Richtig kommunizieren in schwierigen Situationen

Krise? Die gibt’s hier nicht!

13.11.2015 von Ralph Dalibor
Arbeitgeber unterschätzen nach wie vor das Thema Krisenkommunikation, wie die jüngsten Beispiele bei VW und dem DFB zeigen. Die meisten haben keinen Plan und sind hilflos, wenn es kracht. Dabei kann man schon bei kleinen Hinweisen wie unzufriedenen Kunden das richtige Verhalten üben.
  • Viele Unternehmen haben keinen Krisenkommunikationsplan
  • Social-Media-Kanäle führen heute blitzschnell zur Verbreitung von schlechten Nachrichten
  • Ein Krisenplan ist unabdingbar und sollte Schritt für Schritt erarbeitet werden - gemeinsam mit allen Mitarbeitern eines Unternehmens

In vielen Unternehmen ist das Thema "Krise" Tabu. Von "Herbeireden" ist da oft die Rede. Vielleicht ist das der Grund, weshalb nur etwa die Hälfte der deutschen Unternehmen überhaupt einen Krisenkommunikationsplan hat. Doch auch bei Firmen, die auf dem Papier gut vorbereitet erscheinen, steht der Krisenplan nur im Schrank und setzt Staub an. Wie schnell ein Unternehmen Probleme bekommen kann, zeigt der aktuelle Fall von Volkswagen. "Dieselgate" trifft das Unternehmen hart. Kursverluste, Auftragsstornierungen, Zahlungen voraussichtlich in Milliardenhöhe und in jedem Falle ein immenser Imageverlust. Das sind die Auswirkungen. Doch diese Krise betrifft nicht nur Volkswagen. Auch die Zulieferer sind davon betroffen. Und das ist in allen Branchen so.

Einer der prominentesten Krisenfälle in der IT-Branche stammt aus dem Jahr 1994. Intel hatte den Pentium ausgeliefert, und alle waren glücklich. Nur einer nicht. Der Mathematiker Thomas Nicely fand bei seinen Berechnungen einen Fehler im damaligen Pentium-Chip. Er informierte Intel, aber das Unternehmen wollte davon nichts wissen. Also postete Nicely daraufhin in einer Newsgroup seine Vermutungen und Erfahrungen mit dem neuen Pentium-Chip. Innerhalb kürzester Zeit meldeten sich viele tausend Nutzer und berichteten über ihre Erfahrungen. Immer mehr Newsgroups entstanden und diskutierten nur noch ein Thema: den Fehler des Pentium-Chips. Intel mauerte sich weiter ein. Als IBM das mitbekam, drohte der Konzern, die Pentium-Chips nicht mehr einzusetzen. Erst in diesem Augenblick reagierte Intel. Konsequenz der schlechten Kommunikation: Intel musste alle ausgelieferten Chips austauschen und sich öffentlich entschuldigen. Ähnliches hat VW nun auch vor sich.

Wenn es zur Krise in Unternehmen kommt, so trifft sie diese oft schnell und heftig. Viele Firmen haben für so einen Fall keinen Krisenkommunikationsplan entwickelt.
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Aus der Geschichte lernen

Nach solchen Vorkommnissen sollte Krisenkommunikation eigentlich zum kleinen 1x1 der Unternehmenskommunikation gehören. Jede Firma sollte sich auf die Kommunikation in einer Krise vorbereiten. Doch das passiert aktiv nur selten. Selbst bei Arbeitgebern, die einen Krisenkommunikationsplan haben, wird dieser selten durch Übungen auf seine Belastbarkeit hin überprüft. Oft sind die Daten veraltet, Telefonnummern stimmen nicht mehr, die Zuständigkeiten haben sich verändert oder der Ansprechpartner ist gar nicht mehr im Unternehmen. Außerdem fehlen den meisten Verantwortlichen die entsprechenden Schulungen, damit sie im Krisenfall auch selbst beispielsweise einem Fernsehteam vor der Kamera Rede und Antwort stehen könnten. Aus der Geschichte etwas gelernt? Bei vielen Unternehmen ist das nicht der Fall.

Krise in Zeiten von Social Media

Waren bei der Intel-Krise überwiegend nur Newsgroups und die klassischen Medien beteiligt, so spielen heute auch die sozialen Medien eine wichtige Rolle. Twitter hat erst durch die Landung einer Boeing auf dem Hudson-River einen enormen Zuspruch erfahren. Die Geschwindigkeit, mit der die Geschichte um die Welt ging, ist rasant. Und das war letzten Endes sogar eine gute Nachricht. Und darüber heißt es: "Die gute Nachricht ist eine Schnecke, schlechte Nachricht ist ein Windhund." Schlechte Nachrichten verbreiten sich wie ein Lauffeuer und können - Facebook und Co sei Dank - mit einem Mausklick geteilt werden. So kann aus einer schlechten Nachricht in kürzester Zeit eine handfeste Krise werden. Ohne entsprechend geschulte Mitarbeiter und ein in praktischen Übungen überprüftes Krisenkommunikationskonzept, kann ein Unternehmen eine Krise nur schwer unbeschadet überstehen; manchmal wird aus Unwissenheit heraus oder mangels qualifiziertem Personal die Krise sogar noch angefacht und entwickelt sich deshalb zur Katastrophe. Das gilt es zu vermeiden. Aber wie?

Only bad news are good news

Diese Erfahrung muss jeder, der öfter mit Medienvertretern zu tun hat, machen. Negative Nachrichten haben nun einmal einen höheren Nachrichtenwert als positive Botschaften. Umso wichtiger ist es, Kommunikation gerade für Krisen zu planen und entsprechend vorzubeugen. Das beste Mittel, einen Imageschaden abzuwenden oder zumindest so klein wie möglich zu halten, ist, die Krise entweder erst gar nicht entstehen zu lassen, oder sich möglichst wenig von ihr überraschen zu lassen. Wenn die Krise eintritt, ist es meistens zu spät, um über die Schadensbegrenzung nachzudenken. Dann sind alle mit der Krise selbst vollauf beschäftigt.

Ein Plan ist unerlässlich

Zunächst sollte man sich Klarheit verschaffen, welche Krisen in einer Institution überhaupt auftreten könnten. Nach dem Sammeln aller möglichen Risikofaktoren lassen sich mögliche Krisensituationen ein- und abschätzen. Szenarios und Ablaufpläne für die einzelnen Situationen lassen sich erarbeiten. Bei komplizierten Abläufen empfiehlt sich ein Probealarm, um den Plan auf mögliche Schwächen zu überprüfen. Natürlich gibt es in der Planung jeder Krise Grenzen und kaum eine Presseabteilung wird bereits im Voraus alle möglichen Facetten einer Krisen-PR abschätzen können. Doch ohne Plan, haben Unternehmen kaum eine reelle Chance.

Krisenkommunikation beginnt ganz unten

Wer glaubt, dass Krisenkommunikation nur die Pressestelle betrifft, der irrt. Vertrauen spielt überall eine Rolle. Auch deshalb ist Krisenmanagement Chefsache, denn es betrifft alle Kommunikationsebenen eines Unternehmens. Wie ist die Kommunikation mit den Kunden bei einer Beschwerde (also einer kleinen Krise)? Wie kommunizieren die Mitarbeiter untereinander und mit den Vorgesetzten? Was ist der Umgang mit Lieferanten? Die gesamte Unternehmenskommunikation ist letztlich Bestandteil der Krisenkommunikation. Fehler beim normalen Geschäft, können eine Krise verschärfen, beispielsweise wenn unzufriedene Kunden oder auch Mitarbeiter die Chance zu publikumswirksamen Meckern nutzen.

Ein fundierter Plan zur Krisenkommunikation berücksichtigt alle Kommunikationskanäle und -ebenen. Nur so kann in einer Krise der Schaden gering gehalten werden. Und vielleicht heißt es dann zu recht: Krise? Die gibt's hier nicht!

8 Fehler in der Kommunikation
Diese Kommunikationsfehler sollten Sie vermeiden
Was Sie in Gesprächen und Debatten tunlichst unterlassen sollten, um Fehlinformationen, Konflikte und Imageschäden zu vermeiden.
Fachchinesisch benutzen
Mit technischem Fachjargon um sich zu werfen, ist der größte Fehler, den IT-Verantwortliche in Gesprächen mit Nicht-IT'lern machen können. Viele Experten können nicht richtig einschätzen, wie tief das eigene Fachwissen geht und wo im Gegenzug das Fachwissen des Gegenübers endet. Hier kann es schnell zu Missverständnissen und Kommunikationsstörungen kommen.
Technische Probleme beklagen
Wer in der Team- oder Vorstandssitzung über technische Probleme im Rechenzentrum oder anderen Unternehmensstellen klagt, darf sich nicht wundern, wenn diese Beschwerden Irritation und Unsicherheit auslösen. Kollegen, die nicht mit den beschriebenen Interna vertraut sind, verstehen in einem solchen Fall oft nur "Der hat massive Probleme, die er nicht in den Griff bekommt." Natürlich müssen IT-Probleme auch im großen Kreis thematisiert werden dürfen, das jedoch besser in einer sachlichen Art und Weise, die jeder verstehen und nachvollziehen kann.
Wie ein Verkäufer reden
Manager, die bislang mit einem Business-Hintergrund tätig waren, und IT-Führungspositionen übernehmen, sprechen ihre neuen Untergebenen in einem aufgeblasenen Ton an und wirken dabei häufig wie Verkäufer, die die neueste Kollektion heiße Luft präsentieren.
Keine Fragen stellen
Gute CIOs stellen sinnvolle Fragen und hören auf die Antworten. So gelangen oft neue Aspekte in die Diskussion. Dazu werden die Kollegen eingebunden und die Beziehung zwischen Manager und Team gestärkt. Warum viele IT-Verantwortliche anders vorgehen? Sie haben (meist unbegründet) Angst, als unwissend und inkompetent dazustehen.
Niemanden einbinden
Gut ausgebildete CIOs sind überzeugt von ihren eigenen Ideen, welche Techniken sich wie am besten implementieren lassen. Viele vergessen darüber jedoch, dass auch die gesamte IT-Abteilung und der Vorstand womöglich noch eigene Ideen haben. Wenn CIOs ihre eigenen Vorstellungen ohne Rückfrage durchdrücken, verärgern sie deshalb viele Kollegen - selbst, wenn es die beste und richtige Wahl war.
Ängste schüren
Wenn der Vorstand überzeugt werden muss, das IT-Budget aufzustocken, diese oder jene Anschaffung oder Migration vorzunehmen, neigen manche CIOs dazu, in ihrer Argumentation zu übertreiben oder zu simplifizieren. Wenn neue Server angeschafft werden sollen, hört sich das dann so an: "Wenn wir bis kommende Woche nicht zehn neue Server im Schrank stehen haben, bricht der ganze Laden zusammen!"
Den Wertbeitrag nicht herausstellen
Viele CIOs betonen, wie wichtig die Unternehmens-IT ist. Die Vorstände verstehen aber häufig nicht, was die IT konkret zum unternehmerischen Erfolg beiträgt. Deshalb sollten IT-Verantwortliche in Präsentationen und Diskussionen immer noch einen Schritt weitergehen, als nur in den eigenen Grenzen zu argumentieren.
Mit PowerPoint einschläfern
Zu viele Folien, zu viele Nichtigkeiten. Effiziente Präsentationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich auf die wichtigsten Infos konzentrieren, die das zuhörende Publikum direkt betreffen. Im besten Fall kann gänzlich auf PowerPoint verzichtet werden - gute Präsentationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie von selbst im Gedächtnis haften bleiben und nicht durch eine Armada von Aufzählungspunkten.