Internet der Dinge auf der CeBit 2015

"IT enables" - lockt mit Tesla und anderen IoT-Lösungen

16.03.2015 von Klaus Hauptfleisch
Um zu demonstrieren, wie das Internet der Dinge die Produktion revolutioniert, hat die CeBIT in Halle 12 einen Sonderbereich namens "IT enables" abgesteckt. Mit Tesla als Publikumsmagnet sind dort Einsatzszenarien in verschiedenen Branchen zu sehen.

Die digitale Transformation ist das Topthema der CeBIT 2015. Wer wissen möchte, worum es dabei geht, sollte sich zu "IT enables - Internet of Things" am Eingang von Halle 12 aufmachen. Denn da wird gezeigt, wie die Digitalisierung, das Internet der Dinge und die damit verwandte Machine-to-Machine-Kommunikation (M2M) in unterschiedlichsten Branchen und Produktwelten bereits Einzug gehalten haben und diese zu verändern beginnen.

IOT Diconomy
Foto: CeBIT

In der Fertigung macht dabei weltweit der deutsche Begriff Industrie 4.0 die Runde. Darum und um die Digitalisierung allgemein geht es mit Experten aus verschiedenen Branchen auch im Industrial Users Forum, das die größte Fläche des Sonderbereichs "IT enables" einnimmt. Mit dabei sind unter anderem der Branchenverband Bitkom und die AutoUni von Volkswagen.

Die Fahrzeugindustrie scheint beim Einsatz von Industrie 4.0 und ITK-Systemen schon am weitesten zu sein. Car IT und Automotive-Lösungen halten heute in allen Fahrzeugklassen Einzug. Die Elektromobilität kommt indes nicht so recht voran. Vom Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Millionen E-Autos auf die Straßen zu bringen, ist man noch weit entfernt. Die von den damaligen Bundesministern Rainer Brüderle (Wirtschaft) und Peter Ramsauer (Verkehr) gegründete Gemeinsame Geschäftsstelle Elektromobilität (GGEMO) will am Stand C12 der Bundesregierung dennoch die Fahne dafür hochhalten. Mit Tesla gleich nebenan findet sie auch starke Unterstützung.

Accenture über das Industrial Internet of Things (IIoT)
Industrial Internet of Things (IIoT)
In dem Papier "Driving unconventional growth through the industrial internet of things" schreibt Accenture über neue Umsätze durch das Erweitern klassischer Produkte mit digitalen Services. Die Analysten nennen das Produkt-Service-Hybrid.
Beispiel Claas
Ein Beispiel dafür liefert der Nutzmaschinen-Hersteller Claas. Dank neuer Sensortechnologie laufen Mähdrescher und Traktoren per Autopilot. Mit Partnerunternehmen hat Claas die Software 365FarmNet entwickelt, die den Landwirt bei Planung, Verwaltung, Analyse und Dokumentation seines Betriebs unterstützt.
Beispiel General Electric
General Electric und Accenture haben das Joint Venture Taleris gegründet. Von GE Aviation kommen Maschinen, Taleris spezialisiert sich auf Wartungen rund um die Flugzeuge. Neu sind Angebote im Flotten-Management.
Beispiel Virtual Radiologic
Das Unternehmen begann mit der Interpretation von Röntgenbildern. Heute bietet es IT-Services rund um Workflow-Verbesserung an.
Beispiel Michelin
Bekannt ist Michelin als Hersteller von Reifen. Über Michelin Solutions sollen Manager von Lastwagen-Flotten Energieverbrauch und Kosten senken können. Unter dem Motto Tires as a service überwachen Sensoren die Performance der Reifen.

Starke Zugmaschinen und Zugpferde

Das Internet der Dinge und Machine-to-Machine-Kommunikation sind nicht allein der Produktion vorbehalten. Wie die neue Technik auch in Produkten und Services Einzug hält, zeigt in Halle 12 am Stand B88 die Firma Claas, einer der weltgrößten Hersteller von Landmaschinen. Diese sind - von wegen "olle Trecker" - inzwischen so vollgepfropft mit Elektronik und Sensoren, dass sogar Hightech-Autos wie die von Audi, BMW, Mercedes oder Tesla alt dagegen aussehen.

Als Star und Pionier der E-Mobilität wird Tesla im Bereich "IT enables" zum ersten Mal auf der CeBIT ausstellen und den Besuchern das neue Model S mit "Dual-Motor"-Allradantrieb und Autopilot präsentieren. Für einen zugkräftigen Publikumsmagneten ist also schon mal gesorgt.

Ein zweiter ist der bayerische Autobauer BMW, genauer: BMW Motorrad. Welche Maschine auf einer Freifläche zu sehen sein wird, blieb bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe Geheimsache. Wie von der Konzernkommunikation zu erfahren war, werden im Connectivity-Umfeld sowohl BMW Motorrad vertreten sein als auch BMW i, nicht zu verwechseln mit dem kurz BMWi geschriebenen Bundeswirtschaftsministerium, das die Schirmherrschaft für "IT enables" übernimmt. BMW i steht für das Konzept von Elektro- und Hybridautos bei BMW.

Einen großen Mehrwert für das Sonderformat "IT enables" verspricht auch ein Elektro-Rennwagen namens e-gnition, den das studentische Racing-Team der Technischen Universität Hamburg-Harburg mit Unterstützung von HQLabs gebaut hat. 50 Studenten haben sich 2011 mit dem Ziel zusammengeschlossen, jedes Jahr einen neuen Flitzer auf die Piste zu bringen. HQLabs, eines der Startups im Ausstellungsbereich SCALE 11 (Startup-Halle 11), hat für die Modelle egn14 und egn15 neben Finanzspritzen auch Web-Technologien beigesteuert.

Telenor Connexion, schwedische Tochter des norwegischen Mobilfunkriesen Telenor, ist zwar selbst kein Automobilhersteller, zählt aber unter anderem Volvo, Nissan und Scania zu den wichtigsten Kunden. Sie wartet im Bereich "IT enables" mit einer Cloud-Komplettlösung auf, die über den Zugang zu weltweit rund 400 mobilen Netzwerken die globale Produkteinführung unterstützen soll. Aber zurück zu den Zugpferden.

Tesla und Co. auf der Überholspur

Tesla, BMW i und e-gnition steigern die Attraktivität des Sonderbereichs "IT enables". Dort kann sich jeder überzeugen, dass E-Autos keine lahmen Enten mehr sind. Der Tesla "Model S Performance 85 kWh" bringt es ohne einen Tropfen Benzin mit 700 PS und einer Reichweite von angeblich 480 Kilometer auf bis zu 250 km/h. Teslas im Oktober 2014 vorgestelltes "Model S" kommt nicht nur mit besagtem Dual-Motor-Allradantrieb, sondern auch mit einer Reihe von weiteren Finessen. Serienmäßig sollen alle Model S mit einem Autopiloten ausgestattet werden. Dieser beinhaltet einen vorwärtsgerichteten Langstreckenradar, einen 360-Grad-Langstreckensensor, eine Kamera, die Straßenschilder, Passanten und Hindernisse erkennt, sowie GPS, Navigation und Verkehrsmeldungen in Echtzeit. Außerdem soll das System künftig auch völlig autonom fahren können.

Die Tageszeitung "Die Welt" sieht nur ein "winzig kleines Problem" beim Model S: Abgesehen vom hohen Preis sei der Tesla mit allein 500 Kilogramm für die Akkus und 2,1 Tonnen Gesamtgewicht einfach zu schwer.

Der ins CeBIT-Rennen geschickte egn14 des Racing Teams der TU Hamburg-Harburg wiegt 50 Kilogramm weniger als der Vorgänger egn13 und bringt nun 220 Kilogramm auf die Waage. Bei einer Spitzengeschwindigkeit von 130 km/h kann man nicht wirklich von einem Rennwagen sprechen, aber die Zweimal-65-Kilowatt-Motoren von Enstroj fahren ebenfalls ohne einen Tropfen Sprit. Die Lithium-Polymer-Batterie hat eine höhere Energiedichte als die bisher verwendete vom Typ Lithium-Eisen-Phosphat. Für Interessenten wird vom Racing Team jemand nach Hannover reisen, um Fragen zu beantworten und den Original-Projektplan zu zeigen.

Den BMW i gibt es als 3er mit und ohne Range Extender - sprich: zusätzlichem Verbrennungsmotor - sowie als BMW i8 mit dem Plug-in-Hybridantrieb BMW eDrive. Als Reichweite für den BMW i3 werden bei reinem Elektroantrieb 150 Kilometer und mit Range Extender 300 Kilometer angegeben, was bei Langstreckenfahrten häufigeres Tanken erfordert. Allerdings ist das Auto eher für Stadtfahrten konzipiert oder für den Arbeitsweg, der in den meisten Fällen nicht länger als 50 Kilometer ist. Die Spitzenleistung liegt bei 125 kWh oder 170 PS, die Höchstgeschwindigkeit bei 150 km/h. Langjährige BMW-Fahrer werden darüber lächeln, sie sind anderes gewohnt. Aber der typische E-Automobilist fährt umweltschonend und nicht mit dem Bleifuß durch die Lande. Letzteres ist ein gutes Stichwort, wenn es um den CeBIT-Auftritt des Messepioniers Claas geht.

CLAAS und Farming 4.0

Der Landmaschinenbauer Claas aus Harsewinkel zwischen Münster und Bielefeld wird zusammen mit Partnern wie GEA und Amazone (nicht Amazon) das Konzept einer digital vernetzten Landwirtschaft zeigen. Am Beispiel eines Großtraktors mit Düngerstreuer werden Messebesucher eingeladen, sich zu überzeugen, wie digitalisiert die Landwirtschaft heute ist.

Strenge Dokumentationsauflagen und die Notwendigkeit zu rationalisieren zwingen Landwirte, sich in Richtung Farming 4.0 zu orientieren, ein Begriff, der von Industrie 4.0 abgeleitet ist. Die äußerlich so großrahmig und plump daherkommenden Maschinen lernen, miteinander zu kommunizieren und "Arbeitsprozesse ohne menschliches Zutun abzustimmen", so Claas-Sprecher Wolfram Eberhardt.

Das niedersächsische Unternehmen hat mit "365FarmNet" ein weit verbreitetes und gut unterstütztes Farm-Management-System im Angebot, mit dem sich der gesamte landwirtschaftliche Betrieb steuern lassen soll. Mit dem System haben Landwirte die volle Kontrolle über alle Daten rund um Tierhaltung, Düngemittelverbrauch, Maschineneinsatz, Saatgut und Ernte. "Precision Farming" ist laut Eberhardt seit Jahren gelebte Realität in der Landwirtschaft. Dank Satellitennavigation ließen sich "Traktoren und Erntemaschinen bis auf zwei Zentimeter genau über Anbauflächen führen. Dünger und Pflanzenschutz werden auf Basis vorhandener Messwerte aus der letzten Ernte nur dort ausgebracht, wo es nötig ist."

Wenn vom Internet der Dinge die Rede ist, darf natürlich auch der 3D-Druck nicht vergessen werden. Nicht weit entfernt vom Claas-Stand präsentiert das Unternehmen Formlabs einen "Form 1+" genannten neuen, hochauflösenden 3D-Drucker, der die 3D-Druck-Szene mächtig aufwirbeln soll. Und wer weiß, vielleicht tun die Gründer vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) den Besuchern ja sogar den Gefallen, einen Trecker oder Sportflitzer auszudrucken. (hal)