBA-Absolventin. Bei alledem ist eine gewisse IT-Affinität wichtig: Nicht nur das Produkt setzt dies voraus, auch der tägliche Umgang mit Kunden und Kollegen macht es notwendig, dass sich Gerhardt als kompetente Ansprechpartnerin etabliert.

Aussicht auf Festanstellung

Da ihr dies bereits innerhalb der ersten Wochen während des Praktikums gelungen ist, kann sie mit einer weiteren Beschäftigung bei Microsoft rechnen. "Ich habe Aussicht auf eine befristete Stelle für ein Jahr, wobei ich im selben Team bleibe und zunächst auch die gleichen Aufgaben wie jetzt übernehme. Oft ergibt sich eine Position - wie es auch in meinem Fall war - kurzfristig, da lohnt es sich, die Ohren offen zu halten." Interessenten können sich direkt über das Online-Tool auf der Microsoft-Homepage bewerben. Oft kann es von der Bewerbung bis zum ersten Arbeitstag sehr schnell gehen. Im Fall von Gerhardt dauerte es nach dem Bewerbungsgespräch lediglich zwei Wochen, bis sie das erste Mal in ihrem Büro saß.

Kontakte Ansprechpartner für Praktikanten

Datev eG Frau Stefanie NüssleTelefon: 0911/276-2576E-Mail: stefanie.nuessle@datev.de

Microsoft Deutschland GmbH Frau Doris HerzigTelefon: 089/31760E-Mail: dorish@microsoft.com

Ixos Software AG Frau Judith DielerTelefon: 089/4629-1852 E-Mail: judith-claudia.dieler@ixos.de