Globalisierung

IT und TK treiben Innovationen voran

02.09.2008 von Philipp  Bohn
Ein neues Management-Buch betont die Bedeutung der IT in einer globalisierten Welt -und unterschätzt die Rolle der Telekommunikation.

Die IT ist der Innovationsmotor in der nächsten Globalisierungsstufe. Das ist das zentrale Thema des gerade erschienenen Buchs "The new age of innovation". Hierin beschreiben die zwei Management-Vordenker C. K. Prahalad und M.S. Krishnan Grundprinzipien für global ausgerichtete Innovationsprozesse und leiten daraus vier zentrale Mindestanforderungen an eine unterstützende IT-Infrastruktur ab. Für die CIOs globaler Unternehmen liefert das Werk einige interessante Ansätze für eine zukunftsgerichtete Gestaltung der IT. Allerdings fokussieren die Autoren allein auf die herkömmliche IT-Welt und lassen dabei außer Acht, dass wesentliche Anstöße für Innovationsprozesse von der Telekommunikation (TK) beziehungsweise aus dem Zusammenspiel von IT und TK kommen.

Im Modell der Autoren prägen zwei Grundprinzipien den organisatorischen Wandel hin zu global ausgerichteten Innovationsprozessen. Erstens sollte das Produkt- und Dienstleistungsangebot auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kunden ausgerichtet sein (N=1). Grobe Kundensegmentierungen und individualisierte Massenfertigung reichen als Grundlage der Wertschöpfung und Differenzierung in einer globalen Welt dauerhaft nicht aus. Zweitens gehen die Autoren davon aus, dass Innovationen nicht mehr innerhalb einzelner Unternehmen entstehen, sondern die Nutzung eines global vernetzten Ressourcen-Pools (R=G) voraussetzen. So müssen bei der Produktentwicklung global verteilte, hochqualifizierte Teams kurzfristig mobilisierbar sein. Zudem wächst mit zunehmender Komplexität von Produkten und Dienstleistungen die Notwendigkeit, externe Expertise in die eigenen Wertschöpfungsprozesse einzubinden.

Mindestanforderungen an eine hochagile IT

Der Wandel hin zu einer solchen N=1/R=G-Organisation setzt eine hochagile IT voraus, die nach Meinung der Autoren die folgenden vier Mindestanforderungen erfüllen muss:

  1. Einsatz komponentenbasierender IT-Lösungen: Zwar sind umfassende Lösungspakete zum Zeitpunkt ihrer Implementierung auf die Anforderungen an die Geschäftsprozesse der Unternehmen zugeschnitten. Ihre Flexibilität im Hinblick auf zukünftige Herausforderungen ist jedoch oft begrenzt. IT-Lösungen sollten daher für die Nutzung in einer modularisierten, service-orientierten Architektur (SOA) entwickelt werden. So können sie flexibel an neue Organisationsstrukturen im Unternehmen angepasst werden.

  2. Ortsunabhängiger Zugang zu IT-Anwendungen: Weltweit tätige Mitarbeiter und geografisch verteilte Teams sollten unabhängig von ihrem aktuellen Standort Zugriff auf die benötigten IT-Anwendungen haben. Dies setzt die Verfügbarkeit einer sicheren und stabilen lokalen und weltweiten Kommunikationsinfrastruktur sowie internetbasierender Dienste voraus.

  3. Technologische Offenheit: Die verschiedenen im Unternehmen genutzten Anwendungen sollten über offene Schnittstellen integrierbar sein. Denn um die Transparenz der Geschäftsprozesse zu erhöhen, muss die Bildung von Informationssilos verhindert werden. Eine wesentliche Anforderung an IT-Anwendungen ist daher die Unterstützung offener Standards und Schnittstellen wie beispielsweise XML oder Web-Services.

  4. Integrierte Analysekapazitäten: Die IT-Plattform sollte es dem Management ermöglichen, mit Hilfe klarer Messzahlen und möglichst in Echtzeit Trends und Änderungen entlang der Geschäftsprozesse zu erkennen. Durch eine strukturierte Auswertung beispielsweise von CRM-Daten können Kunden individueller, ihren Bedürfnissen entsprechend angesprochen werden (N=1).

Die von den Autoren formulierten Anforderungen an die IT-Infrastruktur sind notwendige Säulen für die Unterstützung global ausgerichteter Innovationsprozesse. Sie sind jedoch nicht hinreichend. So wird der Wert einer modernen und eng mit der IT integrierten Kommunikationsinfrastruktur vernachlässigt. Denn effiziente Innovationsprozesse erfordern nicht nur eine flexible Verknüpfung der IT-Anwendungen miteinander. Genauso wichtig ist es, dass interne und externe Mitarbeiter ortsunabhängig und mit dem Medium ihrer Wahl kommunizieren können und für die Innovationsmanager erreichbar sind.

IP-basierende TK-Lösungen machen Mitarbeiter flexibel

Der Wandel hin zu einer Organisation, die individuelle Kundenbedürfnisse erfüllt und sich dazu eines vernetzten Ressourcen-Pools bedient, erfordert eine sehr bewegliche IT.
Foto: Berlecon

Dieses hohe Maß an Flexibilität lässt sich letztlich nur mit modernen, IP-basierenden TK-Lösungen realisieren. Traditionelle TK-Anlagen können einzelne Mitarbeiter außerhalb des Firmengeländes kaum ins interne Kommunikationsnetz einbinden. Die Nutzung von Diensten wie Kurznummernwahl oder Rufumleitung ist unterwegs nicht möglich. Durch neue Kommunikationstechniken wie auf Laptops installierte Softphones können sich Mitarbeiter nun überall in das unternehmensinterne Kommunikationsnetz einloggen, aus diesem heraus telefonieren und somit effizienter arbeiten.

Ein weiterer wesentlicher Schritt ist die Integration von IT und TK im Rahmen von Unified Communications (UC). UC-Dienste wie beispielsweise die Präsenzanzeige senken die Kommunikationshürden bei der Zusammenarbeit innerhalb geografisch verteilter Teams. Grafische Anzeigen in der Instant-Messaging-Kontaktliste oder in Outlook zeigen die aktuelle Erreichbarkeit aller Teammitglieder. Mit Telefon und E-Mail sind mehrere vergebliche und damit ineffiziente Kontaktversuche unvermeidlich.

Innovation durch offene Schnittstellen

Darüber hinaus sollen moderne Kommunikationslösungen - genau wie IT-Lösungen im Unternehmen - offene Standards, Schnittstellen und Protokolle wie vor allem das Internet Protocol (IP), Session Initiation Protocol (SIP) oder VoiceXML unterstützen. Denn nur so ist eine Einbindung aller Kommunikationsfunktionalitäten in die IT-Anwendungen - als Voraussetzung für global ausgerichtete und effiziente Innovationsprozesse - möglich und wirtschaftlich.

Schließlich setzt eine individuelle Kundenbetreuung eine fundierte Analyse der im TK-System anfallenden Daten voraus. Beispielsweise werden durch eine Integration der Kommunikationslösung mit IT-Anwendungen zum Zeitpunkt eines telefonischen Kundenkontaktes automatisch die relevanten CRM-Daten wie etwa vergangene Bestellungen aufgerufen. Moderne Contact-Center-Lösungen ermöglichen darüber hinaus eine sehr differenzierte Verteilung eingehender Kundenanrufe. Durch eingebundene Analyse-Tools und den automatisierten Abgleich mit Kundendatenbanken können etwa langjährige Bestandskunden bei Engpässen mit einer hohen Priorität an freiwerdende Kundenbetreuer geleitet werden.

Fazit: IT und TK miteinander verknüpfen

Für eine zukunftsfähige Infrastruktur reicht es nicht aus, dass ausschließlich die IT den beschriebenen Mindestanforderungen an Offenheit, Ortsunabhängigkeit, Modularisierung und Analyse gerecht wird. Für Innovation und Effizienz innerhalb globaler Wertschöpfungsnetze spielt die TK eine immer wichtigere Rolle. Auch die Kommunikationsinfrastruktur sollte daher die von den Autoren gefordert Mindestanforderungen erfüllen. Denn IT und TK sind zukünftig untrennbar miteinander verbunden.

Zur Person

Name: Philipp Bohn.

Position: Analyst.

Analystenhaus: Berlecon Research.

Beratungsschwerpunkt. Bohn gehört seit Mai 2005 zum Analysten-Team von Berlecon Research. Er arbeitet im Themenbereich Mobile & Telecommunications und beschäftigt sich vor allem mit Voice over IP

(VoIP) und Digital Economy. Bohn ist Mitautor der Berlecon-Reports "Voice over IP für Unternehmen" und "VoIP, Messaging, Mobile Mail & Co".

Der Diplom-Kaufmann hat 2004 sein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim abgeschlossen. Vor seinem Eintritt bei Berlecon Research absolvierte er einen halbjährigen Studienaufenthalt in China.