IT Financial Management

Kosten im Blick - Wertbeitrag in Aussicht

04.04.2011 von Thomas Pelkmann
Einen Wertbeitrag der IT zum Unternehmenserfolg kann nur messen, wer alle Kosten der IT im Blick hat. IT Financial Management ist ein strategischer Weg, um auch den versteckten Kosten quer durchs Unternehmen auf die Spur zu kommen.
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Wenn man CIOs nachts um drei weckt und sie nach der Rolle ihrer Abteilung in ihrem Unternehmen befragt, werden sie, noch mit Sand in den Augen, antworten: "Die IT soll einen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten." Sätze wie dieser gehören zum Standardrepertoire der IT-Leiter und spiegeln eine veränderte Rolle der IT wider: Früher hat die IT vor allem Geld gekostet; ob sie dabei einen messbaren Beitrag zum Unternehmenserfolg geleistet hat, vermochte niemand so genau zu sagen. Warum auch, denn ohne IT geht schließlich schon lange nichts mehr.

Durch den infolge weltweiter Krisen verursachten Sparzwang in den Unternehmen wurde das Paradigma der IT in ihren Grundfesten erschüttert; seitdem müssen die IT-Abteilungen nicht nur Kosten reduzieren, sondern gleichzeitig auch schlüssig begründen, welchen Beitrag die IT in Gänze sowie einzelne Projekte im Detail zu den strategischen Zielen des Unternehmens leisten.

"Die bedarfsgerechte Ermittlung der IT-Kosten ist ein gigantisches Problem" meint Frank-Robert Kreher, IT-Finanzspezialist bei HP.
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Das ist schon deswegen schwierig, weil es viele IT-Abteilungen bis heute nicht geschafft haben, die tatsächlichen Kosten für die IT-Infrastruktur genau zu bemessen. "Die bedarfsgerechte Ermittlung der IT-Kosten ist ein gigantisches Problem", schätzt der IT-Finanzspezialist Frank-Robert Kreher, Practice Leader Planning & Governance bei HP Software & Solutions. Kreher berät zusammen mit seinen 20 Mitarbeitern Unternehmen bei der Annäherung der IT an das Business und kennt sich von daher mit den Schwierigkeiten in der Praxis gut aus. "Auf den ersten Blick mag es noch einfach sein, die Kosten zu bemessen", so Kreher: "Ich habe ein paar Server mit einigen CPUs, deren Arbeitszeit ich genau so messen kann wie die Speicherauslastung oder die Befüllung der Festplatten."

In den Unternehmen geht es jedoch schon längst nicht mehr nur um einzelne Komponenten. "Wir haben es mit Services zu tun, die hochgradig virtualisiert laufen - sie nutzen auf dem einen Server ein bisschen Prozessorleistung und Plattenplatz, und auf einem anderen auch", so Kreher. Auch Software wird mal für den einen, mal für einen anderen Service verwendet. Zudem findet diese verteilte Nutzung nicht statisch statt, sondern in einer Umgebung, die sich von Stunde zu Stunde ändern kann. Dem HP-Experten zufolge ist es daher eine echte Herausforderung, Algorithmen und Regelwerke zu finden, mit denen sich die Nutzung messen lässt, und die Vorhersagen darüber erlauben, wie hoch die Auslastung im nächsten Jahr sein wird.

Realistische Kostenzuweisungen sind ein komplexer Vorgang

Hinzu kommt, dass sich die Ausgaben oft durchs ganze Unternehmen ziehen. "Zu sagen, welcher Unternehmensbereich oder Geschäftsprozess bestimmte Kosten tatsächlich verursachen, ist ein relativ komplexer Vorgang", meint auch Kreher. Zudem finden sich IT-relevante Finanz- und Kosteninformationen neben der IT-Abteilung etwa in der Finanzbuchhaltung in Form von Abschreibungen oder in der Personalabteilung als Arbeitskosten wieder.

Die beiden Autoren Walter Ruf und Thomas Fittkau haben in ihrem 2008 im Oldenbourg-Verlag erschienenen Buch Ganzheitliches IT-Projektmanagement die tatsächlichen Kosten von IT-Projekten aufgelistet. Neben dem größten Posten, den Personalkosten, führen sie auch Ausgaben etwa für Reisen, Weiterbildung, Investitionen, Outsourcing oder Verbrauchsmaterialien auf. Ruf und Fittkau plädieren daher bei der Berechnung von IT-Projektkosten für eine "ganzheitliche Orientierung".

Immerhin handele es sich bei "dem Produktionsfaktor Information (...) um eine Querschnittsfunktion, von der fast alle Arbeitsplätze tangiert werden". Wer einen "nachhaltigen Erfolg durch den Einsatz von IT-Systemen" wolle, so die Autoren weiter, müsse das "in Abstimmung mit der Unternehmensstrategie gestalten und im Hinblick auf die Geschäftsprozesse entwickeln". Zu einer ganzheitlichen Ausrichtung gehöre schließlich, "dass berechtigte Interessen aus allen Bereichen, mit denen ein Informationsaustausch besteht (Kunden, Zulieferer Umwelt, Mitarbeiter usw.), berücksichtigt werden".

Die fünf Vorteile von ITFM

Die Marktforscher von IDC haben in einer Studie über "IT Project and Portfolio Management" fünf Vorteile von IT-Financial-Management-Lösungen ausgemacht, wie CFOworld.de schreibt:

1. Kapitalisierungsvorteile

Anwender berichten, die Software-Funktionalitäten habe sie in die Lage versetzt, sämtliche mit einem Projekt verbundenen Kosten komplett nachzuverfolgen. Der IT-Abteilung gelingt die gründliche Kapitalisierung deutlich besser als mit traditionellen Projektmanagement-Tools. Entwicklungskosten werden umfassender abgebildet und lassen sich auch nach mehrjähriger Amortisierungsphase noch wieder erkennen.

2. Reduzierung des IT-Umlaufvermögens

Durch erhöhte Effizienz gelingt es, den finanziellen Aufwand für die IT-Projekte zu senken. Überflüssige Kostenposten lassen sich eliminieren.

3. Wissen ersetzt Schätzungen

Die Projektkosten können realistischer geplant werden, die Firmen müssen sich nicht mehr auf vage Schätzungen verlassen. In der Kalkulation lässt sich auf dieser Grundlage sogar auf die Risikomarge von 20 bis 30 Prozent verzichten, die üblicherweise bei IT-Projekten veranschlagt werden muss.

4. Geringerer Compliance-Aufwand

Die systematische Aufbereitung der Informationen vereinfacht Audits und senkt die Kosten auch an dieser Stelle. Aber nicht nur das: Die Anwender berichten, dass die Kontrolleure bei ihnen auch seltener anklopfen, wenn sie den Einsatz von IT- Financial-Management-Lösungen bemerkt haben. Sie vertrauen dann darauf, dass die benötigten Informationen im Zweifel schnell und kompetent bereitgestellt werden können und schauen seltener nach dem Rechten

5. Gesunkene Outsourcing-Kosten

Diese resultieren aus dem vereinfachten Datenzugriff für externe Provider, die mit Projekten beauftragt werden. Die Service-Anbieter haben so einen besseren Überblick über das Projekt-Portfolio und können auf dieser Grundlage oft auf Eilbestellungen und andere aufwändige Leistungen verzichten.

Mehrdimensionale Kostenmodelle

Auch HP-Berater Kreher plädiert für mehrdimensionale Berechnungsmodelle, die alle Kosten der IT berücksichtigen. Für ihn bestehen solche Rechnungen vor allem aus zwei großen Blöcken: aus der geleisteten Arbeit und den physischen Komponenten. "Die Arbeit ist der bei weitem größte Posten. Noch immer speisen sich die IT-Kosten bei Aufbau und Wartung der Infrastruktur sowie bei IT-Projekten zum größten Teil aus menschlicher Arbeit", so Kreher. Zu den physischen Assets gehören für ihn die Hard- und Softwarekomponenten mit Lizenz- und Wartungskosten, aber auch Aufwendungen für "Housing and Heating", also für Räumlichkeiten und Klimaanlage.

Kreher zufolge ist das Ermitteln dieser relativ überschaubaren Posten allerdings nur der Einstieg in die komplexe Kostenrechnung. "Damit befinden wir uns noch in einem niedrigen Detaillierungsgrad. Bei diesen Berechnungen sprechen wir überhaupt noch nicht von den Services, die die IT-Abteilung bereitstellt", so der HP-Experte. Aber die Übersicht über die Kosten für Arbeit und Komponenten sei wichtig für den nächsten Schritt, skizziert der HP-Experte sein Modell. "Dann aggregieren wir die Kosten auf Prozesse, Services oder Projekte. Erst dann lässt sich auswerten, was einzelne Business-Services oder IT-Prozesse in den Fachabteilungen tatsächlich kosten." Zudem sei es nun auch möglich, den Wertbeitrag einzelner Services oder Prozesse zu messen, weil man die ihnen zugrunde liegenden Komponenten genau benennen und berechnen könne.

Im Prinzip kann jedes Unternehmen diese Berechnungen anstellen: "Grundsätzlich sind die dafür nötigen Daten schon vorhanden", so Kreher - allerdings in der Regel noch nicht zusammengeführt, sondern in unterschiedlichen Aggregationsebenen oder Abteilungen eines Unternehmens beheimatet. "Die Einkaufsabteilung verwaltet zum Beispiel die Lizenzen, das Facility Management kümmert sich um die Raum- und Energiekosten, die Personalausgaben liegen in der HR-Abteilung". Wozu so ein Wildwuchs führen kann, hat Kreher erst vor kurzem erlebt: "Der CIO eines mittelständischen Unternehmens hat mir allen Ernstes gesagt, dass er überhaupt keine Personalkosten in seiner IT-Abteilung habe. Stattdessen setze er in der Bilanz einen Pauschalpreis von einem Euro pro Mitarbeiter ein." Da dürfte es tatsächlich unmöglich sein, die tatsächlichen IT-Kosten sauber zu definieren...

ITIL-orientierte Unternehmen sind bei der Kostenrechnung im Vorteil

Unternehmen, die ihre Services bereits definiert haben und idealerweise schon nach dem ITIL-Gedanken leben, wähnt der HP-Experte bei der Einführung mehrdimensionaler Kostenmodelle dagegen deutlich im Vorteil. "Dort gibt es bereits vorgefertigte Prozesse mit definiertem Change-, Incident- und Problem-Management", erläutert Kreher.

HP, Software-Anbieter und Dienstleister in einem, bietet potenziellen Kunden vor allem Know-how: "Meine Abteilung bei HP Software & Solutions leistet hauptsächlich strategische Beratungen, um zu ermitteln, wo in den Unternehmen Optimierungspotenziale stecken und wie sich diese nutzen lassen. Zudem bieten wir Produkte an, die beim Umsetzen der Strategien helfen", berichtet Kreher.

Zur Beratungsleistung der HP-Crew gehört nach einem ersten Vorgespräch ein so genannter Solution Value Discovery Workshop. Hier erarbeiten die Berater mit dem Kunden zusammen das strategische Ziel und analysieren die Ausgangslage für die umfassenden Kostenanalysen der IT. Auf der Basis dieser Gegenüberstellung wird eine Roadmap erstellt, wie der Kunde kurz-, mittel- und langfristig sein IT Service Management entwickeln kann. Am Ende der Analyse stehen konkrete Handlungsfelder für die Optimierung der IT-Finanzen.

Der Workshop ist Teil einer ganzen Sammlung vorkonfigurierter Mechanismen, Datenmodelle, Dashboards und Dienstleistungen. Bei HP heißt das Gesamtpaket "HP IT Financial Management (ITFM)". Es soll in Unternehmen für übergreifende Kosten-, Nutzen- und Risikotransparenz sorgen und dabei die Verknüpfung von IT-Finanzdaten und externen Datenquellen ermöglichen.

Die Einführung einer ITFM-Lösung erfolgt in der Regel in drei Stufen: Zunächst werden die konkreten Anforderungen an Daten und Kennzahlen definiert. Danach folgt die Festlegung der Informationsarchitektur, unter Umständen begleitet vom Aufbau neuer oder von der Integration vorhandener Datenbanken. Zur Architektur könnte auch die Neudefinition der bisherigen Controlling- und Reporting-Prozesse gehören. Im dritten und letzten Schritt schließlich geht es um die technische Umsetzung der (neu) definierten Standards und den Aufbau der Datenmodelle für das IT Financial Management.

Am Ende steht eine IT, deren Kosten weitgehend transparent sind und deren Anteil am Geschäftserfolg sich wesentlich besser als vorher, wahrscheinlich sogar erstmals tatsächlich messen lässt. Im Fokus stehen dann nicht mehr einzelne Komponenten oder Projekte, sondern die Produkte der IT-Abteilungen für das Unternehmen, die IT-Services. "Erstmals", heißt es bei HP zu den vergleichsweise paradiesischen Zuständen nach der Einführung von ITFM, können die IT-Abteilungen "bereichsübergreifend die Kosten pro Leistungseinheit ermitteln - etwa die Kosten für eine SAP-Applikation pro Anwender inklusive Lizenz-, Hardware- und Arbeitskosten". Die Manager eines Unternehmens erhalten demnach Antworten auf Fragen zum Beispiel nach dem Verhältnis von fixen zu variablen Kosten einzelner Dienste. Die IT schließt damit zu Standards auf, die in Produktion, Vertrieb oder Marketing schon weit verbreitet sind und soll erstmals im engen betriebswirtschaftlichen Sinne mess- und steuerbar werden.