Ratgeber DMS

Internationale Rechnungen richtig erfassen

01.04.2009 von Dr. Dietmar Weiß
Viele Unternehmer müssen Rechnungen länderübergreifend digitalisieren. Dies klappt nur, wenn sie die Scan-Prozesse, Tests und vor allem das Rollout richtig konzipieren.

Systeme zur automatisierten Eingangsrechnungsbearbeitung erkennen und klassifizieren eingehende Rechnungen und Gutschriften. Die dabei extrahierten Daten werden an ein ERP-System übermittelt und im Zuge der Rechnungsfreigabe weiterverarbeitet (siehe auch die aktuellen Trends im ECM-Markt).

Aufgrund internationaler Firmenstrukturen und Kunden landen dabei immer häufiger fremdsprachige Rechnungen im Posteingang. Sie lassen sich allein mit einem standardisierten Verfahren nicht verarbeiten, sondern machen eine Anpassung des Scan-Prozesses an die jeweiligen lokalen und sprachlichen Bedingungen erforderlich. Systemseitig sind dazu folgende Mindestanforderungen zu erfüllen:

Lesen der unterschiedlichen Schriftsätze (lateinische, kyrillische, gegebenenfalls mehrere japanische Schriften). Hierzu verwenden die im Markt angebotenen Produkte in erster Linie Standard-Texterkennungsverfahren, die aber auch Sonderfälle wie beispielsweise das in Japan erforderliche Erfassen mehrerer Zeichensätze abdecken können.

Schlüsselwörter für Rechnung, Gutschrift, Storno, Lieferschein, Mehrwertsteuer etc. müssen von den Systemen in allen Sprachen erkannt werden beziehungsweise weitere Schlüsselwörter sich ergänzen lassen.

Jedes Land hat andere Rechnungen

Erkennungs- und Interpretationskomponenten müssen sich anpassen und um spezifische Regeln erweitern lassen. Dies kann zum Beispiel bei länderspezifischen Rundungen sinnvoll sein, wenn der Netto- und Steuerbetrag nicht den Bruttobetrag ergibt, wie dies beispielsweise in Schweden oder zum Teil in Osteuropa der Fall ist. Hinzu kommen die landesspezifischen formalen Regeln für Rechnungen sowie die Verarbeitung landesspezifischer Felder wie zum Beispiel ESR-Nummer in der Schweiz oder Tax Jurisdiction Code in den USA.

Je nach Branche und Installation kann es weitere Systemanforderungen geben. Zudem sollten Unternehmen die jeweiligen Rahmenbedingungen bei der Konzeption und Umsetzung einer internationalen Lösung zur Rechnungseingangsbearbeitung beachten. Gerade die Verteilung und Freigabe elektronischer Rechnungen lässt sich oft stark verbessern.

Gängig ist hier folgende organisatorische Prozessgestaltung: Es ist denkbar, dass an einem Ort alle eingehenden Eingangsrechnungen eingescannt und die Bearbeitung ausgelöst wird. Typischerweise wird dies zentral und in Niedriglohnregionen gemacht. Dies ist häufig für regionale Lösungen mit hohem Volumen umsetzbar, wie beispielsweise bei einem Shared Service Center für eine Gruppe von Firmen innerhalb eines Konzerns in einem Land (siehe das Beispiel Wohlfahrtswerk Baden Württemberg)

International verteilte Anwender müssen hingegen eine Lösung für verschiedene Regionen, Sprachen, Buchungskreise oder Mandanten in verschiedenen Ländern gestalten. Hilfe verspricht hierbei der Einsatz eines Erkennungs- und Prozess-Templates, das international einheitliche Beschaffungs- und Freigabeprozesse abbildet.

Diese Prozessvorlage lässt sich mit verschiedenen "Center"-Ansätzen für die Rechnungsbearbeitung und Rechnungserfassung kombinieren, so dass flexiblere Abläufe entstehen. Dabei gibt es grundsätzlich vier Varianten:

Center-Ansatz 1: zentrale Eingangsrechnungsbearbeitung

Center-Ansatz 2: lokale Eingangsrechnungsbearbeitung

Center-Ansatz 3: aggregierte Eingangsrechnungsbearbeitung

Diese Mischlösung aus den genannten Ansätzen gibt es in zwei Stufen:

Center-Ansatz 4: zentrales Scannen für dezentrale Buchhaltungen

Dieses Verfahren wird nur selten eingesetzt und sieht vor, dass die Rechnungen an einem Ort erfasst und später den jeweiligen Buchhaltungen in den Ländern zur Freigabe und zum Verbuchen übermittelt werden.

Nachdem Unternehmen mit Hilfe der Center-Ansätze ihren Erfassungs-Workflow für Rechnungen systematisiert haben, können sie im nächsten Projektschritt die einzelnen Prozesse bei der Eingangsrechnungsbearbeitung mit Hilfe der genannten parametrisierbaren Prozess-Templates standardisieren. Dabei ist zu beachten, dass Genehmigungsstufen über mehrere Buchungskreise hinweg abgebildet werden. Ferner sind Stammdaten abzugleichen sowie Erkennungsregeln für Gutschriften oder Antwortschreiben in verschiedenen Sprachen zu vereinbaren. Folgende Aspekte sind hierbei zu konzipieren und einzurichten:

Prozess-Templates bieten zudem weitere Vorteile: Sie machen Projekte in der Regel miteinander vergleichbar und helfen, Erfahrungen einfacher zu vermitteln. Ebenso lassen sich Testfälle wiederverwenden, wozu sie nur um länderspezifische Details zu ergänzen sind. Dies alles führt zu einer Projekt-Management-Methode, welche die länderspezifischen Anforderungen integriert und systematisiert.

Best Practices Rechnungseingang

Darauf sollten Unternehmen achten, wenn sie eine international ausgelegte Eingangsrechungsbearbeitung einführen:

Einsatz einer technisch leistungsfähigen Invoicing-Lösung:

Vereinheitlichter Capture-Prozess inklusive einheitlicher Scanner und Scan-Programme.

Einheitliche Konzeption:Standardisierung und Parametrisierbarkeit des Geschäftsprozesses für unterschiedliche Länder;

Einheitliche Testverfahren