Arbeit 2.0

Junge Mitarbeiter wissen, was sie wollen

10.06.2010 von Alexandra Mesmer
Sie sind immer online und wollen anders arbeiten: selbständig, ohne Zeitkorsett und Anwesenheitspflicht. Die Generation der unter 30-Jährigen definiert Arbeit neu. Die wenigsten Firmen sind darauf vorbereitet.

Vivian Pein liest kaum noch Zeitung. Sie besitzt weder Fernseher noch Radio. Zum Frühstück klickt sie sich am Laptop durch die Nachrichten, hört über Online-Plattformen wie last.fm ihre bevorzugte Musik und schaut nebenbei auf Facebook, was ihre Freunde aus aller Welt so treiben. Zeit und Ort spielen in ihrer Welt der Kommunikation nicht mehr die gewohnte Rolle. Seit einigen Wochen arbeitet die 28-Jährige als Community-Management-Consultant in Shanghai. Dort hilft die erfahrene Netzwerkerin dem Startup The Netcircle, eine Social-Media-Strategie zu entwickeln und das Community- Management aufzubauen. Über ihren Blog können Freunde an Peins Leben in China teilhaben.

Vivian Pein, Community-Expertin: 'Freiheit und Anerkennung sind für mich am wichtigsten. Geld ist trotzdem nicht uninteressant. Denn was bringt einem die Freiheit, wenn man sie mangels Geld nicht nutzen kann?'
Foto: Vivian Pein

Obwohl sie ihren eigenen Computer erst mit zwölf Jahren bekommen hat, spiegelt sich in Vivian Peins Leben vieles von dem wider, was diverse Studien über die unter 30-Jährigen herausgefunden haben. Unabhängig davon, ob man die neue Generation nun Digital Natives, Millennials oder Generation Y nennt, gleichen sich die Erkenntnisse: Der Nachwuchs tickt anders und will auch anders arbeiten.

Die Kinder des Wandels

Mit Internet und Mobiltelefon aufgewachsen und gewohnt, rund um die Uhr Zugang zu Informationen zu haben, ist es für ihn selbstverständlich, auch im Unternehmen auf neueste Technologien zugreifen zu können. So erwartet mehr als jeder Zweite, dass der Arbeitgeber Handy, Laptop und ein Smartphone zur Verfügung stellt. Zu diesem Ergebnis kommt der US-Konzern Johnson Controls in einer weltweiten Befragung von 3500 Teilnehmern zwischen 18 und 25 Jahren. Eine aktuelle CW-Studie über die Generation Y finden Sie hier.

Betty Zucker, Beraterin: 'Firmen sprechen oft von Flexibilität und meinen nur die der Mitarbeiter.
Foto: Betty Zucker

Die Mitarbeiter mit neuester Technik auszustatten ist eine Forderung, die Unternehmen noch vergleichsweise einfach erfüllen können - vorausgesetzt, sie haben die nötigen finanziellen Mittel, um in die Geräte zu investieren. Doch die anderen Forderungen des Nachwuchses setzen ein Umdenken der Arbeitgeber voraus, von dem bisher wenig zu spüren ist. Die Schweizer Management-Beraterin Betty Zucker, die sich schon seit Jahren mit der Generation Y auseinandersetzt, beschreibt den Nachwuchs so: "Sie sind Kinder einer Zeit, deren Zeitgeist Flexibilität zum Lifestyle, aber auch zur Überlebensnotwendigkeit kürte. Sie sind in der Regel flexibel und kennen nichts anderes als den Wandel. Wandel heißt für sie auch Weiterentwicklung, Stabilität oft Stillstand, und das wollen die meisten nicht."

Darum erwarten sie auch mehr Flexibilität im Beruf: Sie wollen keinen Nine-to-Five-Job, sondern arbeiten, wie es ihrem persönlichen Rhythmus am besten entspricht. Sie definieren sich weniger über Hierarchiestufen als über ihre Aufgaben; diese sollen ihnen Sinn, aber auch stetige Abwechslung und Spaß bringen. Sie wollen sich nicht in ein Büro sperren lassen, sondern auch mal von zu Hause oder der Parkbank aus arbeiten. Sie wollen eine Arbeit, die ihnen Freiraum lässt, um sich weiterzubilden. Hierarchien schrecken sie ab, von Führungskräften erwarten sie schnelles und direktes Feedback sowie Anerkennung für ihre Leistung. Die Liste der Forderungen ist lang und erscheint teilweise unrealistisch. Dennoch müssen sich Unternehmen mit diesen Ansprüchen auseinandersetzen, um im Wettbewerb um gut ausgebildete Nachwuchskräfte mitmischen und die Mitarbeiter auch länger an sich binden zu können. Einige Firmen haben damit schon angefangen.

Flexibles Arbeiten. Vivian Pein wünscht sich ein Arbeitsumfeld, "in dem ich nach der Leistung, die ich erbringe, bewertet werde und nicht nach der Zeit, die ich absitze". Flexible Arbeitszeiten sind der Community-Expertin genauso wichtig wie die Möglichkeit, auch mal von zu Hause aus zu arbeiten, "ohne dass man schief angeguckt wird". Auf manche Aufgaben könne man sich im Home Office einfach besser konzentrieren als im Büro, wo man ständig von Kollegen unterbrochen werde. Christopher Blum, 21 Jahre alt und Web-Entwickler beim Business-Netzwerk Xing, kommen flexible Arbeitszeiten schon deshalb entgegen, weil er gern ausschläft: "Die Generation Y ist wohl eine Langschläfergeneration. Etliche fangen hier später an, besonders in meiner Abteilung. Wenn wir es mit dem Chef absprechen, können wir auch von daheim aus arbeiten." Zehn Prozent seiner Arbeitszeit kann Blum zudem für eigene Projekte nutzen, etwa um eine Firefox-Erweiterung zu programmieren.

Kreativität
Wie wollen wir in Zukunft arbeiten?
neue Antworten auf diese Frage suchten 28 Absolventen aus aller Welt in Berlin. Sechs Wochen lang dauerte der Workshop "Palomar 5". Foto: Palomar 5/ Carolin Seeliger
Sie haben Palomar 5 organisiert:
Philippa Pauen, Dominik Wind, Jonathan Imme, Hans Raffauf, Simon Wind, Mathias Holzmann (von links nach rechts)
600 Menschen aus aller Welt haben sich beworben....
....28 Absolventen, die unter anderem an Eliteuniversitäten in Harvard, Oxford oder Princeton studierten, wurden schließlich nach Berlin eingeladen. Foto: Carolin Seeliger
Denken ohne Grenzen
Sechs Wochen lebten die Kreativen in einer alten Berliner Malzfabrik und entwarfen Konzepte für ein neues Arbeiten. Foto: Norbert Ittermann
Nur der Schlafplatz war begrenzt.
Jeder Teilnehmer musste sich in einer drei Quadratmeter großen Koje aus Spanbretter betten. Foto: Norbert Ittermann
Ansonsten boten die einstigen Fabrikräume...
viel Platz für die Suche nach Ideen. Foto: Norbert Ittermann
Teamarbeit ohne Grenzen...
...ist für die jungen Generation ganz wichtig. Im Workshop praktizierte sie sie auch täglich.Foto: Norbert Ittermann
Rückzugsorte...
...fanden sich natürlich trotzdem. Foto: Carolin Seeliger
Achtung Auftritt..
..hieß es beim Abschlussgipfel, als alle Teams ihre Ideen präsentierten. Darunter ein mobiles Holodeck für mehr Entspannung im Arbeitsalltag (The Egg). Foto: Carolin Seeliger
300 Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur.
..hörten sich die Ideen der jungen Wilden an, die anders arbeiten wollen. Ohne Hierarchien, ohne feste Arbeitszeiten und nicht in Konzernen. Foto: Carolin Seeliger

Die Grenzen der Flexibilität

In vielen Unternehmen haben sich flexible Arbeitszeiten mittlerweile durchgesetzt, auch wenn das mitunter als Freibrief für regelmäßige Überstunden missverstanden wird. Die laut proklamierte Flexibilität stößt im Joballtag aber schnell an Grenzen. Diese Erfahrung hat Management-Beraterin Zucker gemacht: "Unternehmen pflegen oft die Rhetorik von Flexibilität und meinen damit häufig nur die Mitarbeiter. Ebenso reden Firmen gern von ihrer leistungsorientierten Kultur. Die Jungen sagen Ja, um dann schon bald zu erleben, dass vielerorts etwa die Parkplätze nach Senioritäts- oder Hierarchiekriterien vergeben werden."

Wenig Hierarchien. Christian Rusche hat auf den für ihn reservierten Parkplatz bewusst verzichtet. Er hat auch keinen Geschäftswagen mehr, wie übrigens keiner seiner 150 Mitarbeiter. Rusche führt die Geschäfte des IT-Dienstleisters BSI Business Systems Integration AG, der in der Schweiz und Deutschland an fünf Standorten vertreten ist. In seinem Verständnis von Fairness haben solche Privilegien keinen Platz, Hierarchien ebenfalls nur ansatzweise. "Wer bei uns ein Projekt leitet, ist kein Vorgesetzter, sondern ein Nachgesetzter, der die Rechnungen schreibt und hilft, wo er kann. Auch ein Standortleiter hat bei uns eher die Funktion eines Gärtners: Er sorgt dafür, dass alles da ist, was die Projektteams zum Arbeiten brauchen."

Dienstwagen
Ford Mondeo
Das obere Management fährt ihn gar nicht, das mittlere Management nimmt ihn auch eher selten. Selbst für die Service Ingenieure ist ein Ford Mondeo nur in 8,5 Prozent der Fälle eine gute Alternative. Das ergab der aktuelle Gehaltsvergleich der Unternehmensberatung Interconsult, die 11.500 Positionen in 104 Hightech-Firmen auswertete.
VW Passat Kombi
Während Kombis im oberen Management verpönt sind, sind sie bei Service-Ingenieuren und Kundendienstleitern am häufigsten im Einsatz. Mehr als jeder Vierte von ihnen fährt einen VW Passat oder Golf-Kombi.
Mercedes S-Klasse
Big ist beautiful, but expensive, Teil 1: Bei einem Listenpreis ab 73.720 Euro fahren nur 2,9 Prozent aller Geschäftsführer die größte Mercedes-Limousine.
Audi A8
Big ist beautiful, but expensive, Teil 2: Bei einem Netto-Listenpreis ab 75.042 Euro fahren nur 3,1 Prozent aller Geschäftsführer die größte Audi-Limousine.
3er BMW
Ob Regionalverkaufsleiter oder Vertriebsingenieur, alle schwören auf einen 3er BMW. Während unter diesen Berufsgruppen das 3er-Modell der beliebteste Firmenwagen ist, fahren ihn nur fünf Prozent der Geschäftsführer.
Mercedes C-Klasse
Die deutschen Autohersteller haben die Nase vorn, was das Geschäft mit Firmenwägen betrifft. Auf Platz vier des Rankings findet sich die C-Klasse von Mercedes, die fast neun Prozent der Geschäftsführer fahren. Auch bei Gesamt- und Regionalverkaufsleitern sowie Vertriebsbeauftragten findet sich dieser Mercedes unter den fünf beliebtesten Dienstwägen.
Audi A6
Der Audi A6 ist nicht nur bei Geschäftsführern (12,1 Prozent) und Vertriebschefs (15,4 Prozent) beliebt, sondern auch bei Regionalverkaufsleitern, die nach dem 3er BMW vor allem den zweitgrößten Audi fahren.
Mercedes E-Klasse
Auf Platz zwei des Rankings schaffte es die E-Klasse vom Mercedes, die 28,1 Prozent aller Geschäftsführer und 19,1 Prozent aller Gesamtverkaufsleiter fahren. War früher die E-Klasse nur den Bossen vorbehalten, fahren auch mittlerweile einige Regionalverkaufsleiter und Vertrieblern ohne Leitungsfunktion die E-Klasse.
5er BMW
Auch für die Hightechindustrie gilt: Je größer der Wagen, desto höher die Stellung. Mit einem 5er BMW fahren die Geschäftsführer und Vertriebsbosse der IT- und Elektronikhersteller am liebsten vor. Jeder Dritte von ihnen bevorzugt dieses BMW-Modell.

Kampf gegen starre Strukturen

Anna-Nina Simonetto, Softwareentwicklerin: 'Ich bin dann motiviert, wenn ich selbst etwas bewegen kann.'
Foto: Anna-Nina Simonetto

Wo Unternehmen Hierarchien flach halten, entsteht mehr Spielraum für die Mitarbeiter, den gerade die unter 30-Jährigen zu nutzen wissen. Anna-Nina Simonetto, die nach dem Informatikstudium vor drei Jahren als Softwareentwicklerin bei der BSI AG einstieg, könnte unter dem Korsett strenger Berichtswege und schriftlicher Anträge, wie sie es oft bei Kunden erlebt, nicht arbeiten. "Ich bin dann motiviert, wenn ich selbst etwas bewirken und verändern kann", sagt die 29-Jährige. So organisierte sie für den BSI-Standort in Basel Kurse für die verschiedensten Fremdsprachen. Weil ihr Schulungen auch selbst Spaß machen, hat sie schon Kunden und interne Projektteams auf das von BSI verwendete Framework geschult.

In den Augen von Social-Media-Expertin Vivian Pein, die bereits in großen wie kleineren Firmen gearbeitet hat, muss man "in großen Unternehmen oft viel Zeit und Energie dafür verschwenden, gegen festgefahrene Strukturen zu kämpfen. Themen wie Ideen-Management oder Home Office sind nur schwer in Gang zu bringen, weil das Vertrauen in die Mitarbeiter fehlt und zu starkes Hierarchiedenken herrscht."

Zeit für Weiterbildung. In kleineren Unternehmen, so Peins Erfahrung, muss sich der Chef auf seine Mitarbeiter verlassen können, gesteht ihnen eine spürbare Verantwortung zu und ist offen für ihre Ideen. Das motiviert einerseits. Andererseits fehlten oft Zeit und Geld für Weiterbildung. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel der westfälischen IT-Beratung Itemis. Mit dem Arbeitszeitmodell "4+1" wirbt der Mittelständler, der 140 Mitarbeiter beschäftigt, gezielt um den Nachwuchs. Jeder erhält pro Arbeitswoche einen Tag für die persönliche Weiterentwicklung vertraglich zugesichert. Ein Ansatz, der sich laut Jens Trompeter, Personalvorstand bei Itemis, auszahlt: "Viele Bewerber kommen wegen dieses Modells zu uns. Unsere Berater sind produktiver, die Entwickler halten sich auf dem neuesten Stand."

Vier Tage arbeiten, einen Tag lernen

Die Beschäftigten dürfen selbst entscheiden, worin und auf welchem Weg sie sich weiterbilden, sprechen sich aber vorher mit dem Teamleiter ab. Ob sie je einen Tag pro Woche oder erst am Ende eines Projekts die Weiterbildungstage nehmen können, hänge auch von Projektdruck und Kunden ab. Weiterbildung hat für die Informatiker bei Itemis unterschiedliche Gesichter: Sie schließen sich über die Standorte hinweg zu "Study groups" zusammen, tauschen sich über Portale, Blogs, Podcasts und Skype aus, sie erweitern ihr Wissen durch Internet-Recherche, Besuch von Fachkonferenzen oder Austausch mit Kollegen oder in Open-Source-Communities.

500.000 Euro für Gründungswillige

Ob man sich nun eine Programmiersprache aneignet oder sich mit Präsentationstechniken auseinandersetzt, wichtig bleibt in Trompeters Augen, dass man das Gelernte hinterher anderen erklären kann, sei es in einem Fachartikel oder in einem Blog-Eintrag. Gerade über Fachartikel könne man auch neue Kunden auf sich aufmerksam machen, so Trompeter über einen weiteren Vorzug des Modells.

Freiraum im Konzern? Große Unternehmen schrecken viele Vertreter der Generation Y ab. Zu unbeweglich, zu viele Regeln, zu wenig Freiraum. Peter Körner kennt die Vorurteile und bemüht sich, sie für seinen Arbeitgeber zu entkräften. Schließlich will die Deutsche Telekom in diesem Jahr Tausende neuer Mitarbeiter einstellen, wie der Leiter Human Resources Development betont: "Jeder Mensch versteht etwas anderes unter Freiraum und Flexibilität. Für uns heißt Flexibilität auch Arbeiten in internationalen Projekten und die Chance, zu einer unserer Tochtergesellschaften ins Ausland zu wechseln." Körner setzt aber voraus, dass die Mitarbeiter selbst aktiv werden, sich auf dem internen Stellenmarkt umsehen und für einen Wechsel auch finanzielle Nachteile in Kauf nehmen: "Wer beispielsweise in der Slowakei arbeiten will, kann nicht erwarten, so viel zu verdienen wie hierzulande." Für Mitarbeiter und externe Bewerber, die den maximalen Freiraum suchen, hat die Telekom im vergangenen Sommer das "Entrepreneurs Program" in den T-Labs aufgelegt. Wer eine Geschäftsidee hat und sich selbständig machen will, kann sich hier bewerben. Bis zu eineinhalb Jahre lang wird er mit Rat und Tat unterstützt, bis das Produkt reif für den Markt ist und das neue Unternehmen ausgegründet werden kann - pro Idee investiert der Konzern zwischen 100.000 und 500.000 Euro .

Schnelles Feedback und Anerkennung. Christopher Blum ist 16 Stunden am Tag online, er informiert sich ständig über Facebook, Twitter und diverse Blogs, welche Themen Gleichgesinnte in der Community diskutieren. E-Mail nutzt er beruflich selten, er bevorzugt Instant Messaging. Mitarbeiter wie Blum kommunizieren schnell und erwarten promptes Feedback. Darin sieht Udo Bohdal, Partner Human Capital Advisory Services bei Deloitte, auch eine wesentliche Herausforderung für Führungskräfte: "Die jungen Mitarbeiter brauchen regelmäßig Feedback, und zwar sofort. Sie wachsen stark am spontanen Feedback. Gleichzeitig brauchen sie Wertschätzung für das, was sie geleistet haben, aber nicht dafür, wie sie es geleistet haben. Ein inhaltsloses Lob wie ,toll gemacht` ist hier nicht angebracht." Führungskräfte, die nur im Rahmen des jährlichen Mitarbeitergesprächs mit dem Betreffenden reden und seine Leistung anerkennen, werden schnell den Zugang verlieren.

Bei Google Rat holen

Dagmar Schimansky-Geier, Geschäftsführerin der Bonner Personalberatung 1a Zukunft, empfiehlt Führungskräften, viel Zeit in Gespräche mit dem Nachwuchs zu investieren: "Er will individuell angesprochen und auch für Routineaufgaben gelobt werden. Eine Beaufsichtigung durch den Chef ist aber nicht erwünscht." Gleichzeitig sollten sich Vorgesetzte davon verabschieden, bei Problemen die erste Anlaufstelle zu sein. Die sind für die Generation Y oft Google, Internet-Foren oder Freunde.

Work-Life-Balance. Karriere trotz Teilzeit. Auch wenn viele der unter 30-Jährigen Job und Privatleben nicht mehr so stark trennen - Web-Entwickler Blum legt etwa Wert darauf, mit den Kollegen abends mal ein Bier zu trinken -, ist ihnen die Balance zwischen beiden Polen wichtiger als früheren Generationen. Softwareentwicklerin Anna-Nina Simonetto hat bei BSI von Anfang an einen Teilzeitjob, freitags ist sie nie im Büro: "Ich arbeite gerne, mache aber auch viele andere Dinge gerne, etwa Baden im See." Den Tag für sich möchte die 29-Jährige nicht missen, hier schöpft sie zusätzlich Kraft, wenn sie im Projektalltag wieder alles geben muss. Bei BSI nutzen viele Kollegen die Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten. Dazu BSI-Chef Rusche: "Wir haben etliche Extrembergsteiger, die sich im Sommer eine Auszeit von einigen Monaten nehmen."

Viele Firmen stehen Teilzeitmodellen jedoch skeptisch gegenüber und begründen ihre mangelnde Bereitschaft, solche Stellen zu schaffen, damit, dass die meisten Jobs in Teilzeit nicht erledigt werden könnten. Eine Argumentation, die Deloitte-Personalexperte Bohdal nicht gelten lassen will. Sein Unternehmen hat schon in den USA und in Holland eine neue Karriereplanung eingeführt, die unter anderem Karrieren in Teilzeit ermöglicht und damit mehr hochqualifizierte Frauen nach einer Familienpause im Unternehmen halten soll.

Ein wichtiger Schritt ist, alle Stellen auf Arbeitsbelastung, Arbeitsort - muss ich immer beim Kunden sein?- oder Führungsaufgaben hin zu untersuchen und dann transparent zu machen, welche Jobs sich auch für ein Teilzeitmodell eignen. "Karriere macht man nicht nur aufgrund seiner Kompetenzen, sondern auch nur dann, wenn eine geeignete Stelle verfügbar ist", ist Bohdal überzeugt. In diesem Jahr soll das Modell bei Deloitte in Deutschland eingeführt werden, nachdem in Holland die Anzahl der Frauen in Führungspositionen gestiegen und die Fluktuationsrate bei den Hochqualifizierten um zwei Prozent gesunken ist.

Die Generationen im Vergleich

Babyboomer (geboren zwischen 1955 und 1967)

Generation X (geboren zwischen 1967 und 1978)

Generation Y (geboren nach 1978)

Nachkriegsgeneration, zielstrebig, gewöhnt an Einordnung und Stellenwert des Kollektivs, teilweise idealistisch und revolutionär

In kleineren Familien aufgewachsen, individualistisch, realistisch, desillusioniert

Aufgewachsen in Zeiten des Wandels mit der Globalisierung, viele Freiheiten und Wahlmöglichkeiten, sehr gut ausgebildet, wenig Angst vor Neuem

Träumte von lebenslanger Beschäftigung in einer Firma, starke Loyalität

Starke Karriereorientierung, legt viel Wert auf materielle Dinge

Spannende Aufgaben wichtiger als Aufstieg, sucht Selbstverwirklichung und Spaß

Hierarchische Karrieren, Status wichtig

Besetzt wichtige Positionen in Unternehmen, zwei bis vier Arbeitgeber bis zur Rente

Muss sich auf wechselnde Arbeitgeber einstellen (mehr als acht bis zur Rente)

Moderne Kommunikationstechnik spät oder gar nicht genutzt

Moderne Kommunikationstechnik eingeführt

Aufgewachsen mit Internet und Handy, gewohnt, rund um die Uhr Zugang zu Informationen zu haben


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