Konsolidierung und Virtualisierung

IT-Zentralisierung ist wieder en vogue

10.03.2010 von Wolfgang Herrmann
Der anhaltende Kostendruck zwingt Unternehmen, verteilte IT-Ressourcen wieder zusammenzufassen.

Schon seit Jahrzehnten schwingt das Pendel in der Unternehmens-IT zwischen einer zentralen Organisation und verteilten Ressourcen mit kleinen Gruppen in jedem Geschäftsbereich hin und her. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten und dem damit einhergehenden Kostendruck bekommen die Protagonisten der zentralisierten IT wieder Oberwasser. Werden IT-Ressourcen an einem Ort zusammengefasst, lassen sich viele neue Techniken und IT-Betriebsmodelle einfacher nutzen, beispielsweise die Virtualisierung, die Deduplizierung im Storage-Bereich oder auch Cloud Computing und diverse Formen des Outsourcings. Sie alle versprechen niedrigere Gesamtkosten.

Befürworter einer zentralen IT-Organisation führen noch weitere Vorzüge ins Feld. So lasse sich beispielsweise eine Disaster-Recovery-Strategie einfacher umsetzen, wenn IT-Ressourcen an einem Ort zusammengefasst sind, redundante Stellen für IT-Mitarbeiter fielen weg. Zudem könnten IT-Verantwortliche mit den Herstellern Mengenrabatte aushandeln, die Wartungsaufwendungen drücken und am Ende sogar Schulungskosten sparen, wenn die zentralen IT-Systeme stark standardisiert sind.

Vieles deutet darauf hin, dass Entscheider in Unternehmen vor diesem Hintergrund tatsächlich wieder verstärkt auf eine zentrale IT setzen. In einer aktuellen Erhebung der CW-Schwesterpublikation COMPUTERWORLD gaben 37 Prozent der 312 befragten Manager an, ihre IT-Ressourcen würden in den kommenden zwölf Monaten stärker zentralisiert. Noch deutlicher wird der Trend in einer Befragung unter 2500 CIOs weltweit, die IBM im vergangenen Jahr organisierte. Demnach erwarten 76 Prozent eine "stark zentralisierte IT-Infrastruktur" innerhalb der nächsten fünf Jahre (siehe dazu auch: IT-Kompass 2010 - die Anwenderstudie von IDC und COMPUTERWOCHE).

Im eigenen Unternehmen hat IBM im vergangenen Jahr eine umfassende Zentralisierung der IT abgeschlossen. Der Konzern verringerte die Zahl seiner Data Center von 155 auf fünf, das Portfolio der eingesetzten Anwendungen schrumpfte von 15.000 auf 4500. Ähnlich radikal gingen die Branchenschwergewichte Hewlett-Packard und Intel die Modernisierung ihrer IT-Landschaften an.

Zentrale IT bringt auch Nachteile

Das zentrale Modell bringt indes nicht nur Vorteile. Die Reaktionszeiten auf Anforderungen der Fachabteilungen könnten sich verlängern, wenn keine IT-Spezialisten mehr vor Ort sind, wenden Kritiker ein, Innovationen würden womöglich verzögert oder fielen ganz unter den Tisch. Gartner-Analyst Mark McDonald empfiehlt CIOs deshalb einen hybriden Ansatz, der die Vorteile beider Konzepte kombiniert und deren Schwächen eindämmt: "CIOs müssen sich nicht für das eine oder andere Extrem entscheiden." Ratsam sei es beispielsweise, IT-Ressourcen, die sehr eng mit den Bedürfnissen der Fachabteilungen verbunden sind, weiterhin dezentral zu organisieren.

Für ein hybrides Modell plädiert auch der amerikanische IT-Management-Berater Harwell Thrasher. Unternehmen sollten jeden Aspekt der IT-Infrastruktur einzeln betrachten und dann entscheiden, welche Bereiche sich in einer zentralen Organisation effizienter betreiben lassen, lautet sein Rat. Er zählt dazu beispielsweise User Help Desks, große IT-Einkäufe und die Planung von Katastrophenschutzmaßnahmen. Auch Data-Warehousing-Installationen oder unternehmensweite Systeme wie E-Mail oder Web-Server seien in einer zentralen Organisation am besten aufgehoben. (wh)