Arbeitsmarkt

IT-Beratungen buhlen um Bewerber

21.07.2014 von Ingrid  Weidner
Zwar fordern große und kleine IT-Beratungen unterschiedliche Qualifikationen von ihren Mitarbeitern, doch ein späterer Wechsel ist durchaus möglich.

Auf den ersten Blick ähnelt eine SAP-Einführung in Dortmund der in Dubai, doch für einen IT-Berater unterscheiden sich beide Aufgaben deutlich. Während zwischen den fachlichen Anforderungen keine allzu großen Unterschiede bestehen, brauchen weltweit tätige IT-Berater zusätzlich gute Fremdsprachenkenntnisse sowie interkulturelle Kompetenzen, um sich auf dem internationalen Parkett sicher zu bewegen. Auch vor Heimweh sollten sie gefeit sein.

Bewerber sollten sich genau überlegen, ob sie zu einem großen oder kleinen Beratungshaus wechseln."
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Lernbereitschaft und Eigeninitiative sind gefragt

Katrin Erdogrul betreut die Personalarbeit von Innobis, einem auf SAP-Themen spezialisierten Beratungshaus in Norderstedt bei Hamburg. „Wir erwarten von unseren Mitarbeitern, dass sie sich für ein breit gefächertes Themenspektrum interessieren und lernbereit sind. Mit seinen rund 100 Mitarbeitern konzentriert sich das 1990 gegründete Unternehmen auf die IT-Strategie- und Management-Beratung im Finanz- und Bankenumfeld. Erdogrul fasst das Anforderungsprofil so zusammen: „Eine Hands-on-Mentalität sowie Eigeninitiative sind uns sehr wichtig."

Zwar konzentriert sich das Beratungsgeschäft von Innobis auf Deutschland, doch die Kundenprojekte können überall in der Bundesrepublik zwischen Kiel und München stattfinden. Vier Tage unterwegs sein zählt zum Standard, während der Freitag ganz klassisch als Bürotag definiert wird, um sich mit den Kollegen auszutauschen.

Interkulturelle Zusammenarbeit
So kann die Zusammenarbeit gelingen
Damit Mitarbeiter auf mehreren Kontinenten oder an unterschiedlichen Standorten gut zusammenarbeiten können,sollten Führungskräfte einiges beachten. Beraterin Sonja App hat einige Tipps zusammengestellt.
1. Auswahl der Mitarbeiter
Prüfen Sie nicht nur die Fachkenntnisse, sondern auch die englischen Sprachkenntnisse der Teammitglieder bereits vor Projektstart und bieten Sie bei Bedarf Crashkurse an.
3. Persönliche Treffen
Ein Kickoff-Meeting sollte als Präsenztreffen gestaltet werden, damit sich alle Projektbeteiligten persönlich kennenlernen und Vertrauen zueinander aufbauen. Als Leiter virtueller Linienteams sollten Sie mehrere persönliche Treffen pro Jahr mit Ihren Mitarbeitern einplanen. Im Idealfall führen Sie das jährliche Beurteilungsgespräch mit jedem Teammitglied vor Ort an dessen Arbeitsplatz.
4. Interkulturelle Zusammenarbeit
Gehen Sie offen und tolerant mit fremden Ansichten und Arbeitsstilen um. Bieten Sie bei Bedarf interkulturelle Trainings an. Berücksichtigen Sie Zeitverschiebungen und Besonderheiten wie lokale Feiertage und Schulferien bei Ihrer Projektplanung. Beachten Sie den Arbeitsrhythmus Ihrer ausländischen Kollegen bei der Terminvereinbarung für Telefonkonferenzen und virtuelle Meetings.
5. Dokumentation
Stellen Sie sicher, dass alle Zielgruppen im Unternehmen die Ergebnisdokumente im richtigen Format zum richtigen Zeitpunkt erhalten. Sensibilisieren Sie Ihr Team auch für die Dokumentation von informellem Wissen. Planen Sie einen Lessons-Learned-Workshop ein und informieren Sie die Abteilungen über die Ergebnisse.
Sonja App
Managementberaterin Sonja App hat jahrelang selbst in virtuellen Teams gearbeitet. Ihre Tipps kommen aus erster Hand. Seit sechs Jahren ist sie als Beraterin für Innovation-Management, Relationship -Management und interkulturelle Kommunikation selbstständig.
Buchtipp
Ihre Erfahrungen und Ratschläge hat Sonja App in einem Buch zusammengefasst: "Virtuelle Teams" von Sonja App, Haufe Lexware, 2013, 240 Seiten.

Für den international tätigen IT-Dienstleister Atos arbeiten allein in Deutschland etwa 3000 IT-Consultants und rund 120 Management-Berater. Weltweit beschäftigt Atos etwa 76.300 Mitarbeiter in 52 Ländern und erwirtschaftete 2013 einen Jahresumsatz von 8,6 Milliarden Euro. „Wir erwarten von unseren Mitarbeiter räumliche und zeitliche Flexibilität, sagt Dagmar Bleilebens, Managing Partner von Atos Consulting. Die promovierte Physikerin ist für das Beratungsgeschäft in Deutschland verantwortlich. Da zu den Kunden globale Konzerne und Dax-Unternehmen zählen, sind internationale Projekte die Regel.

„Verhandlungssicheres Englisch sollten die Bewerber auf jeden Fall sprechen, eine zweite Fremdsprache wie Spanisch, Türkisch oder auch Hindi ist sinnvoll, ergänzt Bleilebens. Obwohl der Atos-Konzern französische Wurzeln hat, kommen IT-Berater auch ohne Französischkenntnisse aus, beteuert die Managerin; der Schriftwechsel innerhalb des Unternehmens wird in Englisch abgewickelt. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Wer als Expatriate in Frankreich arbeiten möchte, für den empfiehlt sich – wie bei jedem längeren Arbeitsaufenthalt im Ausland – auch die Landessprache zu sprechen.

Dagmar Bleilebens, Managing Partner von Atos Consulting: "Wir erwarten räumliche und zeitliche Flexibilität."
Foto: Atos Consulting

Bei den Karrierechancen stehen den Atos-Mitarbeitern laut Bleilebens viele Wege offen, etwa sich in die Feinheiten des Prozess-Managements zu vertiefen oder sich zum Big-Data-Spezialisten weiterzubilden sowie eine Fachkarriere oder Management-Laufbahn. „Über die Plattform `blueKiwi` möchten wir deutschland-, aber auch weltweit alle Kollegen zusammen bringen, um sich gegenseitig kennenzulernen, mehr über die Arbeit der Kollegen zu erfahren und vor allem Wissen und Projekterfahrungen auszutauschen, erläutert Bleilebens. Doch auch kleinere Consulting-Firmen bieten ihren Mitarbeitern verschiedene Karrierewege an. Katrin Erdogrul wirbt mit Flexibilität und Offenheit. „Unsere Berater müssen sich nicht von Anfang an auf ein bestimmtes berufliches Ziel festlegen. Kürzere Entscheidungswege, weniger Bürokratie sowie ein starker Zusammenhalt der Mitarbeiter untereinander zeichne Innobis aus, so die Personalerin. „Vieles lässt sich auf dem kleinen Dienstweg klären, so Erdogrul. Neue Mitarbeiter rekrutiert das Unternehmen hauptsächlich über Firmenkontaktmessen und Kooperationen mit Hochschulen in Norddeutschland.

Gemeinsam Feiern

Innobis legt Wert darauf, dass sich die IT-Berater untereinander kennen und auch wissen, in welchem Projekt die Kollegen gerade arbeiten. „In regelmäßig stattfindenden Sitzungen berichtet jeder von seinen aktuellen Aufgaben im Kundenprojekt. Auf diese Weise haben alle einen Überblick und können sich gegenseitig unterstützen, so die Personal-Managerin. Doch auch in kleineren IT-Beratungen gibt es heiße Projektphasen, in denen Überstunden anfallen. Diese können die Mitarbeiter später in Freizeit umzuwandeln, denn die 40-Stunden-Woche soll die Regel bleiben. Auch das Home-Office-Konzept nutzen die Mitarbeiter gerne.

Den Austausch und die Integration der Kollegen bei Innobis fördern auch gemeinsame Feiern. Mit finanziellen Anreizen wie vermögenswirksamen Leistungen, betrieblicher Altersvorsorge und einem Firmenwagen belohnt das Unternehmen seine Angestellten. „Wir möchten langfristig mit unseren IT-Beratern zusammenarbeiten und sie ans Unternehmen binden. Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit beträgt neun Jahre, freut sich die Personalerin.

Karriere bei IT-Beratungen
Wettbewerb um Talente
Eine Lünendonk-Studie zeigt, wie IT-Beratungen Talente locken und was für eine Karriere dort möglich ist.
Sicheres Arbeitsverhältnis
Fast alle der befragten IT-Dienstleister bieten zeitlich unbefristete Arbeitsverträge an. In 28,3 Prozent der Unternehmen gibt es neben unbefristeten auch befristete Verträge.
Durchlässigkeit bei der Karriere
Der Mittelwert der Anzahl von Beförderungsstufen bis zu einer Fach- oder Führungskarriere liegt unter den IT-Beratungs- und IT-Service-Unternehmen bei vier Stufen.
Mit großen Schritten
Ein Karriereschritt dauert in IT-Beratungen durchschnittlich 2,8 Jahre.
Zügig ins Management
Berufseinsteiger können innerhalb von weniger als zwölf Jahren eine Position im oberen Management erreichen.
Frauenanteil in der IT-Beratung
Jede vierte Stelle in den untersuchten Unternehmen ist mit einer Frau besetzt.
Wenig Frauen im Management
Dort sind nur 13,3 Prozent der Manager weiblich.
Ausgewogenes Arbeitsverhältnis
IT-Spezialisten verbringen etwa 57 Prozent ihrer Arbeitszeit im Unternehmen und die übrige Zeit beim Kunden.
Reisezeit nicht gleich Arbeitszeit
In etwas weniger als der Hälfte der Unternehmen werden Fahrzeiten komplett als Arbeitszeit abgegolten. Bei den übrigen Arbeitgebern werden Fahrzeiten nur zum Teil übernommen.
Flexible Arbeitsmodelle
Knapp zwei Drittel der Studienteilnehmer ermöglichen ihren Angestellten Home-Office-Tage.
Unterschiede beim Urlaub
Die Anzahl der Urlaubstage hängt nicht nur vom Arbeitgeber, sondern teilweise auch von der Karrierestufe ab.
Weiterbildung in der IT-Beratung
82 Prozent der befragten IT-Unternehmen bieten themenübergreifende Weiterbildungsmaßnahmen zur fachlichen Fortbildung an.
Coaching für den Aufstieg
62,5 Prozent der Befragten verfügen über ein eigenes Führungskräfte-Programm.
Zur Studie
Für die Lünendonk-Studie wurden 56 IT-Dienstleistungsunternehmen befragt, die Beratungsleistungen anbieten. Die Studie ist unter dem Titel „Recruiting in der IT-Beratung – Strategien der IT-Dienstleistungsunternehmen gegen den anhaltenden Fachkräftemangel“ erschienen.

In einer großen IT-Beratung wie Atos sind verschiedene Karrierewege vorgegeben. „Wer vom Projektleiter bis zum Manager mit Personalverantwortung aufsteigen möchte, durchläuft verschiedene Qualifikationsstufen, sagt Bleilebens. „Fachkarrieren sind bei uns ebenfalls möglich, ergänzt die Managerin. Auch Bewerber mit einem Bachelor-Abschluss und ohne umfangreiche Praxiserfahrung können sich bei Atos bewerben. „Den Mitarbeitern stehen viele Weiterbildungen, etwa im Projekt-Management offen. Auch ein berufsbegleitender MBA ist möglich.

Ganz egal ob sich IT-Spezialisten für eine kleinere, spezialisierte oder große, internationale IT-Beratung entscheiden, Reisen zählt zum Jobprofil. Selbst wer sich zunächst keine globalen Projekte zutraut, kann später noch die Seiten wechseln. Überhaupt sitzen inzwischen viele ehemalige IT-Berater in den Unternehmen auf Kundenseite. Die Grenzen zwischen den einzelnen Sektoren sind also durchlässig, auch für berufserfahrene Berater, die erst spät das Fernweh packt.

Was erwarten Kunden von Beratern?

Was Kunden von Beratungshäusern erwarten, wie zufrieden sie mit den erbrachten Leistungen sind und wofür Firmen überhaupt Berater engagieren, wollte Cardea in einer Studie wissen. Das in Zürich ansässige Unternehmen unterstützt Firmen, passende Berater zu finden.

IT-Beratung ist eine riesige Spielwiese

Auf dem umkämpften IT-Beratungsmarkt kommen immer neue Akteure hinzu. Welche Trends sich abzeichnen, weiß Eva Manger-Wiemann von Cardea aus Zürich.

Eva Manger-Wiemann, Cardea: "Auftraggeber schauen viel genauer, wofür sie ihr Geld ausgeben."
Foto: atos consulting

CW: Cardea befragte Kunden nach ihrer Zufriedenheit mit Beratungsunternehmen. Vielen sind die Berater zu teuer und zu unflexibel. Das Argument ist nicht neu. Welche echten Überraschungen liefert die Studie für Berater?


WIEMANN: Mit Strategieberatung lässt sich nicht mehr so viel verdienen und viele Beratungshäuser müssen sich neu positionieren. Auch wenn die großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften stärker in den IT-Markt drängen und Know-how zukaufen, überzeugt das alleine nicht die Kunden.

CW: Sind die Kunden anspruchsvoller geworden?

WIEMANN: Auf jeden Fall. Viele Kunden verhandeln auf Augenhöhe mit den Beratern, sie verfügen über viel Expertise im eigenen Haus und beschäftigen selbst ehemalige Berater, die sich bestens auskennen. Auftraggeber schauen viel genauer, wofür sie Geld ausgeben und fordern Leistungsnachweise, die belegen, dass Beratungshäuser ähnliche Projekte erfolgreich abgeschlossen haben. Auch die Seniorität der Berater spielt eine Rolle.

CW: Gehen den IT-Beratungen die Kunden und Projekte aus?

WIEMANN: Es besteht nach wie vor ein großer Bedarf an IT-Beratung. Ganz egal, ob es um die Digitalisierung von Geschäftsprozessen oder Schnittstellen im Unternehmen geht, IT ist eine riesige Spielwiese. Wenn sich IT-Berater richtig positionieren und Lösungen anbieten können, bleibt es ein großer, lukrativer Markt.

Die 25 größten IT-Beratungshäuser Deutschlands -
Die 25 größten IT-Beratungshäuser Deutschlands
Allen europäischen und weltweiten Wirtschaftskrisen zum Trotz haben deutsche IT-Beratungshäuser im Jahr 2012 üppig eingenommen. Auf über zehn Prozent beziffern führende Anbieter ihr Umsatz- und Personalwachstum.
Platz 13: ESG Elektroniksystem- und Logistik-Gruppe, Fürstenfeldbruck
2012:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 230,0<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 1.170<br><br> 2011:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 225,0<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 1.175
Platz 10: Arvato Systems Group, Gütersloh
2012:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 272,8<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 1524<br><br> 2011:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 237,0<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 1299
Platz 9: CSC Deutschland Solutions GmbH, Wiesbaden
2012:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 335,0<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 2672<br><br> 2011:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 352,0<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 2496
Platz 8: Hewlett-Packard Deutschland Services, Böblingen
2012:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 342,0<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 1100<br><br> 2011:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 332,0<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 1050
Platz 7: Allgeier SE, München
2012:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 343,0<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 2850<br><br> 2011:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 310,8<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 1646
Platz 6: Atos IT GmbH / Atos Solutions & Services GmbH, München
2012:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 360,0<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 2500<br><br> 2011:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: k.A.<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: k.A.
Platz 5: msg system AG (Unternehmensgruppe), Ismaning
2012:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 391,5<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 3465<br><br> 2011:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 331,8<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 3195
Platz 4: Capgemini Deutschland Holding GmbH, Berlin
2012:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 796,0<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 5517<br><br> 2011:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 758,0<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 5439
Platz 3: Accenture GmbH, Kronberg
2012:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 1176,0<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 5495<br><br> 2011:<br> Umsatz in Deutschland in Mio. Euro: 1114,0<br> Mitarbeiterzahl in Deutschland: 5610
Die 25 größten IT-Beratungshäuser Deutschlands