Linux-Migration plus VoIP: Ein Server für alle Fälle

14.09.2007 von Edward von Flottwell
Die Eröffnung einer neuen Filiale nahm ein Rentalhaus zum Anlass, auf einen Linux-Server zu migrieren und parallel IP-Telefonie einzuführen.

Alles , was an Technik rund um die Produktionen von TV, Film oder Video benötigt wird, kann beim Kölner Unternehmen Camcar gemietet werden.

Etwa 30-mal am Tag fahren Kunden die Betriebsstätte in Köln an und werden dort von den rund 20 Mitarbeitern kompetent bei der Auswahl des erforderlichen Equipments betreut.

Aufgrund des wachsenden unternehmerischen Erfolges und der steigenden Nachfrage stand die Eröffnung einer Filiale in Düsseldorf an. Der dort notwendige Neuaufbau der IT war zugleich der Anlass, die komplette IT-Infrastruktur auf den Prüfstand zu stellen. Letztlich wurde dabei aus der Installation der neuen Architektur in Düsseldorf ein äußerst anspruchsvolles, da zeitkritisches Projekt, das eine Neuausrichtung der IT zur Folge hatte: die Migration auf eine Linux-basierte Server- System-Lösung inklusive Voice over IP (VoIP) und eines Virtual Private Network (VPN).

Im November 2006 beschlossen die Verantwortlichen bei der Einrichtung der Filiale einen „sportlichen“ Zeitplan: Möglichst bis März 2007 sollte das Projekt abgeschlossen sein und die Gelegenheit genutzt werden, mit der neuen Lösung den Administrationsaufwand in Köln zu konsolidieren und die VoIP-Technologie in die Infrastruktur zu integrieren.

Migration im laufenden Betrieb

Nach ersten Recherchen wurde ein Anforderungskatalog erstellt mit dem Ziel, eine ausgereifte Kommunikationslösung inklusive Server-System zu implementieren. Als Dienstleister kam das Kölner Systemhaus Networkx GmbH zum Zuge, das mit der Debian-basierten Server-System-Lösung IPBrick ein Produkt offerieren konnte, das die Anforderungen erfüllte und auch im Preis-Leistungs- Verhältnis punktete. Und: Der Kommunikations-Server bietet zudem die Möglichkeit, die vorhandene TK-Anlage als VoIPTeilnehmer einzubinden.

Gemeinsam wurden in einem Projektplan der Ist-Zustand analysiert, das Ziel definiert und ein entsprechender, detaillierter Plan für die anspruchsvolle Installation entwickelt. Denn die wesentliche Zielvorgabe für die neue Technologie lautete: Einrichtung des Linux-Servers in Köln inklusive der Migration aller vorhandenen Daten – während des laufenden Betriebs. Dementsprechend hatte die Umstellung in Köln vor dem Hintergrund des engen Zeitplans von zweieinhalb Monaten höchste Priorität, galt es doch trotz des Systemwechsels, die dauerhafte und gesicherte IT-Verfügbarkeit zu gewährleisten.

Erst nach Abschluss dieser Projektphase sollte im zweiten Schritt die Installation der IT-Architektur für drei Mitarbeiter in Düsseldorf erfolgen. Dabei stellte die äußerst heterogene Hardwarelandschaft der Zentrale besondere Anforderungen an die Server-Lösung. So zählen drei Server mit Intel-Prozessoren ebenso wie Linux-Systeme als Terminal-Clients zur ITArchitektur, während auf den Arbeitsplatzrechnern Windows-XPund Mac-OS-X-Systeme im Einsatz sind. Die reine Installationsdauer betrug an beiden Standorten lediglich eine Woche. Dabei diente der für den Filialeinsatz geplante Server während der Migration als Produktionsserver in der Zentrale.

Web-Server wurde ausgelagert

Darauf wurde während des Wechsels des Betriebssystems der komplette Datenbestand von Camcar vorgehalten. Bei IPBrick-Lösungen arbeiten alle Server auf Basis einer vorab definierten Business-Logik, die das Aufspielen aller relevanten Informationen von einem persistenten Medium, etwa einem handelsüblichen USB-Stick, ermöglichen und im Worst Case die Downtime der Server auf weniger als 15 Minuten reduziert. Nach der Einrichtung des gesamten Systemsarbeitet die neue Linux-basierte Server-Lösung als Firewall, Fileund Datenbank-Server inklusive einer eingesetzten Virtualisierungslösung. Der vorher inhouse betriebene Web-Server konnte zudem kostengünstig durch Networkx ausgelagert werden.

Niedriger Schulungsaufwand

In einem zweiten Schritt erfolgte die Einbindung der TK-Anlage als ISDN-Teilnehmer an das Betriebssystem. Dies erlaubt den parallelen Betrieb von Festnetzund IP-basierender Telefonie. Ausgangs- und Eingangsgespräche können somit entweder via Web oder über die ISDN-Leitung in das Telefonnetz in klassischer IT-Manier geroutet werden. Neben der bekannt höheren Ausfallsicherheit erzielt die neue Lösung aufgrund der Konvergenzeffekte für IT und TK eine signifikante Senkung von Administrationsund Telefoniekosten. Der Aufwand für die zentrale User- und Geräteverwaltung etwa erfordert mit dem neuen Server ein Drittel weniger an Zeit. Und auch die Telefongespräche können kostengünstiger und auch komfortabler geführt werden.

Seit Abschluss der Installation wird die gesamte interne Telefonie zwischen Zentrale und Filiale über VPN abgewickelt, zumal in der Filiale auf einen herkömmlichen Festnetzanschluss zugunsten eines preisgünstigen VoIP-Angebotes verzichtet werden konnte. Und auch der Wechsel eines Mitarbeiters etwa von Köln nach Düsseldorf während des Arbeitstages ändert nichts an seiner Erreichbarkeit. Der Server leitet jeden eingehenden Anruf über die Standleitung intern an den aktuellen Arbeitsplatz weiter. Der dafür notwendige Schulungsaufwand inklusive aller Details zum System betrug pro Mitarbeiter lediglich eine Stunde.

Neuer Nutzer in fünf Minuten

Mit der gesamten Abwicklung des Projektes sind die Verantwortlichen des Kölner Rentalhauses äußerst zufrieden. Nicht nur der vorgegebene Zeitrahmen wurde eingehalten, auch die Linux-Umgebung läuft stabil. Zudem fällt auchbei einem weiteren Ausbau des Mitarbeiterstamms nur noch ein geringer Administrationsaufwand an. Innerhalb von fünf Minuten kann jeder neue Mitarbeiter mit E-Mail- Adresse, Telefonnummer und User-Account im System angemeldet werden. Als zusätzliches Plus konnten die bestehenden Dienstleistungsverträge konsolidiert werden. Das Fazit: „Externe Service- und Beratungskosten sowie interner Administrationsaufwand konnten um ein Drittel pro Monat gesenkt werden“, sagt Edward von Flottwell, IT-Leiter IT bei Camcar.

Im Anschluss an diese Installation wird derzeit an einer Erweiterung des Komforts der Telefoniefunktionalität gearbeitet. So sollen die Mitarbeiter zukünftig in die Lage versetzt werden, sich auf dem gesamten, weitläufigen Gelände ohne Unterbrechung des Telefongespräches bewegen zu können. Dafür ist das gleichzeitige Klingeln aller an einer Telefonnummer angebundenen Geräte notwendig.

Klassische Telefonie ist out

Das Ziel ist es, eingehende Gespräche unmittelbar vom Festnetztelefon auf ein Mobilgerät umzuleiten, um so bei einer telefonischen Anfrage eines Kunden an jedem Ort erreichbar zu sein. Spätestens wenn diese letzte Etappe erfolgreich gemeistert und die dafür erforderliche Stabilität des Gesprächskanals dauerhaft realisiert ist, besteht für die Camcar oHG keine Veranlassung mehr, weiterhin auf die klassische Telefonie zu setzen. Die komplette Ablösung der klassischen PBX durch Voice over IP ist aufgrund der Stabilität, Leistungsfähigkeit und der tiefen technischen Integration in das Betriebssystem bereits jetzt beschlossene Sache.