LiMux: München beginnt den Desktop-Rollout

22.09.2006
Ein Jahr später als geplant hat die Stadt München die ersten 100 ihrer Desktops auf Linux umgestellt. Bis Ende des Jahres sollen 200 der 14.000 PCs migriert sein.
Der LiMux-Client sollte Windows-Nutzern keine größeren Umstellungsprobleme bereiten.

Ihre strategische Entscheidung für Linux hatte die Stadt München vor knapp drei Jahren angekündigt und damit für jede Menge Schlagzeilen gesorgt. "Es hat auf dem Weg einige Verzögerungen gegeben, aber jetzt kommen wir stetig voran", erklärt der LiMux-Projektsprecher Florian Schießl.

Seit Dienstag dieser Woche seien die ersten 100 PCs von Microsofts Windows und Office auf Linux und OpenOffice.org umgestellt worden. "Wir arbeiten heute immer noch in beiden Welten - Windows und Linux", so Schießl. "Aber in den kommenden zwei Jahren wird die Linux-Welt wachsen, während die Windows-Welt schrumpft."

Vollständige Linux-Migration "unrealistisch"

Eine vollständige Migration auf Linux sei "unrealistisch", konzediert der Projektsprecher. Einige Hardware- und Softwareprodukte in der Verwaltung erforderten auch zukünftig Windows; einige andere speziell im Bereich Desktop Publishing erforderten außerdem weiterhin Rechner von Apple.

Bis Jahresende will die Stadt München 200 PCs auf ihre Open-Source-Desktop-Umgebung migriert haben. "Die meisten dieser Rechner werden für relativ einfache Büro-Kommunikation verwendet", erläutert Schießl. Das eingesetzte System basiert auf der GNU/Linux-Distribution Debian 3.1 mit KDE 3.5 als Benutzeroberfläche und OpenOffice.org 2 als Bürosuite.

Richtlinien für den Umgang mit Dokumenten

Mit "Wollmux" beinhaltet das LiMux-Projekt auch eine stadtweite Vorlagenverwaltung.

Das Linux-Team habe Richtlinien erstellt, die den Mitarbeitern dabei helfen sollen, eventuell auftretende Probleme bei der Formatkonvertierung der Office-Dokumente zu überwinden. "Mit OpenOffice haben wir kein Problem, die Microsoft-Formate zu öffnen und zu lesen. Und bei den meisten einfachen Dateien gibt es keine Verarbeitungsproblem", sagt Schießl. "In einigen Fällen können aber Formatierungen verloren gehen, und einige Dateien müssen auf besondere Weise behandelt werden, um Probleme bei der Konvertierung zu vermeiden. Unsere Richtlinien adressieren diese Probleme."

Schwierig wird es nach Einschätzung des Projektsprechers, einige der größeren Abteilungen der Verwaltung mit komplexeren Prozessen zu migrieren. "Große Bereiche mit spezialisierten Prozessen werden eine Herausforderung werden. Aber wir haben einen Plan, wie wir dieser begegnen können. Wir gehen davon aus, dass wir unser Planziel erreichen werden, bis Ende 2008 rund 80 Prozent aller Desktop-Systeme unter Linux zu betreiben", gibt sich Schießl optimistisch.

Was lange währt...

Die Verspätungen im LiMux-Projekt begannen mit der Debatte um Softwarepatente, gefolgt von unerwartet langwierigen Verhandlungen mit den Dienstleistern, die sich um Systemkonfiguration und Support-Services bewarben. Zu guter Letzt wurde auch noch die Pilotphase um ein Jahr verlängert. "Aufgrund der Komplexität dieses Migrationsprojekts entschieden wir uns für eine sehr gründliche Pilotphase", sagt Schießl.

Die Entscheidung der norwegischen Stadt Bergen, gleichfalls ein "Linux Poster-Child", ihre Linux-Desktop-Pläne um zwei Jahre zu verschieben, wollte der Münchner Projektverantwortliche nicht kommentieren. Er habe nicht genug Informationen zu den Hintergründen, so Schießl weiter. Bergen hatte im Dezember angekündigt, es werde zunächst ein E-Government-Portal bauen und erst später seine Windows-basierenden Systeme in eine Linux-Umgebung überführen. Neben München und Bergen hat auch Wien ambitionierte Pläne für den Einsatz von Linux in der öffentlichen Verwaltung. (tc)