Trotz des allgegenwärtigen Medienhypes weiß jedes fünfte mittelständische Unternehmen noch immer nicht so recht, was Cloud Computing eigentlich bedeutet, beziehungsweise welches Potenzial diese Technologie mit sich bringt. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Wirtschaftsprüfgesellschaft PwC. Ein weiteres Resultat: Lediglich zwölf Prozent der befragten kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) nutzen bereits IT aus der Wolke, zumeist als Software-as-a-Service (SaaS), Infrastructure-as-a-Service (IaaS) oder Platform-as-a-Service (PaaS).
Dabei hat das neue IT-Bezugsmodell weitaus mehr zu bieten, als die meisten Mittelständler offenbar ahnen. Die Wolken-IT hat Potenzial, die unternehmenseigene IT zu optimieren und Mitarbeiter zu entlasten. Sie kann darüber hinaus auch Ausgangspunkt für Innovation und Wachstum sein. Mittelständische aber auch größere Unternehmen können von ihrer Skalierbarkeit und Standardisierung gepaart mit geringen Einstiegs- und Investitionskosten profitieren. Weitere Vorteile der Cloud sind Möglichkeiten, das eigene Geschäft zu erneuern, Produkte und Services schneller im Markt einzuführen sowie eine verbesserte Kosteneffizienz durch das zugrunde liegende Service-Modell.
Doch dadurch, dass viele Unternehmenslenker die Cloud als rein technisches Thema sehen und vor ihrer Komplexität zurückschrecken, übersehen sie oft die tatsächlichen Möglichkeiten: Da sich durch Cloud Computing neue Geschäftsszenarien und -modelle in einem sich stets weiter globalisierenden Markt entwickeln lassen, könnten sich vor allem mittelständische Unternehmen vom Wettbewerb absetzen und ihre Wachstumsziele durch neue Märkte und neue flexiblere Vertriebskanäle adressieren.
Eine Frage der Kosten
"Ist der Weg in die Wolke nicht sehr teuer?", mögen sich einige Entscheidungsträger fragen. Jein! Für Strategie, Beratung und Umsetzung sind zwar Einmal-Investitionen vonnöten. Fest steht aber auch, dass sich die IT einem wachsenden Kostendruck stellen muss. Wie Erfahrungen gezeigt haben, konnten mit Hilfe von Cloud Computing Investitions- sowie IT-Betriebskosten erheblich reduziert werden. Diese Einsparungen bringen wiederum Freiraum für Innovationen. Anwender dürften außerdem nicht außer Acht lassen, dass der Schritt in die Wolke dank nutzungsabhängiger Abrechnungsmodelle auch mit verhältnismäßig kleinen Einstiegsinvestitionen funktioniert, da die vorhandene Infrastruktur nicht auf den Kopf gestellt werden muss und durch Services aus der Cloud ergänzt wird.
Der Innovationstreiber
An dieser Stelle sei Unternehmen angeraten, Einsparungen durch Cloud Computing wieder in neue Lösungen zu reinvestieren. Sie sollten neuartige und innovative Ideen zur Umsatzsteigerung und Optimierung adressieren und dabei Partner mit ins Boot holen. Zwei Beispiele:
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Eine Vertriebskanalintegration, die Social Media als neuen Vertriebskanal einbindet und eine skalierbare Online Shop-Lösung abbildet, bietet mittels innovativer Datenanalyse wertvolle Einsichten in das Konsumverhalten. Durch persönliche Ansprachen lassen sich Produkte und Dienstleistungen gezielter vermarkten und so der Umsatz signifikant steigern.
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In Fahrzeugen lassen sich Infotainment-Dienste je nach Nutzungsbedarf skalieren. Die Kosten für eingebettete Systeme und die Aktualisierung der Funktionen werden durch die Zentralisierung der Funktionen in der Cloud nachhaltig optimiert. Analysen der Nutzungsdaten und des Nutzerverhaltens ermöglichen personalisierte Profile und optimieren die Vermarktung neuer Services. Dies führt zu einer Umsatzsteigerung in einem ganz neuen Geschäftsfeld.
Wichtig ist es, bereits im Vorfeld eine unternehmensspezifische Cloud-Strategie zu definieren, um verschiedene Kosteneinsparungs- und Geschäfts-innovationsmöglichkeiten durch die Cloud mit weiteren synergetisch wirkenden strategischen und operativen Maßnahmen zu verbinden. Anschließend lässt sich durch Optimierung Kapital zur Innovation erschließen und im folgenden Schritt gezielt für Geschäftsinnovation einsetzen. So schafft Cloud Computing eine stabile Basis für kontinuierliche Geschäftsinnovation und Unternehmenstransformation. Gleichzeitig verliert Cloud Computing seinen technischen Schrecken und entwickelt sich zum nützlichen, ja logischen Werkzeug für innovative Geschäftsmodelle und Prozessoptimierungen.
Die Rolle der IT
Eine Cloud-Strategie zu implementieren, stellt jedoch nicht nur eine technologische Umstellung, sondern auch eine umfassende geschäftliche Transformation dar. Die Veränderung funktionaler Rollen verlangt ein Umdenken innerhalb des gesamten Unternehmens. So muss beispielsweise das IT-Team fokussiert die Einhaltung von Service Level Agreements (SLA) kontrollieren, den Kontakt mit Anbietern intensivieren und die Verfügbarkeit von Services gewährleisten statt wie bisher eine standortgebundene IT-Infrastruktur zu verwalten.
Während das neue Modell einige Prozesse vereinfacht, erfordert es gleichzeitig aber auch umfassendere Kenntnisse eines breiter gefächerten Technologiespektrums und eine engere Kopplung zwischen IT und Fachbereichen. Unternehmen müssen in diesem Zusammenhang eine Reihe wichtiger Entscheidungen treffen: Welche Produkte werden künftig wie vertrieben? Welche Märkte angesprochen? Wie gestaltet sich das Netz aus Partnern und Zulieferern? Welche Absatzkanäle lassen sich wie nutzen und kombinieren? Welche innovativen und wertsteigernden Services lassen sich rund um die Produkte anbieten? Und letztlich: Wie kann die IT die künftige Ausrichtung am Markt durch flexible, effiziente IT-Services unterstützen?
Eine Cloud-Strategie entwickeln
Um eine unternehmensspezifische Cloud-Strategie zu entwickeln, sollten zunächst diejenigen Treiber und Handlungsfelder identifiziert und bewertet werden, die durch ihren innovativen Charakter und durch den zielgerichteten Einsatz der Cloud als Technologievehikel die Unternehmensziele nachhaltig unterstützen. Die Optimierung des IT-Betriebs steht hierbei nicht länger im Zentrum des Interesses. Stattdessen geht es primär um das Wachstum des Kerngeschäfts. Das konkrete Konzept und die Art der Umsetzung unterscheiden sich je nach Industriesegment und Kerngeschäft. Für ein nachhaltiges Management von Cloud-Services ist zudem essentiell, die Dimensionen Geschäftsmodell, Architektur, Portfolio, Governance-, Risk Management- und Control-Prozesse (GRC) sowie Transformation zu berücksichtigen.
Ein Beispiel aus der Praxis: Eine große US-amerikanische Restaurantkette ihr Restaurant Management System in die Cloud ausgelagert. Damit nicht genug: Heute nutzen zudem viele weitere Restaurants diese virtuelle Anwendung als Service. Die Restaurantkette konnte damit nicht nur einen wichtigen Geschäftsbereich in die IT-Wolke verlagern, sondern zugleich weiteren Umsatz durch neue Wertschöpfung generieren.
Der Schritt in die Wolke
Es lässt sich feststellen, dass Cloud Computing für viele Firmen vor allem Potenzial für die Intensivierung kundenfokussierter Aktivitäten birgt. Das heißt: Sie gehen mit Lösungen rund um Vertrieb und Marketing, etwa Customer Relationship Management (CRM), in die Cloud - häufig verbunden mit mobilen Lösungen für das Vertriebsmanagement. Zugleich erkennen viele Unternehmen Social Media als innovative Marketing- und Vertriebsplattform. Auch daten- und rechenintensive Anwendungen wie Business Intelligence und Simulationsläufe sind dankbare Cloud-Kandidaten, da sie sowohl Kosteneffizienz als auch völlig neue Möglichkeiten durch hochflexible Skalierung bieten. So lässt sich Cloud Computing beispielsweise nutzen, um Lastspitzen wie im Weihnachtsgeschäft, bei Abrechnungs- und Simulationsläufen oder bei der Entwicklung neuer Produkte, auszugleichen. Wichtigster Vorteil: IT-Ressourcen wie Hardware, Software oder IT-Management müssen nicht für diese Lastspitzen das ganze Jahr vorgehalten, sondern können kurzfristig und für einen begrenzten Zeitraum gebucht werden.
Es gibt jedoch keine Pauschalvorgabe, mit welchem Bereich kleine und mittelständische Firmen ihre Reise in die Cloud beginnen sollten. Jedes Unternehmen hat schließlich andere Voraussetzungen und verfolgt andere Prioritäten. Eine individuelle Analyse des Innovationspotenzials muss in enger Abstimmung mit der Geschäftsstrategie und unter Berücksichtigung der bestehenden IT-Landschaft und organisatorischer Voraussetzungen sowie der Unternehmenskultur erfolgen. Nicht zuletzt besteht genau darin das Potenzial zur Differenzierung und zum Wettbewerbsvorteil.
Sicherheitsbedenken
Bleibt die Sicherheitsfrage. So hat PwC in einer aktuellen Umfrage zwar herausgefunden, dass der Datenschutz eine der größten Herausforderungen der Cloud-Technologie sei. Das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie SIT erklärt jedoch im Gegenzug: Kleine und mittlere Unternehmen könnten ihre IT-Sicherheit durch Cloud-Computing sogar erhöhen. So wie jede andere Technologie auch, kommt Cloud Computing nicht ohne eine Abschätzung und Bewertung wichtiger Sicherheitsaspekte wie IT-Sicherheit, Datenschutz und Verfügbarkeit aus.
Diese Felder stellen indes keine unüberwindbaren Hürden dar. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hat jüngst in einem Eckpunktepapier Kriterien für die Sicherheitsbewertung von Cloud-Anbietern herausgegeben, die als Wegweiser für Unternehmen und Anbieter in Deutschland dienen können. Analog zu Web-Shops und Online-Banking werden anfängliche Sicherheitsbedenken auch bei der Nutzung von Cloud Services durch technische Standards, Richtlinien und unternehmensspezifische GRC-Prozesse adressiert.
Gerade für mittelständische Unternehmen besteht eine Gefahr genau darin, durch eine zu hohe Risikoaversität das Innovationspotenzial von Cloud Services nicht oder zu spät zu erkennen und damit Wettbewerbsvorteile gegenüber größeren Unternehmen wie eine zügige Entscheidungsfindung, Flexibilität und schnelle Time-To-Market nicht ausreichend zu nutzen.
Die neue Rolle des IT-Dienstleisters
Der IT-Dienstleister bekommt eine neue Funktion als Cloud-Ökosystem-Integrator. Er ist nicht länger ein ausgelagerter Geschäftsbereich beziehungsweise Unterstützer, sondern zugleich ein Integrator und Geschäftsinnovator. Aus Aspekten wie der Automatisierung und dynamischen Skalierung der IT-Infrastruktur, der Aggregation von IT-Applikationen und Systemen sowie Innovationen und der hieraus entstehenden Beziehung zwischen Unternehmen und IT-Dienstleistern bildet sich ein neues "Ökosystem": Dieses "Ökosystem" besteht aus dem Unternehmen, den Anbietern von Cloud-Services und den Technologiedienstleistern.
In der Beziehung zwischen den Beteiligten - sowohl unternehmensinterner Partner als auch externer Anbieter - vollzieht sich ein Wandel, der eine Anpassung des geschäftlichen Modells erfordert. Des Weiteren wird ein "Ökosystem-Integrator" benötigt, der über die notwendige fachliche und technische Expertise verfügt, um als unabhängiger Berater eine geeignete Strategie zu identifizieren, die beste Lösung zu definieren und effizient einzuführen. Diese unterstützen Unternehmen dabei, unter Berücksichtigung der Gesetzeslage das Cloud-Ökosystem zu gestalten, Kriterien für die Auswahl von Cloud-Service-Anbietern zu definieren und geeignete Governance-, Risk Management- und Control-Prozesse (GRC) einzuführen. Um die Komplexität für Unternehmen zu minimieren und IT-Abteilungen zu entlasten, können IT-Beratungsunternehmen zudem das Management der Cloud Services übernehmen.
Gerade mittelständische Unternehmen mit begrenzten IT-Kapazitäten benötigen in aller Regel einen Cloud-Integrator, der die Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus ihres Cloud-Projekts übernimmt. Ein solcher Integrationspartner versteht die geschäftlichen Anforderungen, evaluiert das Potenzial für die Verlagerung in die Cloud, erstellt einen Plan für die Umsetzung mit einer transparenten Return on Investment (RoI)-Prognose und liefert einen umfassenden, maßgeschneiderten geschäftlichen Servicekatalog mit Realisierungsoptionen. Dieser Partner hilft darüber hinaus, das Cloud-Ökosystem einzurichten, begleitet das Unternehmen während der Implementierung und betreut die Abschlussphase. Bei der Auswahl eines geeigneten Partners sind praktische Erfahrung, fachliche und technische Kompetenz und ein ganzheitlicher End-to-End-Ansatz entscheidend.
Fazit: Kreatives Potenzial im Mittelstand heben
Die Cloud ermöglicht es Unternehmen, ihre IT-Ressourcen optimal auf ihre geschäftliche Strategie abzustimmen und damit Innovation sowie Wachstum zu fördern. Durch dynamisch skalierbare Cloud-Services können sie auf Schwankungen in der Nachfrage flexibel reagieren, ohne im Vorfeld größere Investitionen zu tätigen: Sie zahlen nur das, was sie wirklich nutzen. Dies ist vor allem für Industrien und Geschäftszweige von Bedeutung, die saisonalen Schwankungen wie beispielsweise dem Weihnachtsgeschäft oder der Sommerflaute unterworfen sind. Zusätzlich erlauben flexible Abrechnungsmodelle, die sich an der tatsächlichen Nutzung orientieren, eine Optimierung der operativen Betriebskosten.
Die Frage ist also nicht, ob sich die Umstellung auf Cloud Computing lohnt, sondern welcher geschäftsspezifische Ansatz sich für Unternehmen am besten eignet. Um das zu erreichen, sollten Unternehmen auf eine ganzheitliche Beratung achten, die alle Aspekte vom Geschäftsmodell über Sourcing-Strategie, Compliance und Architektur bis hin zur Implementierung von Cloud Services mit einbezieht. Risikobalance, Kosteneffizienz und Innovationskraft müssen zudem im Zusammenhang betrachtet werden.
Da in kleinen und mittelständischen Unternehmen Entscheidungswege häufig deutlich kürzer sind, die IT weniger komplex aufgebaut ist und IT-Investitionen geringer ausfallen als in Großunternehmen, sind die Voraussetzungen und das Potenzial für den Weg in die IT-Wolke im Grunde ideal. Zugleich haben diese Firmen die Möglichkeit, mit Cloud Computing im kleinen Rahmen zu experimentieren, und sollten diese Chance auch nutzen. Nach einer Hype-Phase sind die Kinderkrankheiten der neuen Technik längst beseitigt. Nun gilt es, ihre Möglichkeiten auszuschöpfen. Durch Cloud Computing lässt sich die Schlagkraft im Markt nachhaltig erhöhen. Letztlich kommt es darauf an, neue Ideen in die Tat umzusetzen.