Die Problematik der Software-Lizenzierung wird laut Smyth von vielen Unternehmen unterschätzt. „Ein gutes Beispiel ist hier der Lizenzvertrag von iTunes. Ich denke nur die wenigsten Privatpersonen klicken sich tatsächlich durch die unzähligen Seiten und lesen sie aufmerksam durch.“ Im Unternehmensumfeld seien Lizenzverträge nochmal deutlich komplexer. „Dabei sollte jedes Unternehmen diese Bestimmungen bis ins Detail kennen, schließlich sind sie verpflichtet, entsprechend diesen Bestimmungen für die Nutzung der Software zu zahlen.“, sagt der Flexera-Manager.
Sollten die Unternehmen den Lizenzvertrag verletzen, droht ihnen Strafzahlungen im erheblichen Maße. Smyth ist davon überzeugt, dass die Dringlichkeit dieses Problems von vielen Unternehmen bewusst herunter gespielt wird. „Unternehmen möchten nicht, dass die Öffentlichkeit davon erfährt, dass sie auf der einen Seite für Software zahlen, die keiner nutzt und auf der anderen Seite Software von Mitarbeitern genutzt wird, für die eigentlich gezahlt werden müsste.“
Ein typisches größeres Unternehmen hat in den letzten zehn bis zwölf Jahren laut Smyth Lizenzen für etwa 5.000 bis 10.000 verschiedene Anwendungen erworben und für mehrere Millionen Euro Software gekauft. Das Brisante: Viel davon wurde umsonst ausgegeben. „Aus meiner langjährigen Erfahrung betrachtet ist Software der Bereich in Unternehmen, der am schlechtesten gemanagt wird. Viele Unternehmen habe keine Ahnung, in welche Software sie tatsächlich investiert haben“, erklärt Smyth. Dieser aus seiner Sicht desaströse Zustand birgt seiner Meinung nach jedoch auch viel Einsparungspotenzial.
Die Strategien der Unternehmen
Smyth unterscheidet zwischen offenen und restriktiven Unternehmen - je nachdem welche Software-Strategie gefahren wird. Firmen mit einer offenen Einstellung erlauben es Mitarbeitern fast völlig ohne Einschränkung individuell Software zu erwerben und auf Firmengeräte zu installieren. Firmen mit einer restriktiven Strategie kaufen Software ausschließlich über einen zentralen und komplett von der Firma kontrollierten Kanal. Wieder andere Unternehmen mischen diese beiden Herangehensweisen. „Je nachdem für welche Methode sich ein Unternehmen entscheidet, ergeben sich neue Ebenen der Komplexität. Hier den Überblick darüber zu behalten, welche Software tatsächlich im Unternehmen eingesetzt wird, fällt zunehmend schwer“, weiß der Manager.
Vordergründig scheint die Lösung der kompletten Software-Kontrolle die beste und einfachste im Sinne des Software-Managements zu sein. Smyth: „Wir haben es mit vielen Unternehmen zu tun, die ihre Mitarbeiter beim Software-Kauf einschränken weil sie die volle Kontrolle über die genutzte Software behalten wollen.“ Doch er gibt zu bedenken, dass sich Unternehmen im ständigen Konkurrenzkampf um junge Talente befinden und diese potenziellen Mitarbeiter ihr zukünftigen Arbeitgeber auch oft danach wählen, welche Hardware, aber auch welche Software intern eingesetzt wird. Eine allzu restriktive Software-Politik könnte die jungen Talente direkt in die Arme der Konkurrenz treiben.
Unabhängig davon, für welche Taktik sich ein Unternehmen entscheidet, ein großes Problem wird laut Smyth immer bleiben, zu wissen, auf welchen Geräten die gekaufte Software dann tatsächlich installiert wird. Und auch wenn die Software installiert wurde, ist noch lange nicht sicher, dass sie auch genutzt wird. „Lizenzgebühren für Software zu zahlen, die zwar installiert ist, aber nicht eingesetzt wird, ist im wahrsten Sinne des Worte herausgeschmissenes Geld.“
Neue Trends verschärfen das Problem
Diese Jahrzehnte alte Problematik verschärft sich nochmal vor dem Hintergrund aktueller Trends. So wollen viele Unternehmen die Vorteile von Virtualisierung nutzen, wissen aber häufig nicht, ob die Lizenzbestimmungen der derzeit genutzten Software eine virtuelle Nutzung überhaupt erlauben. Denn die Richtlinien jedes einzelnen Softwareanbieters unterscheiden sich zum Teil grundlegend. Smyth: „Das Verwalten all dieser verschiedenen Aspekte entpuppt sich zunehmend als echte Kostenfalle.“
Ein weiterer Trend dem sich Unternehmen nicht verschließen können ist das Thema „Bring your own Device“. „Hier sollte jedes Unternehmen akzeptieren, dass immer mehr Mitarbeiter ihre Geräte mit zur Arbeit nehmen und sie auch dort nutzen“, rät der Manager. Die Mitarbeiter erwarten in ihrem professionellen IT-Umfeld zunehmend eine ähnliche Nutzererfahrung wie im privaten Bereich. Smyth: „Die Unternehmen dürfen hier keinesfalls restriktiv vorgehen. Sie sollten solche Trends nicht nur erlauben, sondern sogar unterstützen.“
Diese Vermischung von privaten und beruflichen Umfeld verstärkt allerdings auch das Risiko, dass Angestellte ihre Firmen unbewusst in finanzielle Gefahr bringen. „Innerhalb weniger Minuten kann ein Mitarbeiter ein für private Anwender kostenloses Programm herunter laden und im Firmenumfeld nutzen.“ Wenn das Unternehmen nichts von dieser Software weiß, können unvorhergesehe Kosten auf sie zukommen.
Weiter muss ein Unternehmen sicherstellen, dass die gekaufte Software auch mit den eingesetzten Betriebssystemen kompatibel ist. Dies wird besonders kritisch, wenn auf ein neues Betriebssystem migriert wird. „Viele Anwendungen, die zum Beispiel auf Windows XP hervorragend ihren Dienst taten, verweigern eben diesen unter Windows 7“, sagt Smyth. Er prognostiziert, dass im Jahr 2012 besonders viele Unternehmen von Windows XP auf Windows 7 wechseln. Das noch in diesem Jahr erscheinende Windows 8 wird diese Problematik noch verschärfen. Hier bei einer großen Anzahl von Software-Lizenzen einen funktionierenden Workflow zu entwickeln sei für die Unternehmen unter Umständen sehr schwierig.
Verbesserungspotenzial auch bei Software-Händlern
Doch nicht nur für die Nutzer wird Software-Management zunehmen unübersichtlicher. Auch die Software-Händler müssen stets im Auge behalten, ob die Software-Käufer auch tatsächlich ihrem Nutzungsverhalten entsprechend Lizenzgebühren zahlen. „Dies resultiert dann häufig in unvorhergesehene Verwaltungsausgaben welche je nach Größe des Unternehmens in die Millionen gehen können.“, warnt der Flexera-Manager.
Laut Smyth planen die meisten größeren Unternehmen in den nächsten Jahren mit Einsparungen und Budget-Kürzungen. Dabei soll jedoch der Service-Level und die Produktivität nicht eingeschränkt, sondern im besten Fall weiter gesteigert werden. „Software-Lizenzmanagement ist ein sehr wichtiges Feld in dem noch jeden Menge Einsparungspotenziale stecken.“
Doch egal für welche Software-Strategie sich ein Unternehmen entscheidet, es sollte die Komplexität der Materie nicht unterschätzen und sich darauf einstellen, dass sie in den nächsten Jahren noch einmal deutlich zunimmt.