Karteileichen drohen

Keine 32-Bit-Apps unter iOS 11: Was sind die Folgen für den App Store?

20.07.2017 von Stephan Wiesend
Die Geburtsfehler des App Store holen ihn ein. So macht doch Apples Bannung von 32-Bit-Apps die Investitionen in tausende alte iOS Apps zunichte.

Kritik am App Store ist nicht neu, selten kam sie aber so umfassend und fundiert wie in einem aktuellen Beitrag von Marc Zeedar, einem Softwareentwickler und eigentlich großen Fan von iOS-Apps seit knapp zehn Jahren.

Seit dem Start des App Store von 2008 hat sich viel geändert. Die Pioniertage des App Store sind heute vorbei: In den ersten Jahren konnte ein einsamer App-Entwickler noch zum Millionär werden – zumindest hatte es diesen Anschein. Mittlerweile sind zwar die Umsätze gestiegen, aber die großen Summen fließen vor allem an große Softwarekonzerne, vor allem Spielehersteller.

Auch Apps für die man Geld bezahlt hat, sind unter Umständen plötzlich nicht mehr verfügbar.

Nach Meinung von Zeedar steht der App Store jetzt an einem Wendepunkt: Er könnte zu etwas wirklich Großen werden oder dahinschwinden und nur einen faden Nachgeschmack hinterlassen. Es bestehe nämlich die Gefahr, dass bald die einzigen profitablen Apps nur noch Unterhaltungs-Apps einiger Großkonzerne und Business-Apps sind.

Immer mehr verwaiste Apps

Als Scheidemarke könne sich hier nach seiner Meinung vor allem das Problem der immer mehr „verwaisten“ Apps erweisen. Für die steigende Anzahl an „Karteileichen“ im Store gibt es viele Gründe: Einige Apps sind einfach veraltet und sinnlos geworden. So hat sich in den letzten zehn Jahren doch vieles verändert. Vor allem mobile Apps leben schnell und sterben jung. Das wird sich aber noch beschleunigen: So hat Apple angefangen, Apps zu löschen, die seit Jahren nicht mehr aktualisiert wurden. Der dritte und wichtigste Grund: Ab iOS 11 werden nur noch 64-Bit-Apps unterstützt, alte 32-Bit-Apps sind dann nicht mehr startfähig.

Die These von Zeedar: Der App Store könnte durch diese drei Faktoren langfristig komplett scheitern und Schuld daran sei Apples Konzept des App Stores. Das Problem beginnt bei dem Backup-System von iOS: Bei einem iOS-Backup werden seit iOS 9 Apps nicht mehr automatisch mit gesichert. Migriert man seine Daten auf ein neues iOS-Gerät, muss die App aus dem Store geladen werden. Ist sie aber gelöscht, geht unter Umständen ein Jahre genutzten Tool mit wichtigen Daten verloren.

Will man aber sein alten Daten aus einem iOS-Programms retten, müssen ganze vier Voraussetzungen erfüllt sein: Man muss die App haben und nützen können, sie muss eine Export-Funktion besitzen, das Exportformat muss editierbar sein und man benötigt zu guter Letzt auch ein Programm für die Weiterverwendung der Daten.

Als Beispiel nennt Zeedar ein altes Zeichenprogramm, das er benutzt, in dem er etwa 50 Grafiken erstellt hat. Hier ist der Export nur per E-Mail möglich, ein Export aller Zeichnungen würde Stunden dauern. Außerdem sind die Zeichnungen nach dem Export nicht mehr editierbar, man kann beispielsweise die Texte und Ebenen nicht mehr abändern.

Ein weiteres Problem sind Apps, die auf Webdienste zugreifen. So gab es einmal die kostenpflichtige App "Check The Weather", die per Webdienst aktuelle Wetterdaten anzeigt. Dem Entwickler wurde der Abruf der Wetterdaten aber zu teuer, weshalb die App nun nutzlos ist. Er hat sie bereits aus dem App Store entfernt, damit nicht Neukäufer vom mangelnden Support enttäuscht sind.

Kein Finanzierungsmodell für App-Updates

Auch hier ist nach Meinung von Zeedar nicht der Entwickler schuld, sondern Apple. Die Einnahmen durch das Programm waren stark zurückgegangen, vermutlich weil Apple die Finanzierung einer App durch Updates nicht erlaubt. Für Entwickler gibt es aber noch eine ganze Reihe weiterer Probleme, ihre Apps langfristig zu finanzieren. So wäre natürlich eine Möglichkeit sinnvoll, App-Nutzer vom baldigen Ende der App-Unterstützung zu informieren.

Apples Entscheidung, nur noch 64-Bit-Apps zu unterstützen, trifft gerade die guten App-Store-Kunden am schwersten: So befinden sich unter den 600 Apps von Zeedar immerhin 58 32-Bit-Apps, darunter etwa bekannte Apps wie Zite und Bento - die eigentlich immer noch funktionieren. Besonders ärgerlich: Einige dieser obsoleten Apps dienen der Steuerung von Hardware. Dazu gehört beispielsweise eine App, die ein Modellauto steuert und ohne iOS-App völlig nutzlos ist. Auch einige Speichersticks mit Lightning-Anschluss setzen eine App voraus – ohne 64-Bit-Unterstützung leider wertlos.

Die abschließende Frage des App-Nutzers und Entwicklers: Warum kann Apple die alten Apps nicht einfach in eine besondere Sektion des App Store auslagern, etwa mit der Warnung „obsolet“ markieren? In Zukunft will der Autor aber bei der Auswahl von Apps darauf achten, ob man Daten in die Cloud exportieren kann und proprietäre Dateiformate vermeiden. In Zukunft aber werde er weit weniger Geld für iOS-Apps ausgeben – da die Gefahr drohe, dass diese plötzlich und unerwartet verschwänden. Außerdem halte er iOS nicht mehr für das professionelle Betriebssystem, als das er es bisher eingeschätzt habe.

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Unsere Meinung

Der verärgerte langjährige iOS-Fan hat nicht ganz unrecht. Hat man hunderte an Dollar für Apps ausgegeben, ärgert man sich, wenn sich diese Investitionen in Luft auflösen. Vor allem bei Profi-Programmen wie Bento oder teuren Foto-Apps macht iOS da keinen sehr professionellen Eindruck.

Nach Einführung von iOS 11 wird es bei vielen langjährige iOS-Nutzer sicher zu einigen Flüchen und Beschwerden Anlass geben. Dass mancher auch erst nach dem Kauf einer Software ihre Schwächen merkt, ist aber nicht neu. Gab es doch bisher keine echten Demo-Versionen von Apps. Probleme mit proprietären Dateiformaten sind außerdem auch auf anderen Plattformen bekannt, man denke etwa an ehemalige Nutzer von Framemaker oder Quark Xpress.

Allerdings war dies zu Beginn auch eine der Stärken des App Store: Man bezahlte nur wenige Euro für eine App, angesichts niedriger Preise fielen ein paar Nieten nicht ins Gewicht. Zuletzt hat Apple den App Stores außerdem stark reformiert. So hat jetzt der Entwickler weit bessere Kontaktmöglichkeiten und es gibt mehr Bezahlvarianten. Gut für Entwickler sind auch neue Abo-Varianten, die den App-Entwicklern eine stetige Einnahmequelle schaffen. Ein Anreiz für den Entwickler, eine App permanent weiter zu entwickeln und zu pflegen.

Wir sind uns außerdem sicher, dass Apples 32-Bit-Bann weit geringere Auswirkungen haben wird, als Zeedar vermutet: Die große Überzahl der aktuellen iOS-Nutzer ist gar nicht betroffen, da sie erst seit einigen Jahren in Besitz eines iPhone oder iPad sind. Und bei Namen wie Bento oder Filemaker würde diese neue Generation an iOS-Nutzern wohl nur verständnislos von ihrem MMOPRG aufblicken und sich fragen, was der aufgeregte Mann für Probleme hat. (Macwelt)