Internet Explorer 9 im Test

IE9 RC gegen Firefox 4 Beta 11

19.02.2011 von Jürgen Donauer
Lesen Sie, wie der Release Candidate des Microsoft-Browser Internet Explorer 9 (IE 9) gegen den Rivalen Firefox 4 Beta 11 abschneidet.
Aufgeräumter IE9: Platzverschwendung und Unübersichtlichkeit gehören der Vergangenheit an.
Foto: Jürgen Donauer

Darauf haben viele gewartet: Internet Explorer 9 RC hat vor wenigen Tagen debütiert. Microsoft hat sich sehr viel vorgenommen. Doch kann der Internet Explorer diesen Ansprüchen auch gerecht werden? Die COMPUTERWOCHE hat den neuesten Streich aus Redmond unter die Lupe genommen. Allerdings wurde der Microsoft-Browser nicht alleine ins Rennen geschickt, sondern wir stellen einen Vergleich mit einer späten Beta-Version von Firefox 4 an.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick

Beide Browser kommen mit einer deutlich vereinfachten Benutzeroberfläche. Dies ist nicht nur angenehmer für Anwender, sondern bringt auch Platzvorteile. Gerade bei Netbooks ist jeder Millimeter mehr Browsing-Fläche ein Segen. Die beiden Browser bringen aber auch viele weniger sichtbare Veränderungen mit sich.

IE 9: Webseiten in der Taskbar verankern

Bild 02: Ab in die Häufig besuchte Webseiten lassen sich im IE 9 in die Schnellstartleiste legen.
Foto: Jürgen Donauer

Microsoft stellt die Möglichkeit bereit, häufig besuchte Webseiten direkt in der Taskbar abzulegen. Dazu müssen Sie lediglich das Favicon per Drag&Drop in die Taskleiste ziehen. Somit haben Sie schnellen Zugriff auf beliebte Webseiten. Sollten Sie viele Favoriten haben, kann das aber schnell zu einer überfüllten Taskleiste führen. Auch für diesen Fall hat Microsoft vorgesorgt. Beim Öffnen eines neuen Tabs zeigt der Internet Explorer 9 die am häufigsten besuchten Seiten an. Das ist eine weitere Schnellstartfunktion, die sich allerdings nicht besonders gut an eigene Bedürfnisse anpassen lässt.

SpeedDial: Dieses PlugIn gibt Firefox einen echten Mehrwert.
Foto: Jürgen Donauer

Firefox kann so eine Schnellstartfunktion per Standard nicht aufweisen. Allerdings gibt es ein sehr nützliches PlugIn, das sich perfekt an eigene Bedürfnisse anpassen lässt: SpeedDial.

(Teaserbild: Microsoft)

Sicherheits-Funktionen

Bild 05: Bitte nicht spionieren: Die Option "Do Not Track" können Webseitenbetreiber auf freiwilliger Basis zur Verfügung stellen.
Foto: Jürgen Donauer

"Do Not Track", das sich seit neuestem in Firefox 4 Beta befindet ist ein ehrenwerter Ansatz. Dazu muss man allerdings an das Gute im Menschen glauben. Ist diese Option aktiviert, sendet der Header eine Nachricht an den Webserver, dass man nicht verfolgt werden möchte. Die aufgerufene Webseite muss das allerdings unterstützen. Mozilla erhofft sich wohl in der Zukunft, hier einen neuen Standard setzen zu können. Nur: Welcher Webseitenbetreiber sägt an dem Ast auf dem er sitzt und lässt sich damit eventuell Werbeeinnahmen durch die Lappen gehen?

Foto: Jürgen Donauer

Microsoft geht hier einen anderen Ansatz und hat einen Tracking-Schutz eingebaut. Damit können Sie Webseiten, Diensten, Zählpixeln und so weiter das Spionieren austreiben. Nur ist gut gemeint bekanntlich das Gegenteil von gut gemacht. Dieser Schutz ist per Standard deaktiviert. Das Konfigurieren ist etwas konfus und umständlich - vor allen Dingen für den Otto-Normal-Anwender. Des Weiteren gibt es noch nicht wirklich Listen, die aber laut Microsoft in Zukunft zuhauf bereitstehen sollen, weil im Prinzip jeder so eine Liste erstellen kann. Es ist noch etwas früh zu sagen, wie sich das entwickelt. Bleibt zu hoffen, dass es sich nicht um eine Alibi-Sicherheitsfunktion handelt. Auf der "What's New"-Seite von Microsoft wird auch nicht wirklich ausführlich auf diese eigentlich sehr gute Funktion eingegangen. Lieblose Erwähnung trifft es wohl am Besten.

ActiveX-Filter im Firefox 4: Nur bei Bedarf erlauben ist möglich.
Foto: Jürgen Donauer

Um Spionage in Firefox zu verhindern, gibt es sehr gute PlugIns. Dazu gehören Ghostery und AdBlock Plus. Der ActiveX-Filter im Internet Explorer war hingegen schon lange überfällig. Sie können erst einmal alle ActiveX-Inhalte per se blockieren und dann nur auf den Seiten erlauben, denen Sie auch vertrauen.

Geolokalisierung oder standortbezogenes Surfen

Foto: Jürgen Donauer

Der Internet Explorer unterstützt nun das so genannte standortbezogene Surfen. Sollte eine Seite diese Daten anfordern, werden Anwender in der Regel gefragt, diese auch herzugeben. Sie können die Option in den Einstellungen der Privatsphäre aber auch komplett mittels setzen eine Hakens deaktivieren.

Foto: Jürgen Donauer

Bei Mozillas Firefox verhält sich die Sache ganz ähnlich. Allerdings ist eine komplette Deaktivierung nicht ganz so komfortabel. Dazu müssen Sie in der Browser-Zeile about:config eintippen und danach den Einstellungsnamen geo.enabled suchen. Setzen Sie diesen Parameter von true auf false, sind die Geolokations-Dienste komplett abgeschalten.

Download-Manager

Längst überfällig: Einen Download-Manager gibt es nun auch im Internet Explorer.
Foto: Jürgen Donauer

Was bei Firefox und in anderen Browsern schon lange Standard ist, zieht nun auch in den IE9 ein - ein Download-Manager. Hier haben die Entwickler sogar noch einen Schritt weiter gedacht und markieren verdächtige Downloads. Nach jedem Download wird Software auf Schadcode untersucht. Dies stellt eine weitere Sicherheitsschicht für Anwender darstellen.

Wie kompatibel ist der Internet Explorer 9?

Ohne Worte: In Sachen Kompatibilität schneidet der IE 9 im Acid3-Test richtig schlecht ab.
Foto: Jürgen Donauer

Microsoft gelobt ja seit Jahren Besserung in Sachen Kompatibilität und hat auch viel Lob für die HTML-5-Unterstützung erhalten. Ebenso wolle man sich mit Internet Explorer 9 besser an Web Standards halten. Der Acid3-Test endet jedoch in einer absoluten Katastrophe. Lediglich 13 von 100 Punkten kann der Internet Explorer erreichen. Im Kompatibilitätsmodus schafft er es hingegen auf 95 von 100 Punkten. Internet Explorer 8 schaffte hier immerhin schon bis zu 20 Punkte. Auch Firefox 4 Beta 11 erreicht keine 100 Punkte, sondern bleibt bei 97 stehen.

Energie-Einstellungen

Energie-Management mit dem IE 9: Hier können Sie etwas Strom sparen - interessant für Notebok-Anwender.
Foto: Jürgen Donauer

Diese Funktion hängt mehr vom Betriebssystem als vom Internet Explorer ab, ist aber trotzdem eine Erwähnung wert. Sie können unter den Engergie-Einstellungen die JavaScript Timer Frequency verwalten. Interessant ist das unter Umständen auf Mobilgeräten, die nicht am Stromnetz hängen. Somit können Sie Ihrem Notebook unter Umständen eine etwas längere Laufzeit spendieren.

Benchmark-Tests

Dass sich Vorgängerversionen der beiden Browser in Sachen Geschwindigkeit nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben, ist hinlänglich bekannt. Vorweggenommen kann man schon mal verraten, dass sowohl IE9 RC als auch FF4 Beta 11 nun absolut salonfähig sind. Beim Testsystem handelt es sich um einen Mac Mini mit einer Intel Core Duo CPU P8700 mit 2,53 GHz und vier GByte Arbeitsspeicher. Das Betriebssystem ist Windows 7 Ultimate 64-Bit.

WebKits SunSpider-Javascript-Benchmark

Dass man keiner Statistik trauen soll, die man nicht selbst gefälscht hat ist mehr als eine Bauernweisheit. Von daher sind Benchmark-Tests immer mit Vorsicht zu genießen. Interessant war aber schon, als Microsoft einen Rekord beim SunSpider-Benchmark verkündete. Dieser hatte aber einen faden Beigeschmack, da man Microsoft hier unzulässige Optimierung vorwirft. Der Internet Explorer schlägt mit 248,8 Millisekunden Mozillas Firefox, der 313,5 Millisekunden braucht.

Mozillas Kraken

Braucht doppelt so lange: Der Internet Explorer braucht über die doppelte Zeit, um den Kraken-Test durchzuführen.
Foto: Jürgen Donauer

Der Kraken-Test geht eindeutig an Firefox. Hier ist der Mozilla-Browser mit 8073,6 Millisekunden mehr als doppelt so schnell wie der Internet Explorer, der 17074,0 Millisekunden braucht. Laut Mozilla wurde der Benchmark nicht speziell für Firefox optimiert und soll ein ausgewogenes Testsystem zur Verfügung stellen, das die tägliche Arbeit widerspiegelt. Hier macht sich wohl Mozillas JaegerMonkey bemerkbar.

Googles V8 Version 6

Beim RegExp-Test hat allerdings der Internet Explorer die Nase vorne.
Foto: Jürgen Donauer

Im Google Benchmark hat ebenfalls Mozilla Firefox 4 die Nase mit 3381 Punkten vorne. Der Internet Explorer 9 bringt es auf 2164 Punkte. Interessant ist aber, dass der Microsoft-Browser beim Untertest RegExp mit 1829 besser ist. Firefox schafft hier lediglich 1151 Punkte. In allen anderen Subtests gewinnt der Mozilla-Browser.

Microsofts Testdrive

Müde Fische: Mozilla muss wohl in diesem Bereich noch etwas feilen.
Foto: Jürgen Donauer

Zieht man Microsofts eigene Tests zu Rate sieht man, dass die Hardware-Beschleunigung im Internet Explorer 9 sehr gut funktioniert. Hier muss Mozilla noch etwas nachbessern. Während im IE die Fische nur so über den Bildschirm flitzen, schafft Firefox nicht die volle Geschwindigkeit. Diese grafisch aufwendigen Tests sind aber derzeit weniger relevant. Für die Zukunft aber sicher ein nicht zu verachtender Aspekt. Man könnte also sagen, dass Microsoft für diese Sachen gewappnet und der Konkurrenz einen Schritt voraus ist.

Futuremarks Peacekeeper

Gerade bei den grafischen Tests glänzt der Internet Explorer.
Foto: Jürgen Donauer

Der Futuremark-Test ist ein unabhängiger Benchmark-Test, der viele Bereiche abdeckt. Betrachtet man das Gesamt-Ergebnis, scheint Internet Explorer mit 4592 gegenüber 3683 Punkten deutlich schneller zu sein. Der IE macht hier aber viele Punkte beim Rendering und den komplexen Grafiken gut. In den Subtests Social Networking und DOM-Operationen ist Firefox schneller.

Fazit

Wer bisher ein Anwender des Internet Explorer war, kann nun auch endlich die Steinzeit der Browser-Entwicklung verlassen und kommt in der Neuzeit an. Die neuen Funktionen und das aufpolierte Äußere sind durchaus gelungen.

Firefox 4 wird wie schon die Vorgänger Hunderte von Plugins und Erweiterungen zu Verfügung stellen. Das ist natürlich ein großer Vorteil. Unter anderem aus diesem Grund hat es schon die alte, langsame Version des Firefox zum führenden Browser in Europa gebracht.

Wer seinen Browser plattformübergreifend und synchronisiert einsetzen möchte, der hat beim Internet Explorer schlechte Karten. Mit der eingebauten Synchronisations-Funktion von Firefox sparen Sie sich zum Beispiel das Exportieren und Importieren von Lesezeichen. Sollten Sie auch Mac OS X oder Linux im Einsatz haben, ist das eine nicht zu verachtende Annehmlichkeit.

Der Internet Explorer scheint auf den ersten Blick mit etwas mehr Funktionen ausgestattet zu sein. Bezieht man aber die riesige Add-On-Bibliothek von Mozilla mit ein, hat hier Firefox schon Vorteile. Es gibt einfach PlugIns, die man als eingefleischter Firefox-Anwender nicht mehr missen möchte.

In Sachen Sicherheit lässt sich derzeit noch nicht viel sagen. Hier muss man abwarten, wie gut Microsoft seine Hausaufgaben gemacht hat. Sobald Internet Explorer 9 Marktanteile gewinnen wird, stürzen sich mit Sicherheit auch die bösen Buben darauf. Das gilt natürlich auch für die Firefox-Entwickler.

Bei den Benchmarks kann Microsofts Internet Explorer vor allen Dingen in den grafisch aufwendigen Tests glänzen. Gut, die Firefox-Entwickler befinden sich noch immer in einer Beta-Phase und können noch etwas an der Hardware-Beschleunigung schrauben. Ob sich da bis zur finalen Version noch viel ändert ist fraglich. Für diese Funktionen ist aber auch noch Zeit für spätere Varianten, da die grafischen Spielereien im Moment nicht mehr als Proof-of-Concept-Anwendungen sind und im täglichen Gebrauch derzeit kaum Bedeutung haben. Fakt ist, dass beide Browser den Status "lahme Ente" ablegen können.

Schade ist, dass sich Microsoft entschlossen hat, den unfreien H.264-Codec zu unterstützen. Apples Safari geht denselben Weg. Redmond und Cupertino stehen hier alleine auf weiter Flur. Alle anderen, darunter auch Firefox, Chrome und Opera werden auf WebM und Ogg Theora setzen. Der <video>-Tag hätte so schön sein können, wenn man sich im Browser-Lager nur einmal einig wäre.

Wer sich selbst ein Bild von den Testversionen machen möchte kann Firefox 4 Beta oder Internet Explorer 9 RC herunterladen. (wh)