Tipps für unverstandene Entwickler

Kompliziert denken, einfach sprechen

07.07.2009 von Michael Schweizer
Wie können sich Softwareentwickler verständlich machen? Axel Rittershaus, Trainer für Präsentation, Kommunikation und Führung, kennt einige Tricks.

CW: Was macht einen guten Softwareentwickler aus?

RITTERSHAUS: Erstens das IT-Fachwissen - darin sind die meisten exzellent. Zweitens die Fähigkeit, die Bedürfnisse der externen oder internen Kunden zu verstehen - auch das können viele Entwickler gut. Drittens kommt es darauf an, komplexe technische Themen so darzustellen, dass auch fachfremde Gesprächspartner sie begreifen. Hier können sich manche Entwickler noch verbessern.

CW: Zunächst einmal sind sie also kommunikationsgestört?

Axel Rittershaus, Trainer: Nicht aus jedem Entwickler kann man einem Obama machen.

RITTERSHAUS: Nein, überhaupt nicht. Untereinander verstehen sie sich ausgezeichnet. Sie müssen sich nur daran gewöhnen, im richtigen Moment von ihrer Fachsprache ins Allgemeinverständliche zu wechseln. Dabei hilft die Frage: Was verstehe ich selbst, wie versteht es auch der andere? Wie bei einem Arzt: Unter Kollegen ist das Medizinchinesisch nützlich, aber die Patienten würde es verunsichern.

CW: Gibt`s da viele hoffnungslose Fälle?

RITTERSHAUS: Praktisch gar keine. Man kann nicht aus jedem einen Obama machen. Aber jeder, der kompliziert denken kann, kann auch für andere vereinfachen, wenn man ihm ein paar Tricks zeigt.

CW: Zum Beispiel?

RITTERSHAUS: Missverständnisse entstehen, weil keiner in den Kopf des anderen hineingucken kann. Damit man nicht aneinander vorbeiredet, empfiehlt sich eine verständliche Grafik oder eine Flipchart-Zeichnung. Dann hat man etwas Gemeinsames, worauf man schaut.

powerpoint
Bill Gates in den Wolken
Powerpoint sollte Rednern idealerweise dabei helfen, den Kern des Vortrags darzustellen. Mit Unmengen an Logos, Elementen und Texten wird das Auditorium dagegen überfordert und verwirrt. Experten raten zu möglichst wenigen Informationen pro Folie, etwa ein Bild pro Seite und kurzen, knappen Texten.
Viel Spaß mit Pfeilen, Teil 1
Dieser verunglückte Powerpoint-Vortrag stammt von Jan Baan, Gründer des gleichnamigen Softwarehauses und heute Chairman von Cordys. Verschiedene Pfeile, Symbole und Rahmen sowie zuviel Text machen diesen Vortrag zur "schlimmsten Powerpoint-Präsentation, die je von einem CEO gezeigt wurde", findet Seth Godin, Marketing- und Präsentations-Experte in den USA.
Viel Spaß mit Pfeilen, Teil 2
Diese Folie hat <a href="https://www.flickr.com/photos/jlaugesen/3104104113">Jesper Laugesen</a> entdeckt. Laugesen ist ebenfalls davon überzeugt, die weltweit schlimmste Powerpoint-Folie gefunden zu haben.
Tod durch Powerpoint
Schlimme Verfehlung listet Alexei Kapterev in seinem Diavortrag <a href="https://www.slideshare.net/thecroaker/death-by-powerpoint">Dead by Powerpoint auf Slideshare</a> auf. Dort gibt er auch Gestaltungsratschläge für gute Präsentationen. Unabhängig davon, dass der Text in der hier dargestellten Grafik in Kyrillisch verfasst und von Vielen wohl nicht zu entziffern ist, zeigt die Folie beispielhaft, wie sich eine Seite überladen lässt.
Besuch in Peking
Powerpoint-Folien sollten wenige Wörter enthalten, keine billigen und kitschigen Fotos zeigen und Überblendeffekte möglichst meiden. Auch eine Untermalung mit Ton und Musik ist verpönt, Sound-Effekte sollten allenfalls sparsam eingesetzt werden.
Übung, Übung, Übung
Vor dem Vortrag steht die Übungseinheit. Experten raten zu zehn Übungsstunden je Vortragsstunde. Darüber hinaus sollte das technische Equipment im Vorfeld getestet werden. Microsoft-Fehlermeldungen während der Präsentation sind peinlich und lenken das Auditorium ab. Von Guy Kawasaki, Venture Capitalist und Vortragsreisender, stammt die 10/20/30-Regel: Maximal zehn Slides, höchsten 20 Minuten Vortrag, Schriftgröße mindesten 30 Punkte.
Nasa-Desaster
Diese Powerpoint-Folie aus dem Jahr 2006 zeigt Teile des Space-Shuttle-Programms zur Abnahme der externen Treibstoff-Tanks. Es steht zu hoffen, dass die Zuhörer die Folie verstanden haben. "Präsentations-Sauerei", sagte Design-Guru Edward Tufte beim Anblick der Folie. Sie zeuge nicht gerade von Ingenieurs-Intelligenz.
Yes we Can
Wie Barack Obamans Botschaft an die Nation als Präsentation aussehen könnte, ist auf der Web-Site <a href="http://www.shmula.com/475/barack-obama-yes-we-can-a-powerpoint-deck" target="_blank">Slideshare</a> zu sehen. Dargestellt ist die letzte von insgesamt elf Powerpoint-Folien mit der Zusammenfassung von Obamas Rede. Die Präsentation veranschaulicht die Grenzen von Powerpoint als Kommunikationsmittel.

CW: Hat sich der Entwicklerberuf in den letzten Jahren verändert?

RITTERSHAUS: Die Projektbudgets sind höchstens noch so hoch, dass es gerade reicht. Mehr als früher müssen Entwickler sich in den Kunden hineinversetzen: Was will und braucht er wirklich? Entwickeln um technischer Features willen geht nicht mehr.

CW: Können Entwickler da überhaupt noch sauber arbeiten?

RITTERSHAUS: Das müssen sie, aber eben oft um einiges einfacher, als sie gerne würden. Sie dürfen keine schöne Tür mit edler Klinke und tollen Scharnieren mehr einbauen, wenn der Kunde nur ein Brett braucht.

CW: Wenn ein Dachdecker mal 50 ist, sollte er nicht mehr selbst aufs Dach. Ist das bei Entwicklern so ähnlich?

RITTERSHAUS: Nein. Ich kenne über 60-jährige Entwickler, die mit ihrer Erfahrung und Ruhe Projekten helfen, wesentlich bessere Ergebnisse zu erzielen. Solche Leute bringen vielleicht nicht mehr 100 Prozent der möglichen Implementierungsgeschwindigkeit. Aber sie wissen hundertprozentig, was zu tun ist.

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