IBM Interconnect

IT-Chefs wollen die Hybrid Cloud

26.02.2015 von Harald Weiss
Alle klassischen RZ-Systemanbieter haben Angst vor der Cloud - vor der Public Cloud, um genau zu sein. Denn für jede Anwendung, die dahin verschoben wird, muss der IT-Chef weder Computer, noch Storage noch Netzwerke einkaufen.

Doch nicht alles kann in eine Public Cloud verschoben werden - genau da setzen die Hoffnungen der Anbieter ein. So soll eine Kombination von interner und externer Rechenleistung zumindest einen rasanten Umsatz-Absturz auffangen.

IBM hat sich der Cloud verschrieben. Das wurde auf der User Conference Interconnect in Las Vegas wieder einmal deutlich. Laut seines neuen Cloud-Chefs Robert LeBlanc hat IBM in den vergangenen beiden Jahren über fünf Milliarden Dollar in entsprechende Angebote investiert. Der größte Teil davon entfiel mit zwei Milliarden Dollar auf die Akquisition von Softlayer, hinzu kamen nochmals 1,2 Milliarden Dollar in den Ausbau der Softlayer-Infrastruktur. Der Rest verteilte sich auf den Aufbau von Cloud-Services wie Bluemix und den über 500 SaaS-B2B-Angeboten.

IBMs neuer Cloud-Chef Robert LeBlanc stellte im Rahmen seiner Interconnect-Keynote die Cloud-Strategie des Konzerns vor.
Foto: Harald Weiss, New York Reporters Inc.

191 Milliarden Dollar im Cloud-Markt bis 2020

Alle führenden Marktforscher sind sich darin einig, dass das Cloud-Momentum noch kräftig zulegen wird. Forrester meint, dass der Markt für Public-Cloud-Dienste bis 2020 auf 191 Milliarden Dollar ansteigen wird, das entspricht einem Plus von 300 Prozent gegenüber den 58 Milliarden Dollar im Jahr 2013. Der größte Teil der Cloud-Umsätze entstammt den Cloud-Anwendungen, die 133 Milliarden Dollar für sich verbuchen werden. Das sind zwar überwiegend Umsätze im Consumer-Markt, aber auch bei den IT-Chefs steigt das Interesse an Cloud-Diensten deutlich an. Gemäß einer aktuellen IBM-Umfrage wollen 60 Prozent der CIOs in diesem Jahr mehr Geld für Cloud Computing ausgeben, damit liegt dieser Bereich nach Mobile auf Platz zwei der Prioritätenliste.

Die IT-Zukunft ist hybrid

IBM ist zwar inzwischen auch in den SaaS- und App-Markt für B2B-Lösungen eingestiegen, doch das Unternehmen seine Zukunft nicht als reinen Cloud-Anbieter. Vielmehr will man den klassischen IBM-Kunden, also den CIOs, verschiedene Optionen anbieten. Dazu gehören Natürlich die vielen neuen Cloud-Dienste, inklusive Business-Apps - darüber hinaus aber auch die konventionellen RZ-Produkte und Dienstleistungen, inklusive Mainframe und Power-Server. Das heißt, IBMs Cloud-Interesse zielt vor allem auf die Hybrid Cloud ab.

Jedes RZ wird Cloud

Das ist nicht weiter verwunderlich. Alle etablierten Rechenzentrums-Lieferanten sehen in der Hybrid Cloud den einzigen Weg, um sich gegen die reinrassigen Cloud-Provider besser zu behaupten. "Es gibt viele individuelle Anwendungen, die praktisch nicht Cloud-fähig sind und noch auf Jahre hinaus In-House betrieben werden müssen", meint beispielsweise George Kurian, Cloud-Chef beim Storage-Anbieter NetApp. Beim Konkurrenten EMC hat man dazu eine Umfrage unter 10.000 IT-Entscheidern gemacht - und auch hier zeigt sich eine klare Präferenz für die kombinierte interne und externe IT-Verarbeitung. So nutzen bereits ein Viertel der von EMC befragten eine Hybrid Cloud und zwei Drittel bevorzugen dieses Modell, wenn es darum geht, die IT agiler und sicherer zu machen.

Viele Analysten bestätigen diesen Trend. "Früher oder später werden alle internen Rechenzentren zum Bestandteil einer Hybrid Cloud werden - es ist alles nur eine Frage von passenden Angeboten", meint Holger Mueller, Analyst bei Constellation Research.

Cloud und Mobile First

Ein weiterer Schub für den aufziehenden Cloud-Boom entstammt der Software-Entwicklung. "Bei den Entwicklern lautet die klare Vorgabe Cloud und Mobile first - Desktop-Lösungen müssen warten", meint IBMs Vice President Mike Rhodin. Die Analysten von IDC sehen das ähnlich. So werden in den nächsten sechs Jahren 90 Prozent der fünf Milliarden Dollar, die für Internet und Kommunikation ausgegeben werden, auf Cloud-basierte Technologien entfallen. Forrester dämpft dagegen die Hybrid-Erwartungen der IT-Anbieter. So haben nahezu alle IT-Chefs in einer Befragung bestätigt, dass bei jeder neuen Software zunächst geprüft wird, ob es eine Lösung aus der Wolke gibt, doch die soll vorzugsweise ein SaaS-Angebot sein. "Cloud first bedeutet bei den CIOs vor allem SaaS statt Lizenzgebühren", sagt deren Analyst James Staten.

VP Mike Rhodin unterstrich, dass Cloud- und Mobile-Anwendungen Top-Priorität in den Entwicklungsabteilungen besitzen.
Foto: Harald Weiss, New York Reporters Inc.

Wildwuchs an Cloud-Nutzungen

Mit dieser Präferenz entsteht aber ein gewaltiges Folgeproblem, denn eine Best-of-Breed-Strategie führt unweigerlich zu einer Vielzahl an Cloud-Providern. "Sei dem die IT-Chefs ihren Widerstand gegen externe Cloud-Angebote aufgegeben haben, gibt es vielerorts einen immensen Wildwuchs an Cloud-Providern", weiß Moe Abdulla zu berichten, der bei IBM für die Cloud-Strategie zuständig ist. Die Lösung sieht er darin, dass die IT-Chefs darauf achten sollen, dass die verschiedenen Cloud-Lösungen wirklich zur hausinternen IT kompatibel sind. "Es zeichnet sich eine OpenStack-Fragmentierung ab, deshalb wird es immer wichtiger, dass die ausgewählten Anbieter auch nach RefStack zertifiziert sind", lautet sein Rat an die IT-Chefs.

Das zweite Problem bei vielen parallelen SaaS-Nutzungen ist die Datenkonsistenz. IBM hat hierzu jetzt DataWorks vorgestellt. Damit lassen sich die Datenquellen für alle Cloud- und Inhouse-Anwendungen mappen. Die Apps können dann so angelegt werden, dass sie ihre Daten über DataWorks anfordern ohne dass dabei bekannt sein muss, wo die Daten abgespeichert sind. Durch einfaches Ändern im Data-Mapping lassen sich dann schnell und unkompliziert die jeweiligen Datenpfade abändern.

Container standardisieren die Cloud

Drittes Element einer koordinierten Cloud-Nutzung sind Container. Genauso wie Google, Amazon und Microsoft ist IBM hierzu eine Partnerschaft mit Docker eingegangen. "Container sind de facto eine Standardisierung der Cloud-Anwendungen, denn sie ermöglichen die Portabilität, die für eine flexible Verknüpfung von Daten und Programmen notwendig ist", schwärmt Abdulla über die neuen Anwendungs-Boxen. Das bedeutet konkret, dass man die Container in den jeweiligen Teil der Cloud verschieben kann, wo die Daten abgelegt sind oder dass man den Container On-Premise betreibt, wenn beispielsweise die Daten nicht den Firmenbereich verlassen dürfen.

Neue Plattform MobileFirst

Neben diesen Cloud-Erweiterungen dringt IBM jetzt auch massiv in den Bereich Mobile vor. Hierzu wurde auf der Interconnect die neue Plattform MobileFirst vorgestellt, in der IBM alles zusammengefasst hat, was es von der Software-Entwicklung bis hin zum Betrieb zu bieten hat. Ziel ist vor allem die Beschleunigung der App-Entwicklung, da es laut MobileFirst-Chef Mike Gilfix einen zunehmenden Auftragsrückstand gibt. "Rund 85 Prozent aller Unternehmen haben einen Backlog von mehr als 20 Apps", sagt er über die aktuelle Situation. (sh)