Jetzt doch: Dell will AMD-Server bauen

19.05.2006
Das lange Zeit Undenkbare ist geschehen: Der Direktanbieter Dell beendet seine exklusive Partnerschaft mit Intel und wird für einige Server künftig auch Prozessoren bei Advanced Micro Devices (AMD) einkaufen.

Das kündigte der texanische Hersteller gestern im Rahmen der Bekanntgabe seiner aktuellen Quartalszahlen an. Die Aktie von AMD stieg daraufhin im nachbörslichen Nasdaq-Handel prompt um 13 Prozent auf 35,46 Dollar. Die Intel-Papiere gaben indes von ihrem Schlusskurs von 18,65 Dollar auf 17,73 Dollar nach. Dells eigene Aktie, die zu Fixing bei 23,95 Dollar notiert hatte, zog nachbörslich leicht an auf 24,77 Dollar.

Dell hatte seit einiger Zeit unter Druck gestanden, sein Geschäftsmodell angesichts wachsenden Konkurrenzdrucks zu verändern. Wettbewerber wie Hewlett-Packard, IBM oder Sun Microsystems bieten alle inzwischen Opteron-Server an. Das hat aus Sicht von Analysten zu Dells jüngsten Marktanteilsverlusten insbesondere bei Servern beigetragen. Spekulationen um eine mögliche Nutzung von AMD-Prozessoren von Dell hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben. Erst kürzlich hatte Firmengründer Michael Dell gegenüber der europäischen Presse orakelt, AMD-Rechner seiner Firma seien noch heuer "möglich" (siehe "Michael Dell: AMD-Rechner sind 'möglich'").

Ritterschlag für AMD

Für AMD ist Dells Schritt in jedem Fall ein großer Schritt nach vorn. Aus Sicht von Analysten hat sich der scheinbar ewige Zweite im Prozessormarkt inzwischen als zuverlässiger Chiplieferant etabliert, dessen CPUs denen von Intel sogar teil- und zeitweise technisch voraus sind. Dell wird AMDs Prozessoren zwar zunächst nur in Highend-Servern verbauen, die nicht in riesigen Stückzahlen verkauft werden, dafür aber an die wichtigen Einkäufer in Unternehmen.

"Das zeigt, dass AMD endgültig in der obersten Liga angekommen ist", kommentierte Samir Bhavnani, Analyst der Marktforschungsfirma Current Analysis. Sein Kollege Roger Kay von Endpoint Technologies Associates verwies ergänzend darauf, dass Dells exklusives Verlassen auf Intel dem Konzern bei größeren Servern am meisten geschadet habe.

Zahlen nach Warnung wenig überraschend

Dell hatte am 8. Mai gewarnt, dass es seine Umsatz- und Gewinnprognose für sein erstes Fiskalquartal verfehlen werde (siehe "Preiskampf nagt an Dells Profit"). Es wies nun gestern nach Börsenschluss für den Berichtszeitraum einen Nettogewinn von 762 Millionen Dollar oder 33 Cent aus, 18,4 Prozent weniger als die 934 Millionen Dollar oder 37 Cent aus dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Die Quartalseinnahmen stiegen im Jahresvergleich von 13,39 Milliarden Dollar um sechs Prozent auf 14,2 Milliarden Dollar. Das Ergebnis entsprach der reduzierten Prognose.

Dell hatte über Jahre hinweg überdurchschnittliches Wachstum erzielt, teils wegen seines direkten Vertriebs an Endkunden über das Internet und Telefonverkauf. Es ist noch immer der weltweit führende PC-Bauer und dominiert den Verkauf von Desktop-Rechnern an Firmen. In letzter Zeit hat Dell aber immer mehr mit Schwierigkeiten des sich verändernden Markts zu kämpfen. Das PC-Marktwachstum kommt gegenwärtig vor allem aus dem Consumer-Sektor und Schwellenländern, zwei Bereiche, in denen Dell schwächer vertreten ist. Besonders scharfer Gegenwind bläst Dell außerdem von der unter Mark Hurd wiedererstarkten HP entgegen.

Intel will zurückschlagen

Intel unterstützt Firmen, die seine Produkte verwenden, mit Marketing-Incentives. Für Dell darf man annehmen, das es finanziell von seiner exklusiven Partnerschaft nicht unerheblich profitierte. Manager des Konzerns hatten immer wieder angedeutet, Dell stehe kurz vor der Einführung von AMD-Rechnern, hatten aber auch immer wieder Rückzieher gemacht und ihre Treue zu Intel erklärt.

Gestern musste CEO (Chief Executive Officer) Kevin Rollins nun endlich konzedieren, dass es auch für Dell sinnvoll sei, AMD-Prozessoren in Highend-Servern (ab vier Wege) zu einzuetzen. Er bezeichnete gleichzeitig Intel als "großartigen Partner" und erklärte, Intel werde auch weiterhin den Löwenanteil der von Dell verbauten CPUs liefern. Und Intel-Sprecher Chuck Mulloy verwies darauf, dass seine Firma ihre Wettbewerbsposition im zweiten Halbjahr mit neuen Server-Chips verbessern werde. (tc)