Mitarbeiterbindung heute

Lockere Beziehungskisten

21.05.2013 von Judith-Maria Gillies
Der IT-Nachwuchs deutet Loyalität heute anders als frühere Generationen. Führungskräfte müssen sich viel einfallen lassen, um ihre Mitarbeiter auch künftig bei der Stange zu halten.
Bärbel Meiborg, HP: "Die Hemmschwelle, das Unternehmen zu verlassen, ist eindeutig gesunken. Da spielt die junge Generation mit offenen Karten."
Foto: Privat

Diplomatisch ist anders. Bärbel Meiborgs Mitarbeiter bei Hewlett-Packard (HP) nehmen ihrer Chefin gegenüber jedenfalls kein Blatt vor den Mund. "Als Führungskraft wird mir offen signalisiert, dass man sich etwa als Alternative zu HP auch einen Wechsel zu einem Mittelständler oder ein längeres Sabbatical vorstellen könnte", erzählt die PC Country Category Managerin PPS Germany. Meiborg macht sich nichts vor: "Die Hemmschwelle, das Unternehmen zu verlassen, ist eindeutig gesunken. Da spielt die junge Generation mit offenen Karten."

Dies gilt nicht nur bei HP, sondern überall in der Branche. Die Loyalität zum Arbeitgeber steht derzeit vielfach auf dem Prüfstand. Statt als jahrelange Treue dem Unternehmen gegenüber interpretieren junge Mitarbeiter den Begriff heute ganz anders. "Loyalität wird heute als Treue gegenüber einem Projekt oder Team verstanden", sagt Nelly Riggenbach Hasler, Director Western Europe der Marktforschungsgesellschaft Universum Communications. Ist ein Projekt abgeschlossen oder wechselt eine geschätzte Führungskraft, folgten nicht selten Abgänge von Kollegen, beobachtet die Marktforscherin. Man sehe heute ganze Teams zur Konkurrenz wechseln.

Bloß keine Hierarchien

Die Generation Y - also die Geburtsjahrgänge nach 1980 - lehnt Zwänge und Hierarchien oft ab. Selbstverwirklichung steht bei ihnen ganz oben auf dem Wunschzettel. "Man möchte einen Sinn in der Arbeit sehen, und Langeweile im Job ist ein Killerkriterium", sagt Riggenbach Hasler. Die von Ungeduld getriebene Generation investiere viel und fordere viel.

Finden sich die Herausforderungen nicht (mehr) im eigenen Team, wird ein anderes gesucht. Mit dem Internet aufgewachsen, bewegt sich die Generation parkettsicher im Web 2.0. Soziale Netzwerke werden professionell in die Jobsuche eingespannt - und in die Bewertung des aktuellen Arbeitgebers auch. Für Vorgesetzte birgt dies eine doppelte Gefahr: Wenn die Sache schiefläuft, verlieren sie nicht nur einen guten Mitarbeiter, sondern auch ihren guten Ruf.

Gerade in der IT sind lockere Beziehungskisten schon heute an der Tagesordnung. Wie das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ermittelte, arbeiten 7,8 Prozent aller Branchenbeschäftigten derzeit ohne festen Vertrag als freie Mitarbeiter - rund viermal so viel wie im bundesdeutschen Branchenschnitt.

Arbeitgeber
Der Traumarbeitsplatz eines Informatikers...
...befindet sich in IT-Firmen, Forschungsinstitutionen, Autokonzernen oder Internet-Firmen. Die Berliner Marktforscher von Trendence haben mehr als 6.600 Informatikstudenten aus ganz Deutschland befragt, wo sie gern arbeiten möchten. Hier die 30 attraktivsten Arbeitgeber 2013.
Platz 30: ProSiebenSat1 Media AG
Medienkonzerne sind insbesondere unter angehenden Informatikerinnen beliebt.
Platz 27: Max-Planck-Gesellschaft
Sie gehört für IT-Studenten zu den ersten Adressen, wenn es um Innovation geht. Hier im Bild die Max Planck Science Gallery in Berlin.
Platz 24: EADS
Der Konzern mit seinen Töchtern Airbus, Eurocopter, EADS Astrium und EADS Defence & Security landete im Vorjahr auf Platz 22.
Platz 22: Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz...
hat sich auch in diesem Jahr in den Top 30 behauptet. Forschungseintrichtungen ziehen insbesondere die 25 Prozent Besten eines Jahrgangs an.
Platz 21: Intel
Intel Open Network Platform Switch Reference Design
Platz 19: Electronic Arts
Computerspiele locken den IT-Nachwuchs. Spielehersteller Electronic Arts behauptete seinen Platz vom Vorjahr und teilt sich ihn mit einem Konzern...
Platz 19: Deutsche Telekom
Deutschlands größter TK-Konzern inklusive des größten IT-Dienstleisters T-Systems machte im Vergleich zum Vorjahr vier Plätze gut.
Platz 18: Bundesnachrichtendienst BND
Der BND, hier im Bild die Zentrale in Berlin gehört schon seit Jahren zu den 20 beliebtesten Arbeitgebern für Informatikstudenten.
Platz 17: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
Auch diese Bundesbehörde hat einen festen Platz in den Top 20 der IT-Arbeitgeber. Im Vorjahr landete das BSI auf Platz 15.
Platz 16: Porsche
Informatikstudenten lieben nicht nur Computerspiele, sondern auch (deutsche) Autos. Die VW-Tochter Porsche ist einer von fünf Autoherstellern unter den Top 20.
Platz 14: Bosch Gruppe
Das Unternehmen, das den weltgrößten Automobilzulieferer Robert Bosch und 300 Tochterfirmen umfasst, hat im Vergleich zum Vorjahr einen Platz im Ranking gut gemacht.
Platz 13: Crytec
Spielehersteller Crytek war 2011 der größte Aufsteiger im Ranking der beliebtesten IT-Arbeitgeber und konnte seine Top-Platzierung fast halten.
Platz 12: Volkswagen
Um einen Platz konnte sich VW - hier die Golffertigung im VW Werk Wolfsburg - im Vergleich zum Vorjahr verbessern.
Platz 11: Fraunhofer Gesellschaft
Der IT-Nachwuchs will forschen. Darum ist die Fraunhofer Gesellschaft mit ihren zahlreichen Instituten eine feste Größe unter den Top Twenty.
Platz 10: Blizzard Entertainment
Von null auf Platz sechs gelang dem Spielerhersteller Blizzard Entertainment der größte Sprung im Vorjahr. Dieses Jahr vier Ränge schlechter. Vielleicht hat sich schon herumgesprochen, dass Blizzard in Deutschland gar keine Niederlassung hat?
Platz 8: Audi
Die VW-Tochter ist seit Jahren nicht nur für Ingenieure, sondern auch für Informatiker eine Top-Adresse, wenn es um Jobs geht. (Vorjahr Platz sechs).
Platz 7: Siemens
Deutschlands größter Konzern war noch vor elf Jahren der beliebteste Arbeitgeber der Informatikstudenten. Hier im Bild die jüngst eröffneten Smart Mobile Labs von Siemens in München.
Platz 6: IBM
Martina Koederitz, IBM-Deutschland-Chefin, kann sich dieses Jahr nicht so recht freuen: IBM rutschte im zweiten Jahr in Folge ab. 2011 war IBM noch auf Platz 2.
Platz 5: Apple
Die Beliebtheit von iPad und iPhone strahlt offenbar auf das Image als Arbeitgeber ab. ( Vorjahr Platz 3).
Platz 4: BMW
Von zehn auf Platz vier. Der bayerische Autohersteller wird unter Informatikern immer beliebter und hat auch zahlreiche offene IT-Stellen zu besetzen.
Platz 3: Microsoft
Im Great Place to Work-Wettbewerb als attraktivster Arbeitgeber in der It ausgezeichnet, landet die Gates-Company hier auf Platz drei und verliert im Vergleich zum Vorjahr einen Platz.
Platz 2: SAP
Die Walldorfer Softwareschmiede hat mit Microsoft den Platz getauscht und rückt auf Platz 2 vor.
Doch die meisten Informatikstudenten...
...wollen wie schon seit fünf Jahren.....
..bei Google arbeiten.
Mit 24,5 Prozent der Stimmen behauptet sich Google - hier das Entwicklungszentrum in München - auf Platz eins des Rankings.
Ob es an solchen Besprechungsräumen liegt?

Loyalität zur Firma nimmt ab

Barsche Befehle vom Chef? Das geht heute bei wechselwilligen Young Professionals gar nicht mehr.
Foto: Michael_Kowalski - shutterstock.com

Unverbindliche Arbeitsverhältnisse sind en vogue. Dabei hat die Bindungsunlust längst nicht nur den Nachwuchs befallen. Auch erfahrene IT-Kräfte fühlen sich dem Arbeitgeber nicht mehr so verbunden wie in früheren Jahren. Das unterstreicht die Studie "Universum Professional Survey 2012", die 663 IT-Professionals nach ihren Wechselabsichten befragte. Satte 59 Prozent von ihnen haben sich im Ablauf des verstrichenen Jahres um einen neuen Job beworben. 17 Prozent intern, 26 Prozent extern, und weitere 15 Prozent haben auf ihren aktuellen Posten gewechselt.

Ein derart starker Wechselwille kann Vorgesetzten arge Kopfschmerzen bereiten - Meiborg nicht. Loyalität, so die HP-Managerin, sei heute zwar schwieriger zu erreichen als früher, aber nicht unmöglich. Als Vorgesetzte setzt sie nach eigenen Angaben "auf Fairness, Feedback und Förderung" ihrer Mitarbeiter. Ganz praktisch heißt das: Ein Teammitglied, das eine Passage ihrer Präsentation vorbereitet hat, soll nicht zusehen müssen, wie die Chefin dafür die Lorbeeren erntet. Er oder sie darf den Part des Vortrags stattdessen selber halten. "So etwas motiviert mehr als manche Gehaltserhöhung", ist sich Meiborg sicher.

Althergebrachte Statussymbole wie Extrazahlungen oder Eckbüros ziehen heute weniger, um Leute bei der Stange zu halten. Meiborg wird stattdessen öfter um ihre Unterstützung in Sachen Work-Life-Balance gebeten - oder um eine Auszeit für eine lang geplante Traumreise.

balance
Robert Laube, Director und Service Line Lead Business Intelligence für Avanade Deutschland, Österreich und Schweiz, drei Kinder:
"Ich habe E-Mails von meinem Mobiltelefon verbannt. Auch nehme ich mir, wann immer möglich, die Zeit, morgens mit meinen Kindern zu frühstücken und sie in die Schule und den Kindergarten zu bringen."
Yasmine Limberger, Group Manager Personalmarketing für Avanade Deutschland, Österreich und Schweiz, ein Kind:
"Ich will vor allem das Gefühl haben, dass es meiner Tochter gut geht, ich aber auch als Teilzeitführungskraft einen guten Job mache. Außerdem benötige ich auch ein wenig Luft für persönliche Dinge. Das bedarf einer exakten Terminplanung. Man darf Dinge nicht liegenlassen, sondern muss seine Prioritäten zeitnah abarbeiten und immer alles im Blick behalten."
Petra Kaltenbach-Martin, Service Line Lead Dynamics CRM für Avanade Deutschland, Österreich und Schweiz, ein Kind:
"Es ist schwierig, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Bisher klappt es aber mit viel Organisation. Beispielweise nutze ich die Schlafzeiten meines Kindes, um Dinge abzuarbeiten. Zudem muss man viel Energie und Motivation für Kind und Beruf mitbringen. Dennoch ist es schön, beide Welten zu verbinden."
Hans-Peter Lichtin, Country Director Avanade Schweiz, zwei Kinder:
"Die gemeinsame Zeit mit meiner Familie versuche ich so bewusst wie möglich zu nutzen. Es gibt Tage, da kann ich durchaus mit meiner Familie frühstücken und auch zu Abend essen. Das Wochenende verbringe ich mit meiner Familie."
Dominik Steiner, Business Development Executive Avanade Schweiz, Zwillinge:
"Aus meiner Sicht ist es enorm wichtig, dass man lernt, sich persönlich abzugrenzen und sich Freiräume schafft oder auch spontane Freiräume mal für sich nutzt. Ich versuche von Zeit zu Zeit früh nach Hause zu gehen und so den Abend mit der Familie zu genießen und arbeite dann liegen gebliebene Arbeit am Abend nach - etwa wenn meine Kinder im Bett sind. Oder ich frühstücke mit den Kindern und bringe sie dann in die Tagesstätte. An einem solchen Tag beginne ich dann eben eine Stunde später zu arbeiten."
Eva Steiger-Duerig, HR & Recruiting Consultant bei Avanade, zwei Kinder:
"Wir haben die Kinderbetreuung sehr gut organisiert. Zudem habe ich das Glück, dass die Stadt Zürich ein gutes Kinderbetreuungsangebot hat und mein Mann sich auch an der Kinderbetreuung mitbeteiligt. Dennoch ist das Betreuungsangebot in Zürich auch mit sehr hohen Kosten verbunden."
Carmen Egelhaaf, Senior Marketing Specialist Avanade, ein Kind:
"Abends schreibe ich mir eine Checkliste, was privat am nächsten Tag alles organisiert und erledigt werden will: Lebensmittel einkaufen, aufräumen, Hemden und Blusen zur Reinigung bringen, Geburtstagskarte an Tante Irmgard schreiben, Geschenk für das Patenkind besorgen etc., damit ich nach der Arbeit gleich durchstarten kann. Unsere Putzfrau trägt viel dazu bei, dass ich von einigen Haushaltsaufgaben entlastet bin und möglichst viel Zeit mit meinem Sohn verbringen kann. Und ein Netzwerk von Freunden (da keine Oma in der Nähe) hilft aus, wenn mein Sohn krank ist oder Kindergartenferien zu überbrücken sind."
Andrea Cebulsky, Director Legal Europe Avanade, zwei Kinder:
"Sicherlich ist auch das Reisen manchmal eine Herausforderung - ich bin fast immer mindestens ein- bis zweimal die Woche unterwegs. Ein-Tages-Reisen sind noch zu managen. Problematischer wird es, wenn man für ein paar Tage weg muss, dann muss auch mal die Oma mithelfen. Da ist es dann wichtig, dass man frühzeitig planen kann, insbesondere weil mein Mann die Woche auch unterwegs ist. Der Terminkalenderabgleich mit vier Familienmitgliedern ist manchmal eine Herausforderung für sich."

Damit ist sie nicht allein. Als Mittel, die die persönliche Loyalität zum Job fördern, liegen Gehaltserhöhungen und Benefits abgeschlagen nur auf Rang fünf, wie eine internationale Umfrage des Personaldienstleisters Kelly Services belegt, der 134.000 Personen in 29 Ländern befragt hat. Gerade mal neun Prozent aller Befragten empfinden mehr Geld als Treuekatalysator. Dagegen gelten abwechslungsreiche Tätigkeiten den Befragten mit 47 Prozent als weitaus wichtigster Faktor für ihre Loyalität.

Chefs entscheiden nicht mehr allein

Toni Hess, Telefonica: "Inhaltlich spannende Aufgaben sind den Digital Natives wesentlich wichtiger."

Das beobachtet auch Tonio Hess, Senior Business Partner bei Telefónica Germany in München. Mit Hierarchien können die Digital Natives seiner Ansicht nach wenig anfangen. "Inhaltlich spannende Aufgaben sind ihnen wesentlich wichtiger", so der Personaler. Dazu gehöre unter anderem eine hohe Eigenverantwortlichkeit. Um ihnen diese bieten zu können, hat Telefónica seine Arbeitsdoktrin grundlegend umgestellt. Früher bereiteten Teammitglieder für ihre Vorgesetzten verschiedene Entscheidungsszenarien vor, aus denen der Chef dann eine Alternative auswählte. Heute erarbeiten sie die Aufgaben und entscheiden dann selbständig, welche Alternative verfolgt wird.

Damit dieser Paradigmenwechsel klappt, mussten alle Beteiligten umdenken. Mitarbeiter müssen sich ab sofort als inhaltliche Partner ihrer Vorgesetzten verstehen, Führungskräfte als "People-Manager, die den Rahmen für ihre Mitarbeiter vorgeben und Entscheidungskompetenz an sie abgeben", so Hess.

Weiterer wichtiger Loyalitätsmotor ist die Flexibilität. "Die Generation Y will nicht mehr tagtäglich im Büro sitzen, sondern auch mal im Englischen Garten, im Café oder zu Hause arbeiten", sagt Hess. Vertrauensarbeitszeit, Home Office und mobiles Arbeiten gehören daher längst zum Standardrepertoire vieler IT-Firmen. Statt der Anwesenheitskultur gilt eine Ergebniskultur. Egal, wann die Mitarbeiter arbeiten: Hauptsache, sie liefern - pünktlich und zuverlässig.

Auf dieses Prinzip setzt auch Unisys Deutschland in Sulzbach bei Frankfurt. "Die Loyalitätskurve ist heute nicht mehr konstant, sondern variiert je nach persönlicher Arbeits- und Lebenssituation", sagt Rudolf Kühn, Geschäftsführer der Unisys Outsourcing Services. Unisys will seinen Leuten so viele Freiheiten wie möglich geben. Das Home-Office-Konzept etwa ermöglicht ihnen, bei passenden Tätigkeiten alles von zu Hause aus zu erledigen. Die Firma stattet das Arbeitszimmer dafür mit DSL-Anschluss und dem gesamten Equipment aus.

Rudolf Kühn, Unisys Outsourcing Services: "Die Loyalitätskurve ist heute nicht mehr konstant, sondern variiert je nach persönlicher Arbeits- und Lebenssituation."
Foto: Privat

Ein geschickter Schachzug. Denn wer nach seinem eigenen Bio- (und Familien-)Rhythmus arbeiten kann, dankt es seinem Arbeitgeber. "Home-Office-Mitarbeiter", so Kühn, "spüren das Vertrauen, das das Unternehmen in sie setzt." Im Gegenzug legten die Homeworker eine "deutlich höhere Loyalität" an den Tag als ihre Kollegen in den Unisys-Büros.

Flexibilität erhöht also die Loyalität. Davon ist auch HP überzeugt. Das Talent-Management der Firma etwa bietet jungen Potenzialträgern viele Möglichkeiten, ihre Fähigkeiten an unterschiedlichsten Arbeitsstellen einzubringen - über Abteilungs- und Landesgrenzen hinaus. Der Gedanke dahinter: Die Talente können sich je nach Fähigkeiten und Interessen einbringen, ihre jeweiligen Teams profitieren.

Fluktuation ist Unternehmensalltag

Doch Vorsicht: Das Modell funktioniert nur, wenn alle mitziehen - und ziehen lassen. Denn damit die Ypsiloner ihre Freiheiten ausleben können, muss auch die Generation der Vorgesetzten ein gerüttelt Maß an Flexibilität beweisen. "Gute Leute innerhalb der Firma ziehen zu lassen gehört zu meinem Job", sagt HP-Managerin Meiborg. Keine Führungskraft könne sich mehr darauf ausruhen, wenn sie ein gutes Team zusammen hat. Die Teamleiterin tröstet sich mit dem Gedanken, dass Förderer junger Talente wieder neue Talente anziehen. "Eine stetige Fluktuation ist heute kein Zeichen von Schwäche", so Meiborg, "sondern schlicht Unternehmensalltag."

"Die Generation Y will Arbeit als persönlichen Gewinn erleben"

Anders Parment, Berater für Employer Branding und Assistant Professor an der Business School der Universität Stockholm, forschte als einer der Ersten über die um 1980 Geborenen. Seine These: Die Generation Y stellt viele Verhältnisse und Vorstellungen, die als selbstverständlich galten, in Frage und zwingt Firmen zum Umdenken.

CW: Ticken die Berufseinsteiger heute anders als frühere Generationen?

PARMENT: Ja. Die Generation Y lebt ihr Leben emotionaler als frühere Jahrgänge. Die jungen Leute versuchen, ihr Leben zu maximieren.

Anders Parment, Universität Stockholm: "Wichtig für Unternehmen ist eine ehrliche Ansprache."
Foto: Privat

CW: Wie soll das gehen?

PARMENT: Wirtschaftlich sind sie recht gut abgesichert. Daher stellen sie höhere Ansprüche an den Job als frühere Generationen. Arbeit wollen sie als persönlichen Gewinn erleben.

CW: Die gute alte Selbstverwirklichung also?

PARMENT: Jein. Selbstverwirklichung bezieht sich für sie nicht nur auf das eigene Ich, sondern auch auf das Netzwerk des Ichs, also auf Umwelt und Gesellschaft, in der sie sich erleben. Daher hinterfragen sie auch Umweltaktivitäten von Arbeitgebern und deren Engagement im Bereich Corporate Social Responsibility kritisch, aber konstruktiv.

CW: Wie können Firmen bei dieser Generation punkten?

PARMENT: Wenn sie sich auf die Ansprüche der jungen Leute einstellen, können sie Wettbewerbsvorteile im Recruiting erringen. Wichtig ist aber vor allem eine transparente und ehrliche Ansprache. Durch ihr breites Netzwerk on- und offline durchschaut die Generation Y schnell, wenn Unternehmen ein Engagement nur vortäuschen.