Größte IBM-Investition in Europa seit zwei Jahrzehnten

IBM Watson IoT Hauptsitz in München eröffnet

17.02.2017 von Manfred Bremmer und Jürgen  Hill
Neue Wege der Zusammenarbeit beschreitet IBM im Watson-IoT-Headquarter in München. In Collaboratories sollen IBM-Experten gemeinsam mit Kunden und Partnern an neuen Technologien und Lösungen für IoT und künstliche Intelligenz (AI) arbeiten.
Münchens höchstes Firmenlogo: Das IBM Watson IoT Center in den Highlight Towers.
Foto: IBM

München hat ein neues Wahrzeichen: Der im 29. Stock angebrachte IBM-Schriftzug ist das höchst positionierte Markenzeichen der bayerischen Landesmetropole. Hoch über der Skyline der City hat der US-Konzern in den Highlight Towers in Nordschwabing seine weltweite IoT-Zentrale eröffnet. Mit einem Investment von rund 200 Millionen Dollar ist dies die größte Investition des amerikanischen IT-Konzerns in Europa in den letzten zwei Jahrzehnten.

IBM wettet mit hohem Einsatz

"Wenn IBM wettet, dann gleich mit hohem Einsatz", so John Kelly, Senior Vice President für Cognitive Solutions and Research bei IBM, zur Standortwahl München.
Foto: IBM

"Wenn IBM wettet, dann gleich mit hohem Einsatz", begründete John Kelly, Senior Vice President für Cognitive Solutions and Research bei IBM, die Entscheidung von IBM, für die IoT-Zentrale das höchste Gebäude in München auszusuchen. Bereits die ersten Reaktionen von Kunden und Partnern hätten die internen Erwartungen übertroffen, so Kelly. Man sei sich daher nicht sicher, ob das Gebäude groß genug für die Pläne sei.

IBM Watson IoT Eröffnung - Impressionen
IBM Watson IoT Center München
Die Zentrale von IBMs Geschäftsbereich Watson IoT in den Münchner Highlight Towers.
IBM Watson IoT Center München
An US-amerikanische Straßenschluchten erinnert der Blick am Fuß der Higlight Towers.
IBM Watson IoT Center München
Mit dem zweiten Turm ist das Gebäude über zwei Übergänge verbunden.
IBM Watson IoT Center München
Auch bei Nacht machen die Türme eine gute Figur.
IBM Watson IoT Center München
Eine Fahrt in den Glasaufzügen ist gewöhungsbedürftig.
IBM Watson IoT - IBM John Kelly
"Wenn IBM wettet, dann mit hohem Einsatz", scherzte John Kelly, IBM Senior Vice President Cognitive Solutions Group and Research, zur Eröffnung.
IBM IoT Watson - Harriet Green
Harriert Green, General Manager IBM Watson IoT, führte durch die Eröffungszeremonie.
IBM Watson IoT - IBM Koederitz und Aigner
Ministerin Aigner (rechts) im Gespräch mit Martina Koederitz, Geschäftsführerin IBM Deutschland.
IBM Watson IoT Aktivierung
Harriet Green (links) und Ilse Aigner nehmen das Watson IoT Center offiziell in Betrieb.
IBM Watson IoT - Pessekonferenz
Hariett Green, Martina Koederitz, EU-Vizepräsident Andrus Ansip, Ilse Aigner und Peter Gutzmer (von links), CTO Schaeffler, stehen in der Pressekonferenz Rede und Antwort.
IBM Watson IoT - Industry Lab
Am Eingang zum Industry Lab begrüßt Roboter Pepper die Besucher. Trotz seines Namens sit der Roboter nach eigenem Bekunden eine Frau.
IBM IoT Watson - Intelligente Whiteboards
Intelligente Whiteboards von Ricoh erlauben neue Meeting-Formen.
Watson IoT Design Studio
Im Design-Studio entstehen aus Ideen neue Produkte.
Watson IoT Design Studio 2
Trotz Whiteboards und Robotern haben die klassischen Postit-Zettel noch nicht ausgedient.

Aktuell hat IBM die Etagen 15 bis 29 des höheren Turms mit rund 65.000 Quadratmetern Fläche angemietet. Hier sollen später bis zu 1.000 Experten arbeiten, aktuell sind es 300. Ziel der Entwicklung in München ist der Aufbau eines neuen, weltweiten Innovationsökosystems rund um künstliche Intelligenz (AI) und IoT.

Collaboratories als neue Arbeitsform

Neue Formen der Zusammenarbeit mit Postits und intelligenten Whiteboards.

Mit Watson IoT will IBM in München auch neue Wege der Zusammenarbeit beschreiten. Collaboratories ist dabei das Schlagwort. Das Kunstwort ist eine Zusammensetzung aus den Worten "Collaboration" und "Laboratories". IBM-Experten sollen gemeinsam mit Kunden, Partnern und Forschungseinrichtungen an neuen kognitiven Technologien und Lösungen arbeiten. Zur offiziellen Eröffnung von Watson IoT konnte IBM die europäische Technologie-Initiative EEBus, BNP Paribas, Capgemini, Tech Mahindra und Avnet als Partner gewinnen. Gemeinsame Aktivitäten in Sachen IoT und AI gibt es schon seit längerem mit Bosch, BMW, Visa, dem Aufzugbauer Kone oder der französischen Staatsbahn SNCF.

EU-Vize Ansip mahnt digitalen EU-Binnenmarkt an

EU-Vize-Präsident Andrus Ansip mahnte anlässlich der Eröffnung des Watson IoT Center den digitalen EU-Binnenmarkt an.
Foto: Hill

Trotz aller feierlichen Stimmung anlässlich der offiziellen Inbetriebnahme von Watson IoT durch Harriet Green, General Manager IBM Watson IoT, Cognitive Engagement and Education und Ilse Aigner, Bayerische Staatsministerin für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie und Stellvertretende Ministerpräsidentin, gab es auch warnende Worte. Wenn sich die EU sich nicht bald zu einem einheitlichen digitalen Binnenmarkt entwickle, drohe sie den wirtschaftlichen Wettbewerb um Zukunftsmärkte wie Digitalisierung, IoT oder Industrie 4.0 zu verlieren, so Andrus Ansip, Vizepräsident der EU-Kommission. Dabei sieht Ansip vor allem in drei Bereichen Handlungsbedarf. Eine Wachstumsbremse, vor allem auch in Deutschland, sei der mangelnde Breitbandausbau. Ein Kritikpunkt, den auch viele der anwesenden IBM-Partner aus Industrie und Forschung teilten.

Fehlende IoT-Standards als Bremser

Ilse Aigner und Harriet Green nehmen das Watson IoT Center per Knopfdruck offiziell in Betrieb.
Foto: IBM

Des Weiteren kritisierte der EU-Politiker, dass es nicht angehen könne, dass sich die Unternehmen im digitalen Markt eines Verbundes aus 28 Mitgliedstaaten mit mehreren hundert verschiedenen Standards herumärgern müssen. "Das bremst die Entwicklung und behindert den Markt", so Ansip. Darüber, wer bei einer Harmonisierung der unterschiedlichen Standards federführend sein sollte - der Regulierer oder die Unternehmen - herrschte unter den anwesenden Politikern und Industrievertretern keine Einigkeit.

Industrievertreter und Politik stellen sich den Fragen der Journalisten.
Foto: IBM

Rainer Kallenbach, CEO von Bosch Software Innovations, sprach sich etwa dafür aus, diese dem freien Spiel der Märkte zu überlassen. Als dritten Punkt bemängelte Ansip, dass nach wie vor einheitliche Regeln für Datenschutz und -sicherheit in der EU fehlten. "Wir müssen diese Probleme schnellstens lösen, um einen einheitlichen digitalen Binnenmarkt zu schaffen, der die Zukunft unserer Wirtschaft sichert", appellierte der EU-Vize an die Anwesenden.

Das Watson IoT Center im Detail

Ein Roboter lernt im Watson IoT Center Kaffee kochen und säubert die Maschine nach Gebrauch.
Foto: Hill

Zukunftsträchtig sind zumindest die Wege, die IBM in den Münchner Higlight Towers bei Watson IoT in Sachen Arbeitsumgebung beschreitet. So hat IBM das Gebäude in vier Bereiche unterteilt:

Die Show-Rooms

Watson IoT Eröffnung
IBM Watson IoT Center
Für sein Watson IoT Center hat IBM in den Highlight Towers 15 Etagen mit rund 65.000 Quadratmetern Fläche angemietet.
Übersicht Industry Lab in der Watson IoT Zentrale
Das Industry Lab ist in verschiedene Bereiche wie Smart Home, Connected Cars oder Fertigung gegliedert.
Industry Lab in der Watson IoT Zentrale: Connected Cars
Im Bereich Connected Cars zeigt IBM ein AR-Szenario für Carsharing-Nutzer.
Industry Lab in der Watson IoT Zentrale: Connected Cars
Spannend ist auch ein Simulator der anzeigt, was passiert, wenn das Connected Car während der Fahrt gehackt wird.
Watson IoT Zentrale: BMW i8
Gemeinsam mit BMW forscht IBM, wie man mithilfe von künstlicher Intelligenz das Fahrerlebnis künftig weiter aufwerten kann.
Industry Lab in der Watson IoT Zentrale: Smart Home
Der Smart-Home-Bereich zeigt, wie IoT und kognitive Technologie im Alltag unterstüzten können.
Industry Lab in der Watson IoT Zentrale: Smart Home
Anhand eines an einer (chinesischen) Waschmaschine angebrachten Geräuschsensors kann IBM Watson erkennen, wann das Gerät die Grätsche macht.
Industry Lab in der Watson IoT Zentrale: Smart Home
Im Smart Home-Bereich darf auch Chef(koch) Watson nicht fehlen.
Designstudio in der Watson IoT Zentrale
Im Designstudio Teams von IBMs Consulting-Sparte zusammen mit Kunden in kleinen Gruppen an neuen Geschäftsideen.
Designstudio in der Watson IoT Zentrale
Dabei wird nach dem Design Thinking-Ansatz vorgegangen, sprich Lösungen gesucht, die aus der Anwendersicht überzeugend sind.
Designstudio in der Watson IoT Zentrale
Dank interaktives Whiteboards von Ricoh mit Watson-Technologie kann die Zusammenarbeit auch in räumlich getrennten Teams erfolgen. Im gesamten Gebäude befinden sich 80 Stück dieser Whiteboards.
FabLab in der Watson IoT Zentrale
Im FabLab werden erste Entwürfe zu den IoT-Geschäftsideen entwickelt.
FabLab in der Watson IoT Zentrale
Dabei kann es sich um ein Stück Hardware, eine App ...
IBM IoT Watson Eröffnung
... oder ein Szenario für einen kleinen Roboter handeln.
FabLab in der Watson IoT Zentrale Workplace
In diesem Fall legt er eine neue Kapsel in die Kaffeemaschine.
FabLab in der Watson IoT Zentrale
Was wie Erholung aussieht, ist harte Arbeit - für IBM Watson. Das kognitive System muss anhand der Leistung den Ausgang des Kickerspiels vorhersagen.
FabLab in der Watson IoT Zentrale
Arbeitsplatz der Zukunft: Via App bucht der Mitarbeiter einen freien Platz, findet Kollegen oder regelt Beleuchtung und Temperatur.

Um Unternehmen in einem ersten Schritt an Thema Watson IoT heranzuführen, hat IBM auf einer Etage zwei Showrooms eingerichtet. Hier werden ihnen in plakativer Form die aktuellen Problemstellungen ihrer Branche aufgezeigt - und dazu die mit der künstlichen Intelligenz von IBM Watson möglichen Lösungen.

Das Industry Lab

Am Eingang zum Industry Lab empfängt Roboter Pepper den Besucher. Nach eigenem Bekunden ist Pepper trotz ihres Namens eine Frau.
Foto: IBM

Im Industrie-Lab werden IoT-Demos und -Szenarien rund um bestimmte Bereiche wie Smart Home, Connected Cars oder Fertigung vorgestellt. Hier finden sich außerdem Roboter wie der für die Softbank entwickelte Personal Assistant Pepper, Chef Watson sowie intelligente Drohnen für die Turm- und Dachinspektion

Das Design-Lab

Im Design Studio kreieren IBM-Mitarbeiter, Kunden und Partner neue Ideen.

In den speziellen Designstudios geht es noch konkreter zur Sache: Hier arbeiten Teams von IBMs Consulting-Sparte zusammen mit Kunden in kleinen Gruppen an neuen Geschäftsideen. Dabei wird nach dem Design Thinking-Ansatz vorgegangen, sprich Lösungen gesucht, die aus der Anwendersicht überzeugend sind.

Das FabLab

Im FabLab werden aus Ideen erste Produktentwürfe.

Das FabLab wiederum dient als angeschlossene Werkbank der Designstudios. Hier wird an Soft- und Hardware Hand angelegt, um bereits binnen weniger Stunden zu einer frisch entwickelten Idee ein Proof of Concept oder sogar ein Minimum Viable Product (MVP) vorweisen zu können.