Infrastruktur-Outsourcing

Mehr als nur Kosteneinsparung

15.09.2009 von RAAD Research
SAP-Bestandskunden kämpfen schon seit langem mit kaum einzudämmenden Kosten für den Betrieb ihrer Systeme. Deshalb kann der Markt für SAP-Outsourcing-Dienstleistungen auch in 2009 im Gegensatz zum SAP-Projektgeschäft Zuwächse verzeichnen.

Die anhaltende Wirtschaftskrise zwingt Unternehmen dazu, bei der Kosteneinsparung im IT-Bereich neue Wege zu gehen. Die Betriebskosten von SAP-Landschaften lassen sich beispielsweise mit einer Konsolidierung und Standardisierung vorhandener SAP-Systeme und der zugrundeliegenden Geschäftsprozesse realisieren. Diese Maßnahme ist allerdings gerade bei größeren Systemen mit sehr hohem Investitionsaufwand verbunden, was Unternehmen gerade in Zeiten knapper IT-Budgets davor zurückschrecken lässt.

Ein anderer Weg besteht darin, die IT ganz oder in Teilen ins Outsourcing zu geben. Die spezialisierten Anbieter können häufig die Leistungen im SAP-Hosting und/oder SAP-Application Management aufgrund größerer Skalierungseffekte günstiger anbieten, woraus sich Kosteneinsparungen für SAP-Anwenderunternehmen ergeben können. Dies ist sicherlich auch ein Grund dafür, dass in 2009 trotz Wirtschaftskrise der Markt für SAP-Outsourcing-Dienstleistungen im Gegensatz zum SAP-Projektgeschäft Zuwächse verzeichnet, wie eine von RAAD Research von April bis Juni 2009 durchgeführte Umfrage bei mehr als 2.000 IT-Leitern von SAP-Anwenderunternehmen zum Betriebsmodell ihrer IT-Infrastruktur ergab.

Wo werden IT-Infrastrukturen betrieben? (Quelle: RAAD)
Foto: RAAD Research

Zunächst muss festgehalten werden, dass immerhin 34 Prozent ihre IT-Infrastruktur ausschließlich selbst betreiben und keine dedizierten Betriebs-Dienstleistungen von außerhalb beziehen. Ein vollständig ausgelagerter Betrieb kommt bei insgesamt knapp 40 Prozent der Unternehmen vor, jeweils die Hälfte davon wird von einem Dienstleister im Konzernverbund, die andere Hälfte von einem externen Dienstleister betreut. Weitere 22 Prozent lassen zumindest Teile ihrer Infrastruktur extern betreuen, weitere drei Prozent beziehen teilweise Leistungen über den Konzernverbund.

Outsourcing ist in der SAP-Bestandskundschaft für den Infrastrukturbereich also ein wichtiges Thema für viele, aber längst nicht für alle Unternehmen. Es wird auch im scheinbar so "business-fernen" Bereich des Rechenzentrums sehr selektiv eingesetzt, nämlich nur dann, wenn sich ein Unternehmen davon echte Vorteile verspricht. Längst nicht jedes Unternehmen lagert seine SAP-Infrastruktur aus. Es ist aber festzustellen, dass die Zahl der Unternehmen stetig wächst, die zumindest Teile ihrer IT auslagern. Allein innerhalb des letzten halben Jahres sind knapp zehn Prozent der Unternehmen, die vorher ihr System komplett selbst betrieben haben, zu einem Outsourcer gewechselt. Haupttriebfeder für den Wechsel war in erster Linie die kurzfristige Realisierung von Kosteneinsparungen. Dienstleister, die hier klare Einsparpotenziale aufzeigen können, sind hier klar im Vorteil. Dennoch zeichnet sich ab, dass trotz der Krise auch andere wichtige Aspekte nicht aus dem Blickfeld verschwinden. So müssen Dienstleister auch beweisen können, dass sie eine für den Kunden strategisch sichere Lösung anbieten können, die Unternehmensbelange berücksichtigen und die notwendige Flexibilität ermöglichen.

Notwendigkeit zur Differenzierung

Zukünftig wird der Markt für traditionelles SAP-Outsourcing wie SAP-Hosting oder SAP-Application Management sicherlich enger werden, zumal diese Leistungen schon heute Commodity sind. Die Differenzierung der Outsourcing-Anbieter am Markt findet meist nur noch über den Preis bzw. über neue Abrechnungsmodelle wie den On-Demand-Ansatz statt. Die großen Anbieter wie IBM, Accenture, HP oder T-Systems versuchen schon seit längerem über Kombinationen von Near- und Offshoring-Kapazitäten, sowie über die Konsolidierung ihrer Rechenzentren bei den Kosten immer weitere Einsparungen zu erzielen, was bis dato dazu geführt hat, dass die Preise für Rechenzentrumsleistungen kontinuierlich gesunken sind.

Für die Anbieter ist es notwendig, die eigenen Leistungen von der Masse an ähnlich klingenden Angeboten zu differenzieren. Ein Weg hierzu ist es, den Leistungen zusätzliche höherwertige Schalen zu verpassen, wie es beispielsweise beim "Transformational Outsourcing" (auch Business Transformation Outsourcing) der Fall ist. Gemeint ist hiermit die Verbindung von Business Consulting und traditionellem IT-Outsourcing. Der übernommene Teil der IT-Prozesse wird nach "Best-in-Class"-Methoden reorganisiert und dann entweder vom Outsourcer weiter betrieben oder rücküberführt. Der IT-Provider übernimmt hierbei also nicht nur den Betrieb eines SAP-Systems, sondern auch die Verantwortung für die optimale Umsetzung bzw. Gestaltung der Geschäftsprozesse. Gerade letzteres bedingt allerdings, dass Outsourcer nicht alleine Betriebsexzellenz der SAP-Systeme umsetzen, sondern auch über Berater mit hoher Geschäftsprozesserfahrung und Umsetzungskompetenz in Applikationen verfügen müssen. Denn der Dienstleister muss bspw. entscheiden, ob die IT-seitige Abbildung verschiedener Einkaufs- oder Vertriebsprozesse notwendig ist, oder ob diese auf einen ggf. weltweiten Standard konsolidiert werden können.

Outsourcing hilft bei Innovation

Der Vorteil für die Kunden ist, dass sie sowohl auf Betriebsseite von Kosten entlastet werden, als auch auf der Geschäftsprozessseite deutlich effektiver und effizienter werden können. Auch kann der Dienstleister im Zuge der Transformation auf höherwertige SAP-Produkte umstellen, etwa durch die Einführung einer Service-orientierten Architektur und den Rückgriff auf Funktionalität aus der Business Suite. Dadurch kann der Kunde bisher vernachlässigte Innovationssprünge durchführen, die ihm bisher aufgrund fehlender Budgets oder fehlender Detailkenntnis der Systeme verwehrt geblieben sind. So ist im SAP-Markt zu beobachten, dass die Masse der Migrationen von R/3 zu SAP ERP rein technische Upgrades waren.

Funktionale Upgrades waren nicht die Regel. Wenn diese durchgeführt wurden, waren es in der jüngeren Vergangenheit eher Projekte kleinerer Natur. Größere Systemintegrationsprojekte bilden aktuell eher die Ausnahme, da Kunden kleinere Projekte mit schnellerem Return on Invest bevorzugen. Dies hat dazu geführt, dass der Markt für SAP-Beratungsleistungen und Systemintegration in diesem Jahr eher rückläufig ist. In dieser Zeit besteht der Vorteil für Anbieter des Transformational Outsourcings, die sowohl in der SAP-Beratung als auch im Outsourcing tätig sind, darin, dass sich vorhandene Ressourcen im Unternehmen zu einem gemeinsamen Dienstleistungsansatz bündeln lassen. Einbußen im Projektgeschäft können dadurch ggf. aufgefangen werden.

Durch die Einbeziehung der SAP-Beratungskompetenz ins Hosting oder Application-Management-Geschäft lassen sich aber auch deutliche Differenzierungen der Anbieter realisieren, etwa durch die Fokussierung auf bestimmte Branchen, was bei Konzentration auf die traditionellen Outsourcing-Themen aufgrund der Commodisierung nur bedingt möglich war. Auch für kleinere Anbieter im Outsourcing-Geschäft bietet sich durch Transformational Outsourcing ein interessanter Weg, um langfristig den Preiskampf gegen größere Anbieter zu bestehen.

Kleine Outsourcer haben sich meist auf schon auf Branchen spezialisiert, wie bspw. die IT-Ausgründungen verschiedener Stadtwerke. Diese Unternehmen verfügen schon heute häufig über das notwendige Prozess-Know-How, haben aber gegenüber den großen Outsourcing-Unternehmen wie IBM, Accenture, HP und T-Systems den Nachteil, dass die realisierbaren Skaleneffekte im Betrieb häufig nicht so groß sind. Solange der Fokus der Anwenderunternehmen aber wie aktuell noch sehr auf Kostenreduzierung ausgerichtet ist, werden es alle Anbieter dieser Outsourcing-Variante schwer haben, diese sinnvollerweise kombinierten Leistungen bei den Kunden zu platzieren, denn diese müssen auf einen Teil der eingesparten Kosten verzichten, die der Outsourcer für die Innovation der Geschäftsprozesse benötigt. Ein ruinöser Preiskampf im Outsourcingmarkt sollte aber mittel- und langfristig nicht der Preis für kurzfristige Einsparungen sein und nicht im Interesse der Kunden liegen. Denn langfristig führt dies zu Qualitätsverlusten und Marktbereinigungen, denen vor allem kleinere Anbieter zum Opfer fallen könnten, die nicht über Near- und Offshorekapazitäten verfügen. Tendenzen zeichnen sich hier schon auf höherem Niveau ab, wie die Übernahmen von TDS durch Fujitsu und EDS durch HP zeigen.

Je stärker aber die Konzentration auf wenige Anbieter im Markt wird, desto eher besteht für kleinere Kunden die Gefahr, dass es den idealen Mehrwertpartner nicht mehr gibt. Weil billiger nicht immer günstiger ist.

Über RAAD Research

RAAD Research erstellt Marktstudien und Analysen im Umfeld von betriebswirtschaftlicher Standardsoftware. Die relevanten Markttrends in Bezug auf Softwaresysteme, Infrastruktur und IT-Dienstleistungen werden durch empirische Marktforschung auf wissenschaftlich fundierter Basis ermittelt, analysiert und verständlich aufbereitet.