Linux to go

Linux-Distributionen für USB-Stick und Co

25.11.2011 von Jürgen Donauer
Mit Knoppix kam die Ära der Linux-Live-Distributionen in Schwung. Mittlerweile gibt es viele ernstzunehmende Betriebssysteme für mobile Datenträger. Wir präsentieren Ihnen eine Auswahl.
Linux to go.
Foto: fotolia.com/lala

Kaum eine Linux-Distribution gibt es heutzutage nicht als Live-Version. Auslöser dieser Entwicklung war ohne Zweifel das auf Debian basierende Knoppix. Die Live-CD oder -DVD hat sich durchgesetzt, und viele Linux-Distributoren lassen sich direkt vom Datenträger starten.

Auch USB-Sticks haben sich als Speichermedium für tragbare Linux-Versionen etabliert. Mit deren stetig wachsenden Speicherkapazitäten steht der Möglichkeit, ein ganzes Betriebssystem zu beherbergen, nichts mehr im Wege.

In diesem Beitrag möchten wir Ihnen einige erwähnenswerte Live-Distributionen zeigen. Wir wollen unser Augenmerk aber nicht nur auf bekannte Szenegrößen richten. Es lohnt sich ebenso, einen Blick auf weniger verbreitete Distributionen zu werfen, die gerade beim Einsatz auf USB-Sticks eine gute Figur machen. Wer des öfteren mobil unterwegs ist, weiß, wie wichtig ein leichtgewichtiges und schnell startendes Betriebssystem ist.

Ubuntu und Abkömmlinge

Es ist unbestritten, dass Ubuntu eine der populärsten Linux-Distributionen ist. Natürlich existiert das von Canonical gesponserte Betriebssystem als Live-Version. Dieses auf einen USB-Stick zu bannen ist ebenfalls nicht schwer. Dafür gibt es serienmäßig den enthaltenen Startmedienhersteller. Mit diesem Programm können Sie aber nicht nur die von Ubuntu offiziell unterstützten ISOs wie Kubuntu oder Xubuntu auf USB-Sticks spielen. Auch alle anderen auf Ubuntu basierenden Linux-Distributionen funktionieren damit und haben das Tool ebenso im Gepäck.

Einer der leichtgewichtigen Ubuntu-Abkömmlinge ist die LXDE-Version von Linux Mint 10 "Julia". Das Betriebssystem basiert auf Ubuntu 10.10 "Maverick Meerkat" und bringt den ressourcenschonenden Desktop-Manager LXDE mit. Auch bei den restlichen Programmen haben die Entwickler oft Kompromisse zwischen Popularität und Leichtgewichtigkeit gemacht. Wer nun aber denkt, das System sei schlecht oder mit nur kryptisch zu bedienenden Programmen ausgestattet, der irrt sich.

Als Browser ist Mozilla Firefox enthalten. Netterweise gehört auch ein Plugin dazu, um Adobe Flash abzuspielen. In Sachen Internet sind folgende Programme mit von der Partie: Mozilla Thunderbird, die Applikation für soziale Netzwerke Gwibber, das Multiprotokoll-Chat-Programm Pidgin und Suns Java. BitTorrent-Dateien lassen sich mit Transmission herunterladen. Als Bürosoftware dienen die beiden Leichtgewichte Abiword und Gnumeric. Sowohl die Textverarbeitung als auch die Tabellenkalkulation starten sehr schnell und bieten ausreichend Funktionen, um Dokumente zu erstellen. Diese lassen sich dann unter anderem als ODF- oder in Microsoft-Office-Formaten abspeichern.

Mit GNOME Mplayer, VLC Media Player und Exile sind Sie in Sachen Multimedia bestens gerüstet. Für die Grafiksektion sind GIMP und Simple Scan an Bord.

Als einziges Manko könnte man den Umstand bezeichnen, dass keine Applikation für das Stöbern im Netzwerk vorhanden ist. Sie können allerdings zum Beispiel pyneighborhood für das Einbinden von freigegebenen Windows-Ordnern nachinstallieren. Dies erledigen Sie mit dem für Linux Mint mittlerweile berühmten Softwaremanager. Anwender können dort Applikationen bewerten und Ihnen die Auswahl so erleichtern. Linux Mint 10 LXDE eignet sich übrigens auch hervorragend für die Installation auf Netbooks.

Basiert auf Gentoo: Sabayon Linux

Sabayon Linux stellt die komplette Bandbreite an Desktop-Umgebungen in verschiedenen Ausführungen zur Verfügung. Das auf Gentoo basierende Live-System bekommen Sie unter anderem in den Geschmacksrichtungen GNOME, KDE, Xfce, LXDE und Enlightenment 17. Um diese Distribution auf einen USB-Stick zu bannen, benutzen Sie am einfachsten UNetbootin, das es sowohl für Linux als auch für Windows gibt.

Die derzeit aktuelle Xfce-Ausgabe hat den neuen Xfce in Version 4.8 an Bord. Diese Desktop-Umgebung weist gegenüber den Vorgängerversionen viele Vorteile auf. Zum Beispiel können Sie mehrere Bildschirme verwalten oder auf einfache Weise durch das Windows-Netzwerk navigieren - ähnlich wie dies Nautilus-Anwender gewohnt sind.

Sabayon Linux Xfce beschränkt sich ebenfalls auf kleine, schnelle Anwendungen. Als Browser dient beispielsweise der auf WebKIT basierende Midori. Textverarbeitung der Wahl ist Abiword.

Da Sabayon Linux, wie schon erwähnt, auf Gentoo basiert, haben Sie natürlich den Vorteil des Portage-Systems. Zugegeben, für Anfänger ist dies nicht sehr anwenderfreundlich. Die Mächtigkeit des Paketmanagers soll aber die Distribution nicht schmälern. Alle Pakete aus den Quellen kompiliert zu bekommen kann ein großer Vorteil sein. Sabayon Linux enthält einen Paketmanager, um es Anwendern einfacher zu machen. Dieser befindet sich allerdings noch in einem Alpha-Stadium.

Cloud-Linux: Joli OS

Um Joli OS und die Jolicloud nutzen zu können, müssen Sie eine aktive Internetverbindung haben. Anwender können sich auch mittels Facebook-Konto beim Betriebssystem anmelden. Joli OS setzt in erster Linie auf Browser-Applikationen. Standardmäßig finden Sie Links etwa zu Twitter, Facebook, Google Docs oder Office Live. Als Browser dient Chromium.

Sollten Sie es auf eine Festplatte installieren, können Sie aber auch andere Programme einspielen. Diese lassen sich mit nur einem Klick über das Applikations-Center hinzufügen.

Mittels Jolicloud USB Creator, das für Windows, Mac OS X und 32-Bit-Linux verfügbar ist, können Sie das Betriebssystem auch auf einen USB-Stick bannen. Da JoliOS auf Ubuntu basiert, funktioniert der Startmedienersteller von Canonicals Betriebssystem ebenso.

Joli OS ist ungefähr so, wie Googles Chrome-Betriebssystem werden möchte. Alle Einstellungen oder Informationen über installierte Anwendungen beispielsweise werden in der eigenen Datenwolke, der Jolicloud, gespeichert - sicherlich nicht jedermanns Geschmack, aber ein sehr interessantes Projekt. Durch die leichtgewichtige Desktop-Umgebung eignet sich Joli OS auch hervorragend für den Einsatz auf Netbooks. Man muss allerdings eine Abfrage hinsichtlich des verwendeten Gerätes über sich ergehen lassen.

Aufgemotztes Fedora: Fusion Linux

Das von Red Hat gesponserte Fedora Linux bringt zwar regelmäßig die neuesten Technologien mit sich, enthält in der Regel aber keine unfreie Software. Um zum Beispiel umfangreiche Multimedia-Unterstützung zu erhalten, müssen Anwender selbst Hand anlegen. Hier springt nun ein Projekt namens Fusion Linux ein.

Die Linux-Distribution bringt Multimedia-Unterstützung, Dropbox, VLC, OpenOffice.org, Chromium, Firefox 4 und viele andere Anwenderprogramme mit. Mittels Fedora USB Live Creator können Sie das Betriebssystem auch auf einfache Weise auf einen USB-Stick installieren.

Wem das Menü bekannt vorkommt, der hat wahrscheinlich schon einmal mit Linux Mint Bekanntschaft gemacht. Die Fusion-Linux-Entwickler geben auch zu, dass das Mint-Projekt und dessen Community großen Einfluss hatten.

Fedora-Fans, die einfach ein System haben wollen, das "Out of the Box" funktioniert, sind bei Fusion Linux genau richtig.

PCLinuxOS und Konsorten

Das PCLinux-Projekt bietet Live-CDs mit den Desktop-Umgebungen KDE, Enlightenment, Xfce, LXDE, OpenBox und GNOME an. Letztere gibt es auch als Edition GNOME ZenMini Desktop. Hier stellen die Entwickler einen Kern inklusive GNOME zur Verfügung, der mit relativ wenig Software ausgestattet ist. Ziel dieser Variante ist, dass Anwender sich selbst ihr System zusammenstellen.

PCLinuxOS bringt eine Applikation mit, mit der Sie die CD auf einen USB-Stick installieren können. Das Betriebssystem hat aber noch eine - relativ versteckte - Remaster-Methode eingebaut: Sie können als Benutzer root mittels Befehl mylivecd ein ISO-Abbild des momentan laufenden PCLinuxOS erzeugen. Das ist ein recht mächtiges Tool, mit dem Sie Ihrer Fantasie in Sachen "Betriebssystem selbst zusammenstellen" freien Lauf lassen können. Der USB-Installer und mylivecd befinden sich selbstverständlich auch auf den anderen PCLinuxOS-Varianten.

Kompatibel mit den Lucid-Repositories: Puppy Linux 5.2 "Lucid Puppy"

Puppy Linux wurde mehr oder weniger mit Damn Small Linux bekannt. Während man von Letzterem derzeit nicht mehr viel hört, hat sich Puppy Linux über die Jahre zu einem vollwertigen Betriebssystem gemausert. Das ISO-Abbild ist ungefähr 125 MByte groß, bringt aber eine ganze Menge an Software mit sich. Die Entwickler legen dabei großen Wert auf kleine und schnelle Applikationen.

Das Betriebssystem lässt sich mit der Eigenentwicklung Universal Installer unter anderem auf Festplatten oder USB-Sticks installieren. Ebenso ist eine Applikation vorhanden, mit der Sie Puppy Linux remastern können. Dabei wird eine Momentanaufnahme des Systems auf CD gebrannt.

Quickpet ist eine Applikation, mit der sich prominente Open-Source-Applikationen mit nur einem Klick installieren lassen. Die Entwickler haben sich hier durchaus Gedanken gemacht. Sie finden zum Beispiel Firefox, Chromium, Opera, Thunderbird, VLC, Inkscape, Acrobat Reader, Gimp, Google Earth und viele andere nützliche Programme. Mit Quickpet können Sie auch sehr einfach Nvidia- und ATI-Treiber installieren. Der separat aufrufbare Paketmanager lässt sich so konfigurieren, dass Sie die Repositories von Ubuntu 10.04 anzapfen können. Damit stehen Ihnen natürlich Tausende an weiteren Paketen zur Verfügung.

Eine weitere Besonderheit hält Puppy Linux im Live-Modus parat. Beim Herunterfahren können Sie die zum Beispiel die Konfiguration und Nachinstallationen speichern und später wieder verwenden. Sollten Sie das System auf einer wiederbeschreibbaren CD haben, können Sie die Änderungen sogar auf dieses Medium sichern.

Puppy Linux ist anfangs ein wenig gewöhnungsbedürftig, man findet sich aber sehr schnell zurecht. Das Betriebssystem ist bestimmt keine schlechte Wahl für das eine oder andere Netbook.

Puppy-Derivat: Macpup

Macpup. Im Prinzip handelt es sich dabei um ein Puppy Linux mit Enlightenment 17 als Desktop-Umgebung. Es ist aber trotzdem einen Absatz in diesem Beitrag wert, da es tatsächlich einen Hauch Mac OS X auf den Bildschirm zaubert.

Wie Puppy Linux startet das System sehr schnell und ist auch in der Funktionalität sehr ähnlich. Hier finden Sie ebenfalls die Quickpet-Anwendung und die Kompatibilität zu Ubuntu 10.04 "Lucid Lynx".

Wem Puppy Linux ein bisschen zu bieder ist, dem steht mit Macpup eine gute Alternative zur Verfügung.

Das Kleinste im Bunde: TinyCore Linux

Bei TinyCore Linux lässt schon der Name vermuten, dass es sich um eine sehr kleine Linux-Distribution handelt. In der Tat ist das ISO-Abbild gerade gut 10 MByte groß. TinyCore Linux bringt dennoch eine grafische Oberfläche mit sich - zunächst aber auch nicht mehr. Dafür startet das System sehr schnell.

Durch Aufrufen der Kontrollapplikation können Sie das Mini-Linux auch auf eine Festplatte oder einen USB-Stick installieren. Mittels des Programms AppBrowser lassen sich eine ganze Reihe prominenter Open-Source-Anwendungen nachinstallieren, darunter auch Apache, LibreOffice und Chromium.

Die Entwickler von TinyCore wollen dem Anwender eine Basis zur Verfügung stellen, die er sich dann ganz nach Gusto selbst einrichten und erweitern kann. Natürlich müssen Nutzer Abstriche machen. So warnen die Entwickler, dass die Hardwarekompatibilität nicht so umfangreich ist wie bei anderen Distributionen. Ein interessantes Projekt aber ist es allemal.

Fazit

Wie am Anfang des Artikels bereits erwähnt, werden die meisten Linux-Distributionen heutzutage als installierbare Live-CDs oder -DVDs angeboten. Es ist häufig reine Geschmacksache, welche Distribution man in der Hosentasche haben will. Platz ist aufgrund der großen, günstigen USB-Sticks kein Kriterium mehr.

Für unterwegs ist wohl eine schnell startende, leichtgewichtige Linux-Distribution wie Puppy Linux von Vorteil. Sie haben hier aber wirklich die Qual der Wahl. Kompromisse zwischen ressourcensparend und dennoch flott gibt es reichlich, zum Beispiel Linux Mint LXDE.

Der GNOME ZenMini Desktop von PCLinuxOS gibt Anwendern die Möglichkeit, mit einer guten Basis seine eigenen Bedürfnisse in die Live-Distribution einzupflegen, ohne vorher massenweise Applikationen deinstallieren zu müssen. TinyCore Linux bietet dasselbe, ist aber schon eher etwas für hartgesottene Linux-Anwender.

Wer lediglich Online-Dienste und soziale Netzwerke unterwegs nutzen möchte, braucht sowieso nur einen Browser. Für solche Anwender ist Joli OS sicher keine schlechte Alternative.

Selbstverständlich bieten auch openSUSE, Mandriva und die anderen bekannten Linux-Distributoren.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation TecChannel. (ph)