Weiterbildung 2009

Lernen auf die schlanke Art

21.01.2009 von Alexandra Mesmer und Hans Königes
Wenn Firmen sparen, dann oft zuerst an der Weiterbildung. In der IT ist das riskant. Die CW fragte CIOs, wie sie ihre Mitarbeiter in mageren Zeiten fördern.

Weiterbildung in Zeiten der Finanzkrise? Jetzt erst recht, meinen Politiker und Arbeitsmarktexperten wie Frank-Jürgen Weise, Chef der Arbeitsagentur. Sie fordern Unternehmen auf, in die Qualifikationen der Mitarbeiter zu investieren, um für den Aufschwung gerüstet zu sein. Ein hehrer Appell, der in der Realität oft ungehört verhallt: Technische Fachkräfte erhalten angesichts der Wirtschaftskrise weniger Weiterbildung. Das belegt eine Umfrage des VDI Wissensforums unter 1900 technischen Fach- und Führungskräften. Mehr als jeder Dritte sagt, dass sein Arbeitgeber 2009 weniger Schulungen als bislang anbieten will. Knapp fünf Prozent geben an, sämtliche Kurse seien gestrichen worden.

Foto: Pixel/Fotolia.com
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So weit gehen die von der COMPUTERWOCHE befragten CIOs nicht. Zu wichtig ist aktuelles Technikwissen für funktionierende Systeme, zu kurz ist die Halbwertszeit des IT-Know-how, als dass Weiterbildung eingefroren würde. Wenn die IT-Chefs aber sparen müssen, setzen sie den Rotstift eher bei den Soft Skills an, die in den fetten Jahren noch verstärkt gefördert wurden. Ein weiterer Hebel, um die Bildungsausgaben zu senken, ist die Organisation von Schulungen: Die finden zunehmend im Unternehmen statt, das spart Reisekosten und Zeit. Zum schlanken Lernen gehören auch andere Formen wie Lernen von und mit Kollegen, Web-Trainings oder Austausch mit Beratern.

Uwe Siller, Bitburger: Web-Training schont Reisebudget

Auch Uwe Siller, CIO der Bitburger Brauerei, muss sparen. Allerdings - darauf ist er ein wenig stolz - muss es nicht an der Weiterbildung sein. Noch hat er andere Posten gefunden, die sich optimieren lassen - etwa Wartungsverträge oder die Betreuung der Endanwender. "Es wäre strategisch falsch, das Weiterbildungsbudget zu kürzen. Nirgends ist die Halbwertszeit des Wissens so kurz wie in der IT", sagt der IT-Manager, den die CW im November als einen der drei besten Mittelstands-CIOs im traditionellen Wettbewerb "CIO des Jahres" auszeichnete.

Uwe Siller, Bitburger

In der Weiterbildung agiert Siller ähnlich wie Schaffner von Olympus: Viele Kurse finden inhouse statt, abgehalten von Kollegen oder externen Dozenten. Das reduziere Reisekosten und "erhöht die produktive Vor-Ort-Zeit der Mitarbeiter". Bei den Endanwendern zeichne sich ein eindeutiger Trend Richtung Web-Training ab. Schon vor einigen Jahren wurden die Präsenzkurse durch E-Learning-Teile ergänzt - unter Fachleuten als Blended-Learning bekannt. Allerdings habe man mit reinen E-Learning-Kursen eher durchwachsene Erfahrungen gemacht, weil immer wieder der Wunsch nach Betreuung laut wurde. Mit dem Web-Training glaubt Siller nun die richtige Lösung anzubieten: Die Mitarbeiter müssen weder reisen noch sich durch einen Online-Kurs klicken. Stattdessen sitzen sie am PC und arbeiten eine Lektion mit anderen Teilnehmern und einem Dozenten durch, der ortsunabhängig unterrichten kann. Ähnlich gehen auch andere Firmen vor. So hält das virtuelle Klassenzimmer zunehmend stärker Einzug in die Firmenwelt.

Michael Kranz, Krones: Fachliches geht vor

Förderung der Mitarbeiter nach dem Gießkannenprinzip oder nach Gusto des Abteilungsleiters ist für die Krones AG mit Hauptsitz in Neutraubling kein Thema. Der Hersteller von Getränkeabfüll- und Verpackungsanlagen beschäftigt 10 000 Mitarbeiter und geht das Thema Weiterbildung seit vergangenem Jahr systematisch und gezielt an. "Wir haben ein Kompetenz-Management etabliert, das mit einer Lösung auf Basis von SAP Management Self Services und Portaltechnologie unterstützt wird", erklärt Michael Kranz, Leiter Informations-Management bei Krones.

IT-Weiterbildung hat für ihn viele Facetten, vom Seminarbesuch über die Beschäftigung mit neuen Technologien und intensiven Austausch mit Beratern bis hin zur Mitarbeit in Verbandsgremien. Fachthemen beziehungsweise Themen, die für Projekte benötigt werden, haben für Kranz in diesen Zeiten Vorrang, "allgemeinere Themen wie Sprachkurse können leichter zurückgestellt werden". Allerdings ist seine IT-Mannschaft in diesem Jahr nicht nur fachlich gefordert, wenn die Itil-basierenden Serviceprozesse eingeführt werden. Dann müssen sich die Mitarbeiter untereinander vernetzen und "prozessorientiert zusammenarbeiten".

Carsten Stockmann, Mayflower Capital: Wissensaustausch unter Kollegen

Auf der "grünen Wiese" hatte Carsten Stockmann im vergangenen Jahr die IT-Landschaft des neu gegründeten Finanzdienstleisters Mayflower Capital aufzubauen. Noch heute haben der Chief Operating Officer und sein fünfköpfiges IT-Team alle Hände voll zu tun mit Aufbau und Wachstum der jungen Firma, die 50 Mitarbeiter beschäftigt. Einen engen Kostenrahmen ist er von seinem ersten Arbeitstag bei Mayflower Capital an gewöhnt, allerdings nicht wegen der Finanzkrise. "Sie betrifft uns nicht", sagt der COO.

Carsten Stockmann, Mayflower Capital

Stockmann hatte das Glück, fast ausschließlich erfahrene IT-Profis um sich versammeln zu können. Diese betreuen "sehr selbständig die Themengebiete, für die sie verantwortlich sind, und entscheiden daher auch weitestgehend selbst, in welcher Form sie sich weiterbilden". Auch wenn Stockmann das Thema Weiterbildung eher pragmatisch sieht, bezeichnet er den Wissensaustausch unter den Kollegen als größte Herausforderung in diesem Jahr. Angesichts der anstrengenden Aufbauarbeit kann dieser leicht zu kurz kommen.

Peter Meyerhans, Drees & Sommer: Mehr Spielraum durch bessere Prozesse

"Wir haben in den letzten zwölf Monaten mehr in Weiterbildung unserer Mitarbeiter investiert denn je zuvor." CIO Peter Meyerhans ist überzeugt davon, dass die Drees & Sommer AG nur erfolgreich sein kann, wenn ihre Mitarbeiter mit Fach- und Sozialkompetenz überzeugen. Der Mittelständler hat sich auf das Projekt-Management von Bauvorhaben und auf bautechnische Beratung spezialisiert und sogar eine eigene "Dreso-Weiterbildungsakademie" ins Leben gerufen.

Peter Meyerhans, Drees & Sommer
Foto: Peter Meyerhans

Den Rotstift setzt Meyerhans bei ganz anderen Themen an, etwa bei fehlender Arbeitsorganisation: "Wenn morgens ein Mitarbeiter aus dem IT-Betrieb darauf wartet, was anfällt, ist das für mich Verschwendung. Der Tag muss am Vorabend oder bei Arbeitsbeginn geplant werden, selbst wenn in seinem Job der Anteil der Fremdbestimmung relativ groß ist." Als unnötige Verausgabung von Ressourcen empfindet es Meyerhans auch, wenn ein Supportauftrag über die Hotline doppelt vergeben wird, ohne dass sich die Mitarbeiter absprechen. Darum gibt es in der IT von Drees & Sommer ein eigenes Team, das "Verschwendung" findet und abschafft sowie Prozesse analysiert und verbessert. Dieses Team arbeitet mittlerweile so erfolgreich, dass es seinen Service auch extern anbietet.

Jürgen Renfer, Bayerischer GUVV: Mitarbeiter finden und fördern

Der öffentliche Dienst setzt auf stetige Mitarbeiterqualifikationen zur Anwendung moderner Technologien. Jürgen Renfer leitet die Abteilung Informationstechnologie der Bayerischen Landesunfallkasse und des Bayerischen Gemeindeunfallversicherungsverbandes. Für ihn bleibt auch 2009 die größte Herausforderung, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und zu binden. Erhalt und Förderung der IT-Skills sind in Renfers Augen ein wichtiger Garant, um Projekte auch erfolgreich umzusetzen. Darum werden Methodenwissen und Soft Skills laufend vermittelt.

Jürgen Renfer, Bayerischer GUVV

In der Weiterbildung spielen zudem alle Themen eine grössere Rolle, die der IT-Automatisierung beziehungsweise der Automatisierung durch IT dienen: Beispiele sind Middleware, Business-Process-Management oder Business Process Execution Language (BPEL). Um den Wissensaustausch zwischen neueren und erfahrenen IT-Mitarbeitern anzuregen, gibt es zweitägige Workshops und interne Trainings, die immer unter einem Sachmotto stehen.

Andreas Strausfeld, Bitmarck: Alles auf Anfang

Bis Ende 2008 arbeitete Andreas Strausfeld als CIO für die DAK. Seit 1. Januar ist er einer von drei Geschäftsführern der Bitmarck Holding. Der IT-Dienstleister wird von mehreren Kassen getragen, zu ihm gehören nun auch die 340 Mitarbeiter des ehemaligen DAK-Geschäftsbereichs IT-Services. "Das bedeutet für meine bisherige Mannschaft eine völlig neue Welt mit neuen Technologien und Partnern"," beschreibt Strausfeld die Ausgangslage.

Andreas Strausfeld, Bitmarck

Angesichts dieser Herausforderung wäre Sparen für ihn kontraproduktiv. Da die neuen Partner bei Bitmarck mit anderen Systemen und Technologien arbeiten, müssen die ehemaligen DAK-Mitarbeiter Wissen aufbauen. Das bisherige Tagesgeschäft tritt in den Hintergrund. Das Alter beziehungsweise die Erfahrung der Mitarbeiter ist für Strausfeld kein Kriterium, ob sie gefördert werden: "Aus- und Weiterbildung muss da ansetzen und umgesetzt werden, wo sie fachlich und persönlich benötigt wird."