IBM Workplace soll das bessere SAP-GUI werden

24.05.2006 von Michael Wagner
Auf dem IBM Technical Forum der DNUG gab die IBM einen Ausblick auf bevorstehende Updates in ihrem Collaboration-Portfolio.

Nach der Ankündigung des "Hannover"-Release für Lotus Notes im letzten Jahr wurde für die DNUG Konferenz in Karlsruhe eine entsprechende Verlautbarung für die Server-Seite erwartet. Doch General Manager Mike Rhodin erläuterte stattdessen viele Details des geplanten Collaboration-Fahrplans.

Wie bereits auf der Lotusphere 2006 angekündigt, wächst Lotus Notes im "Hannover"-Release mit Workplace zusammen (siehe: "Notes erhält Technik von Workplace"). Dabei erhält der Groupware-Veteran auch innovative Features von der neuen Produktlinie, wie etwa den Activity Explorer zur zentralen Organisation von Vorgängen in einem Projekt. Die Fusion der beiden Welten bedingt auch, dass der Domino-Server Workplace-Technik erhält. Über Einzelheiten schweigt sich die IBM allerdings noch aus.

Mit Workplace for SAP möchte die IBM ein alternatives Frontend zu Duet anbieten, das Microsoft und SAP derzeit für Office entwickeln.

Ganz im Zeichen des Web 2.0 standen andere Erweiterungen, die IBM auf der DNUG für die Hannover-Version zeigte. Was auf der Lotusphere im Januar noch unter dem Codenamen "Dogear" als Studie in den Labs demonstriert wurde, mutierte nun zum Bestandteil des nächsten Lotus Notes. Es handelt sich dabei um einen Social-Bookmarking-Service. Benutzer können damit Web-Adressen gemeinsam speichern, verschlagworten und per RSS-Feed weitergeben.

RSS bleibt allerdings kein exklusives Feature von Dogear, sondern soll systemweit verfügbar werden. Über eine zentrale Administration können Systemverwalter Feeds für beliebige Notes-Datenbank veröffentlichen. IBM demonstrierte diese Funktion anhand eines Podcast-Service, der in Notes gespeicherte MP3-Dateien auslieferte.

Open Document Format für Notes

Mike Rhodin, General Manager IBM Workplace, Portal und Collaboration Business.

Neben RSS unterstützt die kommende Version von Lotus Notes ein weiteres offenes Datenformat. Es handelt sich dabei um das Open Document Format (ODF), das kürzlich zum ISO-Standard erhoben wurde. Anfangs war noch unklar, ob das Dokumentenformat auf die so genannten Productivity Tools beschränkt sein würde, hinter denen sich ein modifiziertes Open Office 1.1 verbirgt und die mit Hannover ausgeliefert werden sollen. In einer solchen Minimalvariante würden diese Programme aus Notes gestartet und speicherten ihre Dateien nach dem Muster von Mail-Anhängen in Felder der Datenbank. Die jetzt in Aussicht gestellte native Unterstützung bedeutet jedoch, dass ODF als Alternative zum proprietären Richtext-Format positioniert wird.

Nachdem das ISO-Format auf XML beruht, ergeben sich besonders für Entwickler ganz neue Möglichkeiten. Neben den Design-Elementen einer Notes-Anwendung, die sich schon länger mittels DXL exportieren lassen, liegen dann auch die Inhalte in der Syntax des Industriestandards vor und könnten mit gängigen XML-Tools wie XSLT-Prozessoren oder DOM-Parsern weiterverarbeitet werden.

Nach Einschätzung von Mike Rhodin liegt das Potenzial des Open Document Formats in den Innovationen, die aus der Open-Source-Community zu erwarten sind, und die den Markt für Desktop-Applikationen neu beleben könnten.

Überlappung mit Portal-Server

In der Vergangenheit war das Verhältnis zwischen dem Websphere Portal Server und Workplace noch relativ klar. Ersterer bot die Infrastruktur für die neue Web-basierende Collaboration-Familie und wurde daher im Paket mit Workplace ausgeliefert. Die Version 6 des Portals-Server enthält jedoch eine ganze Reihe von Applikationen, die bis dato dem Collabortation-Bundle vorbehalten war (siehe: "Websphere Portal 6.0 verbessert Office-Anbindung"). Dazu zählen Dokumenten- und Content-Management sowie eine Lösung für elektronische Formulare. Angesichts dieser Verschiebung von wesentlichen Funktionen in das Basisprodukt erhebt sich natürlich die Frage nach der Daseinsberechtigung eines eigenen Collaboration-Produkts. Eine der vorerst exklusiven Workplace-Features ist der in Karlsruhe vorgestellte SAP-Konnektor.

SAP-Anbindung

Angesichts von "Duet" (Codename "Mendocino"), der von Microsoft und SAP gemeinsam realisierten Integration von mySAP und Office, gewinnt die Anbindung von Workplace an das ERP-System der Walldorfer an Bedeutung. Mit "Workplace für SAP" kündigte IBM nun die Verfügbarkeit eines Zusatzproduktes an, das auch zusammen mit dem Collaboration-Paket erworben werden kann. Aus der Sicht von Big Blue handelt es sich dabei um ein alternatives Frontend für SAP, das auch gegen Duet positioniert wird (siehe: "SAP und Microsoft spielen im Duet").

Workplace für SAP integriert die "Employee Self Services" des J2EE-basierenden mySAP-Systems und kann in Verbindung mit dem "Workplace for Business Strategies and Reporting" Informationen aus mySAP aufbereiten, bis hin zur Darstellung von Balanced Scorecards. IBM greift dabei auf die BAPI-Schnittstellen von mySAP zurück. Im Unterschied dazu setzt Duet nur auf die neueren Web-Service-Interfaces auf. Die IBM nennt daher als Vorteil ihres Produkts gegenüber der Office-Konkurrenz, dass es auch ältere Versionen des ERP-Systems unterstützt. (ws)