Unlautere Mittel im Internet-Handel

Krieg der Web-Shops mit Abmahnungen

11.10.2011 von Renate Oettinger
Unberechtigte Abmahnungen können wettbewerbswidrig sein und den Abmahner teuer zu stehen kommen. Einzelheiten von. Mark Schomaker.

Zwischen Internethändlern ist es längst Brauch geworden, im Rahmen der Behauptung am Markt auch das Mittel der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung gegen den Mitbewerber einzusetzen, wenn sich dieser nach Meinung des Händlers wettbewerbswidrig im Online-Handel auf Plattformen wie Amazon.de, Ebay.de oder Yatego.com verhält.

Wenn Ihre Firma mit Abmahnungen überhäuft wird, steckt möglicherweise ein Konkurrent von Ihnen dahinter.
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Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen können ein wirksames und angemessenes Mittel sein, um einem Mitbewerber auf dessen wettbewerbswidriges Verhalten aufmerksam zu machen. Die Praxis zeigt aber, dass das Instrument "Abmahnung" teilweise auch gezielt eingesetzt wird, um sich als Händler einen unliebsamen Konkurrenten vom Hals zu schaffen.

Eine Abmahnung muss formell und auch inhaltlich (materiell) korrekt gegenüber einem Mitbewerber ausgesprochen werden, ist dies nicht der Fall, so kann es für den Abmahner teuer werden.

1. Die Abmahnpraxis bei Ebay & Co.

Das Geschäft mit Abmahnungen blüht gerade wegen Internetplattformen wie Ebay und Amazon und den hohen rechtlichen Anforderungen an den gewerblichen Online-Handel dort und im Internet. Eine Abmahnung akzeptiert der Abgemahnte oft nur, weil er sich dem Druck und dem äußeren Schein des Abmahners beugt und lieber eine gewisse Summe zahlt "um Ruhe" zu haben, anstatt sinnvolles Geld für seine eigene Verteidigung zu investieren.

2. Abmahner muss bei unberechtigter Abmahnung zahlen

Abmahnende Rechtsanwälte und Ihre Mandanten sind häufig der juristischen Meinung, dass sie unbehelligt und nach belieben Abmahnungen gegenüber Mitbewerbern aussprechen können und dürfen. Dass auch eine solche unberechtigte Abmahnung Konsequenzen für den Abmahner haben kann, haben nun erneut 2 Unternehmer aus der Modellbaubranche erfahren müssen.

3. Abmahner aus der Modellbaubranche unterliegt vor dem Amtsgericht Göttingen

Ein Online-Händler für ferngesteuerte Modelbau-Helikopter hatte einen anderen Onlinehändler wegen angeblicher Markenrechtsverletzung in Bezug auf einen Teil seines eigene Internetdomainnamen abgemahnt. Der abgemahnte Onlinehändler schaltete den Autor als Rechtsanwalt ein, um die Rechtmäßigkeit der markenrechtlichen Abmahnung rechtlich zu überprüfen.

Die seitens des Online-Händlers telefonisch und per Email ausgesprochene Abmahnung entpuppte sich als unberechtigte Abmahnung. Der abmahnende Onlinehändler wurde mit den rechtsanwaltlichen Kosten für die anwaltliche Prüfung der Abmahnung belastet, zahlte jedoch nicht außergerichtlich.

Das Amtsgericht Göttingen verurteilte den Abmahner zur Zahlung der entstandenen Rechtsanwaltskosten in dieser markenrechtlichen Angelegenheit in 4-stelliger Höhe. Vor dem Landgericht Göttingen nahm der Abmahner die eingelegte Berufung nach einem Hinweis des Gerichts zurück. Das Amtsgericht sieht in dem Vorgehen des Abmahners einen unzulässigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Abgemahnten, § 823 Abs. 1 BGB.

Weiterer Abmahner aus der Modellbaubranche unterliegt vor dem Amtsgericht Würzburg

Wiederum ein Onlinehändler für ferngesteuerte Modelbau-Helikopter hatte einen anderen Online-Händler wegen angeblicher Markenrechtsverletzung in Zusammenhang mit dem eigenen Namensrecht und einer eigenen Beantragung eines Markenrechts beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) durch einen Anwalt abgemahnt. Das Anwaltsschreiben war sogar derart fordernd aufgemacht, dass der Abgemahnte vor die Wahl gestellt wurde, entweder auf sämtliche Rechte an der eigenen Internet-Domain und den eigenen Rechten durch Unterzeichnung eines Knebelungsvertrages zu verzichten oder alternativ eine teure markenrechtliche Abmahnung zu akzeptieren.

Der abgemahnte Online-Händler schaltete den Autor als Rechtsanwalt ein, um die Rechtmäßigkeit der Abmahnung auch hier rechtlich überprüfen zu lassen. Auch diese anwaltliche ausgesprochene Abmahnung entpuppte sich als unberechtigte Abmahnung. Der abmahnende Online-Händler wurde mit den rechtsanwaltlichen Kosten für die anwaltliche Prüfung der Abmahnung belastet, zahlte jedoch ebenfalls nicht außergerichtlich.

Das Amtsgericht Würzburg verurteilte den Abmahner zur Zahlung der entstandenen Rechtsanwaltskosten in vierstelliger Höhe. Das Amtsgericht Würzburg sieht in dem Vorgehen des Abmahners eine sogenannte Geschäftsführung ohne Auftrag und spricht dem Abgemahnten einen Kostenerstattungsanspruch aus §§ 677 ff. BGB zu. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Unberechtigte Abmahnungen berechtigten zum Kostenersatz gegenüber dem Abmahner

Neben dem Amtsgericht Bonn, dem Amtsgericht Elze, dem Amtsgericht Dresden, dem Landgericht Dresden, dem Amtsgericht und dem Landgericht Göttingen sieht nun auch das Amtsgericht Würzburg einen Kostenerstattungsanspruch des zu unrecht Abgemahnten gegen den Abmahner als gegeben an. Auch wenn die rechtliche Begründung der Gerichte juristisch unterschiedlich ausfällt, zeigt dies doch eindeutig, dass auch die Rechtsprechung gewillt ist, dem Abmahnwahnsinn Einhalt zu gebieten.

Gerade ein Anspruch auf Kostenersatz wird von abmahnenden Anwälten gern als nicht anwendbar behauptet und verneint. Ein solcher Regressanspruch bestand jedoch schon immer und wird seit einiger Zeit immer häufiger von den angerufenen Gerichten zu Recht bestätigt, um die "Abmahnerei" auf das Notwendigste zu beschränken.

Fazit

Dem Abmahner muss klar sein, dass er im Falle einer unberechtigten Abmahnung durchaus mit Kostenerstattungsansprüchen zu rechnen hat. Dabei ist es egal, ob die Abmahnung den Bereich des Wettbewerbsrechts, oder die sehr viel teureren Bereiche des Marken- oder Domainrechts betrifft.

Ausblick und Verhalten

Der Abgemahnte sollte nicht gleich eine Abmahnung akzeptieren und eine Unterlassungserklärung abgeben, sondern die Angelegenheit vom darauf spezialisierten Rechtsanwalt überprüfen lassen und so nicht am falschen Ende sparen. Vielmehr zeigen sich in der wettbewerbsrechtlichen Praxis des Autors sehr häufig die Fälle, in welcher teilweise oder komplett unberechtigte Abmahnungen ausgesprochen wurden.

In solchen Fällen führt die Zurückweisung der Ansprüche meist dazu, dass der Anspruch vom Abmahner komplett zurückgezogen wird oder -im Falle des erfolgreichen Regresses- der Abmahner seine bis dahin lukrative Abmahntätigkeit wahrscheinlich für die Zukunft einschränkt oder ganz beendet.

Der Weg zum spezialisierten Anwalt lohnt sich daher bei Abmahnungen immer und spart Geld. (oe)

Kontakt:

Der Autor, Rechtsanwalt Mark Schomaker, berät Online-Händler und arbeitet in den Schwerpunkten IT-Recht, Wettbewerbsrecht, ElektroG und Vertragsrecht. Rechtsanwaltskanzlei Schomaker, Ravensberger Str. 12, 33824 Werther, Tel.: 05203 9778963, Internet: www.recht-und-vertrag.de