Linux in München

LiMux macht Fortschritte

09.07.2008 von Wolfgang Herrmann
Zwei Jahre nach Einführung der ersten Linux-Desktops zieht die Stadt München eine positive Bilanz ihrer Open-Source-Strategie.

Die Grundsatzentscheidung der Münchner Stadtverwaltung für Open Source geht bereits auf das Jahr 2003 zurück. Doch erst seit 2006 laufen die ersten Arbeitsplatzrechner mit dem so genannten LiMux-Basis-Client, einer Debian-basierenden Linux-Distribution. Seitdem könne das Vorhaben beachtliche Ergebnisse vorweisen, erläuterte die Münchner Bürgermeisterin Christine Strobl auf einer Veranstaltung unter dem werbewirksamen Motto "2 Jahre LiMux - offene Standards, freie Software, starke Wirtschaft".

Der Limux-Client stehe derzeit auf 1200 Arbeitsplätzen der Kommune zur Verfügung. Das Direktorium und das Kulturreferat seien nahezu vollständig umgestellt, vier weitere Referate begönnen gerade mit der Umstellung. Im Laufe des kommenden Jahres sollen alle Referate der bayerischen Landeshauptstadt mit der Linux-Migration angefangen haben.

Kosten liegen im Plan

Im Vergleich zu den insgesamt 14 000 Arbeitsplätzen ist die Verbreitung des mit einigen Verzögerungen entwickelten Linux-Clients zwar noch bescheiden. Doch die SPD-Politikerin sieht die Kommune damit auf dem richtigen Weg. Bis zum Jahr 2011 sollen 80 Prozent der Arbeitsstationen mit LiMux ausgestattet sein. Hinsichtlich der Kosten liege die Stadt im Plan. Von insgesamt 13 Millionen Euro, die für das Projekt genehmigt wurden, seien erst vier Millionen Euro ausgegeben worden. Strobl: "Wir werden den Kostenrahmen mit ziemlicher Sicherheit einhalten."

Weiter fortgeschritten ist den Angaben zufolge die Umstellung auf das quelloffene Büropaket OpenOffice.org. Mehr als 8000 Arbeitsplätze nutzten die Open-Source-Software. In diesem Zusammenhang spielt das System WollMux, eine Eigenentwicklung für die aufwändige Vorlagen- und Formularverwaltung, eine zentrale Rolle. Acht von zwölf Referaten arbeiten bereits mit dem System. Im Mai stellte die Stadt München den WollMux-Quellcode der Open-Source-Community zur Verfügung.

Freie Software in Form von Web-Browsern oder E-Mail-Clients finde sich heute auf allen 14 000 Arbeitsplatzrechnern der Stadtverwaltung, betonte Strobl. Rechne man das pädagogische Netz der Schulen hinzu, steige die Zahl auf rund 38 000. Mit ihrer Open-Source-Initiative stoße die Stadt inzwischen weltweit auf eine Resonanz, mit der niemand gerechnet habe. Vor allem Behörden aus Nord- und Osteuropa interessierten sich für das Projekt. Erst im Juni berichtete Oberbürgermeister Christian Ude auf Einladung von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes in Brüssel über den Einsatz quelloffener Software.

Probleme bei der Umstellung

Wie in den meisten IT-Großprojekten tauchten indes auch in München Probleme auf. Der Knackpunkt des ambitionierten Migrationsvorhabens liegt in den rund 300 Fachverfahren, die zum Teil mit maßgeschneiderter Software von kleineren Anbietern abgewickelt werden. Diese umzustellen ist laut Strobl der "problematischste Teil". Viele der Fachanwendungen sind noch nicht unter Linux verfügbar, erläuterte LiMux-Projektleiter Peter Hofmann. Die Stadtverwaltung behelfe sich in solchen Fällen unter anderem mit Terminal-Emulationen, Virtualisierungssoftware wie VMWare oder dem Open-Source-Tool Wine. Generell verfolge man das Ziel, Fachverfahren mit Web-Clients auszustatten.

Vorteile der Linux-Strategie

Den Hürden auf dem Weg zur Open-Source-Infrastruktur stehe eine ganze Reihe positiver Effekte gegenüber, rührte Strobl die Werbetrommel. So fördere die Stadt mit Projektgeldern von bislang rund vier Millionen Euro vor allem kleine und mittelständische Unternehmen. Im Vergleich zu großen Softwarehäusern böten diese mehr Flexibilität. Auch in Sachen Effizienz bringe LiMux die Stadt voran. So seien im Zuge des Projekts etwa Formulare vereinheitlicht und Geschäftsprozesse im Office-Bereich optimiert worden. Unterm Strich spare die Verwaltung damit die Arbeitsleistung von 80 Mitarbeitern pro Jahr, die sich anderswo besser nutzen lasse.

Handfeste finanzielle Vorteile ergeben sich laut den Verantwortlichen durch den Wegfall von Lizenzkosten, beispielsweise für die Microsoft-Produkte Windows und Office. In den kommenden fünf Jahren spare München damit mehr als drei Millionen Euro. Durch den Einsatz von offenen Standards wie ODF (Open Document Format) verringere sich zudem die Abhängigkeit von IT-Herstellern.

Trotz der spektakulären Entscheidung für Open Source und damit gegen Microsoft sei das Verhältnis zum weltgrößten Softwarekonzern "relativ normal", erklärten die Münchner. Schließlich bleibe die Stadt auch künftig ein Kunde der Windows-Company, wenn auch in wesentlich geringerem Umfang. Von Rückschlägen anderer Kommunen, wie sie die Stadt Wien kürzlich mit ihrem Linux-Projekt Wienux hinnehmen musste, wollen sich die Bayern dabei nicht beeindrucken lassen. Die österreichische Kommune migriert in einem Teilbereich von Linux auf Windows Vista. "Das kann in München nicht passieren, sagte Strobl. Der politische Rückhalt für die Linux-Umstellung sei hierzulande wesentlich größer. Sie selbst leite den dafür zuständigen Lenkungsausschuss.