"Im Bereich Security liegen für CA die größten Chancen"

21.10.2003 von Computer Associates
Mit Yogesh Gupta, Senior Vice President und Chief Technology Officer (CTO) von Computer Associates, sprach CW-Redakteur Martin Seiler.

CW: Welche Technologien spielen Ihrer Meinung nach für CA und andere Unternehmen in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle?

Yogesh Gupta

GUPTA: Dazu gehören sicher Techniken im Bereich Storage, etwa im Hinblick auf Virtualisierung, aber auch was SAN-Standardisierung angeht. Viele Hersteller sagen zwar, SANs seien jetzt schon Realität, aber es gibt noch keine echte Norm in diesem Bereich. Die brauchen Anwender aber. Außerdem werden Web-Services und Wireless-Techniken unglaubliche Auswirkungen haben. Noch sehen Kritiker Web-Services als Hype, aber das stimmt nicht. Eine ganze Reihe Unternehmen verwendet bereits jetzt viel Mühe darauf, Web-Services zu entwickeln. Einige nutzen sie nur intern, andere hingegen in begrenztem Ausmaß auch schon über Unternehmensgrenzen hinweg.

Wir bei CA zum Beispiel haben unsere "Customer-Connect"-Anwendung als Web-Service realisiert. Kunden können online ihre Informationen auf den neuesten Stand bringen, Supportanfragen stellen oder Software herunterladen, komplett auf Basis von Web-Services. Wir haben dafür nicht das Backend-System umgeschrieben, sondern mit Hilfe von Web-Services eine Schnittstelle dafür geschaffen. Ich bin überzeugt, dass viele Unternehmen das genauso machen.

CW: Wieso Funktechniken?

GUPTA: Wireless wird Computing unabhängig vom momentanen Aufenthaltsort machen. Aber es geht nicht nur darum, von überall her Zugriff auf Informationen zu haben. Denken Sie nur an Autos, die sind heute vollgestopft mit Computern, die Daten sammeln und deren Software Updates benötigt. Kommt das Fahrzeug in die Inspektion, schließen die Mechaniker ihre Diagnosesysteme an, um darauf zuzugreifen. Das sollte drahtlos erfolgen.

Stellen Sie sich vor: Von Ihrer Garage zu Hause aus lassen sich die Daten per Knopfdruck an die Werkstatt übertragen, die sie auswertet - Sie brauchen das Auto nur noch dann hinzubringen, wenn tatsächlich ein Fehler gefunden wird. Das wäre großartig! Funktechniken ermöglichen die Umsetzung solcher und vieler anderer Geschäftsideen, beispielsweise auch im medizinischen Bereich, daher bin ich von ihrem Erfolg überzeugt.

CW: Welche anderen Techniken werden aus Ihrer Sicht von Bedeutung sein?

GUPTA: Grid Computing stellt eine sehr interessante Technologie dar. Wie nutze ich große Systemverbünde, wie kann ich die anfallende Arbeit hin- und herverteilen, wie nutze ich Ressourcen? 80 Prozent der hier noch zu lösenden Probleme liegen im Bereich Management: Sie haben viele miteinander verbundene Computer - was nun? Sie wollen Aufgaben erledigen, also brauchen sie eine Management-Lösung, um Aufgaben zu verteilen und deren Erledigung zu überwachen.

CW: Welche Rolle spielt eine Technik wie Voice over IP (VoIP) für CA?

GUPTA: Das Management von VoIP-Umgebungen sehen wir als ein sehr spannendes Thema. Wir arbeiten eng mit einigen unserer großen Kunden, die VoIP bereits nutzen, an Lösungen. Derzeit bieten wir aber noch keine konkreten Produkte.

CW: Sind Sie nicht ein wenig spät dran?

GUPTA: Nicht, was das Management betrifft. Es ist immer so: Erst müssen sich Techniken etablieren, bevor man sich um das Management Gedanken macht. Wir können nicht sofort auf jeden Zug aufspringen, bevor nicht eine bestimmte kritische Masse erreicht ist. Daher glaube ich nicht, dass wir in Bezug auf VoIP etwas verschlafen haben, der Markt ist noch weit offen.

CW: Wie würden Sie momentan das Profil von CAs Produktportfolio beschreiben? "Unicenter" bildet mit etwa 40 Prozent Anteil am Gesamtumsatz einen starken Pfeiler, aber wie sieht es mit den anderen Bereichen aus? Wo sehen Sie das größte Potenzial?

GUPTA: Etwa 70 Prozent unseres Portfolios gehören zu den Bereichen Unicenter, "Brightstor" und "Etrust" - das alles läuft bei uns intern unter der Bezeichnung Enterprise-Management. Die restlichen 30 Prozent rechnen wir zum Information-Management: "Allfusion", "Cleverpath" und "Advantage". Advantage ist auf Legacy-Datenbanken und -Tools ausgerichtet, deshalb erwarte ich in diesem Bereich kein großes Wachstum. Unicenter wird weiterhin wachsen, diese Linie entwickelt sich gut, aber Sicherheit stellt eine größere Gelegenheit für uns dar, einfach weil der Bedarf und die Nachfrage nach integrierten Lösungen so groß sind. Im Bereich Speichertechniken gibt es die auch, aber dort herrscht ein ziemlicher Konkurrenzkampf. Die Situation gestaltet sich für uns in diesem Bereich schwieriger als bei Security, wo aus unserer Sicht die derzeit größten Chancen liegen.

CW: Welche Themen wollen Sie in diesem Bereich adressieren?

GUPTA: Eines der Hauptprobleme im Hinblick auf IT-Sicherheit ist das Management der verschiedenen Lösungen. Anwender wollen wissen, wie sie die gesamten Sicherheitsinformationen von einer zentralen Stelle aus verwalten können. Firewalls, Intrusion-Detection, all diese Dinge müssen kontrolliert werden. Wir haben "Security Command Center" (COMPUTERWOCHE berichtete) entwickelt, um genau dieses Problem anzugehen.

CW: Welche Rolle spielen Appliances in diesem Zusammenhang? Sie haben auf der CA World ein Gerät vorgestellt, das Sie gemeinsam mit dem Hersteller Steelcloud entwickelt haben (COMPUTERWOCHE berichtete), außerdem gibt es den "Vulnerability Manager", zu dem Dell die Hardware beisteuert.

GUPTA: Für uns ist dabei die Frage interessant, wie wir unsere Produkte liefern. Bislang geschah dies in Form einer CD, aber in Zukunft wird es weitere Möglichkeiten geben, entweder vorinstalliert als Appliance oder über das Internet.

Denkbar ist auch, dass ein Unternehmen in Zukunft seine Infrastruktur mit einem Dienstleister verbindet und von diesem dann Management-Services bezieht. Vielleicht könnte das CA selbst sein oder einer unserer Partner. Die nötige Software muss aber gar nicht mehr ausgetauscht beziehungsweise installiert werden, es genügt, wenn die für das Management benötigten Informationen verfügbar sind. Dabei könnte eine vor Ort installierte Appliance eine wichtige Rolle spielen. Nicht überall, aber da, wo ihr Einsatz sinnvoll ist. Wir gehen da ganz pragmatisch vor.

CW: Also wird es keine Unicenter-Appliance geben?

GUPTA: Das will ich damit nicht sagen, eine Unicenter-Appliance ist vorstellbar. Einige Elemente aus der Unicenter-Reihe eignen sich sehr wohl für eine Appliance, Sonar ist ein gutes Beispiel. Die Technik könnte auf einem dedizierten Gerät installiert sein und von dort die Infrastruktur überwachen. Aber ich kann mir Appliances auch im Bereich Inventar- und Asset-Management vorstellen. Die Box wird angestöpselt, sie findet und verfolgt automatisch die vorhandenen Hardware- und Softwarekomponenten und überwacht die Lizenzen. Die Administratoren können dann auf diese Informationen zugreifen und sie weiterverarbeiten. Es gibt genügend ähnliche Möglichkeiten.

CW: Sie erwähnten Sonar - was genau verbirgt sich dahinter?

GUPTA: Sonar ist kein Produkt, sondern ein ganzes Bündel von Techniken. Es gibt derzeit nichts, was sich damit vergleichen lässt. Sonar ist unter anderem in der Lage, IT-Ressourcen auf Geschäftsprozesse abzubilden. Der Endanwender bekommt davon überhaupt nichts mit, kann aber die Vorteile nutzen.

CW: Derzeit findet Sonar innerhalb der Unicenter- und E-Trust-Produktreihen Anwendung. Wo wird die Technik in Zukunft noch eingesetzt werden?

GUPTA: Es gibt zwei Bereiche, wo es denkbar wäre. Zum einen innerhalb unserer Brightstor-Reihe, weil es hier im Bezug auf Management deutliche Parallelen zu Unicenter gibt. Wenn Speicher vernetzt wird, tauchen ähnliche Fragen auf wie bei "normalen" Netzen: Welcher Speicher ist womit verbunden, wofür wird er verwendet und so weiter.

Dann könnte Sonar noch innerhalb von Allfusion zum Application-Lifecycle-Management verwendet werden. Die Technik kann herausfinden, wo eine bestimmte Anwendung eingesetzt wird, welche Teile einer Software aktualisiert werden müssen und wer die Anwendung aktiv einsetzt, damit diese User zuerst auf den neuesten Stand gebracht werden. Das sehe ich aber eher als ein potenzielles Einsatzgebiet, nicht so nahe liegend wie in Unicenter, Brightstor und Etrust.

CW: Wann ist mit konkreten Produkten zu rechnen?

GUPTA: Für Brightstor wird es die innerhalb der nächsten fünf Monate geben, für Allfusion lässt sich das noch nicht genau sagen.

CW: Dieser Tage betont CA auch sehr das Thema On-Demand-Computing. Aber im Gegensatz zu IBM verfolgen Sie einen etwas anderen Ansatz...

GUPTA: Genau. IBM versucht das Problem vor allem über die Hardware zu lösen. Dabei geht es im Prinzip immer nur darum, bei Bedarf zusätzliche Kapazitäten freizuschalten, um Engpässe zu Spitzenlastzeiten zu vermeiden. Das löst aber nicht das eigentliche Problem und unterscheidet sich daher enorm von unserer Herangehensweise. Wir versuchen, mit Hilfe unserer Management-Tools besser mit den Peaks umzugehen und die Last so zu verteilen, dass die vorhandenen Ressourcen auch in Spitzenzeiten zum Erledigen der anstehenden Aufgaben ausreichen.

Wir verkaufen keine Hardware, daher ist unser Ansatz rein softwarezentriert. Auch wenn viele so tun, als ginge es bei On-Demand um Hardwarekapazitäten, ist es letztlich ein Management-Problem. Nur mit einem ineffizienten Management bekommen Sie Hardwareprobleme. Daher kaufen viele Anwender neue Systeme, auch wenn sie sie gar nicht benötigen. Untersuchungen zufolge sind Server im Schnitt nur zu zehn bis 25 Prozent ausgelastet! Daher sagen wir: Mit den richtigen Tools können Unternehmen ihre bestehende IT-Infrastruktur effizienter nutzen und sogar noch Leistung herauskitzeln.

CW: Ein schönes Versprechen.

GUPTA: Mehr als das. Unser Kunde CSX Corp. (eine US-Eisenbahngesellschaft, Anm. d. Red.) hat etwa 350 NT-Server, die im Durchschnitt zu etwa 15 Prozent ausgelastet sind. Das heißt, dass viele Server überflüssig wären, wenn die Last etwa gleich bleiben würde und sich entsprechend verteilen ließe. Das ist jedoch schwierig, weil es immer Rechner gibt, die sehr stark, und andere, die kaum ausgelastet sind. Es ist sehr schwer, einfach nur die Last zu verteilen. Mit Hilfe von Unicenter hofft CSX jedoch, die Zahl der Systeme auf 200 zu reduzieren und den Service zu verbessern.