IT-Jobs - was die Städte zu bieten haben

02.12.2005 von Alexandra Mesmer
Ob Hamburg oder München, Köln oder Stuttgart: Wer hier zu Lande eine neue Stelle sucht, sollte nicht immer auf die großen Unternehmen schielen. Auch in den großen Städten schaffen Mittelständler und Dienstleister die meisten IT-Jobs.

Hamburg: Was von New Economy übrig blieb

Ende der 90er-Jahre war Hamburg das Mekka der Internet-Agenturen: Die unter jungen Web-Designern angesagten Kreativbüros hießen Razorfish, Popnet oder Kabel New Media, logierten in loftähnlichen Büros in der Speicherstadt und waren die Stars am Neuen Markt. Davon blieb nach dem Niedergang der New Economy wenig übrig. Sinner Schrader gehören zu den wenigen bekannten Hamburger Agenturen, die überlebt haben und noch Softwareentwickler suchen. Eine feste Größe ist auch der Internet-Provider AOL, der hier seine deutsche Niederlassung hat.

Derzeit gibt es in der Hansestadt rund 7000 IT-Unternehmen, die insgesamt 55 000 Mitarbeiter beschäftigen und etwa neun Milliarden Euro im Jahr umsetzen. Weitere 15 000 IT-Jobs finden sich in den IT-Abteilungen von Unternehmen und Institutionen, schätzt die Initiative hamburg@work. Neue Arbeitsplätze sollen vor allem die kleinen und mittelständischen Firmen schaffen. Nach einer Umfrage der Schickler Beratungsgruppe im Jahr 2004 will jeder zweite Mittelständler mehr Geld für die Informationstechnologie ausgeben und zumindest jeder fünfte auch mehr IT-Mitarbeiter einstellen. Von Januar bis Juli waren im Hamburger Raum über 5000 Stellen im IT-Bereich ausgeschrieben, womit Hamburg nur knapp hinter Hessen und Frankfurt am Main (6260 Stellen) liegt. Die Bandbreite der ausgeschriebenen Positionen ist groß: Sie reicht von diversen Praktika in den IT-Abteilungen von Anwenderunternehmen wie dem Versender Otto über Positionen für Softwareingenieure beim Kamerahersteller Olympus bis hin zu Jobs für Sicherheitsspezialisten bei Tchibo. Mit einer Arbeitslosenquote von etwa elf Prozent liegt Hamburg im oberen deutschen Mittelfeld, wobei in der IT im Sommer gut 1200 Menschen keinen Job hatten.

Köln/Bonn: IT-Dienstleister sollen Arbeitsmarkt in Schwung bringen

Egal ob Industrie, Handel oder Verkehr, alle Wirtschaftsbereiche zeigten sich im Frühjahrskonjunkturbericht der Industrie- und Handelskammer zu Köln mit der wirtschaftlichen Entwicklung unzufrieden und wollen zum Teil eher Stellen abbauen als neue Arbeitsplätze schaffen. Die IT-Dienstleister bilden, wie auch in anderen Regionen Deutschlands, eine positive Ausnahmen: Zufrieden mit ihrer Branchenkonjunktur, erwartet jede zweite Firma bessere Geschäfte, und jede fünfte will neue Mitarbeiter einstellen. Dienstleister und Berater, etwa Deloitte oder sd+m, suchen ebenso Verstärkung wie Mittelständler wie Pironet, die zum Beispiel Java/J2EE-Entwickler brauchen.

Im Großraum Köln/ Bonn sitzen mit der Deutschen Post, dem Chemie-Riesen Bayer, der West LB sowie dem Handelskonzern Metro zudem wichtige Anwenderunternehmen, die für ihre IT-Abteilungen entsprechende Spezialisten suchen - SAP-Wissen ist besonders gefragt. Mit Vodafone und Nokia sind im benachbarten Düsseldorf große Namen der Telekommunikation angesiedelt. Sie haben zwar nicht mehr den großen Personalbedarf wie noch vor einigen Jahren, stellen aber kontinuierlich auf niedrigerem Niveau ein. In Köln waren im Juli knapp 1400 IT-Fachleute ohne Job, in Nordrhein-Westfalen betrug die allgemeine Arbeitslosenquote 11,9 Prozent.

Frankfurt: Berater sind wieder gefragt

Die gläsernen Bürotürme der wichtigsten deutschen Banken prägen das Bild der Stadt, auch wenn Erste Adressen wie die Deutsche Bank oder Commerzbank heute eher mit Arbeitsplatzabbau als mit neuen Jobs verbunden werden. Für die Jahr-2000- und Euro-Umstellung brauchten die Kreditinstitute noch scheinbar unendlich viele IT-Profis - fest angestellt oder auf freier Basis -, doch heute sind sie in Sachen Einstellungen zurückhaltend. Dem Nachwuchs bieten sie stattdessen Praktika an oder bilden Studenten zusammen mit privaten Hochschulen wie der HfB aus. Aber selbst für diese ausgewählte Klientel ist ein fester Job nach dem Ende des Studiums nicht garantiert.

Seit dem Jahr 2001 hat Frankfurt 100 0000 Arbeitsplätze verloren, zur Konsolidierung im Bankensektor kam der Rückgang der Werbeeinnahmen, den Medien und Dienstleister zu spüren bekamen. Mittlerweile scheint der Abwärtstrend gestoppt, laut IHK-Umfrage sollen bis Ende des Jahres 19 000 zusätzliche Stellen geschaffen werden. Aufwind spüren vor allem die Berater. Im Umfeld der Banken scheint sich aber noch mehr zu bewegen, wie Stellenangebote von auf die Finanzbranche spezialisierten Dienstleister, etwa von Alap oder IS Teledata, zeigen. Aber auch breiter aufgestellte IT-Dienstleister wie Accenture, Unilog Avinci oder Avanade, ein Joint Venture von Microsoft und Accenture, haben aktuelle Offerten für Berater und .NET-Entwickler. Ein neuer wichtiger Arbeitgeber im Frankfurter Raum ist der chinesische Netzwerklieferant Huawei, der von Eschborn aus dem amerikanischen Platzhirschen Cisco den Kampf angesagt hat und gleich mehrere offene Positionen zu besetzen hat.

Mit einer Arbeitslosenquote von neun Prozent gehört Hessen nach Baden-Württemberg und Bayern zu den wenigen Bundesländern, deren Quote im einstelligen Bereich liegt. In Frankfurt waren im Sommer 1600 IT-Fachkräfte arbeitslos gemeldet, wobei fast jeder Dritte vorher in einem Rechenzentrum gearbeitet hat.

Stuttgarter Raum: Zulieferer brauchen IT-Wissen

Auch in der Schwabenmetropole finden Bewerber ihr Glück derzeit weniger bei den großen Namen wie IBM oder HP, die hier beziehungsweise im benachbarten Böblingen ihren Hauptsitz in Deutschland haben. Denn beide IT-Konzerne haben angekündigt, mehrere tausend Stellen weltweit und damit auch in Deutschland zu streichen. Mittelständische Softwarehersteller wie USU und Heiler sind dagegen schon auf Mitarbeitersuche.

Die vielfältigsten IT-Perspektiven eröffnen sich zurzeit in der Automobilzulieferindustrie, die im Stuttgarter Raum traditionell stark vertreten ist. Robert Bosch, Euro Engineering oder Ferchau Engineering sind nur einige der Zulieferer, die verschiedene IT-Jobs zu vergeben haben -vom Softwareingenieur für Embedded Systems bis zum IT-Architekten für Data Warehouse. Daneben haben sich aber auch einige Überlebende der New Economy behaupten können; sie wachsen mit Augenmaß: Softwareentwickler haben sowohl bei der Internet-Agentur dmc als auch beim Abaxx eine Chance.

Mit einer Arbeitslosenquote von sieben Prozent liegt Baden-Württemberg noch vor Bayern in der Statistik. Von Januar bis Juli 2005 waren hier 9785 IT-Jobs ausgeschrieben, was 13 Prozent des gesamten IT-Stellenmarktes in dieser Zeit entspricht. Damit zählt Baden-Württemberg mit Bayern, Nordrhein-Westfalen und Berlin zu den Bundesländern, in denen die meisten IT-Mitarbeiter gesucht werden.

München: viele Arbeitslose und viele Jobs

Ob in Zeiten des Booms oder der anschließenden Krise - München war immer die Stadt der Superlative im IT- und Medienzirkus. Einst wurden hier die höchsten Gehälter gezahlt, heute gibt es hier die meisten arbeitslosen IT-Fachkräfte. Knapp 2600 waren es im Juli, allerdings mit sinkender Tendenz seit Jahresanfang. Eine durchaus ungewöhnliche Entwicklung, zumal die Zahl der IT-Arbeitslosen in anderen Großstädten seit Jahresanfang gestiegen ist, was die Arbeitsagenturen mit der Einführung von Hartz IV erklären.

Dass in München und Umland weniger IT-Profis einen Job suchen müssen, liegt auch an dem großen Jobangebot. Von Januar bis Juli konnten sie unter 10 600 IT-Stellenangeboten wählen. Neue Beschäftigungsfelder ergeben sich bei einer Vielzahl von Firmen, angefangen von prosperierenden Internet-Firmen wie GMX oder Yahoo bis hin zu amerikanischen Softwareherstellern wie Symantec oder Microsoft, das in Unterschleißheim im Münchner Speckgürtel seine Deutschland-Zentrale hat. Kontinuierlichen Personalbedarf melden aber auch große Anwenderunternehmen wie der Luft- und Raumfahrtkonzern EADS oder der Autobauer BMW, der allerdings hohe Ansprüche an die Bewerber stellt. Beim Technologiekonzern Siemens steht dagegen erneut ein größerer Personalabbau in den IT-Sparten Com und SBS an.

Viel Bewegung ist auch in der Münchner Existenzgründerszene. Mittlerweile tummeln sich fast 23 000 IT- und Medienunternehmen in der Region, was einem Zuwachs von 26 Prozent gegenüber 1999 entspricht. Diese beschäftigen 395 000 feste und freie Mitarbeiter und setzen etwa 70 Milliarden Euro um.