CIOs in der Kritik

Kunden bremsen Innovationen im Outsourcing

16.07.2008 von Pascal Matzke
Auslagerungsprojekte zielen meistens auf Einsparungen. Damit gibt es kaum Anregungen für den Outsourcing-Partner, Neuerungen und Innovationen in den Kernprozessen der Anwenderunternehmen einzuführen.

Es vergeht kaum ein Monat, in dem es nicht Schlagzeilen über verfehlte Erwartungen und nicht eingelöste Versprechen in Outsourcing-Projekten gibt. Daher verwundert es kaum, wenn CIOs und andere Outsourcing-Entscheider den Nutzen von Auslagerungsprojekten hinterfragen, und damit versuchen, sich selbst und ihre Unternehmen vor Fehlentscheidungen und Enttäuschungen zu schützen. Doch was sind die Gründe für die häufige Unzufriedenheit der Unternehmen mit ihren laufenden Outsourcing-Vereinbarungen? Tatsächlich sind IT-Entscheidungsträger im Allgemeinen mit der Leistung ihres Outsourcers - gemessen etwa an der Einhaltung der Service-Level-Agreements (SLAs) - ziemlich zufrieden (siehe Grafik). Die Unzufriedenheit der Kunden richtet sich meistens auf die vermeintliche Unfähigkeit des IT-Dienstleisters, Innovationen einzuführen und damit einen grundsätzlichen Richtungswechsel in der IT-Landschaft einzuschlagen.

Die Kunden scheinen mit den Leistungen ihrer Outsourcing-Partner im Großen und Ganzen zufrieden. Sie könnten allerdings etwas innovativer sein - meinen 42 Prozent der Befragten.
Foto: Forrester Research

Doch in vielen Fällen sind die IT-Abteilungen Teil des Problems. Innovation ist kein Privileg der Outsourcing-Anbieter. Einer aktuellen Untersuchung von Forrester zufolge erachten weniger als ein Drittel (30 Prozent) der befragten Geschäftsführer und Vorstände ihre IT-Abteilungen als Quell für betriebliche Innovationen und Prozessverbesserungen. Das ist nicht verwunderlich, immerhin mussten sich die meisten IT-Organisationen in den vergangenen fünf Jahren vor allem mit Stellenabbau und Kosteneinsparungen beschäftigten. Dadurch haben sie auch an innovativer Schubkraft verloren.

Für den Outsourcing-Anbieter stellt diese Ausgangssituation eine Herausforderung in doppelter Hinsicht dar. Einerseits muss er Dienstleistungen gemäß der Vorgaben des Outsourcing-Vertrages liefern. In den meisten Fällen sind dies Kostenziele. Anforderungen an Innovationen gibt es selten. Andererseits sollen die Anbieter auch den Bedürfnissen und Zielen der geschäftlichen Leitung gerecht werden. Dabei stehen unternehmerische Innovationen und schnellere Wertschöpfung klar im Vordergrund. Hier tut sich eine Kluft zwischen den Einsparzielen in der IT und Verbesserungen in der Wertschöpfung auf. Daran entzündet sich dann die Diskussion um den tatsächlichen Nutzen des Outsourcing.

Die Kunden müssen sich also zunächst einmal selbst darüber im Klaren sein, was sie wollen. Meistens halten sie das Innovationsthema komplett aus den Vertragsverhandlungen heraus. Schließlich wollen sie zunächst die Sparziele erreichen. Außerdem ist Innovation als Begriff und Bestandteil eines Vertragswerks nur schwer zu definieren und zu quantifizieren. Viele IT-Entscheider erkennen schnell, dass ihnen notwendige Informationen und interne Zielvorgaben fehlen, um dem Dienstleister klare Forderungen mitzugeben.

Für Interessierte: Podcast zum SLA-Management (MP3).

CIOs gelten nicht als Quelle der betrieblichen Innovationen. Bessere Werte bekommen IT-Leiter, die gerne und viel kommunizieren sowie solche CIOs, die vom befragten Geschäftsführer eingestellt wurden.
Foto: Forrester Research

Die Anbieter hingegen bemühen ihre Innovationskraft gern als Schlagwort im Marketing. Doch auch sie verfügen selten über das geschäftliche Hintergrundwissen, mit dem sie von sich aus konkrete Verbesserungsvorschläge unterbreiten können. Zudem haben die Anbieter ihre Kosten- und Rückstellungsmodelle in der Regel so knapp kalkuliert, dass sich zusätzliche Investitionen in Innovationsvorhaben kaum rechnen. Unterm Strich bekommen die Kunden also die Dienste, für die sie bezahlen und die in den SLAs vereinbart wurden. Was bleibt, ist das flaue Bauchgefühl, nicht wirklich alle Möglichkeiten des Outsourcings auszuschöpfen.

Checkliste: Was ist zu tun?

  1. Die Unternehmen müssen den Dialog zwischen Geschäftsseite und IT-Betrieb fördern. So lassen sich Ziele und Erwartungen hinsichtlich der gewünschten betrieblichen Innovation klar formulieren und abstecken. Gleichzeitig sollten sie die Voraussetzungen für eine langfristige und vertrauensvolle interne Zusammenarbeit schaffen. Die Fachbereiche und die IT müssen aufeinander zugehen und ihre jeweiligen Rollen und Verantwortungsbereiche klar definieren. Das bedeutet keine Machtverschiebung zugunsten der IT-Abteilung. Aber angesichts der immer größeren gegenseitigen Abhängigkeit zwischen Geschäft und IT, sowie der Komplexität großer Outsourcing-Deals, muss auch die geschäftliche Leitungsebene verstehen, dass sie notwendige Innovationsprojekte nur gemeinsam mit der IT umsetzen kann.

  2. Im nächsten Schritt muss sich auch das Verhältnis zum Dienstleister wandeln: weg von der klassischen Lieferantenbeziehung mit der Fokussierung auf Kostenreduzierung, hin zu einer strategischen Partnerschaft, die diesen Namen auch verdient. Damit ein Outsourcer mit den richtigen Techniken, Services und Preisen und zeitgerecht Neuerungen einführen kann, müssen die Anwender bereit sein, ihren IT-Partner in die geschäftliche Planung einzubeziehen. Und sie müssen sich darauf einstellen, für die anfallenden Aufwände zu bezahlen. Sie dürfen sich weniger auf die Total Cost of Ownership (TCO) fokussieren und sollten mehr Gewicht auf den Return of Investment (ROI) oder den Net Present Value (NPV) der Outsourcing-Beziehung legen.

  3. Die Qualität der Partnerschaft mit dem Dienstleister lässt sich am Besten an der Durchgängigkeit des Governance-Modells festmachen. Je öfter die geschäftliche Leitungsebene mit dem IT-Partner über Ziele und Erwartungen diskutiert, desto besser kann der Outsourcer Innovationen vorschlagen. Für Unternehmen bedeutet das nicht, strategische Pläne einem Dritten anzuvertrauen. Nur die proaktive und durchgängige Kommunikation, die die geschäftlichen Ziele und Strategien des Unternehmens beschreibt, kann den langfristigen Erfolg im Outsourcing sichern. (jha)

Für Interessierte: Podcast zum SLA-Management (automatischer MP3-Download)

Zur Person

Pascal Matzke

Name: Pascal Matzke.

Position: Vice-President.

Analystenhaus: Forrester Research.

Beratungsschwerpunkt: Matzke berät IT-Anbieter in ihrer strategischen Ausrichtung. Zu seinen Kunden zählen IT-Hersteller und Service-Provider. Für sie analysiert Matzke Marktpositionierung sowie Produkt-, Service-, Verkaufs- und Partnerstrategien. Zudem pflegt Matzke regelmäßigen Kontakt zu Anwendern, um sie in ihren Sourcing-Strategien zu beraten. Im Rahmen von Outsourcing-Projekten hilft er Anwendern in der Ausschreibungsphase, in der Anbieterwahl sowie im Partner-Management während der Betriebsphase.

Seine Marktforschungsprojekte erstrecken sich auf Geschäftsstrategien, Betriebsprozesse und Portfolioelemente in den verschiedenen IT-Service- und Outsourcing-Märkten. Als Mitautor zeichnet er beispielsweise verantwortlich für die Forrester-Studie "Converged Service Delivery: The Missing Link In Achieving Business Flexibility".

Matzke war bis zum Jahr 2005 bei der Meta Group als führender Analyst in Europa und Director Consulting beschäftigt. In diesen Positionen war er für alle Belange rund um den IT-Servicemarkt zuständig. Zuvor arbeitete er bei der Giga Information Group als Senior-Analyst. Matzke hat an der Ludwig-Maximilians-Universität in München einen Magister-Abschluss in Politikwissenschaften, Volkswirtschaft und neuerer Geschichte erworben.