Intel verdoppelt die Itanium-Leistung

19.07.2006
Nicht bloß einen "Montecito", sondern gleich sechs Chips aus der "Itanium-9000"-Familie hatte Intel gestern im Gepäck für den Launch seines Doppelkern-64-Bit-Prozessors.

Mit rund 18 Monaten Verspätung und trotz weniger Features als ursprünglich geplant bringt der Chipriese damit erstmals eine hinreichend leistungsfähige und preislich halbwegs erschwingliche Itanium-Ausführung heraus. Mit dem Montecito zielt Intel auf "proprietäre" RISC-Plattformen wie Ultrasparc (Sun) und Power (IBM) sowie gegen Mainframes.

Das Spitzenmodell "Itanium 9050" taktet mit 1,6 Gigahertz und verfügt über die volle Cache-Bestückung mit 24 MB Level-3-Speicher. Jeder Kern greift auf 16 KB L1-Daten-Cache, 256 KB L2-Datencache und 1 MB L2-Befehls-Cache zu. Dazu kommen 12 MB L3. Die Level-2- und Level-3-Caches wurden nicht vereinheitlich (was Intel hätte tun können in künftigen Chips vermutlich tun wird).

Jeder Kern kann außerdem dank "Hyperthreading" zwei Threads gleichzeitig bearbeiten. Der Montecito kommt damit auf vier Threads im Vergleich zu nur einem beim aktuellen Madison mit nur einem Thread pro CPU-Sockel.

Features abgespeckt

Intel hatte im Oktober letztenJahres den Montecito einmal mehr verschoben und dabei den für zumindest die Top-Ausführungen erwarteten Front Side Bus mit 667 Megahertz gestrichen. Stattdessen taktet der FSB der neuen Chips mit 533 beziehungsweise 400 MHz. Ebenfalls nicht mehr zur Auslieferung kommt die ursprünglich geplante Beschleunigungstechnik "Foxton". Mit dieser hätte der Moncecito kurzfristig einen 200-MHz-Gang höher takten sollen, falls seine Betriebstemperatur es zugelassen hätte.

Drin im Montecito ist dafür die Virtualisierungselektronik "VT" sowie die "Pellston"-Fehlerkorrektur, die nun offiziell den Namen "Cache Safe" erhalten hat. Sie soll in der Lage sein, einen einzelnen fehlerhaften Transistor im 24-MB-Cache-Block (auf den die Mehrzahl der 1,72 Milliarden Transistoren des Itanium entfallen) zu isolieren, falls es ein Zwei-Bit-Error bis in den Zwischenspeicher schafft. Single-Bit-Errors sind für die Hersteller schon lange kein Problem mehr; ein Two-Bit-Error kann einen Server aber zum Absturz bringen - und je größer der Cache, desto wahrscheinlicher wird ein solcher.

Trotz all dieser Features produziert Intel den Chip "nur" in 90-Nanometer-Technik. Damit kommt der 9050 auf eine thermische Spitzenleistung von 104 Watt (der schnellste Madison mit 9 MB Cache genehmigt sich 130 Watt). Es dürfte spannend werden zu sehen, was passiert, wenn Intel die Produktion auf 65 Nanometer umstellt und damit sowohl den Footprint (derzeit rund 300 Quadratmillimeter) als auch die Leistungsaufnahme reduziert.

Montecito kommt im Sechserpack

Der 9050 mit zwei 1,6 Gigahertz schnellen Cores und 24 MB L3-Cache passt in Server mit 400 oder 533 MHz schnellem FSB. Er kostet Stück 3692 Dollar, das sind 13 Prozent weniger als der Single-Core-Madison mit 9 MB (4227 Dollar). Bei doppelter Leistung bietet er also rund 56 Prozent mehr fürs Geld als sein Vorgänger - ganz abgesehen von der Leistungsaufnahme (s.o.).

Wer auch mit etwas weniger Cache und damit Leistung auskommt, kann zum "Itanium 9040" mit ebenfalls 1,6 GHz, aber nur 18 MB L3-Cache (9 MB pro Core) für 1980 Dollar greifen. Wer sich mit 8 MB L3-Cache bescheidet, bekommt für 1552 Dollar den "Itanium 9030" mit gleichfalls 1,6 Gigahertz. Die billigste 1,6-GHz-Variante schließlich ist der "Itanium 9010" mit 6 MB Cache für 696 Dollar.

Mehr Cache, aber dafür eine geringere Taktrate bietet der "Itanium 9020" mit 1,42 GHz und 12 MB L3-Cache für 910 Dollar. Last, but not least taktet der "Itanium 9015" mit 1,4 Gigahertz. Er hat nur einen Core aktiviert, 6 MB Cache pro Kern und nur einen 400-MHz-FSB; zu haben ist er für 749 Dollar - aus Sicht von "Computerwire" ist dieser Chip noch am ehesten als bescheidenes Update für den 9-MB-Madison zu sehen.

Plattform kommt langsam in Schwung

Nach Angaben von Intel gibt es inzwischen für die Itanium-Plattform über 8000 zertifizierte Anwendungen von mehr als 1000 Softwarefirmen. "Unternehmen würden sicher nicht in die Plattform investieren, wenn sie darin keinen Wert sähen", erklärte Pat Gelsinger, General Manager von Intels Digital Enterprise Group, bei der Montecito-Vorstellung in San Francisco. Insidern bei Intel zufolge sollen bis Ende des Jahres sogar schon über 10.000 Applikationen für Itanium vorliegen - für Sparc/Solaris gab es zu dessen Hochzeiten rund 12.000.

Intel führte Zahlen von der IDC an, um zu belegen, dass seine reine 64-Bit-Plattform doch zunehmend an Fahrt gewinnt. Anfang 2003 - der Itanium ist seit 2001 am Markt - betrug der Umsatz mit darauf basierenden Servern rund ein Zehntel von Sparc und Power. Mitte 2004 stieg er auf 20 Prozent und ein Jahr später bereits in den 30er-Bereich. Im ersten Quartal 2006 lagen die Itanium-Erlöse nun bereits bei 42 Prozent der Power-Einnahmen und 45 Prozent vom Sparc-Umsatz. In Japan werden bereits mehr Itanium- als Power- und Sparc-Systeme verkauft.

Die ersten 99.000 verkauften Server und fünf Milliarden Dollar Umsatz dürften für Intel die schwierigsten Hürden gewesen sein. Die nächsten fünf Milliarden dürften einfacher werden und auch schneller erreicht werden. Ob es den "Itanic"-Hassern gefällt oder nicht, Itanium wird sich sein Stück vom 28 Milliarden Dollar schweren Marktkuchen für Unternehmens-Server sichern, auch wenn die Stückzahlen im Vergleich zu x64 gering sind.

Intel hat bereits Tausende Montecitos an wichtige Kunden und Serverbauer ausgeliefert und erwartet, dass diese ihre Plattformen für die neuen Prozessoren qualifizieren und ab Mitte August erste Systeme ausliefern. Mehr dazu dann, wenn es so weit ist. (tc)