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Media-Center mit Mini-PC Raspberry Pi einrichten

01.07.2013 von Thorsten Eggeling
Raspberry Pi hat die Größe einer Scheckkarte und kostet 35 Euro. Sie können sich damit zum Beispiel ein Mediacenter oder einen NAS-Server einrichten.

Wer mit Computer-Hardware experimentieren und nicht viel Geld dafür ausgeben möchte, der findet mit dem Raspberry Pi („Himbeerkuchen“) ein passendes Gerät. Der Mini-PC in Scheckkartengröße wurde von der gemeinnützigen Raspberry Pi Foundation als Lehr- und Lerncomputer entwickelt. Das aktuelle Modell B ist mit einem ARM-Prozessor (Advanced RISC Machine) und 512 MB Hauptspeicher ausgestattet. Es kostet etwa 35 Euro, dazu kommen noch gut 6 Euro für ein Netzteil und 10 Euro Versandkosten. Sie können das Gerät nebst Zubehör bei Farnell erwerben.

Bestimmte Aufgaben, wie etwa die Video-dekodierung, kann beim Raspberry Pi die Grafikeinheit (GPU) übernehmen, sodass Sie den ARM-Mini-PC auch als Media-Center nutzen können. Der Raspberry Pi lässt sich zudem für vielfältige Steuerungsaufgaben als NAS oder Cloud-Server einsetzen.

Software für den Mini-PC vorbereiten

Der Raspberry Pi startet das Image des Betriebssystems von einer SD-Karte. Vorher kopieren Sie es unter Windows auf die SD-Karte. Dafür brauchen Sie ein SD-Kartenlesegerät.

Eine SD-Karte aus der Kamera mit 2 oder 4 GB genügt. Mit schnellen Karten der Klasse 10 können Sie die Transferleistung verbessern. Bei unseren Tests arbeiten zwar alle in der Redaktion verfügbaren SD-Karten mit dem Raspberry Pi zusammen, wenn Sie eine neue Karte kaufen müssen, sollten Sie aber vorher einen Blick in die Kompatibilitätsliste werfen. Was Sie auf der SD-Karte installieren, hängt vom jeweiligen Einsatzzweck ab.

Raspbian „wheezy“: Raspbian ist eine für den Raspberry Pi optimierte Version von Debian GNU Linux. Die meisten Debian-Programmpakete stehen auch für Raspbian zur Verfügung. Sie können damit Ihren Raspberry Pi etwa als NAS oder Webserver verwenden. Zur Installation entpacken Sie die Raspbian-Image-Datei und Win32 Disk Imager auf die Festplatte. Legen Sie eine SD-Karte in das Kartenlesegerät und starten Sie Win32 Disk Imager. Wählen Sie unter „Device“ den Laufwerksbuchstaben der SD-Karte aus. Über die Schaltfläche hinter dem Eingabefeld „Image-File“ wählen Sie die Raspbian-Image-Datei aus und klicken auf „Write“.

Raspbmc: Raspbmc ist eine spezielle Linux-Distribution für Mediacenter-PCs. Die Mediacenter-Oberfläche XBMC ist für TV-Gerät und Fernbedienung optimiert. Sie können damit Filme oder Bilder ansehen und Musik hören. Es ist auch möglich, Live-TV über einen Media-Server zu nutzen und TV-Aufnahmen anzusehen (Kasten unten). Raspbmc verwendet ein eigenes Programm, um das Image auf die SD-Karte zu kopieren. Entpacken Sie Raspbmc auf die Festplatte und starten Sie Installer.exe. Wählen Sie unter „Device name“ die SD-Karte aus, setzen Sie ein Häkchen vor „I accept the license agreement“ und klicken Sie auf „Install“.

TV-Server für Raspbmc unter Windows

Im Prinzip lassen sich an einem Raspberry-System auch DVB-Sticks betreiben. Die Hardware wäre jedoch mit der Decodierung des TV-Streams überfordert. Wenn Sie Live-TV nutzen, Fernsehsendungen aufnehmen sowie Aufnahmen ansehen wollen, ist ein eigener TV-Server notwendig. Hier empfiehlt sich etwa die Open-Source-Software Media Portal, die sich unter Windows leicht einrichten lässt. Detaillierte Infos dazu finden Sie in unserem Artikel. Da Media Portal die Daten als MPEG2-Stream überträgt, benötigen Sie einen MPEG2-Lizenzschlüssel (➞ Punkt 6).

Kopieren Sie das Plug-in TVServerXBMC.dll (in Media-Portal auf Plus-DVD enthalten) in das „Plugins“-Verzeichnis des Media-Portal-TV-Servers. Aktivieren Sie es über die Konfiguration des TV-Servers. Gehen Sie auf „Plugins ➞ TVServerXBMC“ und die Registerkarte „Shares“. Die angegebenen Freigaben müssen von Raspbmc aus erreichbar sein. Verwenden Sie am besten ein Verzeichnis unter „Users\\Public“. Die Verzeichnisse stellen Sie unter „Recording ➞ Folders“ und „Timeshifting ➞ Folders“ ein.

In XBMC gehen Sie auf „System ➞ Einstellungen ➞ Live-TV“ und unter „TV-Einstellungen“ auf „Aktivieren“. Wählen Sie „MediaPortal PVR Client“ aus. Über „Konfiguration“ geben Sie die IP-Adresse des Windows-PCs und die Anmeldeinformation ein. Danach gehen Sie auf „Aktivieren“. Die TV-Funktionen sind anschließend im Hauptmenü unter „Live TV“ sichtbar.

Raspberry Pi in Betrieb nehmen

Für erste Versuche mit dem Raspberry Pi reicht ein fliegender Aufbau aus. Später sollten Sie das Gerät in einem Gehäuse unterbringen. Passende Gehäuse gibt es bei Farnell, RS Components oder Ebay. Sie können es aber auch selbst bauen.

Platinenbestückung Raspberry Pi

Schließen Sie den Raspberry Pi per HDMI-Kabel an einen Monitor oder ein TV-Gerät an. Wenn Ihr Monitor nur einen DVI-Eingang besitzt, verwenden Sie einen HDMI/DVI-Adapter. Schließen Sie ein Netzwerkkabel an und verbinden Sie Maus und Tastatur mit den USB-Anschlüssen. Stecken Sie dann die SD-Karte in den dafür vorgesehenen Sockel des Raspberry Pi und verbinden Sie das Gerät mit dem Netzteil. Einen Ein-/Aus-Schalter gibt es nicht. Raspberry Pi startet, sobald Sie die Stromversorgung anschließen.

Raspbian „wheezy“ einrichten

Beim ersten Start von Raspbian erscheint ein Konfigurationsdialog. Dort stellen Sie etwa die deutsche Tastaturbelegung ein und setzen ein Passwort für den Standardbenutzer.

Wenn Sie Ihren Raspberry Pi mit Raspbian starten, begrüßt Sie zuerst der Konfigurationsdialog „Raspi-config“. Bei einer SD-Karte mit 4 GB oder mehr Kapazität gehen Sie zuerst auf „expand_rootfs“ und folgen den Anweisungen auf dem Bildschirm. Danach nutzt das System den gesamten verfügbaren Platz aus. Bearbeiten Sie außerdem die Option „configure_keyboard“ und stellen Sie ein deutsches Tastatur-Layout ein. Bei „change_locale“ wählen Sie „de_DE.UTF8 UTF8“ und bei „change_timezone“ stellen Sie „Europe“ und „Berlin“ ein. Mit „change_pass word“ ändern Sie das Passwort des Standardbenutzers „pi“. Sie müssen das Passwort zweimal eingeben, und es wird dabei nicht auf dem Bildschirm angezeigt. Aktivieren Sie außerdem unter „ssh“ den SSH-Server. Sie benötigen ihn, wenn Sie das System fernwarten möchten. Bei „boot_behavi or“ stellen Sie „Yes“ ein, damit das System gleich mit einer grafischen Oberfläche startet. Zum Abschluss gehen Sie auf „Finish“ und bestätigen den Neustart mit „Yes“.

Raspbian als NAS konfigurieren

Sie wollen von Windows aus auf den USB-Stick oder auf eine USB-Festplatte am Raspberry Pi zugreifen? Dann müssen Sie in Raspbian einige zusätzliche Tools installieren und die Konfiguration ändern.

Die Installation neuer Programmpakete erledigen Sie am einfachsten auf der Kommandozeile. Dazu klicken Sie im Menü links unten auf „Zubehör ➞ Root Terminal“. Führen Sie im Anschluss daran auf der Kommandozeile die beiden Zeilen
apt-get updateapt-get install samba samba-common-bin ntfs-3g mc
aus. Die beiden Samba-Pakete richten den Server für Windows-Freigaben ein, ntfs-3g ist für den Schreibzugriff auf NTFS-formatierte USB-Geräte notwendig. Hinter mc verbirgt sich der Dateimanager Midnight Commander, der auch einen kleinen Texteditor mitbringt. Als Nächstes legen Sie mit dem Befehl smbpasswd pi ein Passwort für den Zugriff von Windows aus fest. Sie tippen das Passwort zweimal blind ein und bestätigen jeweils mit der Enter-Taste. Es erscheint nicht am Bildschirm.Öffnen Sie mit dem Befehl mcedit /etc/samba/smb.conf die Samba-Konfigurationsdatei. Erstellen Sie am Ende der Datei folgende Zeilen
[public]path=/mediaread only=nowritable=yesÄndern Sie außerdem den Eintrag hinter „workgroup“ auf die Windows-Arbeitsgruppe, die Sie in Ihrem Netzwerk verwenden. Drücken Sie die F2-Taste, um die Datei zu speichern. Mit F10 beenden Sie den Editor.
Geben Sie zum Abschluss /etc/init.d/samba restart ein. Damit starten Sie den Dienst für die Dateifreigaben neu, und die geänderte Konfiguration wird wirksam.

Der neue Abschnitt in der smb.conf erstellt die Freigabe „public“, die auf den Pfad „/me dia“ verweist. Hier hängt Raspbian die USB-Laufwerke ein. Im Windows-Explorer geben Sie in die Adresszeile \\raspberrypi\public ein und bestätigen mit der Enter-Taste. Danach melden Sie sich als Benutzer „pi“ mit dem über smbpasswd vergebenen Passwort an. Wenn der Zugriff über den Namen „rasp berrypi“ nicht möglich sein sollte, benutzen Sie stattdessen die IP-Nummer. Diese bekommen Sie im Terminal-Fenster über den Befehl „ifconfig“ heraus.

Fernzugriff auf das Raspberry-NAS:Ein NAS werden Sie in der Regel ohne Monitor betreiben. Über das Netzwerk können Sie unter Windows jedoch ein Terminal-Fenster öffnen und dann alle administrativen Aufgaben von dort aus erledigen. Verwenden Sie dazu den SSH-Client Putty. Geben Sie in Putty den Host-Namen oder die IP-Adresse des Raspberry Pi ein und klicken Sie auf „Open“. Loggen Sie sich als Benutzer „pi“ mit dem Passwort ein, dass Sie bei der Einrichtung von "wheezy" vergeben haben. Wenn Sie Befehle oder Programme als Administrator („root“) ausführen müssen, stellen Sie dem Befehl ein „sudo“ voran, also beispielsweise „sudo apt-get update“.

Raspbian als Cloud-Server

Wer Dropbox & Co. nicht traut, richtet sich seinen eigenen Cloud-Server ein. Dieser ist auch von außen über das Internet erreichbar, wenn Sie in Ihrem DSL-Router eine Port-Weiterleitung für den Port 80 auf die IP-Adresse des Raspberry Pi einrichten.

Öffnen Sie über „Zubehör ➞ Root Terminal“ ein Terminal-Fenster und geben Sie sudo apt-get install apache2 php5 php5-json php5-gd php5-sqlite curl libcurl3 libcurl3-dev php5-curl php5-common php-xml-parser sqlite mc ein (eine Zeile). Damit installieren Sie den Apache-Webserver, PHP und das Datenbanksystem Sqlite. Geben Sie die Befehle
cd /home/piwget http://mirrors.owncloud.org/releases/owncloud-4.5.1.tar.bz2tar -xjf owncloud-4.5.1.tar.bz2cp -r owncloud\* /var/wwwchown -R www-data:www-data/var/www
ein (fünf Zeilen). Sollte der Download mit wget nicht funktionieren, sehen Sie auf http://owncloud.org nach, wie der Dateiname der aktuellen Version lautet.

Öffnen Sie die Konfigurationsdatei des Webservers mit dem Befehl mcedit /etc/apache2/sites-enabled/000-default
Ändern Sie unter „<Directory /var/www/>“ die Zeile „AllowOverride None“ in „Al lowOverride All“. Drücken Sie die Taste F2 und danach F10. Geben Sie /etc/init.d/apache2 restart ein, um den Webserver neu zu starten. Danach gehen Sie im Webbrowser auf http://raspberrypi. Sollte die Adresse nicht erreichbar sein, verwenden Sie die IP-Nummer. Sie sehen jetzt die Konfigurationsseite von Owncloud. Geben Sie Benutzernamen und Passwort für den Admin-Zugang ein und klicken Sie auf „Installation abschließen“.

Owncloud bietet zwar bisher noch nicht den Funktionsumfang von Dropbox & Co., reicht aber für private Anwender und kleine Teams völlig aus.

Über die Browser-Oberfläche von Owncloud können Sie anschließend neue Benutzer anlegen und Dateien hochladen. Owncloud verfügt über einen Media-Player, eine Bildergalerie, ein Adressbuch und einen Kalender. Ähnlich wie bei Dropbox gibt es auch einen Windows-Client, über den sich Dateien zwischen Rechner und Owncloud synchronisieren lassen.

Mediacenter Raspbmc konfigurieren

Das Raspbmc-System ist einfach zu konfigurieren. Beim ersten Start lädt das System die erforderlichen Dateien aus dem Internet herunter und konfiguriert sich automatisch. Unter „System &#x279e; Setting &#x279e; Appearance &#x279e; International“ ändern Sie die Einstellungen für „Sprache“, „Region“ und „Zeitzonen Region“ auf „German“, „Deutsch“ und „Germany“. Wenn Sie den Lautsprecher per Klinkenstecker mit dem Raspberry Pi verbunden haben, stellen Sie unter „System &#x279e; Einstellungen &#x279e; System &#x279e; Audio-Ausgabe“ von „HDMI“ auf „Analog“ um.

Medienquellen einrichten: Videos oder Musik spielt XBMC direkt von einem USB-Gerät ab. Sie müssen nur beispielsweise auf „Videos &#x279e; Dateien“ gehen. Wählen Sie das gewünschte Laufwerk und die Datei aus, die Sie abspielen möchten. Über „Videos hinzufügen“ und „Suchen“ beispielsweise konfigurieren Sie Netzwerkquellen wie „UPnP Devices“ oder „Windows-Freigaben (SMB).
Fernbedienung verwenden: XBMC lässt sich zwar per Tastatur und Maus bedienen, besser geht es jedoch mit einer Fernbedienung. Unter www.pcwelt.de/hrrh finden Sie eine knappe Liste von unterstützten Fernbedienungen. Empfehlenswert ist hier zum Beispiel die Fernbedienung des Windows-Mediacenter (MCE Remote), die es bei Ebay oder unter dem Namen „Hauppauge MCE Remote“ (43 Euro) bei Amazon gibt. XBMC lässt sich auch über WLAN und ein Android-Smartphone fernsteuern. Dafür ist bei Google Play die App Official XBMC Remote erhältlich.

Raspbmc als NAS verwenden:Raspbmc basiert auf Raspbian. Deshalb lässt sich eine Netzwerkfreigabe für Windows ähnlich einrichten, wie unter &#x279e; "Raspbian als NAS konfigurieren" beschrieben. Für den Zugriff auf das System verwenden Sie von Windows aus das Programm Putty.

MPEG2-Video sowie VC1-Video abspielen:Raspbmc ist in der Lage, die meisten Dateiformate wie beispielsweise Divx oder AVIs mit h264-Video-Stream ohne Probleme wiederzugeben. HD-Videos (1080p) laufen normalerweise ruckelfrei. Wenn Sie MPEG2-Videos oder VC1-Videos abspielen wollen, müssen Sie die Hardware-Unterstützung dafür erst freischalten. Aus lizenzrechtlichen Gründen ist diese Funktion nicht kostenlos. Im Raspberry Pi Store ist der MPEG2-Lizenzschlüssel für etwa drei Euro zu haben. Der VC1-Schlüssel kostet etwa 1,50 Euro. Bei der Bestellung müssen Sie die Seriennummer des Prozessors angeben, die Lizenz ist aus diesem Grund an die Hardware gebunden. Den Schlüssel erhalten Sie dann innerhalb von 72 Stunden per E-Mail. Gehen Sie anschließend in XBMC auf „Programme &#x279e; Raspbmc Settings &#x279e; System configuration“ und geben Sie den Lizenzschlüssel ein.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation PC-Welt.