Lizenzärger der Anwender ist oft hausgemacht

28.07.2005 von Heinrich Vaske
Weniger die hohen Softwarekosten als vielmehr die komplexen und teilweise verworrenen Lizenzbestimmungen sind es, die Anwender verunsichern und Ärger hervorrufen. Das berichten die Marktforscher von AMR Research, die 300 IT- und Business-Manager befragt haben. Allerdings lässt sich die Schuld an der allgemeinen Irritation keineswegs allein den Softwareanbietern zuschreiben. Es sind die Kunden selbst, die je nach wirtschaftlicher Stabilität und Branche unterschiedliche Lizenzverfahren favorisieren.
Das Interesse an On-demand- beziehungsweise nutzungsabhängigen Lizenzmodellen steigt.

Eine nutzungsabhängige Lizenzierung wird beispielsweise von Firmen bevorzugt, die sich in zyklisch schwankenden Märkten bewegen oder sehr schnell wachsen. Stabile Unternehmen mit vorhersagbarer Umsatzentwicklung setzen dagegen auf Unternehmenslizenzen, die besser kalkulierbar sind. AMR Research fand außerdem heraus, dass solche stabilen Lizenzvereinbarungen vor allem von Chief Information Officers (CIOs) angestrebt werden, die damit ihre Planung und Budgetierung zu erleichtern hoffen. Bereichs- oder Abteilungsleiter dagegen legen Wert darauf, ausschließlich nach Nutzung abzurechnen und möglichst nicht durch hohe Umlagen in Kostennöte gebracht zu werden.

Laut AMR macht es keinen Sinn für Softwarehäuser, nur auf ein einziges Lizenzmodell zu setzen. Kunden sollten die Wahl zwischen unterschiedlichen Verfahren haben und dabei ihre Vorlieben, ihre Unternehmenskultur sowie den Reifegrad ihrer Implementierung berücksichtigen können. Dabei sollten die Anbieter aber den Fehler vermeiden, verschiedene Lizenzstrukturen und -metriken für einzelne Module integrierter Pakete zu verlangen. "Es gibt keinen Sinn für einen ERP-Anbieter, der ebenso CRM-Produkte verkauft, unterschiedliche Lizenzmodelle für beide Produktwelten einzuführen", betonen die AMR-Autoren Jim Shepherd und Karen Carter.

On Demand ist im Kommen

Wichtigstes Zukunftsthema im Lizenzumfeld ist der Trend zu "On-demand"-Abrechnungsmodellen. Derzeit bedienen sich neun Prozent der Befragten dieses Verfahrens, und nur drei Prozent aller Umsätze mit Enterprise-Anwendungen basieren auf diesem Mietmodell. Doch 26 Prozent der von AMR Befragten sagen, sie planen entsprechende Schritte. Selbst von den großen ERP-Anwendern, die jahrzehntelang nach dem traditionellen Verfahren nach User-Seats gezahlt haben, streben derzeit 14 Prozent einen Wechsel auf ein nutzungsbasierendes Modell an.

IBM und Oracle zählen zu den Anbietern, die das On-demand-Modell Marketing-seitig forcieren, die Schlagzeilen macht aber vor allem Salesforce.com: Mit mittlerweile mehr als einer Viertelmillion Abonnenten seiner CRM-Software gilt das Unternehmen als Wegbereiter in diesem Markt.

Beim On-demand-Modell zahlt der Kunde eine monatliche oder jährliche Gebühr für das Recht, auf eine bestimmte Anwendung zuzugreifen. Der Preis richtet sich nach der Zahl der Anwender. Oft wird dieses Mietmodell mit dem Hosting verwechselt, doch in letzterem Fall kauft der Nutzer in der Regel eine Softwarelizenz, ehe er dem Anbieter oder einem Dienstleister einen Hosting-Auftrag erteilt.

Wartung wandert zu Third Parties

Eine weitere interessante Aussage der Studie lautet: SAP und Co. können sich immer weniger darauf verlassen, dass ihre Softwarekunden in jedem Falle auch Support, Updates und Bugfixes von ihnen beziehen. Da die Wartung oft 40 Prozent und mehr vom Umsatz eines Softwarehauses ausmacht, machen die Analysten hier einen grundlegenden Wandel in der Softwareindustrie aus. Schon jetzt sagen 18 Prozent der Befragten, sie würden Wartung und Support gern von dritter Seite beziehen.

Insbesondere in Offshore-Regionen wie Indien stehen laut AMR genügend Third-Party-Anbieter bereit, die diese Aufträge übernehmen möchten. Zurzeit konzentrieren sie sich noch auf Entwicklung und Systemintegration, doch viele sind bereits mit Implementierung und Upgrading von Business-Software vertraut und hoffen auf jährliche Support-Verträge. Bei AMR heißt es: "Wenn 18 Prozent der Käufer von Unternehmensanwendungen Support, Bug Fixes, Updates und sogar Softwareverbesserungen von jemand anderem als ihrem Softwarelieferanten kaufen möchten, dann ist das eine klare Chance für Firmen wie Wipro, Infosys, Tata Consultancy Services und andere."

Maintenance-Qualität ist in Ordnung

Mit der Qualität der Wartung sind die meisten Kunden im Übrigen zufrieden - und das, obwohl die Preise ständig gestiegen sind und ein durchschnittlicher Wartungsvertrag inzwischen 19 Prozent der Softwarelizenz-Gebühren ausmacht. Einschränkend ist allerdings anzumerken, dass dies vor allem für mittelständische Betriebe gilt. Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 250 Millionen Dollar goutieren zu 92 Prozent die Maintenance ihres Lieferanten, größere Unternehmen mit Einnahmen zwischen 250 Millionen und einer Milliarde Dollar sind nur noch zu 76 Prozent zufrieden. Auf nur noch 70 Prozent schrumpft die Rate bei Großkonzernen mit über einer Milliarde Dollar Jahresumsatz.