Speicher mit Zukunft

IBM sucht Antworten auf Datenexplosion

14.09.2011
Der Bedarf an schnellen und effizienten Speicherlösungen wächst rasant. IBM arbeitet deshalb mit Hochdruck an der so genannten Racetrack-Technik, die eine hohe Speicherdichte bei kurzen Zugriffszeiten erlauben soll.

Die Datenmengen, mit denen Unternehmen weltweit zurechtkommen müssen, wachsen so schnell, dass die Limits in Sachen Leistung und Platz schnell erreicht sind und die Verantwortlichen in den Firmen tagtäglich damit zu kämpfen haben, die Informationsberge in den Griff zu bekommen. Darin waren sich Hersteller, Anwender und Analysten auf einer kürzlich von IBM organisierten Storage-Konferenz in San Francisco einig.

Wie die Veranstaltung zeigte, arbeiten IBM-Entwickler derzeit an neuen Techniken, um die wachsenden Anforderungen auf Anwenderseite erfüllen zu können. Dabei liegt der Fokus zum einen darauf, Primärdaten schneller verfügbar zu machen, und zum anderen, Archivdaten effektiver zu packen, damit weniger Platz benötigt wird. Dafür entwickeln die Techniker in den IBM-Labors derzeit an der "Racetrack"-Technik. Das Konzept beruht auf der Speicherung von Informationen in Form von winzigen, gegensätzlich magnetisierten Regionen (Domänen) in einem Nanodraht. Statt wie bei Festplatten Medium und Schreib-Lese-Kopf zu bewegen, werden die magnetischen Domänen mit hoher Geschwindigkeit zu den Lese- und Schreibeinheiten verschoben, die in der Mitte des Nanodrahtes angebracht sind.

Hohe Dichte - schneller Zugriff

IBM zufolge lässt sich mit dieser Technik eine extrem hohe Speicherdichte erreichen, ohne dass dabei Einbußen bei Lese- und Schreibgeschwindigkeit in Kauf genommen werden müssten. Mit Hilfe der Racetrack-Technik könnte ein MP3-Player 500.000 Songs abspeichern. Daten, die heute in 1250 Racks mit klassischen Hard Drives Platz finden, könnten künftig in einem einzigen Rack untergebracht werden. Zugleich lasse sich der Energieverbauch auf etwa ein Drittel reduzieren. Darüber hinaus sei die neue Speichertechnik auch haltbarer als beispielsweise Solid State Drives (SSDs), die heute meist für Anwendungsbereiche genutzt würden, in denen es auf einen schnellen Speicherzugriff ankomme.

Allerdings scheinen die Entwicklungen in diesem Umfeld nicht gerade trivial. Seit nunmehr sieben Jahren werkeln die IBM-Entwickler an der Technik. Weitere fünf bis sieben Jahre Arbeit in den Labors sei nötig, bis sie marktreif sei, sagte Bruce Hillsberg, Director für den Bereich Storage Systems Research bei IBM.

Ein Petabyte im Standard-Rack

Darüber hinaus bemühen sich die IBM-Techniker um neue, effizientere Archivsysteme. Konkret drehen sich die Arbeiten hier um ein Gerät namens "Petabyte Storage Device". Firmenangaben zufolge sollen sich damit in einem 1U-Standard-Rack bis zu einem Petabyte Daten ablegen lassen. Noch wollen sich die IBM-Verantwortlichen nicht in die Karten schauen lassen, welche Technik hier zum Einsatz kommt. Es würden zwar einige bewegliche Teile eingesetzt, jedoch längst nicht so viele wie in klassischen Tape-Systemen, ließ Hillsberg durchblicken. Das Device sei darauf ausgelegt, Daten bis zu 50 Jahre zu speichern, ohne dass ein Wechsel des Mediums notwendig sei. Diese Migrationen, die bei klassischen Archivsystemen alle paar Jahre notwendig seien, kosteten die Anwender viel Zeit und Geld und brächten außerdem die Gefahr von Datenverlusten mit sich. Das Petabyte Storage Device könnte Tape-Bibliotheken ersetzen, lasse sich IBM zufolge aber auch ergänzend einsetzen. Hillsberg zufolge könnte die Technik in drei Jahren auf den Markt kommen.

Anwender brauchen Speicher

Auf Anwenderseite wartet man offenbar dringend auf neue Speichertechniken. Beispielsweise kämpfe die Filmindustrie im Zuge der zunehmenden Digitalisierung mit explodierenden Datenmengen, sagt Peter Ward, Digital-Entertainment-Berater und ehemals Vice President bei Sony. An einem einzigen Drehtag könnten mehrere hundert Terabyte Daten anfallen. Die Originaldaten eines 3D-Movies nach der Produktion können rund ein Petabyte umfassen. "Derzeit gibt es keine Archivlösungen, die mit den wachsenden Anforderungen Schritt halten könnten", lautet Wards Fazit.

Neben effektiven Archivlösungen benötigten die Unternehmen aber auch mehr Intelligenz in den Storage-Systemen, sagt Forrester-Analyst Andrew Reichman. Geschwindigkeit und mehr Platz seien nur eine Seite der Medaille. Eine große Herausforderung für viele Unternehmen liege in der Frage: Welche Daten muss ich in welcher Form ablegen, damit die Anwender und mein Geschäft den größten Nutzen davon haben? Es werde immer größere und schnellere Speicher geben, sagt Reichman. "Die Tatsache, dass es schwierig ist, die Daten richtig zu organisieren, wird sich jedoch nie verändern." (ba)